Heppenheim/Hessen, 30.7.02
„Sina!“ Die Ohren schnellen nach vorn, ein blaues und ein braunes Auge blitzen. Ein Kraftpaket vor dem Durchstarten, ein Temperamentbündel auf dem Sprung. „Sina, stand!“ Wenn’s nur das ist, das kann sie doch mit links: Und schon streckt sich die vierbeinige Dame geschmeidig der Stimme entgegen und hebt die Pfoten. Die Hündin macht Männchen, und das ist beileibe nicht das einzige Kunststück, das die dunkelgestromte Lady mit der weißen Gesichtsmaske beherrscht.
Sina ist ein Champion, obgleich sie seit drei Jahren im Tierheim lebt und wohl nur eine geringe Chance hat auf ein „richtiges“ Zuhause mit Familienanschluss. Die fünf Jahre alte Senkrechtstarterin im Hundesport ist ein Staffordshire-Mischling und zählt somit zu den Hunderassen mit „gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit“, die seit Sommer 2000 auch im Land Hessen nach den Bestimmungen der so genannten Kampfhunde-Verordnung nur unter strengen behördlichen Auflagen – und in nicht wenigen Kommunen nach Entrichtung erheblicher Steuerbeträge – gehalten werden dürfen.
Zwar lebte Sina zu dem Zeitpunkt schon 18 Monate lang im Heppenheimer Tierheim, doch schien ab dann jegliche Hoffnung auf Vermittlung vergebens, für die Staffordshiremix-Hündin wie für alle ihre Artgenossen. Und die Pitbulls und Co. kamen immer zahlreicher in die vom Tierschutzverein Heppenheim und Umgebung getragene Einrichtung im Außerhalb 65, die Boxen waren voll belegt, es wurde eng, es wurde stressig. Dass Sina und ihre Mitbewohner nicht zu Parias mutierten, lag am nimmermüden Engagement der Tierheimmitarbeiter, der ehrenamtlichen Helfer, die mit den Hunden Gassi gingen, um ihnen Ausgleich und Bewegung zu verschaffen, und am Herz für die Ausgestoßenen, das die Nachbarn vom Club der Hundefreunde bewiesen, die ihr Übungsgelände am Ratsäckerweg auch den Tierheimhunden öffneten.
Sinas Glückstag kam im Februar 2001: Da fragte Sabine Cech vom Club der Hundefreunde nach einem lauffreudigen, ausbildungsgeeigneten Hund, und für Katrin Hassanin, die Vorsitzende des Tierschutzvereins, war klar: Sina. „Das ist die wildeste, die hat’s am meisten nötig.“ Und weil die erfahrene Hundesportlerin Sabine Cech, die schon den heute acht Jahre alten Familien-Spitz Joschi mit Erfolg trainiert hatte, keine Vorurteile gegen eine „Kampfhündin“ hegte, versuchten es die beiden miteinander.
Das war nicht nur der Beginn einer wunderbaren Freundschaft, sondern auch der Einstieg in eine rasante Wettbewerbskarriere. Schon bei der nach der Kampfhunde-Verordnung vorgeschriebenen „Wesensprüfung“ zwei Monate darauf, im April 2001, bewiesen die zwei dem erfahrenen Gutachter Heinz Michalka mitten in Bensheim, wie gut sie zusammen gearbeitet hatten. Kurz darauf bestand Sina unter Anleitung ihrer Trainerin die Begleithundprüfung mit Bravour, dann wurden beide Kreismeister im Geländelauf und gleichzeitig Tagessieger.
Vor einem Monat folgte dann der vorläufige Höhepunkt für das dynamische Duo: Sabine Cech (mit persönlicher Bestleistung) und Sina beendeten die hessischen Meisterschaften im Geländelauf in Mörlenbach als Vizemeister. Rein theoretisch hatten sie sich damit auch für die deutschen Meisterschaften qualifiziert, doch: „Daran hatten wir gar nicht gedacht“, ist Sabine Cech immer noch überrascht über den Erfolg.
