(...) und geregelte Lebensumstände.
Ja genau. So wie bei mir, gell?
Mein geregeltes Studium (welches jetzt noch länger dauert), mein einnahmeträchtiger Teilzeitjob, drei Hunde ... Na ja gut - aus der Studentenbude bin ich ja ausgezogen und bekomme jetzt einen Garten ... Vielleicht wird das dann bissl "geregelter" alles.
Nein - ich weiß ja, was Du meinst. "Normalerweise" plant man das Kinderkriegen ja auch.
Du willst ja ganz schön viel wissen ... Ich versuche mal, "kurz" zusammen zu fassen ...
"Angefangen" hat die Geburt im Grunde von "jetzt auf gleich" mit unregelmäßigen und mäßig starken Wehen, wie ich sie schon von den Vorwehen her kannte. Ich habe - nach der Fünften - auf die Uhr geschaut um zu kontrollieren, in welchen Abständen sie kamen und siehe da: Pünktlich alle 10 Minuten. Um auszutesten ob dies nun schon "echte" Wehen waren oder nur Vorwehen, bin ich baden gegangen - angeblich verstärken sich "echte" Wehen bei einem Bad und Vorwehen gehen zurück oder verschwinden gar.
Bei mir war das dann umgekehrt.
Die Wehen wurden schwächer und waren nach einer halben Stunde kaum noch zu spüren. Also habe ich mich wieder ins Bett gelegt und weiter "Prison Break" geschaut (eine sehr empfehlenswerte Serie mit *schnurr* sehr S.exy Hauptdarstellern ...
). Keine fünf Minuten später war die nächste Wehe da - dieses Mal viel heftiger als die davor und ich bekam zum ersten Mal einen Einblick, wie sich Wehen wirklich anfühlen ...
Joel hat dann auf mein Bitten hin im Geburtshaus angerufen und die zuständige Hebamme aus dem Bett geschellt um zu fragen, was nun zu tun sei. Ins Geburtshaus selber wollte ich noch nicht fahren, weil ich davon ausging, das die Geburt so wie so noch Stunden auf sich warten lässt (man liest ja immer was von rund 12 Stunden bei dem ersten Kind).
Eine halbe Stunde später konnte ich schon nicht mehr sprechen unter den Wehen und musste echt schwer kämpfen. Kann ja keiner wissen, dass das so schnell geht ...
... also anziehen und ins Geburtshaus fahren (das Anziehen alleine hat fast eine Stunde gedauert, weil die Wehen mittlerweile in 2 Minuten Abständen kamen - also eine Minute Wehe und eine Minute "Pause").
Sitzen ging gar nicht mehr (ich wollte aus der Hocke gar nicht mehr raus - diese Position habe ich intuitiv eingenommen), laufen nur bedingt in den Wehenpausen - kurzum: Die Fahrt ins Geburtshaus war die Hölle! Ich würde fast sagen, mit das Schlimmste an der Geburt, weil ich im Auto in einer Zwangsposition verharren musste und mich nicht frei bewegen konnte (ein klares Kontra Argument gegen eine Geburt im KH übrigens !!! Für mich natürlich
). Joel musste während jeder Wehe anhalten, weil ich im Vierfüsslerstand auf der Rückbank gehockt habe und unter den Wehen das Gleichgewicht nicht halten konnte (anschnallen war natürlich nicht in der Position ...). Wenn uns ein Polizist angehalten hätte und mir ein Bussgeld hätte auferlegen wollen (wegen dem nicht angeschnallt sein) - ich hätte ihn vermutlich instant kalt gestellt.
Bis hierhin sind ca. 3 Stunden vergangen, die Eröffnungsphase ging also wirklich ziemlich zügig von statten.
Im Geburtshaus selber musste ich dann nur noch die Treppen in die erste Etage zum Geburtsraum schaffen - danach hat man mich schalten und walten lassen wie ich wollte, was sehr angenehm war. Mein Muttermund stand bereits bei 9 cm *staun* (zwischen 9 und 10 cm müssen es sein, damit der Geburtskanal frei ist für das Kind), so das die Hebamme direkt die zweite Hebamme anrief, weil sie mit einer schnellen Austreibung rechneten (die Geburt selber wird immer von 2 Hebammen begleitet).
In die Wanne wollte ich nicht, weil mir der Weg dahin zu lang war (eine Wassergeburt war eigentlich schon das, was ich mir sehr gut hätte vorstellen können). Es wären zwar nur ein paar Schritte in den Nachbarraum gewesen - aber ich wollte lieber auf dem Boden herum hocken und meine Ruhe haben.
Die nächsten 2 Stunden sind so an mir vorüber gezogen. Ich habe mich nur noch auf mich konzentriert, man hat mich kaum gestört, es wurde im Flüsterton geredet um mich nicht abzulenken und die Hebammen haben nur eingegriffen um CTG zu lesen (ein tragbares Gerät - ich konnte also einfach hocken bleiben und im Zweifel sind sie eben hinter mir her gerobbt) und hin und wieder um zu ertasten, wie weit der Kopf nun schon im Geburtskanal war. Musik, Räucherware oder Ähnliches wollte ich nicht - ich wollte "für mich" sein und gefälligst nicht gestört oder abgelenkt werden. Irgendwie war ich in einer Art Rauschzustand - wie in Trance oder so.
