Trollmama schrieb:Okay, dann nochmal: Es geht hier nicht um Ärzte/Eltern, die aus Bequemlichkeit den Kindern Ritalin verabreichen, sondern um Menschen bei denen eindeutig AD(H)S diagnostiziert wurde!
Und Du hast meine Frage nicht beantwortet! Ich habe Dir geschildert, wie ein Mensch mit einem AD(H)S-Syndrom seine Umwelt wahrnimmt und weil Du immer noch von 'herumprobieren' und 'ruhigstellen' schreibst, möchte ich jetzt von Dir wissen, wie lange Du es in diesem Chaos aushalten und dabei konzentriert lernen kannst.
Ich arbeite hier am Flughafen (=Lärm) diskutiere mit mehreren Kollegen über komplizierte Sachverhalte, gebe am Telefon Guskunft, bearbeite Genehmigungnen. und kann 3 Sachen gleichzeitig: Lesen, Telefonieren und gleichzeitig noch ne mail beantworten. Ist also alles relativ, oder?
Du kennst 2 Negativbeispiele, ich kenne mehr Positivbeispiele. Wie z. B. einer der besten Freunde meines Sohnes. In der ersten Klasse wurde er zurückgestellt, weil ein Arbeiten mit ihm nicht möglich war. Er kam in die Vorschule.
Zurück in der Schule wurde Mitte des 2. Schuljahres darüber gesprochen, ihn wieder in die 1. Klasse zurückzustellen. Es war weiterhin kaum ein Arbeiten mit ihm möglich.
Ich habe der Mutter damals geholfen, ihr Adressen gegeben und es hat gut ein Jahr gedauert, bis sie die Diagnose hatte und noch mal 1/2 Jahr bis sie sich dazu durchgerungen hat, ihm Ritalin zu geben.
Ach ja, der Junge wurde nicht zurückgestellt, er hat endlich Freunde gefunden (hast Du eine Ahnung, wie einsam diese Kinder sind, weil kein anderes mit ihm spielen will?) und geht auf die Realschule. Seine Noten liegen komplett im Einser-Bereich, bis auf Deutsch und Englisch, da er noch eine Lese- und Rechtschreibschwäche hat (sonst wäre er auf dem Gymnasium).
Ja, natürlich hätte die Mutter mit viel Idealismus sagen können 'mein Kind wird nicht ruhiggestellt, da wird nicht rumexperimentiert'. Dann wäre der Junge eben auf eine Schule für verhaltensauffällige Kinder gekommen, hätte weiter irgendwo im 4er/5er Notendurchschnitt rumgekrebst, wäre irgendwann mal bei einem Hilfsarbeiterjob gelandet und hätte kaum eine Chance gehabt, irgendwann den Beruf zu erlernen, von dem er schon immer geträumt hat: Tischlermeister. Und ich bin mir 100 %-ig sicher, daß er sich diesen Traum verwirklichen wird!
Ich hatte bereits mehrfach erwähnt, dass ich hier nicht ausschließe, dass es positive Ergebnisse gibt, aber ich behaupte dass lediglich 20% positive (und mit positiv meine ich nicht nur nicht mehr so hippelig) Ergebnisse für mich eindeutig ein zu leichtfertiger Umgang mit dem Mittel ist.
Da mein ältester Sohn selbst an einer sensomotorischen Integrationsstörung leidet, habe ich während seiner Therapien (Ergo, therapeutisches Reiten, Psycho-Motorik-Gruppe, Spieltherapie) viele Eltern kennengelernt, die einfach nur noch verzweifelt waren. Ich habe mit sehr guten Therapeuten der hiesigen Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie geredet, weil mich dieses Thema interessiert.
Es dauert sehr lange, bis eine seriöse Diagnose steht, das Ritalin darf nicht nicht alleinige Lösung sein, sondern es muß immer eine begleitende Therapie erfolgen und die Vergabe muß regelmäßig überprüft werden.
Hier wieder: das ist der positive Teil. Der negative sieht so aus: 10 minuten-Gespräch mit der Mutter: Ergebnis: das Kind ist wieder deutlich hippeliger=> Erhöhung der Dosis.
Viele Grüße
Trollmama
Meine Antworten der Einfachheit halber in Blau