"Die Gefahr vom anderen Ende der Leine"
Bullterrier-Dame "Flocke" darf nicht mit Hundekumpel "Jim" Gassi gehen/Zwei Begleiter vorgeschrieben
Vom 20.07.2004
Von
Gabriele Gilbert
LAMPERTHEIM Der Lampertheimer Herbert Schenkel versteht die Welt nicht mehr. Seit Jahren führt er seine beiden Hunde zusammen aus. Dieser lieben Gewohnheit hat das Lampertheimer Ordnungsamt nun einen Riegel vorgeschoben.
Anfang Juni hielt Herbert Schenkel ein Mitarbeiter von der kommunalen Gefahrenabwehr des Ordnungsamtes an und teilte ihm mit, dass es nach der hessischen Kampfhundeverordnung verboten sei, mit zwei Hunden gleichzeitig Gassi zu gehen, wenn einer davon als Kampfhund gelte.
Dabei tue die Bullterrier-Hündin "Flocke" keiner Fliege etwas zu Leide, sagt ihr Herrchen. Seit sieben Jahren lebt die Familie Schenkel mit ihr und dem chinesischen Faltenhund "Jim" zusammen.
Herbert Schenkel und seine Frau Margarete kann man mit Sicherheit als Kenner von Bullterriern bezeichnen. Schließlich halten sie seit 31 Jahren diese Hunderasse. Ein Geschäftskollege, der einen solchen Hund besaß, hatte sie damals darauf gebracht. Margarete Schenkel: "Der Bullterrier ist der liebste Familienhund. Das haben wir in all den Jahren erfahren." Selbst ihr Sohn ist mit den Tieren aufgewachsen. Dennoch muss "Flocke" alle zwei Jahre zur Wesensprüfung. Weil sie die bis jetzt immer bestanden hat, darf sie von ihren Besitzern ohne Leine und ohne Maulkorb ausgeführt werden.
Ob ein Hund gefährlich sei oder nicht, hänge oft nicht von der Rasse ab, argumentieren die Schenkels. "Die Gefahr geht meistens vom anderen Ende der Leine aus", sagt Margarete Schenkel.
Wenn sich große Hunde nicht in kundigen und verantwortungsvollen Händen befänden, könnten sie zur ernsten Gefahr werden. Ab einer gewissen Größe könne jeder Hund gefährlich werden, wenn man ihn durch Unkenntnis oder böse Absicht falsch erziehe. Dagegen bescheinigt die Wesensprüfung der Hundedame "Flocke", dass sie "als besonders gut sozialisiert und extrem gutmütig" einzustufen ist.
Im letzten Gutachten vom Oktober 2002 heißt es zum Beispiel: "Das aufmerksame, ausgeglichene, freundliche und sichere Wesen der Hündin ist augenscheinlich, außerdem besitzt sie eine hohe Reizschwelle. Das Sozialverhalten der Hündin gegenüber Artgenossen beiderlei Geschlechts, anderen Tieren und Menschen gegenüber ist vorbildlich und lässt den Schluss einer sehr guten Sozialisierung zu." Doch obwohl dies so ist, darf Herbert Schenkel seine "Flocke" nicht zusammen mit "Jim" ausführen - es sei denn, seine Frau oder eine andere, zweite Person kommt mit.
Laut Peter Weyerich vom Lampertheimer Ordnungsamt seien die Kommunen dazu angehalten, die Kampfhundeverordnung ohne Ausnahmen einzuhalten. Darin ist bestimmt, dass gefährliche Hunde nur einzeln geführt werden dürfen.
Selbst eine Führung mit einem weiteren ungefährlichen Hund sei somit nicht erlaubt und erfülle den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit, die im Wiederholungsfalle mit einer Geldbuße geahndet werde.
Generell gebe es aber mit Kampfhunden und ihren Besitzern zu "99 Prozent keine Probleme". In der Spargelstadt herrsche eine "sehr ruhige Lage" unter den 58 registrierten Kampfhunden.
Doch das hilft "Flocke" nicht weiter: Sie darf nur noch mit ihrem Hundekumpel "Jim" gemeinsam Gassi gehen, wenn zwei menschliche Begleiter dabei sind.