Einen Blasensprung hatte ich nicht. Die Fruchtblase wurde unter der Geburt "geboren", was wohl sehr selten ist (hat sich merkwürdig angefühlt, war aber nicht schlimm). Die Hebammen haben sie dann abgebunden und entfernt - davon habe ich aber nichts mitbekommen.
Joel war die ganze Zeit dabei, hat mir Händchen gehalten (was echt unheimlich hilft - hätte ich nicht gedacht), mir Cola gereicht, mich zugedeckt (ich war zwar schweißgebadet - habe zeitweilig aber gefroren weil der Kreislauf bissl runter ist. Presswehen sind damn anstrengend - wenn auch nicht so schmerzhaft wie die Eröffnungswehen - und ich hatte den Tag über kaum was gegessen und ausserdem ist es sehr kräftezehrend, Schmerzen auszuhalten) - und ansonsten die Klappe gehalten.
Das war meine Unterstützung. Medikamente gab es keine (ich hätte was pflanzliches bekommen können - aber wer will schon so was, das nutzt doch auch nix unter der Geburt - würde ich mal keck behaupten wollen) - aber bis auf die letzte halbe Stunde
wollte ich auch gar keine bzw. habe nach meinem Empfinden keine "gebraucht" (gebrauchen kann man die sicher immer - aber ich war so vollgedröhnt von meinen eigens produzierten Hormonen und so unter Konzentration auf meinen Körper, das ich gar nicht auf den Gedanken gekommen bin, nach welchen zu verlangen).
Irgendwann war der Kopf dann tief im Geburtskanal (da fing die letzte halbe Stunde der Geburt an) und an dem Punkt angelangt hatte ich keinen Bock mehr! Die Hebammen griffen nun ein und versuchten, mich in eine günstigere Geburtsposition zu bringen, was ich extrem ätzend und störend fand (und auch schmerzhaft) - das habe ich dann auch so verbalisiert und auch, das ich jetzt gefälligst nach Hause will und mich die Anwesenden alle mal kräftig am Hobel blasen können. Außerdem würde ich meinen Bauch behalten wollen, das Kind könne meinetwegen drin bleiben bis zum Nimmerleinstag ...
Laut Lektüre ist das ein Punkt, den (fast) jede Frau unter der Geburt hat und wenn dieser eintrifft, dauert es in der Regel nicht mehr lange, bis das Kind geboren ist (Babykörper im Geburtskanal in Kombination mit Presswehen - also dem Drang, in den Schmerz hinein zu pressen, dem man sich ja eigentlich entziehen will - und der Tatsache, das man einfach keinen Bock mehr hat, ist wahrlich nicht das schönste Gefühl auf der Welt ...). Lange Rede kurzer Sinn: Ich habe geflucht und geschimpft, meine Hebammen haben milde wissend gelächelt und mir gut zu geredet und was Joel gemacht hat, weiß ich gar nicht ... Ein bisschen Konzentration war noch nötig, ich habe mich bewusst zusammen gerissen und auf die Geburt hin gearbeitet - und eine knappe halbe Stunde später war Edda dann auf der Welt.
Meine erste Frage war: Ist sie endlich draußen?
Meine zweite dann: Lebt sie?
... und dann haben sie sie mir auf den Bauch gelegt.
Nachdem die Nachgeburt geboren war und Edda abgenabelt, bin ich dann mit ihr aufs Bett umgezogen (ich hatte auf dem Boden gelegen) und wollte erst einmal nichts mehr hören oder sehen (in meinem Geburtsbericht steht O-Ton: Luzia wollte ihre Ruhe haben
). Die Hebammen haben sich verzogen um die Papiere fertig zu machen und Joel, Edda und ich wurden für eine gute Stunde alleine gelassen. Das war wirklich sehr schön und entspannend. Joel hat mich mit Schokokeksen gefüttert und ich musste mir erst einmal meine Eindrücke von der Seele reden.
Kein Schlauch, kein Herumgerenne, keine fremden Leute, keine Medikamente, keine Apparaturen - kein gar nix! Nur wir. So wollte ich das haben.
Danach hat mich eine Hebamme zum duschen begleitet, während die zweite Edda mit Joel zusammen angezogen hat. Während Joel dann mit Edda auf dem Arm auf der Bettkante saß, haben mich die Hebammen auf Geburtsverletzungen hin untersucht. Ein Glück war alles heile - bis auf ein paar Macken im Geburtskanal. Diese wurden dann genäht - unter Betäubung natürlich - was nicht so schlimm war, wie ich angenommen hatte. Davor muss nun wirklich niemand angst haben (und ich HASSE Nadeln wie die Pest!).
Eine knappe Stunde später waren wir schon wieder auf dem Weg nach Hause ...