Lohn der Angst
Herren über Tod und Leben. Mit welchen Methoden ein Ordnungamt und der
oberste Polizei-Gutachter in Hessen vorgehen
Die grossen Medien haben gebrüllt, nun interessiert sie das Thema nicht
mehr. Jetzt gehen die selbsternannten Hundesheriffs erst richtig los - auf
die verhassten Hunde. Egal, ob gut oder böse. Sie werden mitunter
weggetestet. Ohne Medien, ohne Tierärzte. Ohne Zeugen, wenn es geht. Mit
totalitären Methoden. Eine neuer ungeheuerlicher Vorfall verdeutlicht: Es
ging bei dem ganzen Krampf um „Kampfhunde" ganz offensichtlich nie um die
einzelnen kriminellen Hundehalter. Sonst hätte man ja früher ohne die
neuen Pauschalrasse-Verordnungen eingreifen können. Es geht um verdecktes
Geschäft, um Image, um Marktanteile, und vor allem um Machtdemonstrationen
an Hunden, die man beneidete oder hasste - aus menschlichen, nie
kynologischen Gründen.
Vorwort einer Tierärztin, die wie etliche andere einen nur durch Passwort
decodierbaren Informationsaustausch im Internet pflegen: „Der nachfolgende
Text ist auch wieder ein neues Beispiel für die Behörden-Willkür. Noch
lebt der Hund, und es gibt ein Gutachten einer zugelassenen Tierärztin,
welches dem Hund normales Verhalten bescheinigt. Ich habe auch die
vollständigen Unterlagen."
Über den Ablauf der Wesensprüfung. Gesprächsnotizen zwischen dem
Ordnungsamt OF, sowie Herrn Willnat, und der Hundehalterin. (Anm.: Willnat
ist Gutachter, der Rest zur Person am Schluss. Auf den Hundenamen wurde
aus naheliegenden Gründen verzichtet, ebenso auf genaue Daten, um dem Hund
nicht zu schaden, weil Rache im Verzug sein kann.)
„Am Mittwoch, den xx. Juli 2000, rief ich Herrn Willnat an, um einen
Termin für die Wesensprüfung zu vereinbaren. Während dieses Gesprächs kam
es zu Meinungsverschiedenheiten, da Herr Willnat von mir verlangte, dass
meine Hündin während der Prüfung keine Maulkorb trägt. Ich versuchte zu
erklären, dass ich mich durch die angekündigte VO strafbar machen würde,
und dass ich diesen Test nur mit Maulkorb durchführen liesse. Herr Willnat
reagierte darauf sehr verärgert und sagte zu mir wortwörtlich: „Wenn ich
Ihnen als Polizist befehle, den Maulkorb abzunehmen, dann haben Sie das
auch zu tun!"
Als wir uns geeinigt hatten, dieses Thema vor Ort noch einmal zu klären,
vereinbarten wir die Durchführung des Wesenstests für den xx. Juli.
Tag der Wesensprüfung
Als ich fast eine Stunde verspätet eintraf, da ich diesen Treffpunkt nicht
auf Anhieb finden konnte, traute ich meinen Augen kaum! Herr Willnat
begutachtete gerade einen Hund, obwohl: begutachten darf man gar nicht
dazu sagen. Er versuchte, den Hund auf die im Hafenbecken schwimmenden
Wassertiere scharf zu machen. Ich konnte auch ganz deutlich erkennen, dass
er diesem Hund mindestens vier- bis fünfmal auf die Nase haute, der Hund
zeigte dennoch keine Reaktion.
Wie mir schien, wollte Herr Willnat nicht locker lassen, packte den Hund
am Schwanz und hievte in hoch. Daraufhin bekam ich Panik, weil ich mit da
nicht sicher war, wie meine läufige Hündin reagieren würde.
Eine Frau sass während dieser Zeit neben mir. Sie bestätigte mir das, was
ich gesehen hatte.
Ich bemerkte, dass Herr Willnat uns beobachtete, und auf uns zulief.
Während dessen spielte ich mit dem Gedanken, wieder nach Hause zu fahren,
da ich geschockt war. Doch zu spät. Herr Willnat stand vor mir und wollte
wissen, wie ich heisse, wo ich wohne, und woher ich meine Hündin hätte, ob
es Papiere für den Hund gibt oder nicht. Ich verneinte und sagte, dass ich
sie vor ca. vier Jahren in einer Mülltonne gefunden hätte. Ich gab ihm
meine Personalien und entschuldigte mich für die Verspätung.
Er holte sein Messband heraus und versuchte, die Höhe von meiner Hündin zu
messen. Sie wollte aber lieber mit Herrn Willnat spielen und lief um ihn
herum. In hoher Stimmlage forderte er mich auf, den Hund endlich zum ruhig
sein zu bewegen, denn sonst könne er den Hund nicht feststellen und er
somit nicht gewillt ist, den Wesenstest durchzuführen.
