Suche schöne Weihnachtsgeschichte...

fbernhauer

15 Jahre Mitglied
Dieses Jahr möchte wir an Freunde, Verwandte etc. keine Weihnachtskarten schicken, sondern einen Weihnachtsbrief mit einer schönen Geschichte.

Sie sollte nachdenklich sein aber nicht zu traurig.

Vielleicht habt Ihr aus den vergangenen Jahren etwas.

Über eine Zusendung hier oder per PN oder direkt unter [email protected] würde ich mich freuen.

Vorab schon vielen Dank

:crazy:
 
  • 19. April 2024
  • #Anzeige
Hi fbernhauer ... hast du hier schon mal geguckt?
  • Gefällt
Reaktionen: Gefällt 31 Personen
#VerdientProvisionen | Als Amazon-Partner verdiene ich an qualifizierten Verkäufen.
Wie wär' 's mit der von den drei Geistern? kennt aber wahrscheinlich schon jeder... Ich kenn' sie nur in der Version mit den Tieren...
 
'Ne eigene Geschichte oder etwas aus einem Buch?
Ein bestimmtes Thema? Für welche Altersklasse?

Alexis
 
Original geschrieben von Alexis
'Ne eigene Geschichte oder etwas aus einem Buch?
Ein bestimmtes Thema? Für welche Altersklasse?
Alexis

Wie schon geschrieben eine Weihnachtsgeschichte die wir dann anstatt von
Weihnachtskarten verschicken möchten.

Alter von 18 bis 80.

Wäre schön wenn noch etwas kommen würde.....:rolleyes:

@Claudia, was ist das für ein Version mit den Tieren?
 
...nu mal langsam, ich wollte ja nur so ungefähr deine Vorstellungen ausloten. ;)
Ich schau' mal was ich hier habe.

Alexis
 
(Wakans) Petra

Wie wäre es mit O. Henry: "Weihnachtsgeschenke"?

Kurzbeschreibung: Della und Jim, zwei junge Eheleute, haben kein Geld für Weihnachtsgeschenke. Della verkauft ihr Haar, um Jim eine Uhrkette zu kaufen, und Jim versetzt seine Uhr, um ihr die langersehnten Steckkämme zu schenken. Beide Geschenke behalten trotzdem ihren Sinn, denn sie bestätigen die Zuneigung zweier Menschen.

Viele Grüße
Petra
 
(Wakans) Petra

...oder das Mädchen mit den Zündhölzern?

Viele Grüße
Petra
 
Wakan´s Petra
hast du diese Geschichte ??????? wenn ja, stellst du sie hier rein oder läßt sie mir sonstwie zukommen ???? bitte bitte !!!!

Als fbernhauer nach einer Weihnachtsgeschichte gefragt hat, ist mir diese sofort in den Sinn gekommen. Ich habe sie vor Jaaaaaahren mal gehört und fand sie so wunderschön. Leider habe ich diese Geschichte nie mehr wieder gefunden, in keinem Buch das mir in die Hände gefallen ist. Es wäre toll wenn ich die komplette Geschichte bekommen könnte.

LG Gabi
 
Kann mich Gabi nur anschließen. Bitte reinstellen oder zuschicken.

Vielen Dank :D
 
(Wakans) Petra

... zu spät gelesen ... Ich mache mich nach der Arbeit ans Tippen.

Hier noch etwas für den etwas anderen Geschmack:

Kurt Tucholsky: Himmlische Nothilfe

„Wat denn? Wat denn? Zwei Weihnachtsmänner?“
„Machen Sie hier nich sonen Krach, Siiie! Is hier vier Tage im Hümmel, als Hilfsengel – und riskiert hier schon ne Lippe. „
„Verzeihen Sie, Herr Oberengel. Aber man wird doch noch fragen dürfen?“
„Dann fragen Sie leise. Sie sehn doch, daß die beiden Herren zu tun haben. Sie packen.“
„Ja, das sehe ich. Aber wenn Herr Oberengel gütigst verzeihen wollen; wieso zwei? Wir hatten auf der Schule jelernt: et jibt einen Weihnachtsmann und fertig.“
„Einen Weihnachtsmann und fertig...! Einen Weihnachtsmann und fertig...! Diese Berliner! So ist das hier nicht! Das sind ambivalente Weihnachtsmänner!“
„Büttaschön?“
„Ambi... ach so, Fremdwörter verstehen Sie nicht. Ich werd Sie mal für vierzehn Tage rüber in den Soziologenhimmel versetzen – halt, oder noch besser, zu den Kunsthistorikern ... da wern Sie schon ... Ja, dies sind also ... diese Weihnachtsmänner – das hat der liebe Gott in diesem Jahre frisch eingerichtet. Sie ergänzen sich, sie heben sich gegenseitig auf...“
„Wat hehm die sich jejenseitich auf? Die Pakete?“
„Wissen Sie ... da sagen die Leute immer, ihr Berliner wärt so furchtbar schlau – aber Ihre Frau Mama ist zwecks Ihrer Geburt wohl in die Vororte gefahren ...! Die Weihnachstmänner sind doppelseitig – das wird er wieder nicht richtig verstehen – die Weihnachtsmänner sind polare Gegensätze.“
„Aha. Wejen die Kälte.“
„Himmel... wo ist denn der Fluch-Napf...! Also ich werde Ihnen das erklären! Jetzt passen Sie gut auf: Die Leute beten doch allerhand und wünschen sich zu Weihnachten so allerhand. Daraufhin hat der liebe Gott mit uns Engeln sowie auch mit den zuständigen Heiligen beraten: Wenn man das den Leuten alles erfüllt, dann gibt es ein Malheur.
Immer. Denn was wünschen sie sich? Sie wünschen sich grade in der letzten Zeit so verd... so vorwiegend radikale Sachen. Einer will das Hakenkreuz. Einer will Diktatur. Einer will Diktatur mitm kleinen Schuß; einer will Demokratie mit Schlafsofa; eine will einen Hausfreund; eine will eine häusliche Freundin ... ein Reich will noch mehr Grenzen; ein Land will überhaupt keine Grenzen mehr; ein Kontinent will alle Kriegsschulden bezahlen, einer will...“
„Ich weiß schon. Ich jehöre zu den anderen.“
„Unterbrechen Sie nicht. Kurz und gut: das kann man so nicht erfüllen. Erfüllt man aber nicht...“
„Ich weiß schon. Dann besetzen sie die Ruhr.“
„Sie sollen mich nicht immer unterbrechen! Erfüllen wir nicht – also: erfüllt der liebe Gott nicht, dann sind die Leute auch nicht zufrieden und kündigen das Abonnement. Was tun?“
„Eine Konferenz einberufen. Ein Exposé schreiben. Mal telefonieren. Den Sozius...“
„Wir sind hier nicht in Berlin, Herr! Wir sind im Himmel. Und eben wegen dieser dargestellten Umstände haben wir jetzt zwei Weihnachtsmänner!“
„Und ... was machen die?“
„Weihnachtsmann A erfüllt den Wunsch. Weihnachtsmann B bringt das Gegenteil. Zum Exempel: Onkel Baldrian wünscht sich zu Weihnachten gute Gesundheit. Wird geliefert. Damit die Ärzte aber nicht verhungern, passen wir gut auf; Professor Dr. Speculus will auch leben. Also kriegt er seinen Wunsch erfüllt, und der reiche Onkel Baldrian ist jetzt mächtig gesund, hat eine eingebildete Krankheit und zahlt den Professor.
Oder: Die Nazis wünschen sich einen großen Führer. Kriegen sie: ein Hitlerbild. Der Gegenteil-Weihnachtsmann bringt dann das Gegenteil: ****** selber.
Herr Merkantini möchte sich reich verheiraten. Bewilligt. Damit aber die Gefühle nicht rosten, bringt ihm der andere Weihnachtsmann eine prima Freundin.
Oder: Weihnachtsmann A bringt dem deutschen Volke den gesunden Menschenverstand – Weihnachtsmann B die Presse. Weihnachtsmann A gab Italien die schöne Natur – Weihnachtsmann B: Mussolini. Ein Dichter wünscht sich gute Kritiken: kriegt er. Dafür kauft kein Aas sein Buch mehr. Die deutsche Regierung wünscht Sparmaßnahmen – schicken wir. Der andere Weihnachtsmann bringt dann einen kleinen Panzerkreuzer mit.
Sehn Sie – auf diese Weise kriegt jeder sein Teil. Haben Sie das nun verstanden?“
„Allemal. Da möcht ich denn auch einen kleinen Wunsch äußern. Ich möchte gern im Himmel bleiben und alle Nachmittag von 4 bis 6 in der Hölle Bridge spielen.“
„Tragen Sie sich in das Wunschbuch der Herren ein. Aber stören Sie sie nicht beim Packen – die Sache eilt.“
„Und ... verzeihen Sie ... wie machen Sie das mit der Börse -?“
„So viel Weihnachtsmänner gibt es nicht, Herr – so viel Weihnachtsmänner gibts gar nicht -!“

