snowflake schrieb:
lektoratte, würdest du dann auch deine Hunde für Tierversuche zur Verfügung stellen, mit dem Ziel, dass am Ende die Baktis tot umfallen und nicht du?
Falls nicht: was macht deine Hunde wertvoller /schützenswerter als die, die das Pech hatten, dort zu landen?
Willst du eine ehrliche Antwort, oder schuldbewusstes Rumgedruckse hören?
Die ehrliche Antwort ist: Meine Hunde haben Glück gehabt.
So wie deine, oder die von jedem halbwegs verantwortungsvollen Besitzer. So wie die Schweine, die auf einem Gnadenhof landen und nicht auf dem Schlachthof. Wie die Hunde, die in Deutschland leben und nicht in Holland oder gar Spanien, Ungarn, der Türkei.
ICH habe Glück gehabt (übrigens genau wie du), dass ich:
1. Als Mensch geboren bin.
2. Hier geboren bin, in einem Land mit halbwegs funktionierendem Sozial- und Gesundheitssystem. In einem Land wo ich das werden konnte, was ich wollte, und mir niemand _ernsthaft_ wegen meiner Ansichten auf's Dach steigt.
3. Mir ein Haustier leisten kann, und mir leisten kann, dass es dem gut geht.
4. Insgesamt in einer Position bin, wo ich die
Wahl habe und insgesamt auf der Sonnenseite stehe.
Milliarden anderen Menschen geht das nicht so. Und Tieren übrigens auch.
Ich bin weder für das Leid der Welt verantwortlich, noch kann ich es abschaffen.
Die Welt, wie sie ist, ist nicht gerecht, und egal, was für Vorsätze ich habe, werde ich insgesamt daran nichts ändern können. Im Gegenteil, allein dadurch, dass ich hier, in einem Industriestaat, exisitiere, meinen Computer nutze usw usf etc pp, mache ich die Welt ein kleines Stück ungerechter und nehme anderen etwas weg.
Das meinte ich mit: "Schuldfreies Leben ist nicht möglich!"
Ich kann versuchen, einzelne Dinge abzustellen, und im Kleinen was zu bewirken (und mache das auch), aber am Gesamtproblem kann ich nichts ändern.
In anderen Worten: Das ganze Leben ist ein Kompromiss, und ein Kompromiss ist nicht die Lösung, wo alle Parteien gleichermaßen zufrieden, sondern meistens eher die, wo alle gleich angep.isst sind. Das gefällt mir vermutlich so wenig wie dir, es ist aber ne Tatsache.
Wir machen alle Kompromisse, und mein Kompromiss sieht so aus, dass ich Tierversuche bei Medikamententests für sinnvoll und leider noch unvermeidlich halte. Bei Kosmetika sieht es (für mich) durchaus anders aus, aber das ist mEn ein anderes Thema.
Ich freue mich über jedes neue Testverfahren, dass Tierversuche ersetzt und Leben rettet. Allerdings ist mir zB auch klar, dass, um so ein Verfahren zu entwickeln, schon aus Gründen der Vergleichbarkeit wieder Tiere dran glauben müssen. Das fällt dann wieder unter die Rubrik: "Kompromiss".
Du musst mir da nicht folgen. Ich esse auch Fleisch, und kenne viele Leute, die das nicht verstehen können. Ja, klar, wenn ich es mir leisten kann, dann Biofleisch (und oft ist das im Moment sowieso nicht drin) - aber das ist eben auch bloß wieder ein "Kompromiss".
Ich kann auch Leute gut verstehen, die kein Fleisch essen - oder gegen Tierversuche demonstrieren. Ich halte letzteres sogar durchaus für sinnvoll, weil ich
weiß, dass ohne diese Demonstrationen viele sinnvolle Ersatz-Verfahren nie entwickelt worden wären... denn das kostet ja leider erstmal Geld, und solange alles läuft wie immer, besteht für die Firmen kein Leidensdruck, da etwas zu ändern.
Ohne die Anti-Tierversuchslobby wären Initiativen wie
diese hier vermutlich nie oder noch viel später gestartet worden.
Aber bei manchen der ach so eifrigen Demonstranten denke ich manchmal, die wissen eigentlich gar nicht so genau, wie gut sie es haben. Ohne Impfstoffe, Antibiotika, Desinfektionsmittel, Schmerztabletten wäre mancher von ihnen sehr vermutlich nicht mehr am Leben. Ohne Antibabypille würden wir uns hier eventuell gegenseitig auf den Füßen stehen und uns (ja, auch ohne Pflanzenschutzmittel) gegenseitig auffressen, weil nichts anderes mehr da wäre.
Ohne die Dinge, gegen die sie mobil machen, würden sie vermutlich nicht in der Lage sein, jetzt dagegen zu demonstrieren.
Und das kommt mir, obwohl ich wie gesagt die Demonstrationen an sich für sinnvoll halte, immer etwas paradox vor.
Ich erhebe übrigens keinen Anspruch darauf, hier die einzig wahre oder gar perfekte Meinung zu vertreten. Aber ich ganz persönlich kann mich nicht einfach hinstellen und mit dem Finger auf andere zeigen und "ihr bösen, bösen Pharmaleute" sagen, wenn ich genau weiß, dass ich davon im großen Maße profitiert habe und das immer noch tue, ob ich will oder nicht.
LG, Lektoratte