Zur Kastration: Leider ist die "Bielefelder Kastrationsstudie" von Fr. Dr. Niepel ja so ziemlich aus dem Netz verschwunden, seit ihr Buch angekuendigt ist.
Meine Meinung:
Ein derart massiver Eingriff in den Hormonhaushalt, der massgeblich zur Verhaltenssteuerung beitraegt, sollte (und darf heute eigentlich laut TSG) nicht ohne zwingende medizinische Indikation passieren.
Die Grenze von dem, was "zwingend" ist, muss im Einzelfall abgeklaert werden.
Mittlerweile gibt es ja gluecklicherweise einen Trend weg von der Pauschalkastration, die frueher in TH Standard war, auch wenn ich hier in diversen Diskussionen zu dem Thema immer wieder mit "Beweisen" annekdotischer Natur
"Wir haben immer Kastriert und es hat nie Probleme bereitet" konfrontiert wurde.
Zur Unfruchtbarmachung reicht ja eine Sterilisation vollkommen aus, und hierbei greift man eben nicht in's Hormonsystem ein, indem man die erzeugenden Druesen 'mal eben entfernt. Ausserdem ist der operative Eingriff wesentlich weniger invasiv.
Ich weiss nicht, ob das immer noch so ist, als wir 2001 die Sachkunde gemacht haben, war es ein Fehler, anzukreuzen, dass sich bei einer Huendin das Verhalten bei Kastration aendern kann. Volksverdummung dieser Art trug natuerlich zu unbedarftem Umgang mit der Kastration bei.
Das Angstmotivierte Aggression eine totale Kontraindikation bei Rueden ist, zeigt die Studie von Fr. Dr. Niepel ganz deutlich. Ganslosser bestaetigt das auf seinen Vortraegen zum Thema Hormone und Kastration auch immer wieder. Man nimmt dem Rueden die letzte Chance, einigermassen Selbstbewusst zu werden, indem man ihm die primaere Thestosteron-Quelle nimmt.
Da aber viele Trainer und Tieraerzte die Motivation hinter Aggression oft garnicht beurteilen koennen, gibt es eben immer noch haeufig die Empfehlung "Kloeten ab, dann wird er ruhiger".
Ich hab' mich damals durch den Druck vom Trainer und der Mrs., die mir einredete, meine Vorbehalte kaemen von der typisch maennlischen Kastrationsangst, ueberreden lassen, Eddie zu kastrieren. So einen Fehler wuerde ich heutzutage nie wieder begehen.
Noch was zum Thema Mammatumore bei Huendinnen. Es wird immer wieder die Begruendung angebracht, die Kastration wuerde das Tumor-Risiko um 80% reduzieren. Das mag' so richtig sein, jedoch beziehen sich die 80% auf die Hunde, die tatsaechlich einen solchen Tumor entwickeln. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine unkastrierte Huendin einen solchen Tumor entwickelt, liegt bei unter 2%! Wir reden also davon, dass die Zahl von 2% auf 0.4% gesenkt wird, wenn ich vor der ersten Laeufigkeit kastriere.
Dafuer nehme ich neben diversen Nebenwirkungen durch die OP-Wunde (Inkontinenz wurde hier genannt), auch Verhaltensaenderungen in Kauf, die in keinster Weise abzusehen sind.
Ach ja, zum Thema Fruehkastration: Die Pubertaet ist hormonell gesehen so etwas wie der Fixierer beim Fotografieren. Es findet in dieser Zeit eine Festigung von Verhalten statt (Stichwort
). Bei einer Fruehkastration bleibt diese aus, was bedeutet, dass dem Hund die Chance genommen wird, erwachsen zu werden. Die daraus resultierende "putzige Unbedarftheit" mag dem einen oder anderen gefallen, artgerecht und wuerdig ist es nicht.