Hm, Malle war 6,5 Jahre alt, als ich ihn übernommen habe und zählt damit wohl schon zu den "älteren Hunden".
Ich habe damals nach einem älteren Hund gesucht, weil ich mich von meiner Mutter hab bequatschen lassen, dass ich mein Leben derzeit nicht über Jahre überschauen könnte und deshalb ein kürzerer Zeitraum verantwortungsvoller wäre (und ihr Mutterherz beruhigen würde *g*).
Tja, so kam es zu Malle...
Malle war erzogen, dh er war stubenrein (das auch verlässlich) und er knabberte in der Wohnung nichts an- ist schonmal ein Pluspunkt, ohne Frage.
Der Rest seiner mit Sicherheit vorhandenen Grundausbildung musste ich mühsam wieder hervorkramen, dh im Grunde habe ich nochmal von vorne begonnen und dabei manchmal Aha-Erlebnisse bei mir und dem Tier ausgelöst (monatelanges Bei-Fuß-Training, Hund sackte immer nur zusammen, sobald ich ihn anschaute, war völlig konfus. Dann eines Tages ging im Grunde ein Ruck durch den Hundekörper und er lieferte ein Bei-Fuß, mit dem wir eine BH bestanden hätten...).
Jahrelang habe ich an dem Komm gearbeitet. Er konnte es, das war nie das Problem. Das Problem lag in seiner Körperhaltung begraben: Rief ich den Hund, kam er schleckend, bogenschlagend und geduckt heran- nicht schön!
Und, was auch nicht unerwähnt bleiben sollte: Obwohl er mit einem anderen Rüden zusammenlebte, waren seine Kenntnisse der Hundesprache ziemlich verschütt. Hündinnen waren ihm damals schon heilig, wenn die ihn zum Spielen aufforderten, lief er nur weg, bei Rüden ging er drauf, ohne Skrupel.
All das haben wir in den Griff bekommen, teils mehr teils weniger gut, dennoch bleiben Dinge, von denen ich sage: Hätt ich ihn doch früher gehabt, ihm und mir wäre einiges erspart geblieben (ich hätt ich beispielsweise kastrieren lassen, das Tier zeigt Anzeichen von Hypersexualität und hat sich außerdem scheinbar jahrelang durch das Besteigen von Mensch und Hund ausgelastet, das ist eine Verhaltensweise, die ich nicht wegbekomme, ist mein Tier unausgelastet (weil zB verletzt), fängt es damit wieder an, kurz danach fängt er an, auf alles aufzupassen, was so passiert und steht dir locker auch mal nachts um drei zähnefletschend in der Wohnung, weil der Zeitungsmensch die Zeitung einwirft...).
Bevor aber überhaupt ein Arbeiten (oder auch nur ein entspanntes Zusammenleben) mit dem Tier möglich war, stand erstmal eine intensive Desensibilisierung auf dem Programm. Gegen was?
Hände, Leinen, Zeitungen, große, breite Männer, Menschen im Dunkeln, Menschen mit dunkler Hautfarbe (der letzte Punkt war mir sowas von unangenehm! Ich, die Zecke, stehe irgendwo und mein Hund knurrt den vorbeikommenden dunkelhäutigen Menschen an...boah, wat hab ich daran gearbeitet...).
Mit enormen Verlustängsten hatten wir lange zu kämpfen, Malle der sich auf den Boden schmiss, weil er mit meiner Mitbewohnerin ohne mich das Haus verlassen sollte, Malle, der stundenlang weinte, nur weil ich das Haus verließ und ihn mit Mitbewohnerin zurück ließ, Malle, der bei meinen Eltern komplett nicht ansprechbar war, weil ich auf Klo ging, ohne ihn mitzunehmen, Malle, der weinend vor der Klotür stand, weil ich duschte und schlußendlich natürlich: Malle, der halb Bremen zusammenbrüllte, sobald er alleine blieb.
Noh heute ist es so, dass Veränderungen, verunsicherungen beim Alleinebleiben ihn dermaßen aus der Bahn werfen, dass Du nahezu von vorne anfangen kannst. Alles muss gleich bleiben, alles muss plüschig sein, dann bleibt der Hund auch alleine, ansonsten heißt es "Randale".
Mitterweile ist er ein lockerer, souveräner, leichtführiger Hund, der Menschen liebt, egal wie sie aussehen, der zwischen "draußen ist es hell" und "draußen ist es dunkel" keinen Unterschied mehr macht (und nicht mehr dauerhaft knurrend durch die Gegend rennt), der, sobald ich ihn freigebe, mit anderen Menschen mitgeht, der die Grunderziehung beherrscht und auch (relativ...) gerne aufs Komm hört.
Er ist jetzt 12,5 Jahre alt und ich würde sagen, wir haben knapp 5 Jahre gebraucht, alles in die Waage zu bringen.
Deshalb: Ein älterer Hund kann durchaus mehr Arbeit bedeuten, als ein Welpe/Junghund!
Und genau aus dem Grund, träume ich, wenn Malel mal nicht mehr ist (in etwa 20 Jahren...) doch von einem Junghund. Ich hätte gerne mal die Erziehung selbst in der Hand, würde gerne nicht vornehmlich damit beschäftigt sein, die Erinnerung an die vorherige Haltung auszulöschen, würde gerne meine eignen Pririotäten in der Erziehung setzen usw.
Wer dann letztendlich hier einzieht, wie alt und mit welcher Vorgeschichte, was weiß ich *schulterzuck*
Wie gesagt, ich träume von einem Hund ohne große Vorschädigung (und ja, das mag egoistisch sein) an dem ich nur meine eigenen Fehler ausbügeln muss, aber letztendlich wird mein herz entscheiden und wer weiß, was das dann sagt? *g*
LG
Sina und Nervpott Malle