So, das Mädel kriegt nu einen Namen (und ich bitte gleich mal bei Sina von Sina + Malle um Entschuldigung, aber es war mit meinem pubertären Sohnemann keine einfache Einigung und das der einzige Name, der überhaupt eventuell in Frage kam), denn der, den man ihr – als Fundhündin – im Tierheim gab, der ist „verheizt“
.
Ich kann es nur vermuten
, was geschehen ist, dass nicht einmal mehr ein Ohr bei Erwähnung oder Rufen des Namens zuckt (nicht mal ein Häarchen – absolute Null-Reaktion). Möglicherweise zu viele Gassigänge ohne rechte Ahnung bei dem, der die Leine hielt, zu viele „Rufe nur mit dem Namen“, denen nichts folgte – weder was positives noch was negatives, ergo wird alles namentliche Rufen kurzerhand ignoriert, als Dauer-Nebengeräusch eben so hingenommen.
Mir ist es allerdings definitiv zu doof, mit einem Hund unterwegs zu sein, der bei Erwähnung seines Namens demonstrativ die Ohren innerlich zuklappt
– denn interessanterweise hat sie mein „XXXX - schau mal“ abgespeichert als „XXXX“ = „jo, lass labern“ und dann bei „schau mal“ = „wie Du zückst den Leckerbeutel? Gucke schon, Moment, nur noch wenden“.
Also wird sie nun Sina gerufen – was nach ein paar Mitteilungen schon mehr Reaktion hervor ruft als der alte Name. Übrigens das erste Mal, dass ich so einen alten Drachen umbenennen muss, die bisherigen geruhten wenigstens auf besondere Betonungen bei der Aussprache oder was in der Art ein wenig zu reagieren.
Warum mir ein Name so wichtig ist? Na ganz einfach, ich bin nur ein dummer Zweibeiner und wenn’s brenzlig wird, verhalte ich mich wie so einer.
Sprich mir fällt als erstes Mal der Name vom Hund ein, der dann mit besorgtem Unterton als „Allround-Kommando“ in die Gegend geblökt wird, bis ein befolgbares spezifisches Kommando wie „komm“ oder „Stopp“ folgt, muss ja erstmal meine Schrecksekunde durch, der Denkprozess zu einem Ergebnis gekommen sein und die entsprechende Anweisung an Stimme ergehen – das kann dauern, ich bin über vierzig…..
Dankenswerterweise nehmen meine Vierbeiner darauf gewöhnlich Rücksicht, schauen mich an und lesen an meiner Körpersprache ab, was ich dann irgendwann zu sagen beabsichtige. Clevere Hunde drehen auch schon mal den Kopf und gucken, wo denn der Grund meiner Schreierei ist – mitdenken ist schließlich auch gefragt im Team, vor allem wenn Chefe ab und an „Sortier-Probleme“ hat…
Nun aber zum heutigen Tag – ich hoffe, Ihr habt heute morgen um halb acht alle die Welt mit einem großen Schlag untergehen hören, denn das war so etwas der Zeitpunkt, als Sina’s Welt heute morgen komplett aus den Fugen geriet.
Es mag zwar richtig sein, dass es um halb acht schon hell ist, dies bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass auch schon Sprechstunde ist
– Ärzte, Behörden und sonstiges sind zu dieser unchristlichen Zeit meist auch noch nicht erreichbar. Und was für so vergleichsweise wichtige Institutionen gilt, das gilt auch für Sina: keine Sprechstunde.
“Leckerchen? – kannste dir sonst wo hin stecken, es ist mitten in der Nacht, lass mich in Ruhe, bin noch müde“ - ich fürchte, meine Einwände, dass dies durchaus möglich sein könne, ich aber dennoch zum Arbeiten sollte nachher, wurden wegen des etwas zu lauten Schnarchgeräusches akustisch nicht ganz wahrgenommen….
Also: Trichter runter, Geschirr mal drüber gezogen – unterm Bauch durchziehen? Nöö, 16 kg Hund drücken sich mit Vehemenz gegen den Hundekorb, ein Zentner Kartoffeln im Sack wäre nicht handlicher gewesen. Also Halsband als weitere Motivationshilfe und Zeichen, dass ich es ernst meine dran – außer Schnarchgeräuschen war nichts abzuernten….
Also Leine an Halsband und immer wieder kleine Impulse gezupft – was für eine Nervensäge ich doch sein kann! Irgendwann erhob sich dann das Hundetier, Geschirr schnell auf einer Seite zugeklinkt – zur anderen kam ich nicht mehr, sie lag schon wieder, selig wieder die Augen schließend….