(Quelle: Sellin, Rolf: Ihr Kinderlein kaufet! Ein garstig Buch zur Weihnacht. Frankfurt/Main 1984)

Viele Grüße
Petra
 
Hallo, ich suche eher das Loriot-Gedicht von der Försterin, die ihren Gatten um die Ecke bringt und als Pakete verschickt, weiß nur den Titel nicht mehr...
Vielleicht kann mir da jemand schicken?

Und in der Schule haben wir mal eine Weihnachtsgeschichte gelesen, die erklärt hat warum bei Jesu Geburt eine Kuh im Stall war, kein Ochse. War super lustig, aber auch an der richtigen Stelle traurig. Schon mal gehört von?

Im Gegenzug hätte ich hier "Diese Geschichte ist ein Hammer... es könnte sich aber auch um einen Hund handeln".
Ist den "Kampfbestien"-haltern hier sicherlich schon bekannt, oder?
 
...bitte sehr:

Besinnliches Weihnachtsgedicht

Es blaut die Nacht, die Sternlein blinken
Schneeflöcklein leis' herniedersinken.
Auf Edeltännleins grünem Wipfel
häuft sich ein kleiner, weißer Zipfel.
Und dort, vom Fenster her, durchbricht
den tunklen Tann ein warmes Licht.

Im Forsthaus kniet bei Kerzenschimmer
die Försterin im Herrenzimmer.
In dieser wunderschönen Nacht
hat sie den Förster umgebracht.
Er war ihr bei des Heimes Pflege
seit langer Zeit schon sehr im Wege.
Drum kam sie mit sich überein:
Am Niklasabend muß es sein.

Und als das Rehlein ging zur Ruh'
das Häslein tat die Augen zu,
erlegte sie - direkt von vorn -
den Gatten über Kimm' und Korn.
Vom Knall geweckt rümpft nur der Hase
zwei, drei, viermal die Schnuppernase
und ruhet weiter süß im Dunkeln
derweil die Sterne traulich funkeln

Und in der guten Stube drinnen,
da läuft des Försters Blut von hinnen.
Nun muß die Försterin sich eilen,
den Gatten sauber zu zerteilen.
Schnell hat sie ihn bis auf die Knochen
nach Waidmannssitte aufgebrochen.

Voll Sorgfalt legt sie Glied auf Glied,
was der Gemahl bisher vermied,
behält ein Teil Filet zurück
als festtägliches Bratenstück
und packt darauf - es geht auf vier -
die Reste in Geschenkpapier.

Da tönt's von fern wie Silberschellen,
im Dorfe hört man Hunde bellen.
Wer ist's, der in so später Nacht
im Schnee noch seine Runden macht?
Knecht Ruprecht kommt mit goldnem Schlitten
auf einem Hirsch herangeritten.
"He, gute Frau, habt Ihr noch Sachen,
die armen Menschen Freude machen?"

