Euthanasie beim Ungeborenen im 9. Monat...

barkai

15 Jahre Mitglied
Angeregt durch das Thema Euthanasie und Erlösung bei einem schwerkranken Tier und die hitzigen Diskissionen, die darum geführt werden, möchte ich euch in diesem Fall um eure Meinung bitten.
Die Schwangerschaft meiner Schwester verlief bis zum achten Schwangerschaftsmonat problemlos. Das Kind wuchs heran, und mit ihm die Freude und das Glück der werdenden Eltern. Jede Vorsorgeuntersuchung einschließlich Ultraschall wurden von meiner Schwester wahrgenommen, und dann kam die Schreckensmeldung:
Ende des achten Monats stellte die Gynäkologin fest, dass das Kind einen Wasserkopf, einen offenen Rücken und keine Harnleiter zur Blase hat! Ebenso hat es anstelle der Beine nur Fußstümpfe und mit den Armen war auch etwas nicht in Ordnung.
Den geschockten, werdenden Eltern wurde gesagt, das dieses KInd, wenn es auf die Welt gekommen sei, kaum eine Überlebenschance habe, es müsse gleich mehrfach operiert werden, und die Chancen, dass es das länger als ein paar Wochen überlebe, seien sehr gering.

Erst mal war da eine große Wut, und Ohnmacht, warum hat die Gynäkologin das alles nicht schon viel früher festegestellt?
Warum erst zum Ende der Schwangerschaft?

Dann war da die Hoffnung, wir schaffen das, auch mit der massiven Behinderung unseres Kindes........
Die Operationen, um nur einige aufzuzählen : Einsetzen eines Ventils zum Abfluss des Liquors, damit der Wasserkopf entlastet wird, dann der Verschluß des offenen Rückens, der das Rückenmark frei heraushängen ließ, das Einsetzen von Kathedern in die Nieren, damit der Urin abfließen könne - verprachen auch keine wirkliche und dauerhafte Besserung.
Die Ärzte erklärten meiner Schwester und meinem Schwager, was alles technisch machbar sei, räumte aber im gleichen Atemzug ein, dass das Kind dieses alles wahrscheinlich gar nicht überleben werde.
Es würde geboren werden um unter Schmerzen und Qualen und Angst zu sterben.

Die Alternative:
Die Schwangerschaft abzubrechen, um dem Kind diese Qualen zu erparen.
Hört sich im ersten Moment vielleicht human an, auf den zweiten Blick kommt dann der nächste Schock:
Eine Schwangerschaft im neunten Monat abzubrechen, würde bedeuten, das Kind mit einem gezielten Stich in sein kleines Herz , durch die Bauchdecke und die Gebärmutter meiner Schwester hindurch, umzubringen.

Man gab den beiden zwei Wochen Bedenkzeit. Zwei Wochen, die sie wie im Fieber nach vergleichbaren Fällen suchten, Eltern kontaktierten, die das auch durchgemacht hatten, im Internet nach Menschen suchten - und fanden - die auch mit solchen Erscheinungen geboren wurden und erfolgreich operiert wurden. Fast alle saßen im Rollstuhl und hatten massive körperliche Einschränkungen, aber sie lebten.....

Es waren die schlimmsten zwei Wochen in unserem Leben.
Innerhalb der Familie gab es hitzige Diskussionen, ich persönlich war so hin - und -hergerissen.....
Sie entschlossen sich nach hunderten von Gesprächen mit Ärzten, Theologen, Anwälten und Sebsthilfegruppen zum Abbruch. Ich nannte es Kindesmord, konnte aber die Argumentation meiner Schwester verstehen. Sie wollte kein Kind zum Leiden und Sterben auf die Welt bringen.

Sie mußten vor eine "Ethik - Kommission" treten und ihr Anliegen erklären. Diese Kommission entschied in diesem Fall dafür, den Tod des kleinen Menschen zu genehmigen.

Was nun kam, war die Hölle für meine Schwester und ihren Mann.
Unter Ultraschallsicht wurde der kleine, kranke Junge in Ulrikes Bauch umgebracht.
Dann sagte man, sie müsse jetzt auf Wehen warten und das tote Kind auf natürlichem Weg ausstoßen.
Das bedeutet, das Ulrike einige Tage mit dem toten Kind im Bauch weiterleben mußte. Vorher hatte es sich jeden Tag bewegt, und nun war da nichts mehr. Ulrike ist fast wahnsinnig geworden.
Alle Bitten das Kind per Kaiserschnitt herauszuholen, wurden abgewiesen. Uns kam es so vor, als sollte das von den Ärzten eine Art Strafe für das sein, was sie getan hatten.

Endlich stellten sich dann Wehen ein, die durch einen Wehentropf verstärkt wurden. Nach 10 Stunden brachte Ulrike dann im AK Barmbek in Hamburg ihren toten Sohn zur Welt. Obwohl er tot geboren wurde, gaben sie ihm einen Namen, Ragna. Und sie ließen ihn auch beerdigen, nachdem die Pathologie, die den Leichnam erst einmal beanspruchte, diesen wieder freigegeben hatte.

