Athens Bürgermeisterin adoptierte einen Streunerhund

Andreas

Ein Herz für streunende Hunde
Athens Bürgermeisterin Dora Bakoyannis will Fußball-Euphorie und Olympische Sommerspiele im August zum politischen Aufstieg nutzen. Auch sonst tut sie einiges dafür

von Jörg Winterfeldt

Athen/Berlin - Die Gunst der Stunde lässt sie sich nicht entgehen. Sechs Wochen früher als erhofft, staunt die Welt über das kleine Griechenland, das unversehens durch sein Fußballteam für Furore sorgt. Dora Bakoyannis, 50, Bürgermeisterin von Athen, versteht es, dies für werbeträchtige Auftritte zu nutzen: "Als Frau im Amt des Bürgermeisters habe ich mich daran gewöhnt, in manchen Belangen nicht ernst genommen zu werden", kokettiert Athens Stadtchefin über ihr Dasein im mediterranen Machismo, "aber ich hatte schon gegen Frankreich auf Sieg getippt - da haben alle noch ungläubig geschaut."

Das Land, in dem erst ab dem 13. August die große Party mit den Olympischen Spielen in Athen beginnen sollte, feiert sich schon jetzt selbst. Und Dora Bakoyannis schwimmt geschickt mit auf der Erfolgswelle, um sich einen Platz auf dem politischen Olymp zu sichern. So verzichtete Bakoyannis auf die Dienstreise zum Endspiel, um stattdessen die Rückkehr der neuen Helden vorzubereiten.

Die Mannschaft soll morgen Abend am Hadrians-Bogen auf der Leofóros Amalias, einem 18 Meter hohen Triumphtor am Eingang des Stadtviertels Mets, empfangen werden und dann weiterziehen zum Panathinaikon-Stadion in Sichtweite von Bakoyannis Zuhause in einem dreigeschossigen Wohnblock. "Im Herzen und in Gedanken werden wir während des Finales bei den Spielern sein", sagt Bakoyannis. Athen erwarte ihre Rückkehr als wahre Helden, egal wie das Spiel ausgehe. "Und auch mit Olympia werden wir alle Hürden erfolgreich überwinden und glänzen so wie bei der EM, und damit beweisen, dass wir zu großartigen Überraschungen fähig sind."

Dass sportliche Erfolge Rückenwind verschaffen, muss der aus einer Politikerfamilie stammenden Bakoyannis niemand erklären. Einst regierte ihr Großonkel das Land, später ihr Vater. Ihr erster Mann, Pavlos Bakoyannis, war bis zu seiner Ermordung ein ambitionierter Politiker und Bakoyannis Bruder Kiriakos, 35, strebt ebenfalls ins Parlament.

In einem Land, in dem drei Familien, die Mitsotakis, die Karamanlis und die Papandreous, die politische Macht seit einem Jahrhundert im Stile einer personengeprägten Feudaldemokratie unter sich aufteilen, spekuliert die Nation bereits, wohin die konservative Bakoyannis nach den olympischen Sommerspielen strebt. Derzeit ist sie die Nummer zwei der regierenden Nea Dimokratia hinter dem im Frühjahr gewählten Ministerpräsidenten Kostas Karamanlis.

Doch als sie allzu hartnäckig als kommende Außenministerin gehandelt wurde, ließ Dora Bakoyannis in ihrem vom regelmäßigen Zigarillogenuss auf tief getrimmten Timbre wissen, sie beabsichtige, ihre Amtszeit als Athener Bürgermeisterin bis zum Dezember 2006 zu erfüllen. "Ich bin zu lange in der Politik, um Fragen nach meinen Ambitionen zu beantworten", sagt sie diplomatisch, wann immer sie auf ihre politische Zukunft angesprochen wird.

Wie auch ihre Ambitionen aussehen, ihr zweiter Ehemann, der Reeder und Industrielle Isidoros Kouvelos, auch Vorsitzender des griechischen Reiter-Verbandes, unterstützt sie. Die erwachsenen Kinder aus erster Ehe sind längst aus dem Haus: Tochter Alexia, 27, arbeitet für eine PR- und Werbefirma, Sohn Costas, 25, hat gerade das juristische Studium in Harvard abgeschlossen.

