So empfinde ich es z.B. als unklug, große, sichtbare Tattoos zu tragen, die eine Einstellung wiederspiegeln, die kaum ein anderer Mensch teilt und durch die andere Menschen sich angegriffen fühlen könnten. So ein Tattoo würde ich an einer nicht im Alltag sichtbaren Stelle tragen (so ich dies denn überhaupt täte). Zumindest dann, wenn ich von anderen Menschen abhängig bin, beispielsweise, weil ich Jobaufträge erhalten möchte.
Einerseits hast du natürlich recht: sonderlich "klug" ist es nicht. Aber "klug" würde hier auch gleichzeitig angepasst, opportunistisch - im Extremfall ggfs. sogar heuchlerisch bedeuten. Kann sein, dass der eine oder andere beim Abwägen sich dann einfach nur für "besser unklug" entschieden hat.
Bisher alle vegan lebenden Menschen, denen ich bisher begegnet bin, hatten allerdings insgesamt ein "unkluges" Verhalten. Und zwar im Hinblick auf ihr missionarisches Auftreten. Ganz generell stößt mich dieser missionarische Zwang einfach nur schon als solcher ab. Ich weiss nicht, wer durch Angriffstaktiken zum Nachdenken gebracht werden kann, ich jedenfalls nicht. Sich sachlich mit diesem Thema auseinander zu setzen, war mir im Gespräch mit Veganern schon mal vollkommen unmöglich. Egal, welche Frage ich stellte, sie wurde nie beantwortet, sondern einfach nur mit Vorwürfen und Unterstellungen abgeklatscht.
Informiere ich mich ganz neutral zB über Internetseiten der Veganer, gefällt mir nicht was ich lese. Und das nicht nur weil da reihenweise unrichtige und verallgemeindernde Behauptungen aufgestellt werden (zB das Hunde nicht "für sich", sondern nur zur Freude des Menschen existieren würden oder dass Hundefutter grundsätzlich minderwertige Qualität hätte und häufig von kranken Tieren stammen würde, etc.), sondern auch, weil keiner der Ansätze sich mit den Konsequenzen und Folgen auseinandersetzt und die historische Entwicklungsgeschichte genau so einfach ignoriert und ausblendet.
Historisch gesehen ist der Hund ein Wolf, der sich
freiwillig dem Menschen angeschlossen hat und zwar WEGEN der Essgewohnheiten des Menschen. Nicht der Mensch als solcher, sondern die Angewohnheit der Menschen, ihre Abfälle (= Essensreste) frei zugänglich ausserhalb der Behausung zu lagern, hat den Wolf angezogen. Im Laufe der Evulotion ist daraus der Hund entstanden; und auch wenn der genaue Zeitraum derzeit wissenschaftlich nicht so ganz exakt bestimmt werden kann (12.000 Jahre? 35.000 Jahre?), gibt es keinerlei Hinweise darauf, dass dies bereits
vor der Zeit des Homos erectus stattgefunden haben könnte. Der Homos erectus wiederum ist die Spezies bei der sich erstmalig ein Jagdverhalten nachweisen lässt. Der Wolf hat sich also dem
fleischfressenden Menschen angepasst - nicht dem Früchteesser.
Und jetzt entscheiden also Menschen, dass dies so nicht so zu sein hat, weil moralisch verwerflich.
Über die Tatsache, dass der Mensch historisch gesehen noch nie ein Vegetarier war, sondern ein Früchtefresser, und dass Gemüse eine kulturelle Errungenschaft des neuzeitlichen Menschen ist, der durch die Haltung von SoNu's (sogenannten Nutztieren) überhaupt erst ermöglicht wurde - kann man ja auch mal so ganz in Ruhe einfach nur mal nachdenken. Eine vegetarische und auch eine vegane Lebensweise ist demzufolge überhaupt nur möglich, weil es fleischfressende und nutztierhaltende Menschen gegeben hat. Wir wären
alle nicht hier, ohne die Existenz von domestizierten Tieren, egal ob (sogenanntes) Haus- oder Nutztier.
Moral ist ebenso ein kulturell bedingter, zutiefst menschlicher Faktor.
