Naja, ist eben schwierig, Hanni!
Ich hatte mal folgenden Fall (kann sein, dass ich das schonmal berichtet habe
In der Fundtieranlage, die Bude voller kleiner Hündchen und einem pitbullähnlichen Rüden. Dieser war wegen eines Beißvorfalls von der Polizei bei uns untergestellt worden, über sein Schicksal sollte noch entschieden werden. Der Halter war gleichzeitig in U-Haft genommen worden, weil die Haltung dieses Hundes damals in seinem Fall gegen seine Bewährungsauflagen verstieß und er sowieso wegen anderer schon wieder begangener Delikte gesucht wurde.
Ich war also verständlicherweise etwas vorsichtig mit dem von mir Pitti genannten Hund bezüglich Freilauf mit den anderen.
Ich ließ ihn als ersten heraus, kuschelte mit ihm (da war er Weltmeister drin), tat ihn wieder in den Zwinger um die anderen rauszulassen.
Er tobte in seinem Zwinger, biss immer wieder in die Stäbe der Tür und rüttelte daran. Ich stopfte ihm erstmal den Hals mit Leckerli, half aber auch nicht lange.
Ich wollte schon abbrechen, ihn durch die Schleuse nach innen holen, damit er die anderen Hunde nicht mehr sehen konnte, da stand er plötzlich vor mir.
Die Rüttelei an der Tür hatte den Riegel verschoben und da stand er eben. Ich sprach ihn an und wollte ihn greifen, da war er schon um mich herum und packte eines der kleinen Hündchen an der Kehle.
Ich schrie ihm Befehle zum Auslassen zu, ich leerte einen Eimer Wasser über ihm, nichts half. Er rannte samt dem Kleinen im Fang in einen der offenen Zwinger. Ich machte den Zwinger zu und raffte die restlichen Hündchen zusammen, brachte sie in den Zwingern unter.
Ich ging in den Zwinger mit dem Pitti und versuchte ihn von dem Kleinen zu trennen. Mir fehlte aber offensichtlich die Körperkraft, ich brachte nichts zustande!
Die ganze Zeit schrie und schrie der Kleine, ich höre diese Schreie heute noch manchmal im Traum.
Dann versuchte ich es nochmal mit Befehlen, es brachte nichts. Ich rief die Polizei an, die direkt neben unserer Anlage ist und bat um Hilfe. Es kamen zwei Leute, die sich angesichts der Tatsache, dass der Zwinger Betonboden hat und ein eventueller Schuss einen üblen Querschläger ergeben könnte nicht in der Lage sahen, zu helfen.
In dem Moment kam ein mir gut bekannter Halter zweier Dobermänner in die Anlage, ein Kerl wie ein Schrank mit einem Haufen Hundeerfahrung und viel Mut.
Er ging in den Zwinger und versuchte den Pitti durch Hebeln und Würgen von dem Kleinen abzubringen. Es gelang ihm nicht.
In dem Moment hörte der Kleine auf zu Schreien und Pitti ließ ihn los.
Kam herausgerannt, machte freudig und wedelnd Sitz vor mir. Ich führte ihn in seinen Zwinger und sah nach dem Kleinen, er war dem Tode nahe und starb dann auch.
Ich brach zusammen.
Mal ganz abgesehen davon, dass ich diesen Kleinen an diesem Tag als mein eigenes Hündchen mit nach Hause nehmen wollte, weil er wegen seiner Angstaggressivität gegenüber Menschen nicht vermittelbar war, ich hätte bei jedem anderen Hund genauso getrauert.
Ich brauchte Tage, bis ich wieder unbefangen einem Hund in die Augen sehen konnte, der irgendwie wie dieser Pitti aussah.
Über das Schicksal von Pitti ließ ich unseren Amts.-Vet. entscheiden, wie das ausging ist nach der sonstigen Vergangenheit des Hundes klar.
Seit dieser Sache hab ich schon beim Hören eines gequälten Bellers eines Hundes ein furchtbares Gefühl im Herzen.
Dramatisch anmutende Hundebegegnungen machen mir Angst, versetzen mich temporär in einen Schockzustand.
Ich bin bedeutend vorsichtiger geworden, lasse meinen Kollegen oft entscheiden, welcher Hund mit welchem kann oder nicht, er ist da weitaus unbefangener und liegt eigentlich immer richtig mit seinen Entscheidungen. Auch unsere ehrenamtliche Gassigängerin ist da unbefangener, also gibt es schon zwei Menschen, auf deren Urteil ich bauen kann.
Zuhause lass ich alle mit allen laufen, außer jetzt die Olivia nicht mehr, da wohl nie herauskommen wird, wer ihr diese Verletzungen beigebracht hat, einer unserer Hunde oder wie andere Leute vermuten ein Dachs.
Ich hab erst letzte Nacht einen Dachs auf unserem Grundstück gesehen, als ich die Hunde schon "ins Bett gebracht" hatte.
Olivia kann aber trotzdem mit den anderen Hunden laufen, nur eben immer dann wenn ich Zeit genug hab, wirklich dabei zu bleiben. Im Haus sind ja eh immer alle mit allen, da gibt es keine Probleme.
Ich bin sehr traurig darüber, dass dieser eine Hund mir meine Unbefangenheit genommen hat und die Erinnerung an diesen Vorfall mich heute noch fast lähmt! Und ich bin sehr froh darüber, dass ich Leute um mich habe, die mich diese Angst langsam aber sicher überwinden lassen.
Das mal als Erklärung dafür, warum ich mich als "Schocktyp" bezeichnen muss, sorry, ist (mal wieder
) ziemlich lang geworden.