Sehr geehrte Frau xxxxxx,
für Ihre Email vom 13.8.2010 bedanke ich mich. Ich bitte um Ihr Verständnis, dass ich aufgrund
der hohen Anzahl an Eingaben und Fragen zu dem Themenkomplex „Google Street
View“ nicht jede Eingabe individuell beantworten kann. Allerdings gibt es eine Reihe von
Fragen, die regelmäßig gestellt werden und daher besonders dringlich sind. Ich möchte diese
häufig gestellten Fragen zusammenfassend beantworten:
I. Ich teile Ihre Auffassung, dass die Erfassung von Straßen- und Städteansichten und deren
Veröffentlichung im Internet ein besonderes Gefährdungspotential für die Persönlichkeitsrechte
der Betroffenen darstellt. Mit der flächendeckenden Aufnahme von Gebäuden, Straßen,
Plätzen und vergleichbaren Geodaten im gesamten Bundesgebiet werden zwangsläufig auch
große Mengen an personenbezogenen Daten der Anwohner und Passanten erhoben und veröffentlicht.
HAUSANSCHRIFT
Husarenstraße 30, 53117 Bonn
VERBINDUNGSBÜRO
Friedrichstraße 50, 10117 Berlin
TELEFON
(022 997799-xxx
TELEFAX
(022 997799-xxx
E-MAIL
ref1@bfdi.bund.de
BEARBEITET VON
Dr. xxxxxx
INTERNET
www.datenschutz.bund.de
DATUM
Bonn, 24.08.2010
GESCHÄFTSZ.
Bitte geben Sie das vorstehende Geschäftszeichen bei
allen Antwortschreiben unbedingt an.
Heute schon diskutiert?
Das Datenschutzforum
Frau
XXXXX
- per E-Mail -
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Auf das Phänomen der massenhaften Sammlung persönlicher Informationen, die jedermann
im Internet frei zugänglich zur Verfügung gestellt werden, hat das Datenschutzrecht in seiner
jetzigen Fassung nur unzureichende Antworten. Der Bundesbeauftragte für Datenschutz und
Informationsfreiheit fordert schon seit langem, das Datenschutzrecht endlich internetfähig zu
machen.
Den Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder ist es nach intensiven Verhandlungen
mit Google zumindest gelungen, dass Google den Betroffenen die Möglichkeit eines Widerspruchs
gegen die Veröffentlichung von Gebäuden oder Grundstücken, Personen und Fahrzeugen
einräumt. Werden Personen und Fahrzeuge zufällig aufgenommen, müssen die Gesichter
und die Kfz-Kennzeichen zudem automatisch unkenntlich gemacht werden, um Eingriffe
in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen so weit wie möglich auszuschließen.
Google hat dabei zugesichert, dass der Widerspruch jederzeit – also sowohl vor, als auch nach
der Veröffentlichung – eingelegt werden kann. Mit dem von Google seit dem 17. August
2010 angebotenen, fristgebundenen Vorab-Widerspruchsverfahren können Sie verhindern,
dass die Bilder überhaupt ins Internet gestellt werden. Aber auch nach Fristablauf haben Sie
jederzeit unbegrenzt die Möglichkeit, Widerspruch gegen die Abbildung Ihres Hauses/
Grundstücks, Kfz oder Ihrer Person bei Google einzulegen. Google hat außerdem zugesichert,
dass im Falle eines Widerspruchs nicht nur die Veröffentlichung unterbleibt, sondern
zusätzlich die Aufnahmen selbst, d. h. die sogenannten Rohdaten, gelöscht werden. Auch dies
gilt sowohl vor als auch nach der Veröffentlichung.
II. Die mit Google vereinbarte Widerspruchslösung ist sicherlich nicht die datenschutzfreundlichste
Lösung. Sie ist aber mit dem geltenden Recht wohl gerade noch vereinbar. Es ist unbefriedigend,
dass die Betroffenen von sich aus initiativ tätig werden müssen, um eine Veröffentlichung
Ihrer Bilder im Internet zu verhindern. Der Widerspruch erfordert zudem, dass Sie
Google weitere Daten zur Verfügung stellen, nämlich ihren Namen, ihre Anschrift und ggf.
ihre E-Mail-Adresse. Bei einem Widerspruch vor der Veröffentlichung muss das entsprechende
Grundstück möglichst präzise bezeichnet werden, damit Google den Widerspruch
einer entsprechenden Aufnahme zuordnen kann. Bei schriftlichen Widersprüchen kann es
auch erforderlich sein, dass Sie noch einmal von Google kontaktiert und gebeten werden, genauere
Angaben zum Grundstück zu machen. Dies liegt daran, dass Google die Bilder keinen
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konkreten Anschriften zuordnet und daher allein aus der Anschrift nicht in jedem Falle ermitteln
kann, um welches Bild es sich handelt. Dies ist aufwändig und zeitraubend.
