Schragi, da ich den Hund doch recht gut kannte, konnte ich das Risiko eingehen.
Hätte er versucht mit mir eine Beißerei anzufangen, hätte ich natürlich weiter reagieren müssen.
Ich versuche mal, Dir die damalige Situation zu beschreiben.
Meine Eltern kauften sich einen DSH-Rüden, Lord. Er wuchs bei meinem Mali-Rüden Asco auf. Bis zu einem Alter von 1,5 Jahren waren meine Eltern, eher mein Vater, für die Erziehung und Ausbildung von Lord "verantwortlich". Durch den gesundheitlichen Zustand meines Vaters konnte er sich aber nicht ausreichend um das Tier kümmern.
Also übertrugen sie mir diese Aufgaben.
Da ich vorher bewußt weniger Kontakt zu diesem Hund hatte, ließ ich erstmal einige Zeit ins Land gehen, um dem Hund die Umstellung zu erleichtern.
Nach ca. 6 Monaten war ich "sein Boß"
.
Obwohl wir wußten, daß das ein Fehler war, fütterte mein Vater den Hund auch weiterhin (besser ist es, wenn der HF den Hund füttert).
Jeden Abend kamen die Hunde aus dem Auflauf in ihre "Zwinger", welche sie nur zum schlafen und fressen benutzten, und wurden dort gefüttert.
Ich versorgte Asco, mein Vater zeitgleich Lord.
Lord war ca. 3 Jahre alt, als er begann, meinen Vater nicht mehr an seine gefüllte Schüssel zu lassen.
Natürlich versuchte mein Vater sich durchzusetzen, mit wechselndem Erfolg.
An einem Abend war "es" dann soweit.
Ich hörte nebenan die Stimme meines Vaters und das Knurren des Hundes.
Als plötzlich nur noch ein wirklich böses Knurren zu hören war, bin ich rüber.
Mein Vater stand stocksteif in einer Ecke des Zwingers, der Hund hatte ihn "gestellt", d.h. er stand mit hochgezogenen Lefzen und angelegten Ohren dicht vor ihm, den Blick fixierend auf ihn gerichtet und knurrte ihn an.
Als ich den Raum betrat, reagierte der Hund kaum auf meine Stimme.
Gehandelt werden mußte natürlich und zwar sofort!
Ich habe den Hund "angegriffen", ihn also mit den Zähnen am Hals gepackt und mit meinem Körpergewicht auf den Rücken gelegt, die Zähne dabei fest am Hals des Tieres.
Sobald sich sein Körper entspannte, war er wieder frei.
Asco war übrigens nicht dabei, er hätte sonst eingegriffen (für mich) und das war nicht gewollt.
Die Fehler haben wir nach dem Vorfall analysiert.
Der eine war eben die Fütterung durch meinen Vater und der grobe, wie mein Vater versuchte sich durchzusetzen.
Für den Hund war der Wechsel (von meinem Vater auf mich) etwas schwierig "einzusehen". Danach nahm mein Vater (unbewußt) die Rolle eines untergebenen Rudelmitgliedes ein. Sein Verhalten war für den Hund (bedingt durch die Krankheit meines Vaters) nicht mehr klar und deutlich.
Ebenso reagierte mein Vater bei der Fütterung. Mal ließ er dem knurrenden Hund das Futter, mal nahm er es ihm weg.
Für Lord gab es dabei keine klaren Bilder mehr. Er wußte überhaupt nicht mehr, wo er bzw. mein Vater bei dieser Konstellation, stand.
Da er ein Tier war
, nutzte er diese Unsicherheit irgendwann aus.
Abschließend muß ich betonen, daß Lord ansonsten ein sehr friedlicher Hund war. Kinder liebten ihn abgöttisch. Dieser Hund wurde mehr von Kindern geknuddelt als jeder andere Hund, den ich je hatte.
Dieses Verhalten zeigte er nur, weil ihm die klare Rangordnung "genommen" wurde.
Er wußte sich in diesem Moment nicht anders zu helfen.
Ich hoffe, ich konnte mich einigermaßen verständlich ausdrücken,
watson