Nachdem er mass, ging er an einen dunklen Kombi, der gleich neben der
Parkbank parkte, und holte einen Hund aus diesem Fahrzeug, der weder an
der Leine noch einen Maulkorb trug. Meine Hündin fing daraufhin an zu
bellen und stellte ihre Haare. Ich befahl ihr Sitz und Aus, worauf sie
auch hörte. Sie setzt sich in die entgegengesetzte Richtung, um den Hund
nicht mehr sehen zu können. Herr Willnat brachte den Hund zurück ins Auto.
Herr Willnat entschuldigte sich und sagte, es würde ihm leid tun, und er
rät mir, meine Hündin so schnell wie möglich einschläfern zu lassen, da
sie hochgradig aggressiv und als gefährlich einzustufen sei. Ich sagte
Herrn Willnat, dass ich diese Hündin auf keinen fall einschläfern lassen
werde. Am xx. Juli übersandte ich per Fax Herrn Willnat sowie dem
Ordnungsamt OF ein Schreiben mit der Untersagung der Weiterleitung bzw.
Auswertung des Wesenstest meiner Hündin.
Später telefonierte ich mit Herrn E. vom Ordnungsamt OF. Er verlangte von
mir eine schriftliche Erklärung, das ich meine Hündin nach der Läufigkeit
erneut einer Wesensprüfung unterziehe, was ich auch tat. Erst am x. August
rief ich Herrn E. wieder an, da mir mein Anwalt riet, nicht mehr mit Herrn
E. zu sprechen, denn Herr E. sowie Herr B. vom Ordnungsamt hatten mir
mehrfach gedroht, meine Hündin sicherzustellen.
In diesem Telefonat ging es darum, wo und wann der Wesenstest durchgeführt
werden sollte, da Herr E. bei der Begutachtung anwesend sein wollte. Ich
wies darauf hin, dass meine Hündin immer noch läufig sei, das
interessierte ich aber nicht. Inzwischen habe er ein Gegengutachten von
meiner Hündin erhalten, er brauche ein Gutachten nicht mehr zu
akzeptieren, um den Hund sicherzustellen.
Dieses so genannte Gegengutachten wurde von einem Herrn G. erstellt, den
ich weder am xx. Juli noch jemals zuvor kennengelernt hatte. (Anm: Willnat
ist direkter Vorgesetzter von G.) G. behauptet in dem Gutachten, dass
während der Prüfung meine Hündin ein Kind angesprungen hat und das Bellen
nur durch den Maulkorb verhindert wurde.
Als ich daraufhin Herrn G. anrief, konnte dieser sich weder an mich noch
an meine Hündin erinnern, geschweige denn die Farbe meiner Hündin nennen.
Zeugin des Gesprächs zwischen mit und Herrn G. ist eine Tierärztin.
Während dieser Zeit wurde ich vom Ordnungsamt massiv unter Druck gesetzt.
Her E. drohte mir ständig, die Hündin sicherzustellen. Ich musste sie
daher mit zur Arbeit nehmen.
Am xx. August teilte ich Herrn E. mit, dass ich die Wesensprüfung am xx.
August in xxx bei Frau (Tierärztin) durchführen lasse. Herr E. sagte mir,
dass er den Namen nicht kennen würde, und er sich nicht sicher sei, ob die
Damen auch zur Abnahme der Wesensprüfung berechtigt wäre, deshalb könne
ich die Wesensprüfung auch dort nicht machen.
Nach langem Hin und Her überzeugte ich, dass Herr E. mit der Tierärztin
telefonisch Kontakt aufnimmt, damit sie ihm ihre Zulassung evtl. per Fax
zukommen lässt. Das nächste Problem war das so genannte Gutachten von
Herrn Willnat, das die Tierärztin benötigte, um die Vorwürfe zu widerlegen
oder gegebenenfalls zu bestätigen. Herr E. sagte, dieses Schreiben sei an
ihn gerichtet, deshalb aus Datenschutzgründen nicht möglich, mir dieses
Gutachten von Herrn Willnat mir zukommen zu lassen.
Die beiden Herren versuchten darauf hin mehrfach, die Tierärztin zu
beeinflussen. Herr Willnat behauptete sogar dabei, dass ich meiner Hündin
gelegentlich Betäubungsmittel verabreichen würde, was glatt erlogen ist.
Auch dies kann die Tierärztin bestätigen.
