Wolfgang
KSG-Haarspalter™
SOZIALES / Unzählige Tierliebhaber drücken Kirchener Familie Dreher die Daumen
Kampfhund "Chakomo" hat riesige Lobby
Ordnungsamt: Vierbeiner muss bis Ende des Monats abgegeben werden - Anwälte wollen Besitzern helfen
Wau! Ein Kampfhund mit einer riesigen Lobby. Der Bericht über "Chakomo", der beim Verhaltenstest durchfiel und nun eingeschläfert werden soll, hat zig Hundeliebhaber aus dem In- und Ausland und noch eine Mülheimer Rechtsanwaltskanzlei auf den Plan gerufen.
CORINNA JIRMANN
KIRCHEN Der Hund steht still, das Telefon nicht. Ständig rufen Leute an und erkundigen sich nach ihm. "Chakomo" interessiert die große Anteilnahme an seinem Schicksal herzlich wenig, er bleibt im Flur. Ins Esszimmer darf er normalerweise nicht, heute schon, für ein Pressefoto mit Frauchen Brigitte Dreher. Sie fordert ihn auf, einzutreten, er senkt den Kopf und blickt sie mit Dackelblick an als ob er sagen wollte: "Wirklich, ich ins geheiligte Esszimmer?" Als sie nochmals "Komm!" sagt, tritt er ganz schüchtern näher, setzt sich brav hin und lässt sich vom 15 Monate alten Sohn Jeremias innigst betatschen und am Schwanz ziehen.
Keine Frage, folgsam ist der knapp vierjährige American-Staffordshire-Mischling. Aber ist der Kampfhund auch ungefährlich? "Er hat noch nie irgendjemandem etwas getan, auch als mein Sohn geboren wurde, hat er ihn gleich akzeptiert", betont Frauchen Brigitte Dreher. Indes: Dennoch hat er den für diese Rasse notwendigen Verhaltenstest nicht bestanden und soll nun eingeschläfert werden (das ET berichteten). Galgenfrist: Ende Oktober. Bis dahin, so verlangt es das Ordnungsamt, muss das Tier abgegeben werden. "Chakomo" darf nie mehr in private Hände, soll für immer ins Tierheim. Lebenslänglich - für Brigitte Dreher und ihren Vater Willibald ist das keine akzeptable Lösung. Deshalb wollen sie ihn lieber einschläfern lassen.
Als dies am Mittwoch im EHINGER TAGBLATT zu lesen war, gaben unzählige Tierschützer kräftig Laut - mit Anrufen, Faxen und E-Mails. Willibald Dreher kam kaum noch weg vom Telefon. Hundebesitzer und weitere Tierschützer riefen an, gaben Zuspruch, versprachen zu helfen oder teilten mit, sie könnten verstehen, dass die Drehers den Hund lieber erlösen statt ins Tierheim bringen wollen.
"Hinterher Geschrei groß"
Selbst eine Anwaltskanzlei aus Mülheim an der Ruhr bot an, sich des Falls anzunehmen und dafür einzusetzen, dass "Chakomo" bei der Familie bleiben darf. Kostenlos. Auch beim ET gingen mehrere Leserbriefe ein. Ein Österreicher, der hier Urlaub macht, schrieb: "Es ist erschreckend, mit welcher Unmenschlichkeit und Behördenwillkür hier vorgegangen wird. Ich würde nie in einem Land leben wollen, das Tiere so behandelt."
Ludwig Griener, Leiter des Ehinger Ordnungsamts, ist Kritik gewöhnt: "Wenn so ein Tier jemanden beißt, dann ist hinterher das Geschrei groß, weil wir nichts gemacht haben. Schreitet die Behörde vorher ein, ist das Geschrei genauso groß." Fest stehe ohne Zweifel: "Der Hund ist von Experten als gesteigert aggressiv eingestuft worden. Und wer garantiert, dass nicht doch noch was passiert?" Schließlich lebe ein Kleinkind in der Familie. Griener verweist auf die Kampfhundeverordnung, die Haltern solcher Rassen einen Wesenstest mit hohen Anforderungen an das Tier vorschreibt. In einem Protokoll sei auf vielen Seiten schriftlich festgehalten, dass "Chakomo" sich in mehreren Situationen nicht "vorschriftsgemäß" verhalten habe und deshalb durchgefallen sei. "Er rennt zum Beispiel Joggern nach oder wird aggressiv bei Spielbewegungen", sagt der Ordnungsamtschef.
