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Sabine G
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HARRAS vom alten Schloß
04.02.1989 - 19.12.1999
Hosenmatz oder wie aus einem Pechvogel ein Hans im Glück wurde.
Eigentlich hatte ich hundemäßig schon immer irgendwie ein Händchen für die Benachteiligten, die Schwächeren und Herumgeschubsten... kein Wunder also, daß ich nach dem Tod meines ersten Dobermannes, den ich krank und halb verhungert aus Spanien mit nach Hause geschmuggelt hatte, wieder an ein solch armes Schwein geraten würde. Der liebe Gott muß nachgeholfen haben, daran glaube ich inzwischen fest.
So kam es, wie es kommen mußte: eines Tages sprach mich eine junge Dame mitten auf der Straße an, ob ich ihren jungen Dobermann-Welpen nicht für zwei Wochen in Pflege nehmen könnte. Sie hatte einen Dobi-Aufkleber auf meinem Auto gesehen und so waren wir in´s Gespräch gekommen. Da mein alter Rüde bereits vor einem halben Jahr gestorben war, sah ich keinen Grund, der jungen Frau nicht aus der Patsche zu helfen - Platz und Zeit waren ja da.
Wir vereinbarten einen Zeitpunkt, an dem ich den jungen Welpen bei ihren Eltern (aus der Wohnung ihres Freundes war sie gerade wegen des Hundes rausgeflogen) abholen sollte. Ein Hochhaus mitten im Ghetto, 12. Stock, rechts. Ich betrat die Wohnung. Kein Dobermann war zu sehen - allerdings zwei West-Highland-Terrier, die reichlich Rabatz machten. Eine Zimmertür in dieser kleinen Wohnung wurde geöffnet und sofort begann ein fürchterliches Geschrei.
Das eines ca. 6-7 (!!) Wochen alten Dobermann-Welpen, der hysterisch schrie und sich in der hintersten Ecke des Zimmers verkroch. Der kleine Hund war halb irre vor Angst und es würde keinen Sinn machen, beruhigend auf ihn einzureden, soviel war mir klar. Ich zog ihn einfach an mich heran, ungeachtet der vielen kleinen Nadelstichbisse .... und siehe da - er beruhigte sich. Das kleine Häufchen Elend zitterte am ganzen Körper, war viel zu dünn und, was noch viel schlimmer war, frisch kupiert.
Ich sagte der jungen Frau, daß sie mich gerne nach Hause begleiten dürfe, um zu sehen, daß der Hund bei mir gut aufgehoben sei. Sie verzichtete drauf und mir war in dem Moment schlagartig klar, daß ich einen neuen Hund hatte. Ich machte mit ihr einen (Pseudo-)"Pflegevertrag" und nahm den Welpen mit nach Hause, um ihn erst einmal ruhig zu stellen und alle Aufregung von ihm fern zu halten. Der kleine Hosenmatz hatte irgendwie sofort Vertrauen und schlief sich erst einmal richtig aus.
Nach vielen Telefonaten mit der Mutter der jungen Frau stellte sich das Ausmaß der Tierquälerei eigentlich erst vollständig heraus: Der Hund wurde gegen den Willen des Freundes und des Vermieters angeschafft, was den sofortigen Rauswurf zur Folge hatte. Umgebungswechsel in die Wohnung der Eltern. Dann wurden ihm die Ohren amputiert und mit Packband geklebt, bevor die Wundränder abgeheilt waren. Eine schlimme und schmerzhafte Vereiterung war das Ergebnis. Damit der Hund "auch so richtig scharf" werden würde, bekamen Freunde der jungen Frau Order, den Hund zu schlagen, wenn sie die Wohnung betraten. Sie haben es auch getan....
Die irrsinnige Angst vor Fremden bedurfte dann ja wohl keiner weiteren Erklärung. Aber noch nicht genug: die Westis der Eltern haben den Kleinen natürlich ordentlich aufgemischt und verbissen, so daß der Welpe nur noch in einem Zimmer isoliert gehalten werden konnte. Gassigehen? Nur nachts im Dunkeln, damit niemand die frisch verklebten Ohren sehen und die Halterin anzeigen konnte.
All dies kam durch endlose Telefonate mit den Eltern heraus. Ich stellte den Hund beim Tierarzt vor, ließ mir alles attestieren und erstattete Anzeige beim Veterinäramt Düsseldorf (ich hoffe heute noch, daß die Strafe derzeit gebührend gewesen ist).
Das örtliche Tierheim wurde informiert und stellte sich in lobenswerter Weise hinter mich - die junge Frau machte tatsächlich den Versuch, den Hund zurück zu bekommen. Der Versuch blieb zum Glück ohne Erfolg und ich kündigte ihr an, daß ich überprüfen werde, ob sie sich wieder einen Hund anschaffte um zu verhindern, daß abgewendetes Leid durch ein neues ersetzt werden würde. Sie tat es nicht.
Ende gut, alles gut - der kleine Hosenmatz hatte Glück im Unglück. Der liebe Gott mußte mich an jenem Tag in der Stadt genau diesen Parkplatz gesucht haben lassen - sonst hätte ich von dem kleinen Kerlchen dieses schlimme Schicksal nicht abwenden können.
Er ist trotz- und alledem mit viel Geduld, Pflege und Zuwendung ein wundervoller, prächtiger Dobermann geworden. Vergessen werde ich diese schönen Jahre nie.
Und eines habe ich mir damals geschworen: sehe ich eine arme Hundeseele, die unmittelbar in meiner Gegenwart gequält und geschunden wird, sehe ich nicht weg, sondern schreite kompromisslos und mit aller Härte ein. Jedes Leid werde ich natürlich nicht verhindern können. Aber ich werde ich es versuchen. Immer wieder.
Sabine
in Erinnerung an meinen "guten Jungen".