Der anschliessende Wesenstest wurde sicherheitshalber per Video
festgehalten und dient als Beweismittel vor Gericht. Als Herr Willnat vom
positiven Gutachten meiner Hündin erfuhr, rief er sofort bei der
Tierärztin an, um sie zu überzeugen, dass sie ja auch von mir getäuscht
worden sei, und er würde mit allen Mitteln gegen dieses Gutachten kämpfen.
Ich faxte dem Ordnungsamt den Test zu. Herr E. teilte mit, dass er das
positive Gutachten nicht akzeptieren würde, da er während der Prüfung
nicht dabei sein konnte. Ausserdem sei die Tierärztin nicht gewillt, das
Beweismaterial (Videoband) herauszugeben. Die Tierärztin sagte verärgert,
dass Herr E. nicht sachverständig sei, um das Band zu beurteilen. Daher
sehe sie keinen Grund, Herr E. das Band zukommen zu lassen.
Herr E. nannte nach dieser Reaktion zwei Möglichkeiten: 1. Ich würde einem
dritten Gutachten zustimmen. Dies müsste jedoch von einem VDH-Gutachter
erstellt werden und nicht von einem Tierarzt. 2. Er würde die Hündin
sicherstellen und ein Zwangsgutachten beantragen. Herr E. platzte vor Wut,
weil ich beiden Möglichkeiten nicht zustimmte. Letzten Endes würde er
entscheiden, ob ich meine Hündin behalten dürfe oder nicht.
Gutachten von Manfred Willnat:
„Am xx. Juli begutachtete ich die o. g. Pitbull-Hündin in xxxx. Bereits im
Vorfeld der Begutachtung fiel mit die Hündin durch eine hohe Aggression
gegen andere Hunde auf. Auch konnte ich beobachten, wie sie ein Kind
angesprungen hat. Später wurde mir von anderen Personen bestätigt, dass
sich die Hündin auch hierbei aggressiv verhalten habe und ein Beissvorfall
nur durch den Beisskorb verhindert wurde. Bei einer nochmaligen
Überprüfung der Verhaltensweisen mit anderen Hunden zeigte die Hündin
immer wieder ansatzloses Angriffsverhalten, welches auf eine Beschädigung
des anderen Tieres ausgerichtet war. Auf Grund der hohen
Aggressionsbereitschaft der Hündin geht von ihr eine immense Gefahr für
die Allgemeinheit aus. Ich rate dringend dazu, die erforderlichen
Massnahmen zur Gefahrenabwehr umgehend zu treffen und empfehle eine Tötung
des Tieres."
Manfred Willnat ist Erster Polizeihauptkommissar und Leiter der Hessischen
Polizeischule der Abteilung Diensthundewesen. Er erarbeite mit der
Landestierschutzbeauftragten Dr. med. vet. Madeleine Martin (hessisches
Sozialministerium) die „Vorgaben zur Durchführung des Wesenstestes gemäss
Gefahrenabwehr - Verordnung gegen gefährliche Hunde". In der Vorbemerkung
dazu steht: „Dieser Wesenstest wurde von den Unterzeichnern erarbeitet und
sowohl mit Frau Dr. Feddersen-Petersen, Institut für Haustierkunde der
Christian Albrechs Universität, Kiel, als auch mit Vertretern der
Veterinärabteilung im Hessischen Sozialministerium abgestimmt. Seit 1997
werden Hunde nach diesen Kriterien begutachtet." Anm.: Die „Vorgaben"
liegen der Redaktion vor.
Bemerkungen zum hessischen Wesenstest:
Das Kapitel „2. Grundsätzliches - Ziel des Tests" verrät, von der
theoretischen Sprache her, eine ganz bestimmte Feder, zum Beispiel:
„inadäquat" aggressiv (gegenüber Menschen und anderen Hunden). Katzen und
andere Tiere also ausgeschlossen? Inadäquat heisst, einfach, unpassend.
Sie erklärt dann, was man hätte vorher schon verständlich schreiben
können, klingt aber nicht so wichtig, ist aber In Wahrheit
wissenschaftlich unexakt und unlogisch, weil es keine Schlussfolgerung
ist: „Inadäquate Aggressivität ist eine hohe Aggressionsbereitschaft, die
der Situation nicht angepasst ist. Sie erscheint vielmehr biologisch und
in ihrer Genese als nicht nachvollziehbar, unvermittelt, plötzlich und in
sehr extremer Ausprägung." Meint sie etwa „der Situation unpassende
Aggression"? Genese heisst, übrigens, Entstehung. Und meines Erachtens ist
plötzlich auch unvermittelt.
Man übersetze dies mal in exaktes Deutsch. Aber dann kommt sehr wenig an
Aussage dabei raus, aber es wäre viel kürzer.
Dann aber schlägt deutlich jemand anders zu. Und wie praxisgerecht vor
allem, und er würde dies bei seinen Rassen sicherlich machen!