Das ganze Theater wieder von vorne, zupf, zupf …. – Minuten später stand ein übelst gelauntes älteres Nordisches Mädel angezogen im Treppenhaus und hat mich ihre Verachtung deutlich durch „kalte Schulter zeigen“ spüren lassen – joo, ich bin schuld, aber arbeiten muss ich halt trotzdem
Die ersten zehn Minuten hielt Madame tapfer an ihrer schlechten Laune fest, unwillig zockelte sie dahin, viel langsamer als sonst und erkennbar in „Null Bock“-Stimmung – war mir aber wurscht, Wahl hatte ich eh keine und sie somit auch nicht.
Gefangen hat sie sich dann am Ortsausgang, da ist nämlich ein Bauernhof, im Sommer alle Ställe schön auf – sehr interessante Geruchslage…..
Heute hatte ihr der Bauer seinen Schlauch samt entsprechender Aufwickelvorrichtung in den Hof gestellt, dankenswerter Weise, denn vom Geruch her war das Ding scheinbar unschlagbar (steht ja auch oft genug mitten im Stall auf entsprechend lecker Untergrund) und ihre Laune verbesserte sich schlagartig.
Dummerweise hat sie nach ausgiebigem Schnuffeln vergessen, dass der Schlauch ja teilweise abgewickelt war und was das von mir noch gerufene „aufpassen“ bedeutet, weiß sie noch nicht – nu gut, dann eben stolper, klatsch
– aber nix passiert, nur das Ego war ein wenig angekratzt….
Der Vorfall war so rasch vergessen wie passiert, denn das BARF auf vier Beinen stand ganz nah am Weideabgang – wie in den Vortagen auch wurde lange überlegt, ob und wie, ein Plan scheint noch nicht fertig zu sein, kann an der ungewöhnlichen Erscheinung liegen, sind nämlich halbwüchsige Zottel-Rindviecher. Und da deren Wolle mindestens ebenso dick zu sein scheint wie die des Huskys sind dafür natürlich ganz andere Maßnahmen von Nöten als bei Rindern befellt wie Dalmatiner.
Unterbrochen wurde der Denkprozess dann irgendwie auch davon, dass sie registrierte, dass vor uns Bobby (älterer Mix, bei dem ich vom Charakter und der Fellstruktur auf mindestens ein Viertel Husky in den Ahnenreihen tippe – nix genaues weiß man aber nich) und Paula (Fußhupe mit Überbiss, vor deren kläffiger Art der Obelix richtig Angst hatte und sich sicherheitshalber vom „Acker machte“ wenn ich nicht aufpasste) liefen.
Deren Frauchen war etwas irritiert
, denn irgendwie passte ihre Erinnerung und mein optisches aktuelles Erscheinungsbild nicht – ich hab ihr dann auf die Entfernung erklärt, dass es nicht an ihrer Brille, sondern am anderen Hund liegt und dieser vom TH als „nicht eben verträglich“ eingestuft wurde und ich das erst beim Trainer XY (ist hier sehr bekannt) mal prüfen lassen wolle, wenn sie sich eingewöhnt habe und fitter sei. Was ihr sichtbar lieber war, als ihre als „Testobjekte“ anzureichen…..
Wir sind dann eine Weile hinterher getappt und erst unten in den Wald eingebogen – auch heute absolutes Highlight, trotz der Unzeit des Spazierganges…. Wieder wurde gezogen wie Hechtsuppe und links und rechts in die Büsche gespäht, die Ohren überschlugen sich bald beim Rumrotieren in sämtliche Richtungen – also wenn Muskelkater, dann hat die ihn da oben….
Etwas ruhiger ging sie dann den Teil an, den sie gestern schon kennen gelernt hat und auch heute haben wir fast umgehend angefangen, „Krabbelviecher“ ein- und wieder abzusammeln – die Süße scheint ganz lecker Blut zu haben für die Mistbiester *seufz*
Das letzte Stück führt durch einen kleinen Park, schon von weitem hörte ich altvertrautes Gekläffe, es gibt da eine absolut unsichere Hündin, die immer frei läuft und sich einen Dreck drum schert, was ihr Frauchen ruft oder sagt
– letztere wurde im Lauf der Jahre immer stiller, Hund immer lauter…. Zeit genug, sich auf eine Begegnung der „dritten Art“ einzustellen und wieder einmal dankbar zu sein, für all die Zeit mit Obelix in der HuSchu und das dort Gelernte.