Des Försters Haus ist tief verschneit,
doch seine Frau ist schon bereit:
"Die sechs Pakete, heilger Mann,
's ist alles, was ich geben kann."

Die Silberschellen klingen leise,
Knecht Ruprecht macht sich auf die Reise.
Im Försterhaus die Kerze brennt,
ein Sternlein blinkt - es ist Advent!

Verfasser: LORIOT
 
Original geschrieben von fbernhauer
@Claudia, was ist das für ein Version mit den Tieren?
Die war mal in einem Heft von "Die Tiere aus dem Talerwald". Die ganzen Personen in der Geschichte werden von Tieren gespielt. Hauptfigur ist eine Eule, die Geister sind Kröte, Hase und Wiesel und so weiter. Ich weiß gar nicht, wie die Geschichte in Wriklichkeit geht :crazy:.
 
@Alexis, nicht schlecht aber nicht ganz das was ich mir vorgestellt habe.
(männermordend :eg: )

Vielleicht hat jemand noch eine ander Geschichte. :)
 
Hmm, also die Weihnachtsgeschichten die ich in meinen Büchern so gefunden habe sind alle ellenlang.
Ich schau' aber mal weiter...

Alexis
 
(Wakans) Petra

so, hier also wie versprochen die Geschichte mit den Weihnachtsgeschenken. @fbernhauer, ich hoffe, es ist das Richtige.

Weihnachtsgeschenke
von O. Henry (1862 – 1910)

Ihr ganzes Vermögen war ein Dollar und 87 Cents, davon 60 Cents in Pennystücken. Alles mühsam zusammengekratzt und gespart. Und morgen war Weihnachten. Nichts blieb übrig, als sich auf die kleine, schäbige Couch zu werfen und zu heulen. Das tat Della denn auch, und es beweist und, daß sich das Leben eigentlich aus Schluchzen, Seufzen und Lächeln zusammensetzt, wobei das Seufzen unbedingt vorherrscht.
Inzwischen betrachten wir das Heim etwas näher. Es ist eine kleine möblierte Wohnung zu acht Dollars in der Woche. Sie sieht nicht gerade armselig aus, ist davon aber auch nicht allzu weit entfernt. Unten im Hausflur hängt ein Briefkasten, in den niemals Briefe geworfen werden; daneben steckt der Knopf einer elektrischen Klingel, der kaum jemand je einen Ton abschmeichelt. Weiter befindet sich dort auch eine Karte, die hochtrabend den Namen „James Dillingham Young“ trägt. Wenn aber Mister Dillingham Young jeweils seine Etage erreichte, so wurde er einfach „Jim“ gerufen und von Frau James Dillingham Young, uns bereits als Della bekannt, zärtlich umarmt. Somit ist alles in bester Ordnung.
Della hörte zu weinen auf und tröstete ihre Wangen mit der Puderquaste. Sie stand am Fenster und schaute bedrückt einer grauen Katze zu, die im grauen Hinterhof über einen grauen Zaun balancierte. Morgen war Weihnachten und sie hatte nur wenig Geld, um Jim ein Geschenk zu kaufen.
Im Zimmer hing zwischen den Fenstern ein Spiegel. Wie hingewirbelt stand Della plötzlich mit hell leuchtenden Augen vor ihm. Rasch löste sie ihr Haar und ließ es in seiner ganzen Länge fallen.
Im Besitze der James Dillingsham Young’s gab es zwei Dinge, auf die sie ganz und gar stolz waren. Das eine war Jims goldene Uhr, die vor ihm seinem Vater und seinem Großvater gehört hatte. Das andere war Dellas Haar. Hätte in der Wohnung jenseits des Hofes die Königin von Saba gewohnt, Della hätte ihr Haar zum Trocknen aus dem Fenster gehängt, einzig und allein, um die Juwelen und Schmuckstücke Ihrer Majestät wertlos erscheinen zu lassen. Und wäre König Salomon mit all seinen aufgestapelten Schätzen selbst Pförtner des Hauses gewesen, Jim hätte jedesmal beim Vorbeigehen seine Uhr gezückt, um zu sehen, wie König Salomon sich vor Neid den Bart ausrupfte.
So fiel Dellas Haar wie ein goldener Wasserfall glänzend und sich kräuselnd an ihr herab. Es reichte ihr bis unter die Knie und bildete beinahe einen Mantel. Mit nervösen Fingern steckte sie es rasch wieder auf. Einmal zögerte sie einen Augenblick. Zwei Tränen fielen auf den abgetragenen roten Teppich. Sie schlüpfte in die alte braune Jacke, setzte den alten braunen Hut auf und huschte, immer noch das glänzende Leuchten in den Augen, zur Tür hinaus, die Treppen hinunter und durch die Straße. Sie stand erst still, als sie bei einem Schild anlangte, auf dem zu lesen war: „Madame Sofronie, An- und Verkauf von Haar aller Art“. In einem Satz rannte Della ein Stockwerk hinauf; keuchend hielt sie an und faßte sich. Madame, groß, massig, zu weiß gepudert, sehr kühl, stand ihr gegenüber.
„Kaufen Sie mein Haar?“ fragte Della.
„Ich kaufe Haar“, sagte Madame. „Nehmen Sie den Hut ab und zeigen Sie, was Sie haben.“
Herunter rieselte der braune Wasserfall.
„Zwanzig Dollars“, mit geübter Hand wog Madame die Masse.
„Geben Sie es, rasch“, sagte Della.