Auszüge: „a) Handling des Hundes durch den Prüfer": „..ggf. ein Hochheben
muss (Anm.: vom Hund) geduldet werden". b) Alltagssituationen: Im Verlauf
der Prüfung ist der Hund in normaler Alltagssituation mit anderen Hunden,
Fussgängern, Autos, Radfahrern, Skatern, Joggern, Kinderwagen und Kindern
sowie Hunden angeleint zu konfrontieren. Dabei muss der Hund ebenso
dichtes oder hastiges Vorbeigehen und „Anrempeln" ertragen."
Und dann kommt vermutlich kurz mal wieder eine gutmeinend gutachtende
Tierärztin zu Worte: „Drohen und Knurren in adäquaten Situationen ist
erlaubt (biologisch nachvollziehbar und vom Hundeführer beeinflussbar).
Dann wieder haut wieder der Schutzhundler zu, unter „c) Belastung: Der
Hund wird in belastende Situationen gebracht (Drohfixieren, angedeutete
Schläge, nachgestellte Flucht des Angreifers)."
Danach die gutachtende Tierärztin: „In dieser Situation ist hundetypisches
Defensivverhalten als biologisch induziert zu akzeptieren." Induziert
heisst, schlicht, erfahren.
Ob dies wohl Diensthundeprüfer so adäquat akzeptieren oder doch eher damit
in-induziert sind?
Übrigens: Als biologisch handelnder Ausbilder bilde ich zielgerichtet
selbstsichere Hunde heran und keine Angsthasen, die einem Drohfixieren
ausweichen und Schläge (so mancher Schlag ist bei unliebsamen Hunden nicht
„angedeutet"!) wegstecken wie Prügelknaben. Und als die möchten die
Schutzhundler-Wesenstester nun die früher beneideten und nicht auf die
Schutzhundeplätze gelassenen Besserbeisser abqualifizieren. Es herrscht
primitivster Neid. Und jetzt werden die Konkurrenten fertiggemacht, mit
Mitteln, die sie bei ihren Hunden nie anwenden würden. Im
Schutzhundetraining wären solche Weicheier übrigens dem Spott ausgesetzt:
untauglich, Versager!
Die Verhältnis-Unmässigkeit der Mittel ist Absicht. Wer versagt hier? Und
wer setzt dem unqualifizierten Treiben die verschiedenen Stempel auf?
Ein Polizeihunde-Fachmann:
Wer sich gegen Pauschalierung wehrt, darf dies nicht beim „Gegner" tun. Um
einer pauschalen Diskriminierung von Polizeihundeausbildern zu begegnen,
hier ein Auszug aus einem Artikel von Harald Wiegand in der „WAZ"
Düsseldorf. Denn es gibt natürlich - vermutlich gar sind sie in der
Mehrheit - hundefreundliche und gewissenhafte Fachleute unter den
Polizei-Sachverständigen, die etwa diesen: Alfred Maciejewski, seit 30
Jahren Leiter der NRW-Landespolizeihundeschule Schloss Holte Stutenbrock,
Vorsitzender des Arbeitskreises Diensthunde haltender Verwaltungen des
Bundes und der Länder.
Wenn er vor der Verabschiedung der neuen Verordnung gehört worden wäre,
hätte der Erste Polizeihauptkommissar erhebliche Bedenken geltend gemacht.
„Das sind zunächst die Rasselisten, die von der irrigen Annahme ausgehen,
dass Hunde einer bestimmten Rasse generell ein höheres Gefahrenpotenzial
besitzen als Hunde anderer Rassen. Das ist wissenschaftlich nicht
haltbar." Gäbe es andere Erkenntnisse, sie wären vermutlich längst in die
hauseigene Diensthundezucht eingeflossen. Denn: „Schliesslich ist beim
Einsatz unserer Tiere eine gewisse Disposition zur Aggression durchaus
erwünscht." Also müsse man ja eigentlich überrascht sein, dass es bei der
Polizei bisher keinen „Kampfhund" gebe.
Noch ein Einwand des Fachmanns: „Generelle Leinenpflicht und Maulkorbzwang
für alle Hunde bestimmter Rassen seien kein probates Mittel, um gegen
kriminelle Halter und gefährliche Hunde vorzugehen. „Abgesehen davon, dass
ich ein solches Vorgehen gegen viele unbescholtene Bürger und ihre bislang
unauffälligen Tiere unter rechtsstaatlichen Aspekten für bedenklich halte,
werden wir auch so das eigentliche Problem nicht lösen." Der Polizeibeamte
wünscht sich eine Rücknahme der neuen Landeshundeverordnung. Man solle, so
Maciejewski, die um einige Punkte ergänzte alte Gefahrhundeverordnung ohne
die jetzt geltende Rasselisten wieder in Kraft setzen.