Wer die beiden bei ihrem Training auf dem Gelände der Hundefreunde beobachtet, wundert sich weniger. Sina arbeitet mit unermüdlicher Begeisterung, sei es bei den Gehorsamsübungen, sei es auf dem Parcours. Sie springt durch den Reifen, balanciert über den Balken, setzt über die Schrägwand wie eine Eins – Geräte, die sie erst zwei Wochen zuvor gelernt hat zu überwinden. Da ist es nur folgerichtig, dass das Erfolgsduo sich ab Herbst auch im Hindernislauf versuchen will, denn dass Sinas unerschöpflicher Entdeckerdrang Futter braucht, versteht sich von selbst.
Und dass sie an ihrer Trainerin schier einen Narren gefressen hat, sieht man ebenso, denn das Spiel mit der Beißwurst als Belohnung – ohne Knurren, nur mit begeistertem Schnaufen und mit dem Kommando „Aus“ ohne Groll beendet - genießt die Staffordshiremix-Hündin ebenso wie die Streicheleinheiten und die Bestätigung für ihre Aktionen, die ihre Trainerin per Clicker kundtut.
Das etwa streichholzkleine Utensil, einem Knackfrosch ähnlich, liegt griffig in der Hand der Trainerin und erzeugt ein schnalzendes Geräusch, das dem Hund auch über die Rufweite hinaus Lob und Zustimmung signalisiert. Sina kennt die Signale, legt mit dem „Stöckchen“ noch eine Ehrenrunde über den Platz ein und saust beglückt durchs Gras, dass die Ohren flappen. „Sina ist ein toller Hund“, schwärmt Sabine Cech, die mit der unkomplizierten, cleveren Hündin generell auf die freundlichen und lernfähigen Staffordshires gekommen ist.
Inka, ebenfalls ein Mischling, mit den Genen der so genannten Kampfhundrasse und einer Portion Rottweiler 1997 auf die Welt gekommen, seit Dezember 1998 nach einem Autounfall und einer komplikationsreichen Genesung im Tierheim beheimatet und mittlerweile wie alle Tierheim-Kampfhunde erfolgreich „wesensgeprüft“, trainiert inzwischen auch mit Sabine Cech. Was Inka und Sina allerdings noch nicht wissen: Ab morgen werden sie ihre Freundin und Ausbilderin noch viel öfter als bei den gemeinsamen Übungsstunden sehen. Dann nimmt Sabine Cech eine Halbtagstätigkeit im Tierheim auf.
Quelle:
„Sina!“ Die Ohren schnellen nach vorn, ein blaues und ein braunes Auge blitzen. Ein Kraftpaket vor dem Durchstarten, ein Temperamentbündel auf dem Sprung. „Sina, stand!“ Wenn’s nur das ist, das kann sie doch mit links: Und schon streckt sich die vierbeinige Dame geschmeidig der Stimme entgegen und hebt die Pfoten. Die Hündin macht Männchen, und das ist beileibe nicht das einzige Kunststück, das die dunkelgestromte Lady mit der weißen Gesichtsmaske beherrscht.
Sina ist ein Champion, obgleich sie seit drei Jahren im Tierheim lebt und wohl nur eine geringe Chance hat auf ein „richtiges“ Zuhause mit Familienanschluss. Die fünf Jahre alte Senkrechtstarterin im Hundesport ist ein Staffordshire-Mischling und zählt somit zu den Hunderassen mit „gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit“, die seit Sommer 2000 auch im Land Hessen nach den Bestimmungen der so genannten Kampfhunde-Verordnung nur unter strengen behördlichen Auflagen – und in nicht wenigen Kommunen nach Entrichtung erheblicher Steuerbeträge – gehalten werden dürfen.
Zwar lebte Sina zu dem Zeitpunkt schon 18 Monate lang im Heppenheimer Tierheim, doch schien ab dann jegliche Hoffnung auf Vermittlung vergebens, für die Staffordshiremix-Hündin wie für alle ihre Artgenossen. Und die Pitbulls und Co. kamen immer zahlreicher in die vom Tierschutzverein Heppenheim und Umgebung getragene Einrichtung im Außerhalb 65, die Boxen waren voll belegt, es wurde eng, es wurde stressig. Dass Sina und ihre Mitbewohner nicht zu Parias mutierten, lag am nimmermüden Engagement der Tierheimmitarbeiter, der ehrenamtlichen Helfer, die mit den Hunden Gassi gingen, um ihnen Ausgleich und Bewegung zu verschaffen, und am Herz für die Ausgestoßenen, das die Nachbarn vom Club der Hundefreunde bewiesen, die ihr Übungsgelände am Ratsäckerweg auch den Tierheimhunden öffneten.
