Betrügerischer Tierschützer in Lübeck vor Gericht
Donnerstag 26. Januar 2006, 16:12 Uhr
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Hamburg (AP) Ein 50 Jahre alter Unternehmer aus Schleswig-Holstein hat nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft rund 160.000 Tierschützer in ganz Deutschland um fast zehn Millionen Euro betrogen. Über den Tierhilfeverein Arche 2000 soll er im großen Stil überhöhte Mitgliedsbeiträge unberechtig eingezogen haben. Ab Montag muss der Mann sich vor dem Lübecker Landgericht in 1.293 Einzelstraftaten wegen Betrugs, Untreue und Steuerhinterziehung verantworten, wie das Gericht am Donnerstag mitteilte.
Der
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angeklagte Eduard G. aus Tornesch sitzt nach Angaben von Gerichtssprecher Thorsten Fürter seit dem 28. April 2005 in Untersuchungshaft. In der Anklage wirft ihm die Staatsanwaltschaft vor, in fast 170.000 Fällen die Mitglieder des von ihm beherrschten bundesweiten Tierschutzvereins Arche 2000 Welt-Tierhilfe e.V. aus Seeth-Ekholt bei Elmshorn betrogen zu haben, einige sogar mehrfach.
Von 2003 bis Mai 2004 sollen an 182 Tagen auf seine Anweisung hin Beiträge von Vereinsmitgliedern per Bankabbuchung eingezogen worden sein, die noch lange nicht fällig waren. Bei manchen Mitgliedern sei drei Jahre im Voraus abkassiert worden. Wenn Mitglieder sich beschwerten, sprachen der Verein von Computerfehlern und zahlte vereinzelt Geld zurück. Der Schaden beträgt nach Angaben der Ermittler rund zehn Millionen Euro.
In einem zweiten Anklageblock wirft die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten vor, zwischen 1999 und 2004 fast 1.000 Mal Geld des Vereins für Privatzwecke veruntreut zu haben. Über zwei Jahre soll er jeden Tag bei der Bank Geld abgehoben haben. Für die so erlangten mehr als 1,1 Millionen Euro habe er Scheinbelege ausgestellt.
Laut Anklage hat der 50-Jährige so einen «ausschweifenden Lebensstil» finanziert. Etwa sei eine Geburtstagsfeier für fast 60.000 Mark mit Vereinsgeldern bezahlt worden. Außerdem soll viel Geld in den «vom Angeklagten geschätzten Motocross-Sport» geflossen sein. «Die vielfältigen Geldkreisläufe, die insgesamt dem Geldentzug aus den Tierschutzkassen dienen sollten, sind schwer durchschaubar», erklärte Gerichtssprecher Fürter.
Im dritten Anklageblock geht es um 56 Vorwürfe der Hinterziehung von Körperschaft- und Lohnsteuer. Zusammen etwa 3,2 Millionen Euro Körperschaftsteuern und über 700.000 Euro Lohnsteuer sollen dem Fiskus vorenthalten worden sein. Neben dem Unternehmer hat die Staatsanwaltschaft drei weitere Personen aus dem Verein angeklagt, die bei Straftaten mitgewirkt haben sollen.
Der Tierschutzverein ist seit April 2005 im Insolvenzverfahren. Die Tierbetreuung hat ein anderer Verein übernommen.