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Herren über Tod und Leben. Mit welchen Methoden ein Ordnungamt und der
oberste Polizei-Gutachter in Hessen vorgehen
Die grossen Medien haben gebrüllt, nun interessiert sie das Thema nicht
mehr. Jetzt gehen die selbsternannten Hundesheriffs erst richtig los - auf
die verhassten Hunde. Egal, ob gut oder böse. Sie werden mitunter
weggetestet. Ohne Medien, ohne Tierärzte. Ohne Zeugen, wenn es geht. Mit
totalitären Methoden. Eine neuer ungeheuerlicher Vorfall verdeutlicht: Es
ging bei dem ganzen Krampf um „Kampfhunde" ganz offensichtlich nie um die
einzelnen kriminellen Hundehalter. Sonst hätte man ja früher ohne die
neuen Pauschalrasse-Verordnungen eingreifen können. Es geht um verdecktes
Geschäft, um Image, um Marktanteile, und vor allem um Machtdemonstrationen
an Hunden, die man beneidete oder hasste - aus menschlichen, nie
kynologischen Gründen.
Vorwort einer Tierärztin, die wie etliche andere einen nur durch Passwort
decodierbaren Informationsaustausch im Internet pflegen: „Der nachfolgende
Text ist auch wieder ein neues Beispiel für die Behörden-Willkür. Noch
lebt der Hund, und es gibt ein Gutachten einer zugelassenen Tierärztin,
welches dem Hund normales Verhalten bescheinigt. Ich habe auch die
vollständigen Unterlagen."
Über den Ablauf der Wesensprüfung. Gesprächsnotizen zwischen dem
Ordnungsamt OF, sowie Herrn Willnat, und der Hundehalterin. (Anm.: Willnat
ist Gutachter, der Rest zur Person am Schluss. Auf den Hundenamen wurde
aus naheliegenden Gründen verzichtet, ebenso auf genaue Daten, um dem Hund
nicht zu schaden, weil Rache im Verzug sein kann.)
„Am Mittwoch, den xx. Juli 2000, rief ich Herrn Willnat an, um einen
Termin für die Wesensprüfung zu vereinbaren. Während dieses Gesprächs kam
es zu Meinungsverschiedenheiten, da Herr Willnat von mir verlangte, dass
meine Hündin während der Prüfung keine Maulkorb trägt. Ich versuchte zu
erklären, dass ich mich durch die angekündigte VO strafbar machen würde,
und dass ich diesen Test nur mit Maulkorb durchführen liesse. Herr Willnat
reagierte darauf sehr verärgert und sagte zu mir wortwörtlich: „Wenn ich
Ihnen als Polizist befehle, den Maulkorb abzunehmen, dann haben Sie das
auch zu tun!"
Als wir uns geeinigt hatten, dieses Thema vor Ort noch einmal zu klären,
vereinbarten wir die Durchführung des Wesenstests für den xx. Juli.
Tag der Wesensprüfung
Als ich fast eine Stunde verspätet eintraf, da ich diesen Treffpunkt nicht
auf Anhieb finden konnte, traute ich meinen Augen kaum! Herr Willnat
begutachtete gerade einen Hund, obwohl: begutachten darf man gar nicht
dazu sagen. Er versuchte, den Hund auf die im Hafenbecken schwimmenden
Wassertiere scharf zu machen. Ich konnte auch ganz deutlich erkennen, dass
er diesem Hund mindestens vier- bis fünfmal auf die Nase haute, der Hund
zeigte dennoch keine Reaktion.
Wie mir schien, wollte Herr Willnat nicht locker lassen, packte den Hund
am Schwanz und hievte in hoch. Daraufhin bekam ich Panik, weil ich mit da
nicht sicher war, wie meine läufige Hündin reagieren würde.
Eine Frau sass während dieser Zeit neben mir. Sie bestätigte mir das, was
ich gesehen hatte.
Ich bemerkte, dass Herr Willnat uns beobachtete, und auf uns zulief.
Während dessen spielte ich mit dem Gedanken, wieder nach Hause zu fahren,
da ich geschockt war. Doch zu spät. Herr Willnat stand vor mir und wollte
wissen, wie ich heisse, wo ich wohne, und woher ich meine Hündin hätte, ob
es Papiere für den Hund gibt oder nicht. Ich verneinte und sagte, dass ich
sie vor ca. vier Jahren in einer Mülltonne gefunden hätte. Ich gab ihm
meine Personalien und entschuldigte mich für die Verspätung.
Er holte sein Messband heraus und versuchte, die Höhe von meiner Hündin zu
messen. Sie wollte aber lieber mit Herrn Willnat spielen und lief um ihn
herum. In hoher Stimmlage forderte er mich auf, den Hund endlich zum ruhig
sein zu bewegen, denn sonst könne er den Hund nicht feststellen und er
somit nicht gewillt ist, den Wesenstest durchzuführen.
