Hallo
Erst mal herzlichen Glückwunsch
@Jacinto, dass das im positiven Sinne ausgegangen ist. Habe eben diesen Beitrag entdeckt, mich durchgelesen und muss auch sagen, du hast von Anfang an eine klasse Einstellung dazu gehabt. Umso schöner, dass das nun ein gutes Ende genommen hat! Das freut mich
.
Da mich das mit den Phänotypbestimmungen sehr interessiert, hätte ich noch rein interessehalber eine Frage (auch an alle anderen, die mir vielleicht was dazu sagen können) und möchte das mal zur Diskussion hier hinten an stellen. Du hast geschrieben:
Wo war da jetzt für den Sachverständigen die Grenze bzgl. Ausmaß bzw. wie hat er die Nichteinstufung begründet? Hängt das mit der hier schon angesprochenen Regelung in Bayern zusammen, dass Kreuzung nur dann vorliegt, wenn ein Elterntier reinrassiger Staff war? Und wie wird das dann bei einer Begutachtung berücksichtigt, wenn keine Papiere vorhanden sind? Meines Wissens liegt (in den meisten BL) eine Kreuzung vor, wenn Merkmale der gelisteten Rassen (Kat 1) signifikant bzw. eindeutig hervortreten. Und es ist in den meisten BL auch völlig uninteressant, wann in der Ahnenreihe mal ein Listi mitgemischt hat (oder ob überhaupt)....es wird ausschließlich nach Phänotyp beurteilt und ab wann es eindeutig ist, oder eben nicht, hängt vom jeweiligen Begutachter ab...ist also letztendlich eine Ermessensentscheidung (man könnte auch sagen Willkür
). Ich habe versucht zu recherchieren, ob es zu der "Eindeutigkeit" etwas vom Gesetzgeber gibt...in Form von Verwaltungsvorschriften, Anweisungen vom Ministerium etc., die eine Definition enthalten, aber: Fehlanzeige!
Ich würde jetzt z.B. annehmen, dass dein Hund bei uns in RLP höchstwahrscheinlich als Listenhundmix eingestuft worden wäre (wir haben keine Kategorien, nur einfache Liste mit Pit, Staff und Staffbull und alle Kreuzungen oder Hunde, die dem "Typ Pitbullterrier" entsprechen). Bei uns ist es auch völlig wurscht, in welcher Generation oder zu wieviel Prozent genetisch ein Listi mitgewirkt hat.
Nicht, weil dein Hund für mich Laie jetzt total nach Amstaff aussieht, aber weil er zu sehr in diese Richtung geht, so, dass man sich halt darüber streiten könnte. Boxer, Labbi oder auch Ridgeback würde ich z.B. auch nicht vehement verneinen. Aber genau das ist ja die Krux....fragt man 5 Menschen, bekommt man 5 verschiedene Einschätzungen...die einen sehen das, die anderen was anderes.
Deswegen versuche ich schon seit Jahren, diese Vorgehensweise nachzuvollziehen (um später mal diesen ganzen Hirnschiss und die gesetzgeberische Argumentation in einer Publikation ad absurdum zu führen) und frage mich, wie das mit der Eindeutigkeit/Signifikanz in der Praxis läuft, wenn es um Rassen geht, die teilweise einen Rassestandard haben und FCI/VDH anerkannt sind (Amstaff, Staffbull, Bullterrier) und um Rassen, die eben keinen haben bzw. nicht anerkannt sind (APBT, American Bulldog, OEB, "Amercian Bully" etc.) und in ihrem äußeren Erscheinungsbild variieren. Ich lande immer wieder bei dem Ergebnis, dass letztendlich (je nach BL) fast jeder Bollerkopf zum Listi gemacht werden kann, wenn die Behörden das wollen. Frei nach dem Motto: Sieht er so aus, kann er zum Listi amtlich abgestempelt werden. Weil die Phänotypbestimmung letztendlich eine Vermutungsäußerung einer Person ist, und andere Personen wieder zu anderen Feststellungen gelangen können und "Papiere", Gutachten von privaten Sachverständigen (also nicht nach LHundG amtlich anerkannte) sowie Gentests anerkannt werden können, aber nicht müssen. Was ja auf eine nicht vorhandene Rechtssicherheit der Halter hinausläuft, weil die eben in der Beweispflicht sind, aber i.d.R. nicht beweisen können, denn alles, was man vorlegen könnte, unter Umständen vom Amt nicht anerkannt wird.
Das würde grds. ja bedeuten, dass dein Hund nun mit diesem in Bayern anerkannten Gutachten ein Nichtlistenhund ist (oder Kat. 2?), aber durchaus plötzlich zum Listenhund mutieren könnte, wenn du wirklich mal irgendwann nach z.b. NRW oder RLP umziehen solltest...dort könnte es dann theoretisch sein, dass das bayerische Gutachten nicht anerkannt wird, eine Phänotypbestimmung läuft und der Begutachter dann eindeutig Amstaffbeteiligung sieht und schwupps...wars das.
