Pressemitteilungen OVG
24. Mai 2004
Polizeiverordnung über den Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden
- Wesenstest rechtmäßig -
Das Oberverwaltungsgericht hat mit Urteilen vom 31.03.2004 (2 N 1/03 und 2 N 2/03) zwei gegen § 6 Abs. 1, 2 und 3 Satz 1 der Polizeiverordnung über den Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden im Saarland in der seit 1.1.2004 geltenden Fassung gerichtete Normenkontrollanträge von Haltern von Hunden der Rassen American Staffordshire Terrier und Staffordshire Bullterrier zurückgewiesen.
Die Polizeiverordnung enthält in § 6 Absätze 1 bis 3 Sondervorschriften für Hunde der genannten Rassen sowie für American Pit Bull Terrier. Für das Ausbilden und die Haltung dieser Hunde besteht danach - ebenso wie für nachgewiesenermaßen bissige und damit gefährliche Hunde - eine Erlaubnispflicht, wenn nicht gegenüber der zuständigen Ortspolizeibehörde durch einen Wesenstest nachgewiesen wird, dass der einzelne Hund keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren aufweist. Dieser Wesenstest erfolgt durch hierfür bestellte sachverständige Tierärztinnen und Tierärzte und muss bei positivem Ergebnis alle drei Jahre wiederholt werden; bei negativem Ausgang des Tests gilt der Hund als gefährlich und unterliegt den für gefährliche Hunde geltenden Vorschriften.
Das Oberverwaltungsgericht hat in seinen Normenkontrollentscheidungen ausgeführt, der Verordnungsgeber gehe zutreffend davon aus, dass die in § 6 Abs. 1 der Polizeiverordnung aufgeführten Hunderassen von ihrem Wesen her im Verdacht stünden, für das Leben und die Gesundheit von Menschen und Tieren potentiell gefährlich zu sein, und dabei unter Rückgriff auf sein Normenkontrollurteil vom 1.12.1993 - 3 N 3/93 - zur sogenannten Kampfhundeverordnung vom 14.8.1991 den der nunmehr geltenden Polizeiverordnung zugrunde gelegten Gefahrenverdacht bestätigt; die vorliegenden Erkenntnisse aus der kynologischen Literatur, wissenschaftlichen Abhandlungen und polizeilich-fachlichen Äußerungen über Beißvorfälle seien hierfür genügende Grundlage. Der Verordnungsgeber sei daher gewissermaßen im Vorfeld konkreter Gefahrenabwehrmaßnahmen befugt, sogenannte Gefahrerforschungseingriffe in einer Polizeiverordnung verbindlich vorzuschreiben. Die überprüfte Polizeiverordnung stelle ein für das Saarland einheitlich geltendes Gefahrenabwehrprogramm zur Bekämpfung konkret als gefährlich erkannter Hunde zur Verfügung, das durch die Gefahrerforschungseingriffe sinnvoll und rechtskonform ergänzt werde.
Den in § 6 der Polizeiverordnung angeordneten Wesenstest hat das Gericht als geeignet, genügend bestimmt und verhältnismäßig für die polizeilich angezeigte Gefahrerforschung angesehen. Dem möglichen Bedenken, dass ein derartiger Wesenstest nur eine "Momentaufnahme" darstelle, trage die Polizeiverordnung in genügender Weise dadurch Rechnung, dass die Wesenstestung im Abstand von drei Jahren zu wiederholen sei und auch dann stattfinden müsse, wenn ein Halterwechsel erfolge. Durch die Abnahme der Wesenstestungen durch besonders dafür bestellte sachverständige Tierärztinnen und Tierärzte sei sichergestellt, dass denkbare Manipulationen des Wesenstestes seitens Halter durch pharmakologische Überdeckung kritischer Wesenselemente erkannt würden. Wenn mit dem Wesenstest nicht nachgewiesen werde, dass ein Hund keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren aufweise, sei er eine ausreichende Grundlage für die Anwendung der Eingriffsmaßnahmen der Polizeiverordnung, wie sie für individuell als gefährlich erkannte Hunde gelten (Haltungsbeschränkungen, Erlaubnis für das Halten und Ausbilden der Hunde, Zuverlässigkeits- und Sachkundenachweis des Halters).
Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision nicht zugelassen; hiergegen kann Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht eingelegt werden