Müssten Google und alle anderen Anbieter vergleichbarer Geodienste vor der Aufnahme und
Veröffentlichung die Einwilligung aller Betroffenen einholen, müssten alle Anbieter - jeder
separat für sich - einen bundesweiten Datenbestand über sämtliche Eigentümer, Mieter und
sonstige Berechtigten aller Gebäude ermitteln und speichern, um die Betroffenen um Erteilung
ihrer Einwilligung bitten zu können. Google würde daher durch die Ermittlung aller
Adress- und Berechtigtendaten über einen erheblich größeren Datenbestand verfügen als dies
nach der jetzt gefundenen Widerspruchslösung der Fall ist. Die Ermittlung solcher Datenbestände
wäre allerdings schon aus rein praktischen Gründen nicht möglich und würde dazu
führen, dass Dienste wie Google Street View, die durchaus auch Vorteile bieten können, nicht
umgesetzt werden könnten. Die Widerspruchslösung ist daher Ausdruck eines angemessenen
Ausgleichs zwischen dem Recht der Betroffenen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und
Verwendung ihrer personenbezogenen Daten zu entscheiden, und dem ebenfalls verfassungsrechtlich
garantierten Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen zu unterrichten.
Nach geltender Rechtslage ist zudem die Erhebung und Veröffentlichung allgemein zugänglicher
Daten auch ohne Einwilligung der Betroffenen zulässig, sofern das Datenschutzinteresse
der Betroffenen nicht offensichtlich überwiegt. Die Zusagen, die Google gegenüber den Datenschutzaufsichtsbehörden
abgegeben hat, reichen nach verbreiteter Ansicht der Datenschutzaufsichtsbehörden
aus, um den schutzwürdigen Datenschutzinteressen der Betroffenen
in ausreichendem Maß Rechnung zu tragen. Denn grundsätzlich könnte jedermann vom öffentlichen
Straßenrand aus vergleichbare Aufnahmen machen. Allerdings ist dies bei dem von
Google angewendeten konkreten Verfahren mit einer Aufnahmehöhe von bis zu 3 Metern
über dem Straßenniveau sehr umstritten. Nach den Ankündigungen der Bundesregierung soll
noch im Herbst ein Maßnahmenplan zur Regelung von Internet-Geodiensten wie Google
Street View erscheinen, die Rechtssicherheit schaffen soll.
Vereinzelt haben private Dritte angekündigt, die Grundstücke derjenigen Betroffenen, die
Widerspruch gegen die Veröffentlichung eingelegt haben, nachträglich zu fotografieren und
im Internet zu veröffentlichen. Ob dies mit geltendem Datenschutzrecht vereinbar wäre, wird
von den zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörden zu prüfen sein. Die Veröffentlichung von
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Gründstücken gegen den ausdrücklichen Willen der Betroffenen kann zudem auch zivilrechtliche
Ansprüche des Betroffenen begründen.
III. Zweifelsohne war die zunächst von Google eröffnete Frist von 4 Wochen zur Einlegung
des Vorab-Widerspruchs reichlich knapp bemessen. Mittlerweile hat Google die Frist nach
massivem Druck der Verbraucher- und Datenschützer sowie der Politik um weitere vier Wochen
bis zum 15. Oktober 2010 verlängert. Aber auch nach Schließung des Vorab-
Widerspruchsverfahrens können Sie jederzeit Widerspruch gegen die Veröffentlichung Ihrer
personenbezogenen Daten einlegen.
Nach wie vor ärgerlich und verbraucherunfreundlich ist es, dass Google sich nicht dazu bereit
erklärt, eine Telefonhotline für die Betroffenen einzurichten.