Danach brauchten die beiden psychologische Hilfe und sie schlossen sich der Sebsthilfegruppe "Verwaiste Eltern" an.

War das richtig? Hätte man diesen kleinen Menschen nicht doch zur Welt kommen lassen müssen? Was meint ihr dazu?
l.G.
Barbara
 
  • 28. April 2024
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Hi barkai ... hast du hier schon mal geguckt?
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Ganz ehrlich? Ich denke es war die richtige Entscheidung. Wenn die Ärtze sagen, dass Kind hat kaum Überlebenschancen und müsste gleich zigmal operiert werden. Ich meine hier handelt es sich ja um eine sehr starke Behinderun. Keine Beine, offener Rücken. Was hat das Kind von so einem Leben?

Schlimm sowas :( :(

Für die Eltern und das Kind tut es mir wahnsinnig leid. Aber das man das erst nach 8 Monaten festgestellt hat, finde ich schon merkwürdig. :verwirrt:
 
Frauen, die im "späteren Alter" ihr erstes Kind bekommen und anderen Risikogruppen wird eine Untersuchung angeboten, wo festgestellt wird, ob das Kind mongoloid ist. Dann kann abgetrieben werden, meist passiert das aber spätestens Anfang zweites Schwangerschaftsdrittel.
Ich verstehe jeden, der das machen lässt. Also muss ich doch erst recht deine Schwester verstehen, wenn sie diese Entscheidung bei einer sehr viel schlechteren Prognose als s.o. getroffen hat.
Wir sind keine Götter und dürften uns solche Entscheidungen eigentlich nicht anmaßen. Allerdings maßen die Ärzte sich dann an, das Kind mit schwersten Mehrfachoperationen am Leben zu erhalten, für Tage, Monate oder vielleicht doch Jahre?
Ich möchte so einer Ethikkommission nicht angehören müssen und ich möchte niemals so eine schwere Entscheidung wie deine Schwester treffen müssen. Als Außenstehende finde ich aber, sie hat richtig entschieden.
 
Wenn ich das lese, wird mir ganz anders.
Ich bin ja nun selber schwanger.

Aber die Frage, warum die FÄ das nicht schon früher festgestellt hat, ist berechtigt. Ich bin nun Anfang 6. Monat, der letzte US liegt erst ein paar Tage zurück und würde irgendwas nicht stimmen (offener Rücken, fehlende Gliedmaßen etc) hätte man das gesehen.

Ich finde es schlimm für deine Schwester und Schwager, dass sie das durchmachen mussten. Ich weiß nicht, wie ich entscheiden würde.
 
ganz schwer zusagen, habe heute im Focus beim Doc, kann aber nicht sagen welche Ausgabe . Etwas ähnliches gelesen da ging es um ein Down- Kind. Die Mutter bestand in der 26 Woche auf Abbruch. Das Kind wurde geholt und danach zur Seite gelegt. Keine med. Versorgung.
Nach 9 Std. lebte der Kleine noch immer, also mussten sich die Ärzte kümmern.
Das Kind heute 9 J. alt mehrfach behindert lebt in einer Pflegefamilie.
Ganz ehrlich, ich weiß nicht was ich getan hätte.
Es zur Welt kommen lassen, es der Natur überlassen ,was dann geschieht ??????????ß
Ich finde es nur grausam vorallem für die Eltern wie vorgegangen wurde.
Hätte man diesen Schck nicht umgehen können, wenn es unter Vollnakose gemacht worden wäre.
Woher soll man soviel Kraft nehmen das durch zustehen
 
Allem voran, es war in meinen Augen die richtige Entscheidung auch wenn es für Deine Schwester und sicher auch für den werdenden Vater mehr als nur schwer war.

Ich muß allerdings dazu sagen, ich komme in meinem Job häufig mit dem "Wunder des Lebens" aber auch mit "Euthanasie" in Kontakt und bin für sinnvoll angewandte Sterbehilfe (auch beim Menschen).

Ich denke da kam zu viel auf einmal, wäre das Kind "Authist" oder hätte man "Down-Syndrom" (Trisomie 21) festgestellt hätte sich kaum einer für eine Euthanasie/Abtreibung bei rechtzeitiger Feststellung entschieden, weil diese Kinder sehr lebenslustig und auf ihre Art sehr "pfiffig" sein können bei entsprechender Förderung. Aber unter all diesen genannten Umständen war es wohl das humanste (zwar nicht für die Eltern) für das Kind nicht leben zu müssen/dürfen.

