"Gefahrhunde": Große Mehrheit für Maulkorb-Zwang
Neues Gesetz löst Kampfhunde-Verordnung ab
Kiel (SHL). Der Landtag nimmt gefährliche Hunde an die kurze Leine: In Zukunft gilt in Schleswig-Holstein für vier "Kampfhunderassen" der Leinen- und Maulkorbzwang. Auch die Halter müssen Auflagen erfüllen, wie der Abschluss einer Haftpflichtversicherung. Mit großer Mehrheit hat das Kieler Parlament am Mittwoch, 26. Januar 2005, den Regierungsentwurf für ein Gefahrhundegesetz nach Zweiter Lesung verabschiedet. Lediglich die Liberalen stimmten dagegen. Sie bemängelten unter anderem die im Gesetz vorgesehene Rasseliste. Ihr Argument: Die Gefährlichkeit eines Vierbeiners ausschließlich an seiner Abstammung festzumachen, sei nicht zu rechtfertigen. Ein entsprechender Änderungsantrag fand jedoch keine Mehrheit.
Somit müssen künftig American Staffordshire-Terrier, Staffordshire-Bullterrier, Bullterrier und Pitbull-Terrier in der Öffentlichkeit an der Leine geführt werden sowie einen Maulkorb tragen und durch ein hellblaues Halsband und einen elektronischen Chip am Ohr gekennzeichnet sein. Außerdem gilt für sie ein Zuchtverbot. Auch Hunde anderer Rassen, die als bissig aufgefallen sind, müssen an Leine und mit Maulkorb geführt werden. Die Halter müssen zudem eine spezielle Haftpflichtversicherung abschließen. Im Einzelfall sollen Ausnahmen von der Maulkorbpflicht eingeräumt werden. Voraussetzung hierfür wäre ein erfolgreich bestandener Wesenstest.
Das Gesetz löst die Kampfhundeverordnung aus dem Sommer 2000 ab. Derartige Verordnungen waren nach dem tödlichen Angriff zweier Kampfhunde auf einen kleinen Jungen in Hamburg von vielen Bundesländern erlassen worden. Tierschützer hatten hiergegen protestiert. Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch im März 2004 entschieden, dass Hunderassen pauschal als gefährlich eingestuft werden dürfen.
FDP: Grundrechte werden eingeschränkt
"Nicht der Hund ist gefährlich, sondern der Halter", begründete Heiner Garg (FDP) seine Kritik an der Rasseliste. Das Gesetz enthalte zudem „unbestimmte Rechtsbegriffe", etwa beim Passus über Hunde-Verhalten, "das Menschen ängstigt". Zudem würden die Grundrechte von Hundehaltern eingeschränkt, zum Beispiel durch die Pflicht, den Behörden private Unterlagen vorzulegen.
Die anderen Fraktionen teilten diese Auffassung nicht. Klaus-Peter Puls (SPD) wies darauf hin, dass nun endlich, nach fünf Jahren, ein gesetzlicher Schutz, für den Menschen vor Hunden und Haltern bestehe. Dies, so Irene Fröhlich (Grüne), verbessere das subjektive Sicherheitsgefühl des Bürgers. Eine länderübergreifende Regelung forderte Peter Lehnert (CDU). Dem schloss sich Silke Hinrichsen (SSW) an. Da eine solche Regelung aber nicht in Sicht sei, müsse Schleswig-Holstein handeln. Innenminister Klaus Buß (SPD) erinnerte an die schrecklichen Fernsehbilder von Beiß-Vorfällen.
Einstimmig schlossen sich die Parlamentarier einem FDP-Antrag an, der die Landesregierung auffordert, sich auf Bundesebene für ein Heimtierzuchtgesetz einzusetzen.
Hintergrund:
Der Innen- und Rechtsausschuss empfiehlt dem Landtag einstimmig, den Entwurf der Landesregierung für ein Gefahrhundegesetz weitgehend unverändert anzunehmen. Künftig sollen American Staffordshire-Terrier, Staffordshire-Bullterrier, Bullterrier und Pitbull-Terrier in der Öffentlichkeit an der Leine geführt werden müssen sowie einen Maulkorb tragen und durch ein hellblaues Halsband und einen elektronischen Chip am Ohr gekennzeichnet sein. Das gleiche soll für Hunde anderer Rassen gelten, die als bissig aufgefallen sind. Die Halter gefährlicher Hunde sollen zudem eine spezielle Haftpflichtversicherung abschließen. Im Einzelfall will das Innenministerium Ausnahmen von der Maulkorbpflicht einräumen. Voraussetzung hierfür wäre ein erfolgreich bestandener Wesenstest. Der Ausschuss spricht sich zudem für eine Ausnahmeregelung für Wachdienste aus, die ihre Hunde nach wie vor "scharf" erziehen können.
Die FDP legt einen Änderungsantrag vor, in dem sie eine Reihe von Änderungen vorschlägt. So lehnen die Liberalen die ausdrückliche Nennung bestimmter Rassen in dem Gesetz ab. Auch sollen nicht nur Tierärzte, sondern auch andere staatlich anerkannte Sachverständige den Wesenstest vornehmen können.
Das Gesetz soll die Kampfhundeverordnung aus dem Sommer 2000 ablösen. Derartige Verordnungen waren nach dem tödlichen Angriff zweier Kampfhunde auf einen kleinen Jungen in Hamburg von vielen Bundesländern erlassen worden. Tierschützer hatten hiergegen protestiert. Ihre Begründung: Eine generelle Gefährlichkeit bestimmter Rassen sei nicht nachweisbar. Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch im März dieses Jahres entschieden, dass aggressive Hunderassen pauschal als gefährlich eingestuft werden dürfen.
Zudem greift das Parlament einen FDP-Antrag aus dem Jahr 2000 wieder auf. Hierin wird eine bundeseinheitliche Regelung für ein Heimtierzuchtgesetz verlangt.