Quelle Kölner Stadtanzeiger, 09.09.00
Schafe gerissen
Aachener Landgericht sprach Hundehalter frei
Gemünd/Aachen - Die Vorfälle, bei denen dem Gemünder Karl-Josef Kaib in den vergangenen Jahren immer wieder Schafe von Hunden gerissen wurden, bleiben vermutlich ungesühnt. Das Amtsgericht in Gemünd hatte einen 37-jährigen Handwerksmeister Ende Mai zwar zu einer empfindlichen Geldstrafe verurteilt, weil einer der beiden Hunde dieses Mannes einmal in flagranti erwischt worden war, wie er ein Schaf aus Kaibs Herde gerissen hatte. Doch der Mann ging in die Berufung. Gestern sprach das Landgericht in Aachen ihn frei.
Allerdings nicht etwa, weil die Aachener Richter der Überzeugung gewesen wären, dass der oder die Hunde des Angeklagten in Wahrheit Unschuldslämmer seien. Vielmehr habe das Gericht die Überzeugung vertreten, so Frank Meier, der Sprecher des Landgerichts, dass dem Hundehalter "keine böse Absicht unterstellt werden konnte".
Der Gemünder Richter Dr. Sebastian Jeckel hatte den Hundehalter am 29. Mai wegen "Sachbeschädigung" verurteilt, weil ein Schaf im juristischen Sinne eine "Sache" ist. Der Handwerksmeister habe seine Hunde spätestens nach einem Vorfall im Dezember 1997 besonders gründlich im Auge haben müssen, als die Hunde erstmals im Verdacht gestanden hatten, Schafe gerissen zu haben. Stattdessen, so Jeckel, habe der Halter "billigend in Kauf genommen", dass seine Hunde weiter Schafe töten.
Den Aachener Richtern reichte die "billigende Inkaufnahme" im Berufungsverfahren nicht aus. "Strafrechtlich relevant", so Presserichter Frank Meier, "war die Frage, ob der Angeklagte wollte, dass seine Hunde Schafe reißen". Dieses "zielgerichtete Vorgehen" sei Voraussetzung für ein Urteil wegen Sachbeschädigung.
Dem Angeklagten habe aber niemand - auch die Staatsanwaltschaft nicht - ernsthaft vorwerfen können, dass er zielgerichtet wollte, dass seine Hunde Schafe töten. Dem Schäfer Karl-Josef Kaib, der in den letzten Jahren insgesamt sieben derartige Vorfälle zu beklagen hatte, steht laut Meier nur der zivilrechtliche Weg offen, um wenigstens eine finanzielle Entschädigung zu bekommen.