Zur Haftungsfrage bei miteinander kämpfenden Hunden

Wolfgang

KSG-Haarspalter™
Landgericht
Pressestelle

P r e s s e i n f o r m a t i o n
Rechtsprechung des Landgerichts Coburg in Zivilsachen

Laufende Nummer: 122 vom 26.6.2002

S c h a d e n s e r s a t z r e c h t



Wenn sich Hunde nicht riechen können

Zur Haftungsfrage bei miteinander kämpfenden Hunden


Kurzfassung

Hunde werden im Allgemeinen für ihren Geruchssinn gerühmt. Trotzdem kann mitunter ein Rüde den anderen nicht riechen. Verbeißen sich dann ein angeleintes aggressives und ein unangeleintes, aber gutmütiges Tier ineinander, haften beide Hundehalter zur Hälfte. Außerdem kann jeder vom anderen verlangen, durch Vorsichtsmaßnahmen solche Vorfälle in Zukunft zu vermeiden.

Das entschied jetzt das Landgericht Coburg. Bei zwei gleich groß gewachsenen Rüden sei bei der genannten Konstellation die sogenannte Tiergefahr gleich hoch zu bewerten. Der klagende Halter des Gutmütigeren bekam deshalb 50 % seiner Tierarztkosten zugesprochen. Weiter wurde der Beklagte verurteilt, seinen angriffslustigen besten Freund nicht nur anzuleinen, sondern zusätzlich zu sichern – z. B. durch einen Beißkorb.

Sachverhalt

Der Schäferhund des Beklagten reagiert auf den Berner Sennenhund des Klägers immer wieder allergisch. Nach einigen harmloseren Attacken kam es schließlich zum „Showdown“, als sich beide Rüden beim „Gassigehen“ begegneten. Angeleint war nur der Schäfer. Sein Herrchen musste die Leine aber loslassen, als er zum Kampf kam. Die Auseinandersetzung endete mit Bisswunden für beide Tiere. Der Kläger verlangte daraufhin rund 40 € Schadensersatz sowie Verurteilung des Beklagten dazu, künftig solche Vorfälle zu verhindern.

Gerichtsentscheidung

Das Landgericht gab ihm nur teilweise Recht. Der Aggressivität des Schäferhundes stehe gegenüber, dass der Hund des Klägers nicht angeleint war. Ein Anleinen sei aber zu verlangen, um die auf andere Rüden und insbesondere den des Beklagten ausgehenden Reize zu minimieren. Haftungsverteilung daher 50 zu 50. Das Unterlassungsbegehren sei aber dennoch berechtigt. Schließlich müsse sich der Halter eines Tieres gegen mehrfache Angriffe auf sein Eigentum gerichtlich schützen können. Nur wenn die Tiergefahr des eigenen die des anderen Hundes völlig verdränge, sei ein solcher Schutzanspruch ausgeschlossen. Im Gegenzug habe auch der Beklagte einen solchen Schutzanspruch – den er allerdings nicht zum Gegenstand des Verfahrens gemacht habe.

Fazit

Auch der beste Freund des Menschen kann Feinde haben – wer das weiß, sollte Vorsorge treffen.

(Landgericht Coburg, Urteil vom 14.6.2002, Az: 33 S 46/02; rechtskräftig)



Zur Rechtslage:

Grundsätzlich muss der Halter eines Tieres für Schäden aufkommen, die das Tier einem Dritten zufügt. Es handelt sich dabei um einen Fall der Gefährdungshaftung, der Tierhalter haftet also alleine wegen der Unberechenbarkeit tierischen Verhaltens.

Die maßgebliche Vorschrift lautet:

§ 833 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) [Haftung des Tierhalters]:

Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht wird, das dem Berufe, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalte des Tierhalters zu dienen bestimmt ist, und entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch bei Abwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

Die Vorschrift, nach der vom Halter eines verletzenden Tieres verlangt werden kann, solche Vorfälle zu unterbinden, lautet:

§ 1004 BGB [Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch]:

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.


Verfasser der Presseinformation:
Hartmut Guhling, Richter am Landgericht, Tel.: 09561/878-2160

 
  • 28. März 2024
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An sich ein vernünftiges Urteil!

Eine "Kleinigkeit" stört dennoch: Es ist dumm, immer gleich mit der Maulkorbpflicht zu kommen! Das ist sogar idiotisch. Ein Schwarz-Weiß-Denken dahinter, keine Differenzierung erkennbar. (Na gut, im Text stand "z. B." Maulkorb. Aber ich wette, darauf soll und wird es wieder mal hinauslaufen.)

Da wird gleich der Hund auf artuntypische weise bestraft, nur weil er sich arttypisch verhalten hat. Klar, ist das alles nicht schön, wenn Hunde sich verbeißen und auch verletzen, aber es ist dennoch die Natur der Hunde. Geht man ins restliche Tierreich, gibt es kaum Arten, die sich nicht arg bekriegen, wenn es z. B. um ein Weibchen geht oder territoriale oder Freßansprüche.

