Gesprächsinhalte
Hier also die Fortsetzung meines gestrigen Beitrages.
Nochmal zur Erinnerung, mein Schwerpunkt war, weshalb nicht der mehr als geeignete Hundeführerschein, sondern wieder die kynologisch unhaltbare Rasseliste zur Grundlage wurde.
Für diejenigen, die sich keinen Weg durch mein verworrenes Analphabeten-Kauderwelsh bahnen mögen, eine kurze Zusammenfassung:
Der eigentliche Hauptgrund für die Entscheidung gegen den Hundeführerschein bestand darin, daß man einen obligatorischen Führerschein unter Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen als nicht haltbar sehe, es sei eine ‚Überregelung’.
Nun also mein Bericht der 2 Telefonate(s. gestriger Beitrag
Gespräch 1 mit der freundlichen Lady vom Bürgerservice, die jedoch, wie berichtet, kaum Hintergrundwissen besaß:
Zunächst erläuterte sie einmal einige Inhalte des neuen Landesgesetzes.
Zu meiner Frage nach dem HFS sagte sie lediglich, nach einer langen Diskussion sei man davon abgekommen. Das bestehende Zuchtverbot hinge mit der Tierschutzhundeverordnung zusammen und sei am Bundesgesetz angelehnt.
Ich fragte (wieder zum HFS), warum über die Expertenmeinungen scheinbar konstant hinweggegangen wurde. Sie erzählte, dies sei nicht der Fall, sondern in der Demokratie herrsche ja ein ganz bestimmter Findungsprozeß, bei dem es immer verschiedene Meinungen gebe. Ich forschte nach, weshalb nicht die Ergebnisse einschlägiger Fachkunde mehr gewichtet würden. Auf die Angabe einer Richtung nach dem Bundesgesetz und der anderen Bundesländerregelungen mit Listen, gab ich gleich zu bedenken, daß dies ja nun kein Maßstab sein könne. Sie sagte, im Landtag wurden alle Experten angehört, und es seien auch Experten anderer Meinung gewesen, sie meinte, Bartels habe dann auch in der Presseinfo gesagt, „selbst wenn es nur eine Wissenschaftliche Stimme gibt, die best. Rassen als gefährlich tituliert, danach haben sie sich gerichtet“ [hier zitiere ich die Dame am Telefon].
Im weiteren Gespräch erklärte ich, daß ich nicht verstünde, wieso das Problem nicht an der Wurzel gepackt werde, und führte sämtliche Tatsachen an:
a) best. Negativ zu beurteilende Personengruppen würden nun auf die nächsten Hunde zurückgreifen, was nur eine mich beängstigende Erweiterung der Liste wiederum zur Folge habe
b) die Hundevereine hätten sich angeboten, die Prüfungen und Regelungen z. Haltung, Umgang und Zucht nach gesetzlichen Vorgaben zu vollziehen, so daß keine aufwändige Verwaltung von Landesseite anfallen würde
c) daß der HFS dem Tierschutz äußerst dienlich ist
Und daß wir alle mehr als unbefriedigt sind, wenn so eine hervorragend passende Lösung vor Augen stünde und die qualifizierte Ausführung durch bereits bestehende Institutionen angeboten werde, aber diese nicht genutzt wird.
Außerdem sagte ich, daß es immer wieder Leute gebe, die bewußt oder unbewußt Hunde zu Problemhunden heranziehen..
Die Lady vom Bürgerservice verstand dies alles sehr gut, konnte unsere Position komplett nachvollziehen, konnte mir jedoch keine weiterreichenden Auskünfte mehr geben (sie sei nicht betroffen, besäße keinen Hund). Daher machte sie mir den Vorschlag, mich in einer halben Stunde mit einem ‚Dr.’ zu verbinden, der mit dem Gesetzhintergrund vertrauter sei.
Ich fragte noch, ob man denn jetzt überhaupt in dieser Sache noch einen Ansatzpunkt finde. Darauf sie, daß Gesetz sei beschlossen, verabschiedet, sie könne sich nicht vorstellen, daß es jetzt noch gekippt werde, es trete 1/3/2003 in Kraft.
Ich fügte noch an, daß das Einzige, was gegen den HFS hätte sprechen können, die Halter der sehr kleinen Hunde o.ä. wären, die den Aufwand nicht in Kauf nehmen wollten.