IV. Die häufig geäußerte Befürchtung, dass Google die im Rahmen des Widerspruchsverfahrens
erlangten Daten missbräuchlich verwendet, kann ich nachvollziehen. Nach geltendem
Datenschutzrecht darf Google die Widerspruchsdaten allerdings nur zur Bearbeitung der Widersprüche
verwenden. Dies hat Google den Datenschutzaufsichtsbehörden auch zugesichert.
Die Datenschutzaufsichtsbehörden werden genau darauf achten, dass sich Google an diese
rechtlichen Vorgaben hält. Zu diesem Zweck hat sich Google verpflichtet, dem zuständigen
Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit jederzeit Einblick in
den Prozess des Widerspruchsverfahrens zu gewähren.
Zur Verhinderung von Missbräuchen durch Google oder Dritte fordert der Bundesbeauftragte
für den Datenschutz und die Informationsfreiheit darüber hinaus ein Verbot von Profilbildungen
im Internet, um zu verhindern, dass die mit den veröffentlichten Straßenansichten verknüpften
personenbezogenen Daten mit anderen Informationen zusammengeführt und ausgewertet
werden. Der BfDI setzt sich zudem für die Schaffung eines Widerspruchsregisters ein.
Ein solches Register schafft die Voraussetzung, dass alle Betroffenen, die mit der Veröffentlichung
ihrer personenbezogenen Daten im Internet nicht einverstanden sind, nur ein einziges
Mal Widerspruch einlegen müssen.
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V. Vorab-Widersprüche können Sie sowohl per Brief oder Fax als auch im Internet unter
einlegen. Das von Google zur Verfügung gestellte Online-Tool
kann nach der Verlängerung der Frist um weitere vier Wochen nun bis zum 15. Oktober 2010
genutzt werden.
Schriftliche Vorab-Widersprüche konnten ursprünglich bis zum 21. September (Eingang bei
Google) eingelegt werden bei der Google Germany GmbH, Betr.: Street View, ABC-Straße
19, 20354 Hamburg. Auch diese Frist hat Google zumindest bis zum 15. Oktober 2010 verlängert.
Für schriftliche Vorab-Widersprüche steht Ihnen das Musterformular des Bundesministeriums
für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zur Verfügung, das ich Ihnen
als Anlage beifüge.
Sie finden das Formular zudem auch im Internet-Angebot des Ministeriums unter
Telekommunikation/MusterwiderspruchGoogleStreetview-PDF.html
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit meinen Informationen ein wenig weiterhelfen konnte. Wenn Sie
dazu weitere Fragen haben, stehe ich Ihnen gern zur Verfügung.
Ergänzend weise ich auf die in meinem Internet-Angebot (www.bfdi.de unter der Rubrik
„Themen“ à „Kommunikationsdienste/Medien“ à „Internet“) veröffentlichte Zusammenstellung
von Fragen und Antworten zu diesem Thema hin. Weitere nützliche Informationen zu
dem Widerspruchsverfahren bei Google Street View können Sie dem ebenfalls auf meiner
Webseite abrufbaren Informationsblatt entnehmen, das der Hamburgische Beauftragte für
Datenschutz und Informationsfreiheit als zuständige Aufsichtsbehörde gemeinsam mit den
übrigen Aufsichtsbehörden des Bundes und der Länder erarbeitet hat.
Wenn Sie sich mit einer konkreten Beschwerde – etwa, weil Google Ihren Widerspruch nicht
oder nicht angemessen bearbeitet – an die Datenschutzaufsicht wenden möchten, kann ich
mangels Zuständigkeit allerdings nicht tätig werden. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz
und die Informationsfreiheit kontrolliert den Datenschutz ausschließlich in der Bundesverwaltung
sowie bei Post- und Telekommunikationsdienstleistern. Die datenschutzrechtliche
Aufsicht über die Privatwirtschaft obliegt den Ländern. Da die Google Germany GmbH
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ihren Sitz in Hamburg hat, ist – wie erwähnt – die Aufsichtsbehörde in Hamburg zuständig,
die Sie wie folgt erreichen:
Der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit
Klosterwall 6 (Block C)
20095 Hamburg
Tel.: 040/42854-4040
Fax: 040/42854-4000
E-Mail: mailbox@datenschutz.hamburg.de
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
gez.
Dr. xxxxxx