Aber ein sofortiger Maulizwang ist keine Lösung, es ist nur Idiotie. Es verlagert nur das Problem: erst das Nichtriechenkönnen und daher Beißen, jetzt die arme Schnauze zugebunden.

Was isn das für ne Lösung, Herr Richter?!

Wenn ich Hund wäre, würde ich wieder vor Gericht gehen und meine Rechte einklagen.
Herrchen muß aber nicht Hund sein, dieser Schäferhundhalter sollte dennoch noch mal in Revision gehen, um statt Mauli eine andere, eine wirkliche Lösung zu erzielen, die nicht andere Probleme schafft. Die Revision greift die Entscheidung nur insofern an, daß die zukünftige Handhabung im Interesse des Hundes modifiziert wird.

Ein permaneter Maulkorbzwang ist keine Lösung sondern die Verschärfung des Problems. Es ist tierquälerisch, artuntypisch, eine artgerechte Haltung ist arg eingeschränkt. Ich lehne das entschieden ab, da es auch bessere Lösungen gibt und machbar sind.

Es gibt andere Wege, z. B. indem man sich aus dem Wege geht, wenn Rüde a eben Rüde b nicht mag. Da wird eben der Schäferhundhalter verurteilt, zukünftig die Straße zu wechseln, wenn er den anderen naher sieht. Vielleicht muß er auch verurteilt werden, generell mit seinem Hund bei allen entgegenkommenden Rüden oder gar allen Hunden unabhängig vom Geschlecht die Straße zu wechseln.

Nur die, die der Hund kennt und akzeptiert, dürfen weiter beschnüffelt und besprungen und bespielt werden. Sogar ohne Leinen, wenn sichergestellt wurde, daß keine Gefahr von außerhalb herannaht, in Gestalt eines aus der Sicht des SH nicht riechbaren Artgenossen.

So würde in etwa ein Richter urteilen, der echt was auf dem Kasten hat. Aber na ja, wir haben es ja mit Menschen zu tun, da muß man solche Richter mit der Lupe suchen gehen.

Dennoch: Es liegt in der Verantwortung solcher Leute wie dem Schäferhundbesitzer, die Lösung im Sinne des Hundes zu verbessern, ohne damit das Urteil an sich in Frage zu stellen

Habe ich was falsches gesagt?

Gruß


Mühli


PS: Wenn man dem entgegennahenden Rüden ausweicht, indem man die Straßenseite wechselt, erübrigt sich, für paar Minuten, bis die Gefahr vorbei ist, dem Hund einen Maulkorb aufzusetzen, was natürlich auch möglich ist. Maulkorb braucht man eigentlich nur in engen Räumen wie einem öffentlichen Verkehrsmittel. Da halte ich einen Maulkorb für gerechtfertigt, weil ein Ausweichen nun mal nicht möglich ist.
 
Wenn ich das mal so auf mich und meinen Rüden ummünze...:

Also beim besten Willen, ich sehe es nicht ein, dass ein unangeleinter Hund Kontakt mit meinem angeleinten Hund (in diesem Fall: LEINENZWANG!) aufnimmt, OHNE DASS ICH DAS MÖCHTE !! (wenn es denn in diesem Fall so war), mein Hund dann zubeisst, weil er sich (an der Leine) bedrängt fühlt (Angstaggression / nicht ausweichen können) und ICH dann mit 50% der TA Rechnung des anderen plus Massnahmen wie MK belegt werde!!?????

Da kann der andere Hund noch so gutmütig sein, wenn er nicht lesen kann, dass der andere ihn nicht abkann und sich daher besser fernhält, sorry, dann ist das nun mal Belästigung! Und vor allem, da sich ja schon mehrmals zeigte, dass die Rüden sich nicht gut sind! Und wieso hat der, der den Hund angeleint hatte, solche Vorfälle künftig zu verhindern und nicht der andere, dessen unangeleinter Hund andere Hunde belästigt!??? :verwirrt:

Ich würde gegen das Urteil Einspruch einlegen.... - aber welche Chance hat man da schon... :(

Mist, immer wieder solche Präzedenzfälle...
 
so sind nun mal die richter hier... :( ich finde das urteil auch unfair. ich weiß ja nicht, ob es woanders auch an der tagesordung steht, dass manche hundehalter einfach nicht verstehen wollen, warum ich in irgendeiner situation meinen hund an der leine führe. hier in coburg kommt das ständig vor... immer wieder die gleiche ansage:"meiner macht aber doch nichts!" was hasse ich diesen satz!! die denken nicht von 12 bis läuten. vor kurzem musste ich sogar auf einen hund eintreten, weil dieser meine an der leine nicht in ruhe lies, sie anknurrte und sie richtig böse wurde. es war eigentlich zu seinem schutz... ich hatte voll zu kämpfen, denn jeder weiß, was hunde für eine kraft entwickeln können. allerdings muss ich dazu sagen, dass kein herrchen in der nähe war, der hätte einschreiten können. ich finde, die machen es sich einfach, maulkorb drauf, problem gelöst...:sauer:
 