Oh, und die zwei folgenden Stunden vergingen wie auf rosigen Schwingen. Vergessen war die zermürbende Vorstellung der fehlenden Haare. Sie durchstöberte die Läden auf der Suche nach Jims Geschenk.
Endlich fand sie es. Sicher war es für Jim und niemand anders gemacht. Nichts kam ihm gleich in irgendeinem der Läden. Es war eine Platinuhrkette, einfach und geschmackvoll in Form und Zeichnung. Sie war es sogar wert, diese Uhr zu ketten. Sobald Della die Kette sah, wußte sie, daß sie Jim gehören mußte. Einundzwanzig Dollars nahmen sie ihr dafür ab, und mit den 87 Cents eilte sie heim. Mit dieser Kette an seiner Uhr durfte Jim in jeder Gesellschaft zu eifrig wie er wollte nach der Zeit sehen. So schön nämlich die Uhr war – er hatte bisher manchmal scheu darauf geschaut, weil das alte Lederband so schäbig war, das er an Stelle einer Kette benützte.
Als Della zu Hause ankam, ließ ihr Taumel nach und sie wurde etwas vernünftig. Sie holte ihre Brennschere heraus, zündete das Gas an und machte sich daran, die Verheerung, die ihr Großmut zusammen mit ihrer Liebe angerichtet hatte, wieder gutzumachen, was immer eine Riesenarbeit ist, liebe Freunde – eine Mammutaufgabe.
Nach vierzig Minuten war ihr Kopf mit kleinen, nahe beisammenliegenden Löckchen bedeckt, die ihr ganz das Aussehen eines Lausbuben gaben. Lange schaute sie ihr Bild an, das der Spiegel zurückwarf, kritisch und sorgfältig.
„Wenn Jim mich nicht tötet“, sagte sie zu sich selbst, „bevor er mich ein zweites Mal anschaut, so wird er sagen, ich sehe aus wie ein Chormädchen von Coney Island. Aber was konnte ich tun – oh, was konnte ich tun mit einem Dollar und 87 Cents?“

