S
Sabine G
... wurde gelöscht.
Quelle:
»tierrechte« Juni 2001 / Teil 18
Verbraucherschutz contra Tierschutz?
Barbarische Szenen in einem EU-Schlachthof/Wenn die Betäubung im Schlachthof zur Farce wird
Der Tierschutz im Schlachthof droht unter die Räder von Seuchenrecht und Verbraucherschutz zu kommen. Rinder erwachen wieder aus der Betäubung und erleben die Tötung bei vollem Bewusstsein. Dies ist das Ergebnis von Nachforschungen des Bundesverbandes aufgrund aktueller Filmaufnahmen in einem Schlachthof im deutsch-österreichischen Grenzgebiet.
Ein junger Stier, der mit dem Bolzenschuss betäubt wurde, hängt kopfüber am Fließband. Nun soll er durch Aufschneiden der Halsschlagader zum Verbluten gebracht werden. Erst durch das Ausbluten stirbt das Tier. Der Schlächter schneidet den Hals auf. Das angeblich betäubte Tier zuckt zusammen - nur eine Reaktion der Nerven? Blut bricht hervor.
Da geschieht etwas, das keinen Zweifel zulässt: Während der Schlächter, geschäftig vor sich hinpfeifend, die Brust aufschlitzt, schließen und öffnen sich die Augen des Tieres einmal und noch einmal. Dann beginnt der Stier, während er weiter aufgeschnitten wird, zu brüllen. Ein heisergurgelndes Muhen übertönt den Lärm des Schlachtvorganges. Das Tier versucht seitlich den Kopf zu heben. Der Schlächter, der die Vorderhufe abschneidet, muss in Deckung gehen, denn nun bäumt sich der Stier, blutüberströmt am Haken hängend, noch einige Male auf. Das sterbende Tier windet sich mit ganzer Kraft. Der Todeskampf dauert lange Minuten ...
Diese Szene in einem grenznahen österreichischen Schlachthof war kein Einzelfall. In einer Stunde wurden 30 Tiere geschlachtet, sechs von ihnen erwachten aus ihrer Betäubung. Deutsche Schlachthöfe verweigerten bisher jede Drehgenehmigung. Und wie wird es wohl in den Schlachthöfen anderer EU-Staaten aussehen? Die Antworten von Fachleuten sind wenig beruhigend.
Änderungen der Schlachtmethoden bei der Schlachtung von Rindern, Schafen und Ziegen machen die Betäubung dieser Tiere unsicher. Denn: Eine Entscheidung der EU-Kommission (2000/418/EG) verlangt, dass ab dem 1. Januar 2001 das zentrale Nervengewebe nach dem Betäuben durch den Bolzenschuss »nicht durch Einführung eines sogenannten Rückenmarkzerstörers durch den Schusskanal in die Schädelhöhle zerstört wird«, weil dadurch »potentiell infiziertes zentrales Nervengewebe während des Schlachtprozesses über den ganzen Tierkörper verteilt« werden könnte, so die Begründung des Wissenschaftlichen Ausschusses für veterinärmedizinische Maßnahmen.
Der Rückenmarkzerstörer wurde eingesetzt, um für die Arbeiter des Schlachthofs gefährliche Reflexe des Tieres zu verhindern. Er führte zu einem totalen und irreversiblen Hirntod des Tieres und damit auch zur absoluten Schmerzfreiheit ab diesem Zeitpunkt. Seit seinem Verbot können Tiere nach der Bolzenschussbetäubung wieder erwachen, so dass sie ihre Tötung, den Kehlschnitt und das Entbluten, ja im schlimmsten Fall auch noch ihre weitere Zerlegung bei lebendigem Leib miterleben. Der Kehlschnitt muss zwar laut Gesetz innerhalb von 60 Sekunden nach der Betäubung erfolgen, die weiteren Schlachtarbeiten wie das Abschneiden der Vorderhufe erst nach einer Entblutungszeit von mindestens drei Minuten.
Dass diese Vorschriften aber oft nicht eingehalten werden, zeigen die oben beschriebenen Filmaufnahmen sowie verschiedene Untersuchungen. Die durchschnittliche Fehlbetäubungsrate soll beim Rind 5-6 Prozent betragen, bei ungeübten »Schützen« bis zu 20 Prozent. Nimmt man einen Durchschnittswert von 10 Prozent Fehlbetäubungen an, dann sind bei einer Schlachtung von rund 4 Millionen Rindern pro Jahr in Deutschland 40 000 Tiere nicht ausreichend betäubt. Eine Nachbetäubung ist nicht gewährleistet.