Dass Dora Ambitionen hat, davon zeugt die Art, wie sie ihr Amt als Bürgermeisterin ausübt. Keiner ihrer Vorgänger beschäftigte ein derart großes Kabinett von 20 Mitarbeitern. Und die hält sie rund um die Uhr in Gang. Schon früh am Morgen, Bakoyannis pflegt um sechs Uhr aufzustehen, lässt sie sich in staatsfräulicher Manier für das Tagwerk vorbereiten. Erst nachdem sie zu Hause die schriftlichen Zusammenfassungen der lokalen und internationalen Nachrichten studiert hat, macht sie sich auf den Weg ins Rathaus.
Gerade nutzt sie den alle Kontinente umfassenden olympischen Fackellauf, um die Welt zu bereisen, als sei sie - wie vor der Wahl im Schattenkabinett Karamanlis'- die wahre Außenministerin: In Washington, London und Berlin machte sie Station. Mitte kommender Woche wird ihre letzte Dienstreise vor Olympia sie nach Istanbul führen. Daheim beweist sie mit populistischen Auftritten ihr Händchen für die politische Klaviatur.

Athens Bürger mögen die resolute Frau vor allem, wenn sie ihre weiche Seite und ihr Herz für streunende Hunde offenbart. 1,8 Millionen Euro machte sie für den Tierschutz locker. Den Mischling "Mangas" nahm sie gar bei sich zu Hause auf, einen anderen adoptierte sie für die Stadt und ließ ihm vor dem Rathaus eine Hütte zimmern.

Sympathien sichert ihr zudem das tragische Schicksal ihrer Familie. Ihr erster Mann, der Journalist Pavlos Bakoyannis, war 1989 von der Terrorgruppe 17. November ermordet worden, als ihre Kinder gerade im Bus auf dem Weg zur Schule waren. Sie selbst wurde nach ihrem Wahlsieg 2002 Opfer eines Anschlags, als ein Verrückter auf sie schoss. Nur weil sie sich nach ihrer Handtasche im Auto bückte, verfehlte die Kugel sie und verletzte den Fahrer. In solchen Momenten sei es schwer, stark zu sein, gibt sie zu. Doch genau das hat sie gelernt. "Du stehst in einer Ecke und fühlst dich, als wolltest du vom Erdboden verschwinden, aber du kannst kämpfen", beschreibt sie jene Erfahrungen.

Mit ihrer imposanten Statur und dem festen Händedruck lässt Bakoyannis keinen Zweifel aufkommen, dass sie auch hart durchgreifen kann, wenn sie mit dem Charme ihres Lächelns nicht zum Ziel gelangt. Derzeit rüstet sie zielstrebig ihre Stadt für den Ausnahmezustand Olympia auf. Sechs Wochen vor der Eröffnungsfeier hat in Athen die größte und mit 1,2 Milliarden Dollar teuerste Sicherheitsoperation in der olympischen Geschichte begonnen. Die Vier-Millionen-Einwohner-Metropole steht vor der gewaltigen Aufgabe, die ersten Sommerspiele auszurichten, seit am 11. September 2001 eine neue Ära des Terrorismus begonnen hat.

Am Donnerstag startete die Sicherheitsüberprüfung olympischer Stätten. 11 000 Polizisten waren dabei im Einsatz. Wenn die Spiele beginnen, werden 300 000 Kameras, über 1000 Richtmikrofone, 70 000 Sicherheitskräfte und die Nato für die Sicherheit Athens sorgen.

"Wir unternehmen alles zum Schutz, was menschlich möglich ist", schwört die Bürgermeisterin, "aber Städte im Alarmzustand sind normalerweise weniger gefährdet - wahrscheinlich bietet Athen im August den sichersten Aufenthaltsort."

Artikel erschienen am 4. Juli 2004



Ein Streunerhund mit Hütte vorm Rathaus?
Angekettet oder wie?
Hmm.....??
 
  • 30. April 2024
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Hi Andreas ... hast du hier schon mal geguckt?
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