Ich fahr da nicht mehr hin, da ich mittlerweile die Sprache beherrsche und mich mit jedem anlege.
Das ist ja nun auch keine Lösung und vor allem bringt es nix. Ich war Gast in diesem Land und hatte mich entsprechend zu benehmen. Natürlich ist der Zorn in mir hochgekocht, als ich mir diesen "Markt" angesehen habe. Ich bin auch extra noch mal zurück, um das Gesehene zu dokumentieren. Aber sich mit den Händlern anzulegen hätte bei ihnen sicher nicht zu irgendeiner Einsicht geführt. Eher im Gegenteil.
Wir sind einen Tag zu einem Schmuck-"Tempel" (das Ding hatte riesige Ausmaße und war opulent eingerichtet) gefahren worden. Meine Freundin und ich haben sofort klargemacht, dass wir nicht die geringste Absicht haben, irgendetwas zu kaufen. Also haben sich die beiden uns zugeteilten Verkäuferinnen mit uns unterhalten. Beide waren in Deutschland aufgewachsen und sprachen dementsprechend perfekt deutsch. Es stellte sich ziemlich schnell raus, dass beide zuhause jeweils eine Katze hatten. Die eine eine Wohnungskatze, die andere eine Freigängerin. Die mit der Freigängerin wollte ihre Katze kastrieren lassen, hat aber zweimal den Zeitpunkt verpasst. Das Ergebnis: zwei Würfe innerhalb von 6 Monaten. Wir haben Tipps gegeben, Wissen vermittelt, Überzeugungsarbeit geleistet. Damit haben wir sicher mehr erreicht, als wenn wir uns darüber aufgeregt hätten, dass die Katze immer noch nicht kastriert ist. Oder dass der Wohnungskatze die Krallen geschnitten werden, damit die Möbel heile bleiben...
Ich war zwar nur eine Woche da, aber mir ist zumindest so viel klargeworden, dass dieses Land unglaublich vielschichtig ist, die Bandbreite der Lebensumstände und Wertvorstellungen unglaublich groß. Ein Türke sagte zu uns wörtlich: "Die Türkei ist ein Entwicklungsland. Wir brauchen noch mindestens 15 Jahre." Und genau vor diesem Hintergrund sollte man auch den Umgang mit Haustieren sehen. Tierschutz ist Luxus, den sich nur reiche Länder leisten können.
Wir sollten diesem Land genauso wie Spanien, Italien, Ungarn etc. die Zeit zugestehen, die wir selber auch gebraucht haben. Laika hat es ja schon geschrieben: Es ist noch nicht so lange her, dass auch bei uns Hunde und Katzen in Zoohandlungen verkauft wurden. Ich kenne das noch aus meiner Kindheit. Zur selben Zeit liefen in Italien noch Straßenhunde durch die Städte wie heute in der Türkei. Seitdem sind 35 Jahre vergangen und so wie bei uns die Welpen aus den Zoogeschäften verschwunden sind, sind in Italien die Straßenhunde verschwunden.
Die Türkei scheint in vielen Bereichen auf einem guten Weg zu sein. Sie pflastert zwar auch ihre Küsten mit Hotels zu, ist aber zumindest so schlau, auch Kläranlagen zu bauen, damit die Abwässer nicht ungeklärt ins Meer geleitet werden (wie es in Spanien und Italien lange gemacht wurde). Das Ergebnis ist ein wunderbar klares Meerwasser.
Wir haben auf unserer Fahrt durchs Taurus-Gebirge groß angelegte Aufforstungsprogramme gesehen, die (an der Baumgröße mancher Anpflanzungen festgemacht) schon seit 10 - 15 Jahren zu laufen scheinen und weitergeführt werden. Allerdings scheint es bei den Neuanpflanzungen zunehmend Probleme zu geben, weil auch die Türkei den Klimawandel zu spüren bekommt und die Niederschläge zurück gehen. Viele der Setzlinge sind daher nicht angegangen.
Im Gebiet von Denizli/Pamukkale beginnt man die heißen Quellen zur Energieerzeugung zu nutzen. Das völlig unterentwickelte Eisenbahnnetz wird ausgebaut.
Und das Programm von Antalya und die markierten Hunde lassen zumindest die Hoffnung zu, dass bzgl. des Umgangs mit Hunden ein langsames Umdenken beginnt. Es wird lange dauern, aber im Tierschutz brauchte man schon immer viel Geduld und einen langen Atem. Bis sich das Umdenken in den Köpfen festgesetzt hat, vergehen Jahrzehnte. Aber das ist überall so. Nicht nur in der Türkei.
Viele Grüße
Petra