Außerdem sprach ich noch an, wie diskriminiert und diffamiert man sich fühle, besonders wenn man Minister Bartels im Fernsehen so ärgerlich reden höre, und zwar in keinster Weise sachbezogen, dafür aber als ginge es nur um den Streit an sich.
Das verstand sie.
Ich wies weiter daraufhin, wie wenig wir uns mit den Leuten identifizieren, die uns ärgerlicherweise soetwas „einbrocken“.
Gespräch 2 mit Dr. Baumgarte, dem Tierarzt(s. letzter Bericht
Als ich anrief, berichtete mir die Dame des vorigen Gesprächs –während Dr. Baumgarte an einem anderen Apparat noch nicht ganz fertig war-, sie hätte ihn nocheinmal gefragt, als Gründe für das Scheitern seien 2 Dinge verantwortlich: Die Frage, ob ältere Personen den Schein überhaupt noch machen sollten und der hohe Verwaltungsaufwand. Letzteres verwies ich gleich auf unser vorangegangenes Gespräch, auf die Hundevereine, die die komplette Ausführung übernehmen wollten.
Dann war Dr. Baumgarte bereit.
Bzgl. des Hundeführerscheins habe man lange diskutiert, viele Fachkundige hätten sich auch dafür ausgesprochen, allen voran auch die Bundestierärztekammer mit ihrem Delegiertengremium, das einen obligatorischen HFS absolut befürwortete.
Als man dies nachher jedoch unter Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen (‚kann man das wirklich von jedem verlangen?’) beleuchtete, kam man dazu, man wolle an die Eigenverantwortung der Hundehalter appellieren, halte es für äußerst sinnvoll, aber sie könnten nicht soweit gehen, daß sie es verpflichtend vorschreiben.
Auch die Parlamentarier haben gesagt (so Dr.Baumgarte), der Ansatz ist völlig richtig, aber man würde hier wahrscheinlich „über das Ziel hinausschießen“, wenn dies für jeden Hunde verpflichtend wäre (zB Chihuahua).
Daraufhin fragte ich nach einer speziellen Regelung. Er sagte, die Abgrenzung sei sehr schwierig, da dann wieder andere Argumente kämen (er führte an: Hundegegner würden dann wieder für alle Rassen plädieren, Stichwort Kinder/kleine Hunde).
Also setzte man für die 4 Rassen und Auffällige diese Regelungen, berichtete Dr.Baumgarte.
Weiterhin sei die gewerbliche Hundezucht jetzt schon Genehmigungs- und Erlaubnispflichtig, laut §11 des TschutzG prüfe die Behörde Sachkunde und Fähigkeit des Züchters. Problem seien nur die illegalen Zuchten, die unsozialisierte und damit Problemhunde hervorbrächten.
Ich brachte meine Sorge hervor, daß der Knackpunkt Liste nicht greife, da das Verhalten, auf das abgezielt wird, nun einmal nicht angeboren sei, und durch Ausweichkäufe und den weiterhin bestehenden Fachkundemangel eine erschreckende Erweiterung besagter Rassenauflistung zu befürchten sei.
Er gab mir Recht, die niedersächsische Liste sei aber kleinster gemeinsamer Nenner mit dem Bundesrecht.
Eine Aufgabe der Bevölkerung sei die Aufklärung, der sachgerechte Umgang, die Sensibilisierung d. nichthundehaltenden Bevölkerung, im Rahmen der Anhörung hieß es auch man müsse in die Schulen gehen, so Dr. Baumgarte.
Bezüglich dieser 4 Rassen sprach er noch von diesem gewissen vom Bund in Auftrag gegebenen Qualzuchtgutachten (zur Zuchtauslese etc.), was wohl ebenfalls durchdiskutiert worden ist.
Ich fragte, ob eine andere Regelung überhaupt noch eine Chance hätte, was wohl nicht sehr wahrscheinlich sei. Worauf er antwortete, das weiß man nicht, gesetzliche Regelungen unterliegen immer einem Fluß, „bei Gewinn neuer Erkenntnisse wird man so ein Gesetz nicht aufrechterhalten“. Wenn es also wirklich bewiesen werde, von diesen Hunden geht wirklich keine Gefahr aus, dann würde man das Gesetz ändern (auch im umgekehrten Falle).