Nachdem er mass, ging er an einen dunklen Kombi, der gleich neben der
Parkbank parkte, und holte einen Hund aus diesem Fahrzeug, der weder an
der Leine noch einen Maulkorb trug. Meine Hündin fing daraufhin an zu
bellen und stellte ihre Haare. Ich befahl ihr Sitz und Aus, worauf sie
auch hörte. Sie setzt sich in die entgegengesetzte Richtung, um den Hund
nicht mehr sehen zu können. Herr Willnat brachte den Hund zurück ins Auto.
Herr Willnat entschuldigte sich und sagte, es würde ihm leid tun, und er
rät mir, meine Hündin so schnell wie möglich einschläfern zu lassen, da
sie hochgradig aggressiv und als gefährlich einzustufen sei. Ich sagte
Herrn Willnat, dass ich diese Hündin auf keinen fall einschläfern lassen
werde. Am xx. Juli übersandte ich per Fax Herrn Willnat sowie dem
Ordnungsamt OF ein Schreiben mit der Untersagung der Weiterleitung bzw.
Auswertung des Wesenstest meiner Hündin.
Später telefonierte ich mit Herrn E. vom Ordnungsamt OF. Er verlangte von
mir eine schriftliche Erklärung, das ich meine Hündin nach der Läufigkeit
erneut einer Wesensprüfung unterziehe, was ich auch tat. Erst am x. August
rief ich Herrn E. wieder an, da mir mein Anwalt riet, nicht mehr mit Herrn
E. zu sprechen, denn Herr E. sowie Herr B. vom Ordnungsamt hatten mir
mehrfach gedroht, meine Hündin sicherzustellen.
In diesem Telefonat ging es darum, wo und wann der Wesenstest durchgeführt
werden sollte, da Herr E. bei der Begutachtung anwesend sein wollte. Ich
wies darauf hin, dass meine Hündin immer noch läufig sei, das
interessierte ich aber nicht. Inzwischen habe er ein Gegengutachten von
meiner Hündin erhalten, er brauche ein Gutachten nicht mehr zu
akzeptieren, um den Hund sicherzustellen.
Dieses so genannte Gegengutachten wurde von einem Herrn G. erstellt, den
ich weder am xx. Juli noch jemals zuvor kennengelernt hatte. (Anm: Willnat
ist direkter Vorgesetzter von G.) G. behauptet in dem Gutachten, dass
während der Prüfung meine Hündin ein Kind angesprungen hat und das Bellen
nur durch den Maulkorb verhindert wurde.
Als ich daraufhin Herrn G. anrief, konnte dieser sich weder an mich noch
an meine Hündin erinnern, geschweige denn die Farbe meiner Hündin nennen.
Zeugin des Gesprächs zwischen mit und Herrn G. ist eine Tierärztin.
Während dieser Zeit wurde ich vom Ordnungsamt massiv unter Druck gesetzt.
Her E. drohte mir ständig, die Hündin sicherzustellen. Ich musste sie
daher mit zur Arbeit nehmen.
Am xx. August teilte ich Herrn E. mit, dass ich die Wesensprüfung am xx.
August in xxx bei Frau (Tierärztin) durchführen lasse. Herr E. sagte mir,
dass er den Namen nicht kennen würde, und er sich nicht sicher sei, ob die
Damen auch zur Abnahme der Wesensprüfung berechtigt wäre, deshalb könne
ich die Wesensprüfung auch dort nicht machen.
Nach langem Hin und Her überzeugte ich, dass Herr E. mit der Tierärztin
telefonisch Kontakt aufnimmt, damit sie ihm ihre Zulassung evtl. per Fax
zukommen lässt. Das nächste Problem war das so genannte Gutachten von
Herrn Willnat, das die Tierärztin benötigte, um die Vorwürfe zu widerlegen
oder gegebenenfalls zu bestätigen. Herr E. sagte, dieses Schreiben sei an
ihn gerichtet, deshalb aus Datenschutzgründen nicht möglich, mir dieses
Gutachten von Herrn Willnat mir zukommen zu lassen.
Die beiden Herren versuchten darauf hin mehrfach, die Tierärztin zu
beeinflussen. Herr Willnat behauptete sogar dabei, dass ich meiner Hündin
gelegentlich Betäubungsmittel verabreichen würde, was glatt erlogen ist.
Auch dies kann die Tierärztin bestätigen.
Der anschliessende Wesenstest wurde sicherheitshalber per Video
festgehalten und dient als Beweismittel vor Gericht. Als Herr Willnat vom
positiven Gutachten meiner Hündin erfuhr, rief er sofort bei der
Tierärztin an, um sie zu überzeugen, dass sie ja auch von mir getäuscht
worden sei, und er würde mit allen Mitteln gegen dieses Gutachten kämpfen.