Um sieben Uhr war der Kaffee gemacht, und die heiße Bratpfanne stand hinten auf dem Ofen, bereit, die Kotelettes aufzunehmen, die darin gebraten werden sollten.
Jim kam nie spät. Della nahm die Kette in die Hand und setzte sich auf den Tisch bei der Türe, durch die er immer hereinkam. Dann hörte sie entfernt seinen Schritt im ersten Stockwerk und für einen Augenblick wurde sie ganz weiß. Sie hatte die Gewohnheit, im stillen kleine Gebete für die einfachsten Alltagsdinge zu sagen und sie flüsterte vor sich hin: „Lieber Gott, mach, daß er denkt, ich sei immer noch hübsch.“
Die Tür öffnete sich. Jim kam herein und schloß sie. Er war mager und hatte ein sehr ernstes Aussehen. Armer Kerl, erst einundzwanzig und schon mit einer Familie beladen! Er hätte dringend einen neuen Mantel gebraucht und besaß nicht einmal Handschuhe.
Jim stand bei der Türe still, so unbeweglich wie ein Jagdhund, der eine Fährte wittert. Seine Augen waren auf Della gerichtet und hatten einen Ausdruck, den sie nicht deuten konnte und der sie erschreckte. Es war nicht Ärger.
Della sprang vom Tisch herunter und lief auf ihn zu. „Jim, Lieber“, rief sie weinend, „schau mich nicht so an“ Ich ließ mein Haar abschneiden und verkaufte es, weil ich es nicht ausgehalten hätte, ohne dir ein Geschenk zu Weihnachten zu geben. Es wird wieder nachwachsen. Du bist nicht böse, nicht wahr? Ich mußte es einfach tun. Mein Haar wächst unheimlich schnell. Sag ‚Fröhliche Weihnachten‘! Jim, und laß uns glücklich sein. Du weißt ja gar nicht, welch schönes – wunderbar schönes Geschenk ich für dich habe.“
„Dein Haar hast du abgeschnitten?“ fragte Jim mühsam, als hätte er selbst mit der strengsten geistigen Arbeit diese offensichtliche Tatsache noch nicht erfaßt.
„Abgeschnitten und verkauft“, sagte Della. „Verkauft ist es, sag ich dir, verkauft und fort. Heute ist doch Heiliger Abend, du. Sei lieb, es ist doch für dich. Sei lieb, ich gab es ja für dich weg. – Es kann sein, daß die Haare auf meinem Kopf gezählt waren“, fuhr sie mit plötzlicher, ernsthafter Verliebtheit weiter, „aber niemand könnte je meine Liebe zu dir zählen oder messen. Soll ich jetzt die Kotelettes auflegen, Jim?“
Nun schien Jim rasch aus seinem Traumzustand zu erwachen. Er nahm Della in seine Arme ... Für zehn Sekunden wollen wir diskret irgendeinen belanglosen Gegenstand in entgegengesetzter Richtung eingehend betrachten. Acht Dollars die Woche oder eine Million im Jahr – was ist der Unterschied? Ein Witzbold und ein Mathematiker würden uns beide eine falsche Antwort geben.
Indessen zog Jim ein Päckchen aus seiner Manteltasche und warf es auf den Tisch. „Du mußt dir nichts Falschen vorstellen über mich, Della“, sagte er. „Ich glaube, da gäbe es kein Haarschneiden, Dauerwellen oder Waschen in der Welt, das mich dazu brächte, mein Frauchen weniger zu lieben. Aber wenn du das Paket da auspackst, wirst du sehen, warum ich mich zuerst eine Weile nicht erholen konnte.“
Weiße Finger zogen an der Schnur, rissen am Papier. Ein begeisterter Freudenschrei. Und dann – oh weh – ein rascher Wechsel zu strömenden Tränen und lauten Klagen – er verlangte die Anwendung sämtlicher tröstender Kräfte und Einfälle vom Herrn des Hauses. Denn da lagen sie, die Kämme – die Garnitur von Kämmen, seitlich und rückwärts einzustecken, die Della so lange im Schaufenster einer Hauptstraße bewundert hatte. Fabelhafte Kämme, echtes Schildpatt, mit echten Steinen besetzt – gerade in den Farbtönen, die in dem wundervollen, verschwundenen Haar so schön gespielt hätten. Es waren teure Kämme. Sie wußte es. Mit ganzem Herzen hatte sie diese Wunder begehrt. Und jetzt gehörten sie ihr, aber die Zöpfe, die mit diesen begehrenswerten Schmuckstücken hätten geziert werden sollen, waren fort. Trotzdem drückte sie sie an ihr Herz und endlich konnte sie auch mit verschleierten Augen aufsehen und lächelnd sagen: „Mein Haar wächst ja so schnell, Jim!“
Und dann sprang Della auf wie eine kleine Katze, die sich gebrannt hatte, indem sie immerzu „Oh, oh!“, rief. Jim hatte ja sein wunderschönes Geschenk noch nicht gesehen. Sie hielt es ihm auf der offenen Hand eifrig entgegen. Das wertvolle, matt glänzende Metall schien ihre heitere und feurige Seele widerzuspiegeln.
„Ist es nicht großartig – das einzig Wahre? Ich habe darnach gejagt, bis ich es fand. Du wirst jetzt jeden Tag hundertmal sehen müssen, wieviel Uhr es ist. Gib mir diene Uhr, ich muß sehen, wie die Kette daran aussieht.“
Anstatt zu gehorchen, ließ sich Jim auf der Couch nieder, legte die Hände hinter den Kopf – und lächelte. „Della“, sagte er leise, „wir wollen unsere Weihnachtsgeschenke noch für einige Zeit aufbewahren, sie sind zu schön, als daß wir sie jetzt gebrauchen könnten. Denke, ich habe die Uhr verkauft, um das Geld für deine Kämme zu erhalten. – Und jetzt, glaub‘ ich, ist es das beste, du stellst die Kotelettes auf.“