-------------------
[Anmerkung: Diesen Punkt fand ich besonders interessant, da auf einer Informationsveranstaltung (Hannover, Ende Sommer’00) ein Verein darüber vortrug, daß eine vergleichende wissenschaftliche Untersuchung (von Welpenschaft an) gemacht werden soll. Weiß jemand von Euch noch etwas darüber?]
-----------------------
Auf meine zusammenfassende Frage, ob man hierbei also in Kauf nehme, daß das kynologisch so nicht ganz richtig ist, gab Dr. Baumgarte mir Recht, es ginge wohl um einen Vorsorgegedanken.
In diesem Zusammenhang erklärte er, seine Zuständigkeit sei hier der Tierschutz und eine demgemäße Interpretation des neuen Gesetzes, als Tierschützer und –arzt käme er mit dem HFS sehr gut zurecht.
Für den Hundeführerschein müsste man jedoch die parlamentarische Mehrheit hinter sich haben, und hier waren wir uns etwas uneins, da ich ihm nicht zustimmen konnte, daß die Bevölkerungsmehrheit und die Parlamentsmehrheit identisch seien, das Parlament im Allgemeinen ein Spiegelbild der Bevölkerung. Realitätsbezogen konnte ich dem nicht beipflichten.
Über die Situation im Parlament berichtete er weiter, wobei er es positiv fand, daß die kontroverse Diskussion zu diesem Gesetz parteiübergreifend stattfand, und daß die Ansichten auch gewechselt wurden.
Als er hervorbrachte, das OVG & BVG hätten nicht die Rasseliste moniert, nur die falsche Ermächtigungslage, habe ich dieses Argument sofort abgewürgt, indem ich sogleich darauf hinwies, das OVG die Hvo zwar schon deshalb aufgehoben hat, weil sie einer rechtlichen Grundlage entbehrt, aber es sich doch dabei MAßGEBLICH DARAUF GESTÜTZT hat, daß im Hinblick auf den Gleichheitssatz GEWICHTIGE BEDENKEN bestünden (wegen der Rassenherausgreifung). Dies stünde ja auch in der Pressemitteilung des OVG.
Unter anderem beschrieb Dr. Baumgarte einen erfreulichen Umdenkungsprozeß der Bevölkerung, welchen man auch an den Anrufen erkenne, daß die meisten darauf hinweisen, daß Problem sei am anderen Ende der Leine.
Und von den Haltern der besagten Rassen würde inzwischen von Seiten der Bevölkerung schon eine besonders ausgeprägte Qualifikation/Sachkunde vermutet.
Zusammenfassend am Schluß kamen wir als Begründung für den Sachverhalt(Rasseliste statt HFS) nochmal zu folgendem: Dieses Problem wurde heiß diskutiert im Parlament, es war einer der Knackpunkte, denn man sagte, die HFS-Regelung sei sinnvoll und vernünftig, auch die Bundestierärztekammer war obligatorisch dafür, aber es wurde auch klar, daß die Regelung an manchen Stellen fakultativ sein müsste. Einer der Hauptgründe sei eben dieses Übermaß an Verhältnismäßigkeit, daß es nicht verhältnismäßig wäre, jeden den HFS machen zu lassen.
---------------------------------------------------------------------------------------
---------------------------------------------------------------------------------------
So das war’s jetzt erstmal. Über die 2te Hälfte des Gesprächs(etwa ab nach der Sache mit der OVG-Begründung) hatte ich leider nicht mehr so viele Mitschriften. Habe es aber durchgehend ergänzt.
Was ich jetzt im Nachhinein noch sagen muß:
Bzgl. der Argumentation, daß eine Ausnahmeregelung für den Hundeführerschein zu schwierig abzugrenzen wäre: Finde ich total unlogisch: Als Begründungsbeispiel hieß es, Hundegegner würden dann wieder anführen, alle Hunde wären gefährlich (s.o.). Ich meine, dieses Argument gilt doch bei jetziger Handhabe um so mehr, oder?!
(Schade, daß ich dies im Gespräch nicht näher prüfte.)
Weiß jemand von Euch noch etwas von derlei zukünftigen wissenschaftlichen Studien (s.o.)?
Ich finde das unerläßlich.
So, ich kann jetzt echt nicht mehr schreiben,
greetinx vom K.