Die Elektrobetäubung der Schweine und der Geflügeltiere ist nach wissenschaftlichen Untersuchungen ebenso unsicher. Bei den Geflügeltieren hält man sogar eine Dunkelziffer von bis zu 80 Prozent wieder wach gewordener Tiere vor dem Entblutungsschnitt und dem darauffolgenden »Brühbad« für möglich.
Der Einsatz von unzureichender Technik, Akkordarbeit, schlechte Ausbildung, mangelnde Kontrolle und bei der Schlachtung der Rinder nun auch noch das alleinige Augenmerk auf die Einhaltung der seuchenrechtlichen Bestimmungen lassen vergessen, dass es sich hier um Tiere, also um angst-, schmerz- und leidensfähige Lebewesen, handelt.
Der Bundesverband hat sich mit folgenden Forderungen an alle verantwortlichen Länderministerien gewandt: Die Kontrollen durch die Tierärzte des Schlachthofs in diesem äußerst sensiblen Bereich müssen deutlich verstärkt werden, Videokameras sollen in Zukunft die ordnungsgemäße Betäubung und Schlachtung der Tiere festhalten, Fehlbetäubungen müssen dokumentiert werden. Schließlich muss die Öffentlichkeit jederzeit die Möglichkeit bekommen, sich vor Ort von der Realität des Schlachtvorgangs ein Bild zu machen und unter Berücksichtigung der seuchenhygienischen Schutzmaßnahmen Zugang zu allen Bereichen des Schlachthofes erhalten.
Zum Schluss sei noch eine ketzerische Frage erlaubt: Was haben Tiere an einem solchen Ort zu suchen?
Hannelore Jaresch
+++++++++++++++++++++++
Anmerkung: Na dann, guten Appetit.
Wer jetzt immer noch b e w u ß t Billigfleisch kauft, dem sollten beide Hände abfaulen.
Sabine
...out of the dark - into the light, the brightness...
»tierrechte« Juni 2001 / Teil 18
Verbraucherschutz contra Tierschutz?
Barbarische Szenen in einem EU-Schlachthof/Wenn die Betäubung im Schlachthof zur Farce wird
Der Tierschutz im Schlachthof droht unter die Räder von Seuchenrecht und Verbraucherschutz zu kommen. Rinder erwachen wieder aus der Betäubung und erleben die Tötung bei vollem Bewusstsein. Dies ist das Ergebnis von Nachforschungen des Bundesverbandes aufgrund aktueller Filmaufnahmen in einem Schlachthof im deutsch-österreichischen Grenzgebiet.
Ein junger Stier, der mit dem Bolzenschuss betäubt wurde, hängt kopfüber am Fließband. Nun soll er durch Aufschneiden der Halsschlagader zum Verbluten gebracht werden. Erst durch das Ausbluten stirbt das Tier. Der Schlächter schneidet den Hals auf. Das angeblich betäubte Tier zuckt zusammen - nur eine Reaktion der Nerven? Blut bricht hervor.
Da geschieht etwas, das keinen Zweifel zulässt: Während der Schlächter, geschäftig vor sich hinpfeifend, die Brust aufschlitzt, schließen und öffnen sich die Augen des Tieres einmal und noch einmal. Dann beginnt der Stier, während er weiter aufgeschnitten wird, zu brüllen. Ein heisergurgelndes Muhen übertönt den Lärm des Schlachtvorganges. Das Tier versucht seitlich den Kopf zu heben. Der Schlächter, der die Vorderhufe abschneidet, muss in Deckung gehen, denn nun bäumt sich der Stier, blutüberströmt am Haken hängend, noch einige Male auf. Das sterbende Tier windet sich mit ganzer Kraft. Der Todeskampf dauert lange Minuten ...
Diese Szene in einem grenznahen österreichischen Schlachthof war kein Einzelfall. In einer Stunde wurden 30 Tiere geschlachtet, sechs von ihnen erwachten aus ihrer Betäubung. Deutsche Schlachthöfe verweigerten bisher jede Drehgenehmigung. Und wie wird es wohl in den Schlachthöfen anderer EU-Staaten aussehen? Die Antworten von Fachleuten sind wenig beruhigend.