Indes, die Verhaltensprüfung ist in der Öffentlichkeit umstritten. Eine Leserin mailte dem ET beispielsweise: "So manche ,Nichtkampfhunde würden bei der Wesensprüfung durchfallen, wenn sie eine solche machen müssten." Die Tierschützerin Eleonore Seiler aus Langenau engagiert sich schon lange für Kampfhunde. Sie hat etliche Berichte über den Testverlauf durchgefallener Pit Bulls und Co gesammelt, die wie "Chakomo" auch von der Ulmer Hundestaffel und den dortigen Veterinär-Amtstierärzten geprüft wurden. Demnach werden Angehörige des jeweiligen Hundeführers vor Testbeginn weggeschickt. Diese Erfahrung hat auch Brigitte Dreher gemacht. "Das hat mich sehr gewundert."
Widerspruch zwecklos
In einem engen tierärztlichen Untersuchungsraum mit mindestens fünf fremden Personen, so Seilers Erfahrung, werde das Tier angeherrscht, anstatt ihm mit ruhiger Stimme die übliche Angst vor dem Tierarzt zu nehmen.
Wie viele andere Hundebesitzer auch haben die Drehers Widerspruch gegen die Einweisung ihres geliebten Vierbeiners ins Tierheim eingelegt - ohne Erfolg. Griener: "Es bleibt dabei. Der Hund muss bis spätestens Ende Oktober abgegeben werden."
Danach gefragt, ob das Gesetz die Tötung eines solchen Tieres erlaube, antwortet der Ordnungsamtschef: "Wenn ein Hund keinerlei Perspektive hat, je wieder in private Hände zu gelangen, dann ist es opportun, ihn auch einzuschläfern." Eine Alternative sei, den Kampfhund ins Ausland zu bringen. Doch diese Odyssee hat "Chakomo" schon hinter sich.
Kampfhund "Chakomo" hat riesige Lobby
Ordnungsamt: Vierbeiner muss bis Ende des Monats abgegeben werden - Anwälte wollen Besitzern helfen
Wau! Ein Kampfhund mit einer riesigen Lobby. Der Bericht über "Chakomo", der beim Verhaltenstest durchfiel und nun eingeschläfert werden soll, hat zig Hundeliebhaber aus dem In- und Ausland und noch eine Mülheimer Rechtsanwaltskanzlei auf den Plan gerufen.
CORINNA JIRMANN
KIRCHEN Der Hund steht still, das Telefon nicht. Ständig rufen Leute an und erkundigen sich nach ihm. "Chakomo" interessiert die große Anteilnahme an seinem Schicksal herzlich wenig, er bleibt im Flur. Ins Esszimmer darf er normalerweise nicht, heute schon, für ein Pressefoto mit Frauchen Brigitte Dreher. Sie fordert ihn auf, einzutreten, er senkt den Kopf und blickt sie mit Dackelblick an als ob er sagen wollte: "Wirklich, ich ins geheiligte Esszimmer?" Als sie nochmals "Komm!" sagt, tritt er ganz schüchtern näher, setzt sich brav hin und lässt sich vom 15 Monate alten Sohn Jeremias innigst betatschen und am Schwanz ziehen.
Keine Frage, folgsam ist der knapp vierjährige American-Staffordshire-Mischling. Aber ist der Kampfhund auch ungefährlich? "Er hat noch nie irgendjemandem etwas getan, auch als mein Sohn geboren wurde, hat er ihn gleich akzeptiert", betont Frauchen Brigitte Dreher. Indes: Dennoch hat er den für diese Rasse notwendigen Verhaltenstest nicht bestanden und soll nun eingeschläfert werden (das ET berichteten). Galgenfrist: Ende Oktober. Bis dahin, so verlangt es das Ordnungsamt, muss das Tier abgegeben werden. "Chakomo" darf nie mehr in private Hände, soll für immer ins Tierheim. Lebenslänglich - für Brigitte Dreher und ihren Vater Willibald ist das keine akzeptable Lösung. Deshalb wollen sie ihn lieber einschläfern lassen.
Als dies am Mittwoch im EHINGER TAGBLATT zu lesen war, gaben unzählige Tierschützer kräftig Laut - mit Anrufen, Faxen und E-Mails. Willibald Dreher kam kaum noch weg vom Telefon. Hundebesitzer und weitere Tierschützer riefen an, gaben Zuspruch, versprachen zu helfen oder teilten mit, sie könnten verstehen, dass die Drehers den Hund lieber erlösen statt ins Tierheim bringen wollen.
"Hinterher Geschrei groß"
Selbst eine Anwaltskanzlei aus Mülheim an der Ruhr bot an, sich des Falls anzunehmen und dafür einzusetzen, dass "Chakomo" bei der Familie bleiben darf. Kostenlos. Auch beim ET gingen mehrere Leserbriefe ein. Ein Österreicher, der hier Urlaub macht, schrieb: "Es ist erschreckend, mit welcher Unmenschlichkeit und Behördenwillkür hier vorgegangen wird. Ich würde nie in einem Land leben wollen, das Tiere so behandelt."
Ludwig Griener, Leiter des Ehinger Ordnungsamts, ist Kritik gewöhnt: "Wenn so ein Tier jemanden beißt, dann ist hinterher das Geschrei groß, weil wir nichts gemacht haben. Schreitet die Behörde vorher ein, ist das Geschrei genauso groß." Fest stehe ohne Zweifel: "Der Hund ist von Experten als gesteigert aggressiv eingestuft worden. Und wer garantiert, dass nicht doch noch was passiert?" Schließlich lebe ein Kleinkind in der Familie. Griener verweist auf die Kampfhundeverordnung, die Haltern solcher Rassen einen Wesenstest mit hohen Anforderungen an das Tier vorschreibt. In einem Protokoll sei auf vielen Seiten schriftlich festgehalten, dass "Chakomo" sich in mehreren Situationen nicht "vorschriftsgemäß" verhalten habe und deshalb durchgefallen sei. "Er rennt zum Beispiel Joggern nach oder wird aggressiv bei Spielbewegungen", sagt der Ordnungsamtschef.
Indes, die Verhaltensprüfung ist in der Öffentlichkeit umstritten. Eine Leserin mailte dem ET beispielsweise: "So manche ,Nichtkampfhunde würden bei der Wesensprüfung durchfallen, wenn sie eine solche machen müssten." Die Tierschützerin Eleonore Seiler aus Langenau engagiert sich schon lange für Kampfhunde. Sie hat etliche Berichte über den Testverlauf durchgefallener Pit Bulls und Co gesammelt, die wie "Chakomo" auch von der Ulmer Hundestaffel und den dortigen Veterinär-Amtstierärzten geprüft wurden. Demnach werden Angehörige des jeweiligen Hundeführers vor Testbeginn weggeschickt. Diese Erfahrung hat auch Brigitte Dreher gemacht. "Das hat mich sehr gewundert."
Widerspruch zwecklos
In einem engen tierärztlichen Untersuchungsraum mit mindestens fünf fremden Personen, so Seilers Erfahrung, werde das Tier angeherrscht, anstatt ihm mit ruhiger Stimme die übliche Angst vor dem Tierarzt zu nehmen.
Wie viele andere Hundebesitzer auch haben die Drehers Widerspruch gegen die Einweisung ihres geliebten Vierbeiners ins Tierheim eingelegt - ohne Erfolg. Griener: "Es bleibt dabei. Der Hund muss bis spätestens Ende Oktober abgegeben werden."
Danach gefragt, ob das Gesetz die Tötung eines solchen Tieres erlaube, antwortet der Ordnungsamtschef: "Wenn ein Hund keinerlei Perspektive hat, je wieder in private Hände zu gelangen, dann ist es opportun, ihn auch einzuschläfern." Eine Alternative sei, den Kampfhund ins Ausland zu bringen. Doch diese Odyssee hat "Chakomo" schon hinter sich.