Ich hoffe das sie es mit psychologischer Betreuung schaffen es zu überwinden, vergessen werden sie es wohl nicht. :(
 
Dir und Deiner Familie mein ehrliches Mitgefühl und Frieden für Ragnos kleine Seele

Meiner Meinung nach war es die richtige Entscheidung, wahrscheinlich wäre das Baby nicht im Stande gewesen, außerhalb der Gebärmutter zu überleben ... hier hat das Schicksal so richtig gnadenlos zugeschlagen.

Unvorstellbar ist es, daß Frauen gezwungen werden, ihr totes Baby auf "natürlichem" Wege zur Welt zu bringen, leider ist das gang und gäbe, bisher konnte mir noch niemand eine vernünftige Erklärung dafür geben.

Leise
 
Ich möchte Caro und Ringo einfach zustimmen und wünsche Deiner Schwester und ihrem Mann viel Kraft...
 
... furchtbar:(

Niemand kann sagen wie er entscheiden würde, wenn er nicht bereits selbst diese Situation erleben mußte.

Kleiner Ragna, Du bist nun ein heller Stern am Abendhimmel.
Den Eltern wünsche ich viel Kraft für die Zukunft.

watson
 
Barbara, mir fehlen schlicht die Worte. Die Hölle durch die deine Schwester gehen mußte kann ich mir nicht mal entfernt vorstellen.
Ich denke daß Ulrikes Entscheidung richtig war, aber ich bin überzeugt die Ärzte hätten es ihr-nachdem die Entscheidung gefallen war-verdammt noch mal leichter machen können!

Ich wünsche deiner Familie ganz viel Kraft und Ragna dem kleinen Stern daß er jede Nacht auf seine Eltern hinunterlächelt.

Traurig und schockiert
Alexis
 
@barkai: Ich glaube, Deine Schwester und Dein Schwager haben die richtige Entscheidung getroffen. Ich wünsche euch viel Kraft, damit ihr das alles durchstehen könnt.

Gruß
Brinja
 
Das hat mir ein lieber Mensch geschickt, als ich vor ca. zwei Jahren in einer ähnlichen Situation wie Deine Schwester war:

"Wenn du jemals ein Kind verlierst,
wie es mir geschehen ist, dann wirst
du die andere Seite der Wahrheit
kennen. Du wirst verstehen, was es
bedeutet, vernichtet zu sein und
doch jeden Tag aufzustehen und
den Kessel mit Wasser zu füllen. Du
wirst den Dampf aus dem Kessel
steigen sehen und weinen. Du wirst
behaupten, es sei alles in Ordnung.
Du hast ein Staubkorn ins Auge
bekommen. Das ist alles. Auf der
Straße werden Tränen auf den
Gehsteig tropfen und deine Schuhe
füllen. Sag`die Sonne schiene dir in
die Augen. Wenn du deine Trauer
zeigst, vergeht sie nicht. Sie ist
für immer und ewig bei dir, aber es
gibt vielleicht eine Stunde, in der du
dich nicht erinnerst. Einen Abend, an
dem der Himmel blau wie Tinte ist.
Einen Nachmittag, an dem dein Sohn
hinter einer Grille herläuft, die er
niemals fangen wird.
Flüstere den Namen deines Babys.
Dann sei still......"
(Verfasserin leider unbekannt)

Ich wünsche euch viel Kraft.
LG
Patricia
 
Ich denke auch, Deine Schwester hat sich richtig entschieden, mann kann es auch nicht be- oder verurteilen wie Menschen sich in solchen Situationen entscheiden, dass muß jeder selbst wissen.
Was mich nur sehr schockiert ist, dass das Baby dann nicht unter Narkose geholt wurde und sie es quasi austragen mußte.
Bei mir wars so, meine Zwillingen sind im 7. Monat in meinem Bauch gestorben, warum weiß bis heute niemand - ich bin ins Krankenhaus gekommen und dort hat man die beiden mit Vollnarkose entfernt, gleich eine Auschabung gemacht und als ich wach geworden bin war alles vorbei. Es war sehr schwer aber das konnte ich verkraften - ich weiß nicht wie es ausgesehen hätte wenn ich auf eine "normale" Geburt hätte warten müssen.
Liebe Grüße
Gabi und 8 Pfoten
 
Barbara, ich denke, daß die Entscheidung richtig war. Ich wünsche Dir und Deiner Familie ganz viel Kraft, daß sie irgendwann mit dem Erlebten umgehen und abschließen können. Diese Geschichte hat gerade dermaßen viel Emotionen in mir hochgebracht, daß es es sich kaum einer vorstellen kann.

Mein Sohn ist im Alter von 9 Jahren an Krebs gestorben, er hatte vorher aufgrund der Chemo und dem damit im Zusammenhang stehenden versagen diverser Organe 3 Herzstillstände und war jedesmal über 5 Minuten weg. D. h. selbst wenn er den Krebs überlebt hätte, wäre er schwerst geistig behindert gewesen. Heute bin ich fest davon überzeugt, daß es so besser war, für Ihn und für mich.
 
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