Huhu..
Sehe ich auch so, ich nehme meinen Hund ja schließlich nicht umsonst an die Leine..Und die meisten denken wirklich nicht mit...Ich sage eigentlich auch meist nichts mehr, weil ich einfach keinen Nerv mehr darauf habe immer andere Leute bitten zu müssen ihren Hund an die Leine zu nehmen..Aber man wird dann ja immer der Dumme sein und dann noch mit einem Listie erst recht...Habe auch das eine oder andere Mal einen Hund mehr oder minder mit Tritten abwehren müssen und meist raffen es die anderen dann immer noch nicht...Oder noch besser ist wenn der Hund sich nicht abrufen läßt bzw.die dann hinter ihrem Hund herrennen müssen um ihn zu bekommen...oft sind sie dann auch noch sauer über mein Verhalten...Ich frage mich wie die das finden würde, wenn mein Hund einfach so jeden anderen Hund bedrängelt..?Da wäre wahrscheinlich direkt die Hölle los ..so von wegen der gefährliche Hund macht hier die Gegend unsicher usw...Allen Ernstes was soll man denn da noch machen?Eigentlich nur sehen, das bloß nichts passiert...Tolle Sache...
Grüße Steffi&Boy
 
OH OH das kenne ich. Wenn ich mit meiner dogohündin mit LEINENZWANG irgentwo langlaufe und uns kommt ein Hund ohne Leine entgegen, wechsle ich schon von selbst die Strassenseite. Manchmal kannst Du aber nich ausweichen und ich rufe dann schon, bitte den Hund zur Seite nehmen sie ist unverträglich mit anderen Hunden und deren Besitzer dann rufen och der tut nix. Letztentlich tun sie dann doch was, weil sie sich von meiner dicken Bedroht fühlen. Sie macht jedesmal ein heidenspecktakel und ich begreiffe nicht, warum die Leute nicht so vernümpftig sind, ihr Hunde wegzunehmen.
LG die Moni
 
Moni, hier gab es schon tolle Anregungen, wie man sich fremde Hunde vom Leibe hält;)

Ein Beispiel gefällig?;)
Der eigene Hund hat eine schlimme, und sehr ansteckende Krankheit.
Oder er hat viele, viele Flöhe.

watson
 
Tja, blöd nur, wenn der dazugehörige Hundehalter meilenweit weg ist!

Ich find das Urteil total schwachsinnig, sorry!
Ein angeleinter Hund wird auf einen unangeleinten Gegenüber in der Regel anders reagieren, als wenn sich beide ohne oder mit Leine gegenüberstehen.
Um solche Situationen zu vermeiden hilft nur eines: Hund gehört an die Leine!
Es muß ja nicht mal ein aggressiver Hund sein, der angeleint ist. Mein Benny würde auch nach jedem auf ihn zustürmenden Hund schnappen- aus Angst! Soll ich ihm deshalb jetzt den Mauli umbinden und seine Angst damit noch verschlimmern???

Außerdem: wer sagt denn, welcher Hund zuerst zugebissen hat?
Soll sich denn dann ein Hund nicht mal mehr arttypisch wehren können/dürfen?

Hätt das Urteil gern mal gesehen, wenn der angeleinte Hund Omma Schulzes kleiner Yorki gewesen wäre :unsicher: :sauer:
 
@Watson

gute Idee

Ich hab derzeit das Problem jeden Morgen mit einem freilaufenden älteren Schäferhund. Fraule geht am Gehwagen.
Wenn ich mit meinem Hund an der Leine vorbeilauf knurrte er immer. Gestern hat er nicht nur geknurrt sondern ist auf meinen Dobi drauf. Gottseidank nicht viel passiert.
Heut Morgen treff ich die ältere Dame wieder, verzählt sie nicht einer anderen Hundehalterin, naja, die zwei mögen sich nicht und meiner reagiert aggressiv auf Ihren.
Von wegen. Ihrer hat sogar schon einen jungen Dogo drauf, nur, der Dogo war mit seinen 12 Monaten a bisserl stärker als Ihr alter Schäfer und hat es sich nicht gefallen lassen. Sie wollte dann Anzeige gegen den Dogo-Besitzer erstatten. Ich hab ihr das dann mit entsprechenden Worten ausgeredet. Waren zum Glück genügend Zeugen da die FÜR den Dogo ausgesagt hätten.

Bei meiner Hündin mach ich es mittlerweile ja schon so, das ich freilaufenden Hunde abwehre, zukünftig nun auch beim Dobermann. Hier kann ich nämlich nicht garantieren das er sich an der Leine irgendwann mal entsprechend wehrt.

xana
 
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Hai Peter Schuster, also in der BRD richtet sich die Haftungsfrage nach dem BGB ( Bürgelichem Gesetzbuch), dieses statuiert eine Gefährdungshaftung eines jeden Tierhalters. Habt ihr in Östereich auch sowas? Gruß Pocke
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Zum Glück! Der hatte seinen kolerischen Anfall mit seinem individuellen Hund vielleicht in seinem Gassigebiet, wo ihn natürlich Hinz und Kunz wieder erkennt. Es wird ja unter HH über andere HH ziemlich viel gequatscht!
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