Sinas Glückstag kam im Februar 2001: Da fragte Sabine Cech vom Club der Hundefreunde nach einem lauffreudigen, ausbildungsgeeigneten Hund, und für Katrin Hassanin, die Vorsitzende des Tierschutzvereins, war klar: Sina. „Das ist die wildeste, die hat’s am meisten nötig.“ Und weil die erfahrene Hundesportlerin Sabine Cech, die schon den heute acht Jahre alten Familien-Spitz Joschi mit Erfolg trainiert hatte, keine Vorurteile gegen eine „Kampfhündin“ hegte, versuchten es die beiden miteinander.
Das war nicht nur der Beginn einer wunderbaren Freundschaft, sondern auch der Einstieg in eine rasante Wettbewerbskarriere. Schon bei der nach der Kampfhunde-Verordnung vorgeschriebenen „Wesensprüfung“ zwei Monate darauf, im April 2001, bewiesen die zwei dem erfahrenen Gutachter Heinz Michalka mitten in Bensheim, wie gut sie zusammen gearbeitet hatten. Kurz darauf bestand Sina unter Anleitung ihrer Trainerin die Begleithundprüfung mit Bravour, dann wurden beide Kreismeister im Geländelauf und gleichzeitig Tagessieger.
Vor einem Monat folgte dann der vorläufige Höhepunkt für das dynamische Duo: Sabine Cech (mit persönlicher Bestleistung) und Sina beendeten die hessischen Meisterschaften im Geländelauf in Mörlenbach als Vizemeister. Rein theoretisch hatten sie sich damit auch für die deutschen Meisterschaften qualifiziert, doch: „Daran hatten wir gar nicht gedacht“, ist Sabine Cech immer noch überrascht über den Erfolg.
Wer die beiden bei ihrem Training auf dem Gelände der Hundefreunde beobachtet, wundert sich weniger. Sina arbeitet mit unermüdlicher Begeisterung, sei es bei den Gehorsamsübungen, sei es auf dem Parcours. Sie springt durch den Reifen, balanciert über den Balken, setzt über die Schrägwand wie eine Eins – Geräte, die sie erst zwei Wochen zuvor gelernt hat zu überwinden. Da ist es nur folgerichtig, dass das Erfolgsduo sich ab Herbst auch im Hindernislauf versuchen will, denn dass Sinas unerschöpflicher Entdeckerdrang Futter braucht, versteht sich von selbst.
Und dass sie an ihrer Trainerin schier einen Narren gefressen hat, sieht man ebenso, denn das Spiel mit der Beißwurst als Belohnung – ohne Knurren, nur mit begeistertem Schnaufen und mit dem Kommando „Aus“ ohne Groll beendet - genießt die Staffordshiremix-Hündin ebenso wie die Streicheleinheiten und die Bestätigung für ihre Aktionen, die ihre Trainerin per Clicker kundtut.
Das etwa streichholzkleine Utensil, einem Knackfrosch ähnlich, liegt griffig in der Hand der Trainerin und erzeugt ein schnalzendes Geräusch, das dem Hund auch über die Rufweite hinaus Lob und Zustimmung signalisiert. Sina kennt die Signale, legt mit dem „Stöckchen“ noch eine Ehrenrunde über den Platz ein und saust beglückt durchs Gras, dass die Ohren flappen. „Sina ist ein toller Hund“, schwärmt Sabine Cech, die mit der unkomplizierten, cleveren Hündin generell auf die freundlichen und lernfähigen Staffordshires gekommen ist.
Inka, ebenfalls ein Mischling, mit den Genen der so genannten Kampfhundrasse und einer Portion Rottweiler 1997 auf die Welt gekommen, seit Dezember 1998 nach einem Autounfall und einer komplikationsreichen Genesung im Tierheim beheimatet und mittlerweile wie alle Tierheim-Kampfhunde erfolgreich „wesensgeprüft“, trainiert inzwischen auch mit Sabine Cech. Was Inka und Sina allerdings noch nicht wissen: Ab morgen werden sie ihre Freundin und Ausbilderin noch viel öfter als bei den gemeinsamen Übungsstunden sehen. Dann nimmt Sabine Cech eine Halbtagstätigkeit im Tierheim auf.
Quelle: