Landeshundeverordnung
Test lässt den "Satan" kalt
Von Sabine Eisenhauer-Tarara
Aus dem Kreis. Seinem Namen macht "Satan" zwar keine Ehre, dafür aber seinem Besitzer Alexander Merzenich. Der zweijährige Rottweiler-Rüde besteht nämlich mit Bravour die Wesensprüfung auf dem Gelände des Technischen Hilfswerkes in Kotthausen.
Unter den Augen des Kreisveterinäramtes wird er hier mit klappernden Dosen, plötzlich öffnenden Regenschirmen oder einer kreuzenden Radfahrerin konfrontiert.
Doch das alles bringt den 55 Kilo schweren Hund nicht aus der Ruhe, und es ist ihm oft nicht einmal einen Blick wert.
Diese Wesensprüfung müssen alle Vierbeiner, die die neue Landeshunde-Verordnung in ihren Anlagen 1 und 2 als Kampfhunde, kampfhundähnlich oder gefährlich einstuft, erfolgreich absolvieren, wenn sie vom Maulkorb und außerhalb bebauter Gebiete von der Leine befreit werden sollen.
"Geprüft wird hier insbesondere der Umgang der Tiere untereinander, die Beziehung zwischen Halter und Hund sowie die Reaktion der Hunde auf Vorgänge in ihrer Umgebung", erklärt Roswitha Greven, Tierärztin beim Veterinäramt des Oberbergischen Kreises.
Zusammen mit der Sachbearbeiterin Marlinde Heu und dem Sachverständigen Werner Alteneuer führt die Tierärztin die Wesensprüfung für den Oberbergischen Kreis durch.
Bisher sind hier 70 Hunde in jeweils kleinen Gruppen auf die Probe gestellt worden. "90 Prozent der Tiere haben dabei einen ganz normalen und nicht auffälligen Eindruck gemacht", berichtet Alteneuer, der hauptberuflich bei der Bundeswehr als Prüfer und Fachgutachter für das Hundewesen zuständig ist.
Ein einziger Hund erhielt keine Befreiung, anderen Halter wurde daneben der Besuch einer Hundeschule zur Auflage gemacht.
Dies ist jedoch bei "Anouschka", die zusammen mit "Satan" die Prüfung absolviert, nicht nötig.
Die verspielte und verschmuste Familienhündin geht bei Fuß, sitzt auf Kommando und lässt sich von ihrem Herrchen widerstandslos das Maul öffnen.
Selbst als Mitarbeiterin Birgit Schneider einen Betrunkenen spielt und mit Hut und Mantel vorbei torkelt, lässt dies die Hündin kalt.
Dass hier nicht unbedingt das richtige Klientel geprüft wird, ist eine Befürchtung von Hundefachmann Alteneuer:
"Den Haltern, die das Ganze erst verursacht haben, können wir wahrscheinlich mit der Verordnung nicht beikommen."
Es sei schon klar, dass der Gesetzgeber habe handeln müssen, meint Friedrich Wachendorff, Besitzer des Rottweiler-Mischlings "Anouschka".
Doch auch er glaubt, dass hier die falschen Leute erreicht werden: "Jetzt werden ganz normale Familienhunde kriminalisiert."
Damit hat auch Alexander Merzenich schon schlechte Erfahrungen gemacht: "Mir sind auf der Straße schon einmal Schläge wegen meines Rottweilers angedroht worden."
Auf die Hundebesitzer kommen daneben auch noch finanzielle Aufwendungen zu. So kostet die Wesensprüfung 200 Mark, das Einsetzen des Mikrochips 75 Mark, die Sachkundeprüfung eine Gebühr von 30 Mark.
Rund 440 Halter von Hunden der Anlage 1 und 2 haben mittlerweile im Oberbergischen Kreis diese theoretische Prüfung abgelegt.
Sie mussten dabei aus einem Katalog von 100 Fragen 35 beantworten, davon 25 richtig. "Es gab hierbei eine Durchfallquote von fünf Prozent", teilt Marlinde Heu mit.
Viele Hundebesitzer fürchten nun auch eine Erhöhung der Steuern für ihren Vierbeiner.
"Das könnte ich mir jedenfalls nicht leisten", erklärt Hundehalter Merzenich. Die Gemeinde Reichshof hat so schon die Steuern für Kampfhunde um das Achtfache erhöht.
"Für zwölf Rassen, die das Bundesverwaltungsgericht im letzten Jahr als Kampfhunde eingestuft hat, müssen nun bei uns jährlich 960 Mark bezahlt werden", informiert Gerd Dresbach, Leiter des Steueramtes im Denklinger Rathaus.
Zur Erfassung sämtlicher Hunde in der Gemeinde, hatte die Verwaltung im Reichshof eine Firma beauftragt, die zwei Monate lang im gesamten Gebiet von Haustür zu Haustür ging.
Skeptisch sieht das Ganze der Gummersbacher Tierarzt Paul Knoll: "Die Verordnung ist eigentlich ein Trauerspiel."
Dem komplexen Verhalten von Hunden und Haltern werde kein Gesetz gerecht, meint der Veterinär.
"Ein Hund kann sein Wesen auch im Laufe der Jahre verändern", erklärt er. Denn dieses Tier sei immer darauf bedacht, in der Rangordnung nach oben zu klettern.
"Wird das Herrchen krank oder vielleicht auch zum Alkoholiker, sieht der Hund hierin sofort sein Chance zum Aufstieg", sagt Knoll.
Selbst ein Familienstreit könne bisher friedliche Hund sofort aggressiv werden lassen.