Änderungen der Schlachtmethoden bei der Schlachtung von Rindern, Schafen und Ziegen machen die Betäubung dieser Tiere unsicher. Denn: Eine Entscheidung der EU-Kommission (2000/418/EG) verlangt, dass ab dem 1. Januar 2001 das zentrale Nervengewebe nach dem Betäuben durch den Bolzenschuss »nicht durch Einführung eines sogenannten Rückenmarkzerstörers durch den Schusskanal in die Schädelhöhle zerstört wird«, weil dadurch »potentiell infiziertes zentrales Nervengewebe während des Schlachtprozesses über den ganzen Tierkörper verteilt« werden könnte, so die Begründung des Wissenschaftlichen Ausschusses für veterinärmedizinische Maßnahmen.
Der Rückenmarkzerstörer wurde eingesetzt, um für die Arbeiter des Schlachthofs gefährliche Reflexe des Tieres zu verhindern. Er führte zu einem totalen und irreversiblen Hirntod des Tieres und damit auch zur absoluten Schmerzfreiheit ab diesem Zeitpunkt. Seit seinem Verbot können Tiere nach der Bolzenschussbetäubung wieder erwachen, so dass sie ihre Tötung, den Kehlschnitt und das Entbluten, ja im schlimmsten Fall auch noch ihre weitere Zerlegung bei lebendigem Leib miterleben. Der Kehlschnitt muss zwar laut Gesetz innerhalb von 60 Sekunden nach der Betäubung erfolgen, die weiteren Schlachtarbeiten wie das Abschneiden der Vorderhufe erst nach einer Entblutungszeit von mindestens drei Minuten.
Dass diese Vorschriften aber oft nicht eingehalten werden, zeigen die oben beschriebenen Filmaufnahmen sowie verschiedene Untersuchungen. Die durchschnittliche Fehlbetäubungsrate soll beim Rind 5-6 Prozent betragen, bei ungeübten »Schützen« bis zu 20 Prozent. Nimmt man einen Durchschnittswert von 10 Prozent Fehlbetäubungen an, dann sind bei einer Schlachtung von rund 4 Millionen Rindern pro Jahr in Deutschland 40 000 Tiere nicht ausreichend betäubt. Eine Nachbetäubung ist nicht gewährleistet.
Die Elektrobetäubung der Schweine und der Geflügeltiere ist nach wissenschaftlichen Untersuchungen ebenso unsicher. Bei den Geflügeltieren hält man sogar eine Dunkelziffer von bis zu 80 Prozent wieder wach gewordener Tiere vor dem Entblutungsschnitt und dem darauffolgenden »Brühbad« für möglich.
Der Einsatz von unzureichender Technik, Akkordarbeit, schlechte Ausbildung, mangelnde Kontrolle und bei der Schlachtung der Rinder nun auch noch das alleinige Augenmerk auf die Einhaltung der seuchenrechtlichen Bestimmungen lassen vergessen, dass es sich hier um Tiere, also um angst-, schmerz- und leidensfähige Lebewesen, handelt.
Der Bundesverband hat sich mit folgenden Forderungen an alle verantwortlichen Länderministerien gewandt: Die Kontrollen durch die Tierärzte des Schlachthofs in diesem äußerst sensiblen Bereich müssen deutlich verstärkt werden, Videokameras sollen in Zukunft die ordnungsgemäße Betäubung und Schlachtung der Tiere festhalten, Fehlbetäubungen müssen dokumentiert werden. Schließlich muss die Öffentlichkeit jederzeit die Möglichkeit bekommen, sich vor Ort von der Realität des Schlachtvorgangs ein Bild zu machen und unter Berücksichtigung der seuchenhygienischen Schutzmaßnahmen Zugang zu allen Bereichen des Schlachthofes erhalten.
Zum Schluss sei noch eine ketzerische Frage erlaubt: Was haben Tiere an einem solchen Ort zu suchen?
Hannelore Jaresch
+++++++++++++++++++++++
Anmerkung: Na dann, guten Appetit.
Wer jetzt immer noch b e w u ß t Billigfleisch kauft, dem sollten beide Hände abfaulen.
Sabine
...out of the dark - into the light, the brightness...