Das finde ich ein absolutes No-Go für ein Land, welches sich Rechtsstaat nennt. In der Praxis wird das wohl weniger passieren, da sind meiner Erfahrung nach dann doch zu viele Tierärzte, Amtsveterinäre und sonst. Begutachter Anti-Rasselisten und eher pro Hund eingestellt, aber theoretisch könnte das nach meinem Wissensstand so passieren - wenn man auf Amtsmenschen trifft, die ihren gesetzlichen Auftrag der "Kampfhundeausrottung" (und das war und ist ja nach wie vor das eigentliche Ziel der Gesetze mit Rasselisten) zu ernst nehmen.
Ich finde das ja so sinnfrei und irre und bin schon oft über andere Hunde gestolpert, die für mich Laie genauso aussahen, wie mein Listi, aber dann doch als Nicht-Listi durchgingen. Da frage ich mich halt ernsthaft, was die Listen dann für einen Sinn haben bzw. wo diese magische Grenze der unwiderlegbaren Gefährlichkeit verläuft, die der Gesetzgeber ja aufgrund Rasse vermutet.
Zu meinem Listi (der leider schon gestorben ist
) Er wurde einst in NRW als Staff beschlagnahmt (als Staff, nicht Staffmix) und wurde in ein TH nach RLP verlegt (weil Exhalter versucht hat, ihn aus dem TH zu stehlen). Dort habe ich ihn legal übernommen. Irgendwann hab ich nur mal just for fun einen Gentest gemacht und dabei kam dann raus:
20 - 36% English Bulldog und Ital. Windspiel,10-19% Amstaff, Rottweiler und Deutsch Kurzhaar.
Phänotypisch hätte man sich m.E. darüber streiten können, ob American Bulldog oder Staff, denn ich habe auch mal einen Hund kennenlernen dürfen, der -insb. vom Kopf her- identisch aussah (für mich non-expert), jedoch amtlich abgesegnet als American Bulldog durchging. Dazu muss ich sagen, dass der Gentest nur FCI-Rassen geprüft hat und daher keine Aussage bzgl. American Bulldog hätte treffen können. Ich glaube mittlerweile, dass mein Listi eigentlich viel mehr ein Bulldog-Staff-Mix war, der das Pech hatte, von einer Person als Staff eingestuft zu werden und es genausogut auch hätte anders kommen können (je nach Begutachter). Wobei ich gar nicht weiß, ob bei meinem Hund damals eine richtige Phänotypbestimmung gelaufen ist. Ich weiß zwar nicht, wie das in NRW jetzt konkret abläuft, aber in RLP kann das Ordnungsamt sich Amtshilfe vom Veterinäramt oder der Polizeihundestaffel zur Einschätzung der Rassebeteiligung holen, muss es aber nicht.
Und ich weiß mittlerweile, dass die Amtsveterinäre in "Grenzfällen" da auch durchaus zugunsten Hund & Halter entscheiden, wenn eine individuelle Gefährlichkeit des Hundes ausgeschlossen werden kann und die Haltung an sich okay ist. Sie also in Fällen, wo beides sein und man sich streiten könnte, einen Staffmix eher als Bulldog- oder Boxermix durchgehen lassen, aber auch andersherum einen z.b. Bulldogmix zum Staffmix deklarieren, wenn das Drumherum der Haltung/oder der Mensch nicht so das Gelbe vom Ei sind.
Genauso ist mir bekannt, dass Ämter da auch sehr uneinheitlich die Gesetze vollziehen. Es gibt diese, die in jedem bulligen (oder braun gestromten) Hund einen Listenhund sehen und sehr aktiv und teilweise übermotiviert sind, die Gesetze umzusetzen, aber auch die, die - dem armen Hund und Halter zuliebe - "Papiere" anerkennen, die eigentlich keine sind oder einfach Scheuklappen aufsetzen und Listimixe "laufen lassen", nicht hinterfragen und nicht gezielt auf die Suche nach Sokas gehen, solange sie keine entsprechende "Kampfhundanzeige" vom Nachbar XY auf den Tisch bekommen, die sie dazu zwingt, tätig zu werden. Viele Faktoren spielen da mit rein: Unwissenheit, Unsicherheit, das stetige Erfordernis, bürgerfreundlich zu sein, Personalmangel, sprich: keine Zeit für das popelige LHundG, die Tatsache, dass auch Beamte tierlieb sind und die Gesetze doof finden usw. u.s.f.
Wenn es nicht so traurig wäre, könnte ich das sogar witzig finden, weil es nichts anderes bedeutet, als dass die Vollzugsbehörden selbst die fragwürdige Zielsetzung der "Rasselistengesetze" untergraben
.
So kommt es z.B. auch immer wieder dazu, dass der eine Beamte einen American Bully als Nichtlistenhund anerkennt, weil er ihn in der Liste nicht findet, der andere eine Phänotypbestimmung durchführt, die dann überwiegend zu dem Schluss kommt, dass es sich um einen Staffmix handelt.
Das ist das, was ich in den letzten Jahren so recherchiert bzw. erfahren habe und finde es einfach nur wahnsinnig und frage mich, was dieser ****** soll...
Freue mich über eure Antworten dazu...vielleicht hat der ein oder andere ja noch Infos, die es für mich nachvollziehbarer machen
.