Test lässt den "Satan" kalt
Von Sabine Eisenhauer-Tarara
Aus dem Kreis. Seinem Namen macht "Satan" zwar keine Ehre, dafür aber seinem Besitzer Alexander Merzenich. Der zweijährige Rottweiler-Rüde besteht nämlich mit Bravour die Wesensprüfung auf dem Gelände des Technischen Hilfswerkes in Kotthausen.
Unter den Augen des Kreisveterinäramtes wird er hier mit klappernden Dosen, plötzlich öffnenden Regenschirmen oder einer kreuzenden Radfahrerin konfrontiert.
Doch das alles bringt den 55 Kilo schweren Hund nicht aus der Ruhe, und es ist ihm oft nicht einmal einen Blick wert.
Diese Wesensprüfung müssen alle Vierbeiner, die die neue Landeshunde-Verordnung in ihren Anlagen 1 und 2 als Kampfhunde, kampfhundähnlich oder gefährlich einstuft, erfolgreich absolvieren, wenn sie vom Maulkorb und außerhalb bebauter Gebiete von der Leine befreit werden sollen.
"Geprüft wird hier insbesondere der Umgang der Tiere untereinander, die Beziehung zwischen Halter und Hund sowie die Reaktion der Hunde auf Vorgänge in ihrer Umgebung", erklärt Roswitha Greven, Tierärztin beim Veterinäramt des Oberbergischen Kreises.
Zusammen mit der Sachbearbeiterin Marlinde Heu und dem Sachverständigen Werner Alteneuer führt die Tierärztin die Wesensprüfung für den Oberbergischen Kreis durch.
Bisher sind hier 70 Hunde in jeweils kleinen Gruppen auf die Probe gestellt worden. "90 Prozent der Tiere haben dabei einen ganz normalen und nicht auffälligen Eindruck gemacht", berichtet Alteneuer, der hauptberuflich bei der Bundeswehr als Prüfer und Fachgutachter für das Hundewesen zuständig ist.
Ein einziger Hund erhielt keine Befreiung, anderen Halter wurde daneben der Besuch einer Hundeschule zur Auflage gemacht.
Dies ist jedoch bei "Anouschka", die zusammen mit "Satan" die Prüfung absolviert, nicht nötig.
Die verspielte und verschmuste Familienhündin geht bei Fuß, sitzt auf Kommando und lässt sich von ihrem Herrchen widerstandslos das Maul öffnen.
Selbst als Mitarbeiterin Birgit Schneider einen Betrunkenen spielt und mit Hut und Mantel vorbei torkelt, lässt dies die Hündin kalt.
Dass hier nicht unbedingt das richtige Klientel geprüft wird, ist eine Befürchtung von Hundefachmann Alteneuer:
"Den Haltern, die das Ganze erst verursacht haben, können wir wahrscheinlich mit der Verordnung nicht beikommen."
Es sei schon klar, dass der Gesetzgeber habe handeln müssen, meint Friedrich Wachendorff, Besitzer des Rottweiler-Mischlings "Anouschka".
Doch auch er glaubt, dass hier die falschen Leute erreicht werden: "Jetzt werden ganz normale Familienhunde kriminalisiert."
Damit hat auch Alexander Merzenich schon schlechte Erfahrungen gemacht: "Mir sind auf der Straße schon einmal Schläge wegen meines Rottweilers angedroht worden."
Auf die Hundebesitzer kommen daneben auch noch finanzielle Aufwendungen zu. So kostet die Wesensprüfung 200 Mark, das Einsetzen des Mikrochips 75 Mark, die Sachkundeprüfung eine Gebühr von 30 Mark.
Rund 440 Halter von Hunden der Anlage 1 und 2 haben mittlerweile im Oberbergischen Kreis diese theoretische Prüfung abgelegt.
Sie mussten dabei aus einem Katalog von 100 Fragen 35 beantworten, davon 25 richtig. "Es gab hierbei eine Durchfallquote von fünf Prozent", teilt Marlinde Heu mit.
Viele Hundebesitzer fürchten nun auch eine Erhöhung der Steuern für ihren Vierbeiner.
"Das könnte ich mir jedenfalls nicht leisten", erklärt Hundehalter Merzenich. Die Gemeinde Reichshof hat so schon die Steuern für Kampfhunde um das Achtfache erhöht.
"Für zwölf Rassen, die das Bundesverwaltungsgericht im letzten Jahr als Kampfhunde eingestuft hat, müssen nun bei uns jährlich 960 Mark bezahlt werden", informiert Gerd Dresbach, Leiter des Steueramtes im Denklinger Rathaus.
Zur Erfassung sämtlicher Hunde in der Gemeinde, hatte die Verwaltung im Reichshof eine Firma beauftragt, die zwei Monate lang im gesamten Gebiet von Haustür zu Haustür ging.
Skeptisch sieht das Ganze der Gummersbacher Tierarzt Paul Knoll: "Die Verordnung ist eigentlich ein Trauerspiel."
Dem komplexen Verhalten von Hunden und Haltern werde kein Gesetz gerecht, meint der Veterinär.
"Ein Hund kann sein Wesen auch im Laufe der Jahre verändern", erklärt er. Denn dieses Tier sei immer darauf bedacht, in der Rangordnung nach oben zu klettern.
"Wird das Herrchen krank oder vielleicht auch zum Alkoholiker, sieht der Hund hierin sofort sein Chance zum Aufstieg", sagt Knoll.
Selbst ein Familienstreit könne bisher friedliche Hund sofort aggressiv werden lassen.