Ich faxte dem Ordnungsamt den Test zu. Herr E. teilte mit, dass er das
positive Gutachten nicht akzeptieren würde, da er während der Prüfung
nicht dabei sein konnte. Ausserdem sei die Tierärztin nicht gewillt, das
Beweismaterial (Videoband) herauszugeben. Die Tierärztin sagte verärgert,
dass Herr E. nicht sachverständig sei, um das Band zu beurteilen. Daher
sehe sie keinen Grund, Herr E. das Band zukommen zu lassen.
Herr E. nannte nach dieser Reaktion zwei Möglichkeiten: 1. Ich würde einem
dritten Gutachten zustimmen. Dies müsste jedoch von einem VDH-Gutachter
erstellt werden und nicht von einem Tierarzt. 2. Er würde die Hündin
sicherstellen und ein Zwangsgutachten beantragen. Herr E. platzte vor Wut,
weil ich beiden Möglichkeiten nicht zustimmte. Letzten Endes würde er
entscheiden, ob ich meine Hündin behalten dürfe oder nicht.
Gutachten von Manfred Willnat:
„Am xx. Juli begutachtete ich die o. g. Pitbull-Hündin in xxxx. Bereits im
Vorfeld der Begutachtung fiel mit die Hündin durch eine hohe Aggression
gegen andere Hunde auf. Auch konnte ich beobachten, wie sie ein Kind
angesprungen hat. Später wurde mir von anderen Personen bestätigt, dass
sich die Hündin auch hierbei aggressiv verhalten habe und ein Beissvorfall
nur durch den Beisskorb verhindert wurde. Bei einer nochmaligen
Überprüfung der Verhaltensweisen mit anderen Hunden zeigte die Hündin
immer wieder ansatzloses Angriffsverhalten, welches auf eine Beschädigung
des anderen Tieres ausgerichtet war. Auf Grund der hohen
Aggressionsbereitschaft der Hündin geht von ihr eine immense Gefahr für
die Allgemeinheit aus. Ich rate dringend dazu, die erforderlichen
Massnahmen zur Gefahrenabwehr umgehend zu treffen und empfehle eine Tötung
des Tieres."
Manfred Willnat ist Erster Polizeihauptkommissar und Leiter der Hessischen
Polizeischule der Abteilung Diensthundewesen. Er erarbeite mit der
Landestierschutzbeauftragten Dr. med. vet. Madeleine Martin (hessisches
Sozialministerium) die „Vorgaben zur Durchführung des Wesenstestes gemäss
Gefahrenabwehr - Verordnung gegen gefährliche Hunde". In der Vorbemerkung
dazu steht: „Dieser Wesenstest wurde von den Unterzeichnern erarbeitet und
sowohl mit Frau Dr. Feddersen-Petersen, Institut für Haustierkunde der
Christian Albrechs Universität, Kiel, als auch mit Vertretern der
Veterinärabteilung im Hessischen Sozialministerium abgestimmt. Seit 1997
werden Hunde nach diesen Kriterien begutachtet." Anm.: Die „Vorgaben"
liegen der Redaktion vor.
Bemerkungen zum hessischen Wesenstest:
Das Kapitel „2. Grundsätzliches - Ziel des Tests" verrät, von der
theoretischen Sprache her, eine ganz bestimmte Feder, zum Beispiel:
„inadäquat" aggressiv (gegenüber Menschen und anderen Hunden). Katzen und
andere Tiere also ausgeschlossen? Inadäquat heisst, einfach, unpassend.
Sie erklärt dann, was man hätte vorher schon verständlich schreiben
können, klingt aber nicht so wichtig, ist aber In Wahrheit
wissenschaftlich unexakt und unlogisch, weil es keine Schlussfolgerung
ist: „Inadäquate Aggressivität ist eine hohe Aggressionsbereitschaft, die
der Situation nicht angepasst ist. Sie erscheint vielmehr biologisch und
in ihrer Genese als nicht nachvollziehbar, unvermittelt, plötzlich und in
sehr extremer Ausprägung." Meint sie etwa „der Situation unpassende
Aggression"? Genese heisst, übrigens, Entstehung. Und meines Erachtens ist
plötzlich auch unvermittelt.
Man übersetze dies mal in exaktes Deutsch. Aber dann kommt sehr wenig an
Aussage dabei raus, aber es wäre viel kürzer.
Dann aber schlägt deutlich jemand anders zu. Und wie praxisgerecht vor
allem, und er würde dies bei seinen Rassen sicherlich machen!