Geradezu zynisch empfinde ich die Ausführungen auf der Seite vegan-hund.de darüber, dass der Mensch den Hund abhängig gemacht hat (als "Sklavenhaltung" bezeichnet) - wenn ich gleichzeitig für die Ernährung des veganen Hundes völlig abhängig von vorgefertigten Produkten bin
und
Das ist auch genau der Grund, warum meine Vegetarierkarriere nach 2 Jahren gescheitert ist: es gab damals noch keine Industrie, die dafür sorgte, dass man ernährungstechnische Mängel durch Vorgefertigtes oder Zusatzprodukte ausgleichen kann. Es gab damals nicht mal alle Vitamine, Spurenelemente und sonstige Nahrungsbestandteile zu kaufen und so bequem einfach überall erhältlich waren die wenigen Dinge die es damals gab auch nicht.
Schon klar, die Industrie der Vegan- und Vegetarierprodukte und die "sonstige" Nahrungsmittelindustrie sollte man nicht in einen Topf werfen. Selbstverständlich hat eine Firma wie Yarrah (um nur ein Beispiel herauszugreifen) eine völlig andere Zielsetzung und steht moralisch um Äonen über denen eines Nestlé-Konzerns (auch nur um ein Beispiel herauszugreifen). Was aber, wenn es weltweit nicht mehr nur etwa 5% Veganer gäbe, sondern das Verhältnis kippen würde? Dann wäre Nestlé vom Markt gefegt und durch ein paar wenige Kleinbauern ersetzt, die traditionelle paläntologisch-vorsintflutliche Nahrungsmittel über das Internet verkaufen würden, während eine Yarrahkonzernleitung genau so um ihre Aktien besorgt wäre wie heute eine von Nestlé.
Und so wird eben kein wirklicher Schuh aus Ernährungsformen, die den derzeit vorhandenen anatomischen und physiologischen Gegebenheiten von Mensch und
Hund nicht entsprechen, sondern auf rein ideologischen Vorstellungen fußen. Mögen sie noch so moralisch hochstehend sein, einzelnen Individuen durchaus wohl bekommen und für diese auch nicht gesundheitschädigend sein - Allgemeingültigkeit erlangen sie dadurch noch lange nicht.
Eine evolutionäre Anpassung wird es hier auch nicht geben, weil der vegane Organismus ja die fehlenden Elemente ersetzt und nicht versucht, ohne sie zu überleben. Evulotion ist ein moralisch gesehen eher unschöner Prozess, der gnadenlos aussortiert, was nicht in die Gegebenheiten passt. Eine vorausschauend konsequent vegane Lebensweise würde bedeuten, dass man der Natur ihren freien Lauf lässt, damit in xxx Jahren (wieder) eine Spezies diese Erde bevölkert, die sich rein pflanzlich ernährt. Der Hund müsste dazu schon mal lernen, aufrecht zu gehen, damit er nicht weiterhin auf den Menschen angewiesen ist. Oder er lernt, in Bäumen herumzuturnen, wie der Affe. Denn warum gehen wir aufrecht? Damit wir nicht warten müssen, bis das Obst vom Baum fällt, sondern damit wir es pflücken können. Das unterscheidet uns vom Affen, der die andere Entwicklungsrichtung genommen hat und einfach die Bäume hochklettert.
Das soll hier aber keinesfalls eine Argumentation contra vegetarischer oder veganer Lebensweise werden oder sein. Das ist lediglich als Anregung dazu gedacht, dieses Thema mal aus einem etwas anderem Blickwinkel zu betrachten. Untergehen wird unsere ach so intelligente Spezies ja so oder so, ob nun vegan, vegetarisch oder carnivor, wird daran sicher nichts ändern. Für den Hund würde es mich freuen, wenn seine Spezies überlebt, und ich kann nur hoffen, dass Mensch ihn biologisch noch nicht so dermaßen vom Ursprung entfernt hat, dass er mit uns zusammen untergeht, weil er auf welche Kostform auch immer festgenagelt ist.
Wie gesagt: das ist nur mal als kleiner mentalsportlicher Exkurs gedacht...