(Quelle: Höhne, Rosemarie (Hrsg.:( Mädchenvorlesebuch. Ebenhausen 1956)

Viele Grüße
Petra
 
Danke Petra, vielen lieben Dank, genau diese Geschichte meinte ich. Ich finde sie immer noch und immer wieder einfach wunderschön.

ganz liebe Grüße
Gabi
 
@petra (wakan)

sehr schöne Geschichte die ich auch nicht kannte.

Für einen Weihnachtsbrief leider aber zu lang (so wie ich es mir vorgestellt habe).

Vielleicht sollte ich es besser mit Weihnachtsbotschaft ausdrücken.

Hat vielleicht jemand noch eine Idee?

:crazy:
 
Wenn dir die Beiträge zum Thema „Suche schöne Weihnachtsgeschichte...“ in der Kategorie „Off-Topic“ gefallen haben, du noch Fragen hast oder Ergänzungen machen möchtest, mach doch einfach bei uns mit und melde dich kostenlos und unverbindlich an: Registrierte Mitglieder genießen u. a. die folgenden Vorteile:
  • kostenlose Mitgliedschaft in einer seit 1999 bestehenden Community
  • schnelle Hilfe bei Problemen und direkter Austausch mit tausenden Mitgliedern
  • neue Fragen stellen oder Diskussionen starten
  • Alben erstellen, Bilder und Videos hochladen und teilen
  • Anzeige von Profilen, Benutzerbildern, Signaturen und Dateianhängen (z.B. Bilder, PDFs, usw.)
  • Nutzung der foreneigenen „Schnackbox“ (Chat)
  • deutlich weniger Werbung
  • und vieles mehr ...

Diese Themen könnten dich auch interessieren:

E
<BLOCKQUOTE><font size="1" face="Tahoma, Verdana, Arial">Zitat:</font><HR>Original erstellt von Ev: Gelesen, irgendwo im Internet. Ich habe Nikos Geschichte in mein Geschichtenforum übernommen, und möchte sie auch euch nicht vorenthalten. Hallo Ev schön das Du auch hier bist. Die Geschichte...
Antworten
3
Aufrufe
10K
C
kaukase
Du musst registriert sein, um diesen Inhalt sehen zu können. Frohe Ostern !!
Antworten
7
Aufrufe
114
Candavio
Candavio
kaukase
Antworten
7
Aufrufe
334
kaukase
kaukase
kaukase
Ein frohes Osterfest wünsche ich euch allen.
Antworten
7
Aufrufe
385
embrujo
embrujo
kaukase
Antworten
7
Aufrufe
515
Candavio
Candavio
Zurück
Oben Unten