Auszüge: „a) Handling des Hundes durch den Prüfer": „..ggf. ein Hochheben
muss (Anm.: vom Hund) geduldet werden". b) Alltagssituationen: Im Verlauf
der Prüfung ist der Hund in normaler Alltagssituation mit anderen Hunden,
Fussgängern, Autos, Radfahrern, Skatern, Joggern, Kinderwagen und Kindern
sowie Hunden angeleint zu konfrontieren. Dabei muss der Hund ebenso
dichtes oder hastiges Vorbeigehen und „Anrempeln" ertragen."
Und dann kommt vermutlich kurz mal wieder eine gutmeinend gutachtende
Tierärztin zu Worte: „Drohen und Knurren in adäquaten Situationen ist
erlaubt (biologisch nachvollziehbar und vom Hundeführer beeinflussbar).
Dann wieder haut wieder der Schutzhundler zu, unter „c) Belastung: Der
Hund wird in belastende Situationen gebracht (Drohfixieren, angedeutete
Schläge, nachgestellte Flucht des Angreifers)."
Danach die gutachtende Tierärztin: „In dieser Situation ist hundetypisches
Defensivverhalten als biologisch induziert zu akzeptieren." Induziert
heisst, schlicht, erfahren.
Ob dies wohl Diensthundeprüfer so adäquat akzeptieren oder doch eher damit
in-induziert sind?
Übrigens: Als biologisch handelnder Ausbilder bilde ich zielgerichtet
selbstsichere Hunde heran und keine Angsthasen, die einem Drohfixieren
ausweichen und Schläge (so mancher Schlag ist bei unliebsamen Hunden nicht
„angedeutet"!) wegstecken wie Prügelknaben. Und als die möchten die
Schutzhundler-Wesenstester nun die früher beneideten und nicht auf die
Schutzhundeplätze gelassenen Besserbeisser abqualifizieren. Es herrscht
primitivster Neid. Und jetzt werden die Konkurrenten fertiggemacht, mit
Mitteln, die sie bei ihren Hunden nie anwenden würden. Im
Schutzhundetraining wären solche Weicheier übrigens dem Spott ausgesetzt:
untauglich, Versager!
Die Verhältnis-Unmässigkeit der Mittel ist Absicht. Wer versagt hier? Und
wer setzt dem unqualifizierten Treiben die verschiedenen Stempel auf?
Ein Polizeihunde-Fachmann:
Wer sich gegen Pauschalierung wehrt, darf dies nicht beim „Gegner" tun. Um
einer pauschalen Diskriminierung von Polizeihundeausbildern zu begegnen,
hier ein Auszug aus einem Artikel von Harald Wiegand in der „WAZ"
Düsseldorf. Denn es gibt natürlich - vermutlich gar sind sie in der
Mehrheit - hundefreundliche und gewissenhafte Fachleute unter den
Polizei-Sachverständigen, die etwa diesen: Alfred Maciejewski, seit 30
Jahren Leiter der NRW-Landespolizeihundeschule Schloss Holte Stutenbrock,
Vorsitzender des Arbeitskreises Diensthunde haltender Verwaltungen des
Bundes und der Länder.
Wenn er vor der Verabschiedung der neuen Verordnung gehört worden wäre,
hätte der Erste Polizeihauptkommissar erhebliche Bedenken geltend gemacht.
„Das sind zunächst die Rasselisten, die von der irrigen Annahme ausgehen,
dass Hunde einer bestimmten Rasse generell ein höheres Gefahrenpotenzial
besitzen als Hunde anderer Rassen. Das ist wissenschaftlich nicht
haltbar." Gäbe es andere Erkenntnisse, sie wären vermutlich längst in die
hauseigene Diensthundezucht eingeflossen. Denn: „Schliesslich ist beim
Einsatz unserer Tiere eine gewisse Disposition zur Aggression durchaus
erwünscht." Also müsse man ja eigentlich überrascht sein, dass es bei der
Polizei bisher keinen „Kampfhund" gebe.
Noch ein Einwand des Fachmanns: „Generelle Leinenpflicht und Maulkorbzwang
für alle Hunde bestimmter Rassen seien kein probates Mittel, um gegen
kriminelle Halter und gefährliche Hunde vorzugehen. „Abgesehen davon, dass
ich ein solches Vorgehen gegen viele unbescholtene Bürger und ihre bislang
unauffälligen Tiere unter rechtsstaatlichen Aspekten für bedenklich halte,
werden wir auch so das eigentliche Problem nicht lösen." Der Polizeibeamte
wünscht sich eine Rücknahme der neuen Landeshundeverordnung. Man solle, so
Maciejewski, die um einige Punkte ergänzte alte Gefahrhundeverordnung ohne
die jetzt geltende Rasselisten wieder in Kraft setzen.
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Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
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