Wie erwartet, sah Frauchen mich schon von weitem nahen und es passierte das Übliche, nämlich nichts. Ich versuchte über einen Parkplatz auszuweichen, weiß aber aus Erfahrung, dass dies meist gar nichts bringt – einziger Vorteil, man steht bei jedem Wetter mit egal was an der Leine rutsch- und trittsicher auf Asphalt und es ist eine stachelige Hecke drum rum, die nur wenige Durchlässe hat…. Es dauerte nur Sekunden, dann tauchte die Kläffsuse in so einer Lücke auf
, im Augenwinkel sah ich sie kommen, aufgeblasen wie ein Michelin-Männchen, rumgedreht, einen energischen Schritt auf sie zu und ihr ebenso energisch ein „zisch ab“
entgegen geschleudert (es war ein Nicht-Hundebesitzer auf dem Parkplatz, der fuhr ganz zusammen) – würden Hunde wie Autos beim Bremsen quietschen, da hätte es einen Höllenlärm gegeben, das Manöver kann nur als „Vollbremsung“ bezeichnet werden, Das Michelin-Männchen schrumpfte nach einem weiteren Schritt drauf zu in sich zusammen wie ein aufgeknoteter Luftballon
, die ersten Meter zog sie sich schweigend zurück, dann eilte sie keifend zu ihrem Frauchen, um ihr von der Schlappe zu berichten…
Zuhause angekommen haben wir uns dann einmal quer durch die Angebots-Palette geschneikt, denn eigentlich frühstückt Madame ja nicht – nur bis mittags um drei „Loch im Bauch“ finde ich dann auch ungesund für Vierbeiner und dass wir kaum vorher daheim sein dürften war mir ja klar… also „ein, zwei von diesen, nöö, keinen dritten *ausspuck*, ja, das eher – ach nöö *ausspuck* gibt’s noch was anderes an Keksen? *hungrig guck*“ – ach ja, was soll ich meckern, hab ich mir ja selber eingebrockt….
Beim Arbeiten das gleiche Bild wie beim letzten Mal, wenn ich guckte, kein Hund, kein Trichter in der Senkrechten zu sehen *schnarch*, heute kam ich natürlich mit Verspätung raus, weil Chefin noch was wollte, aber *schnarch* „Huhu, Süße!“ „ÄH wie – SCHON FERTIG? – au fein, lass Gassi gehen….“ Ich arbeite nämlich direkt an einem Flussufer und sie ist absolut wassernärrisch….
Hätte ich gewusst, was dann folgen sollte, hätt’ ich erstmal eine Ladung Herztropfen genommen, so aber begann ich wohlgemuts, das Hundetier zu enttrichtern und erst mal ausgehfertig anzuziehen – außer Trichter schläft sie im Auto nämlich „nackig“, sie käme ja sonst auf den Geschirrverschlüssen zu liegen in Seitenlage und wie heißt es so schön „was Du nicht willst, dass man Dir tut, das füg’ auch keinem anderen zu“ ….
Von oben an der Straße näherte sich dann Frauchen mit dem interessanten Gespann aus Dalmatiner und Husky- ein richtiger „Wäscher“ von einem Rüden, dabei sehr schlank, aber halt Beine „bis in Himmel“, absoluter Kontrast zur Dalmateuse, die ist eher das Rubens-Modell …. Im Ohr die Worte „verträgt sich nicht wirklich“ habe ich das Hundetier schön auf die Seite geräumt, die beiden gingen angeleint vorbei – alles kein Problem. Da die beiden runter liefen, drehten wir in Richtung hoch ab, sie blieb gleich einen Baum weiter stehen und schnüffelte intensiv – ich dreh mich um und sehe in gespannter Erwartung jenen bewussten Husky-Rüden antraben, wir sahen einander schon fast gegenseitig ins Blauauge…. Frauchen gut 100 m weg mit der Dalmateuse…..
Nun ja – Ü40 und die Schrecksekunde, es langte gerade noch zu der Entscheidung „Leine lang lassen und beten“ – um es vorweg zu nehmen, er lebt noch, ist sogar an einem Stück und ohne irgendwelche größeren oder kleineren Macken im Pelz.
Sie hatte dann auch bemerkt, dass da was ist und gleich hingestürzt, zielstrebig sein bestes Stück erstmal ganz genau abgeschnuffelt – so wirklich „High Society“-Manieren sind das ja nich, aber nun gut … Er hat sich’s gefallen lassen, die Coolness in Person (hab ich es mal erwähnt, ich liebe Nordische), wollte dann auch an ihrem Popo schnuffeln – jooo, will er immer noch, denn man glaubt ja gar nicht, mit was für gelenkigen Hupfern die ihm den Hintern immer grad direkt vor der Nase wieder um 180 Grad entzogen hat …
„Nu gut, dann eben keine nähere Bekanntschaft“, dachte er sich wohl und hat dann plötzlich sein Hörvermögen für Frauchen’s Rufen wieder gefunden …. – willkommene Ausrede für den Rückzug….
Tja, das war unser Tag, der Rest brachte nicht viel Aufregendes, außer dass ich meinen Trockner ausmachen musste, damit Madame ihr Vesper zu sich nehmen konnte – man will ja schließlich sein eigenes Schmatzen hören…. Und da unser pubertärer Giftzwerg seit heute Nachmittag bei einem Freund weilt und da auch übernachtet, sehen wir weiteren geruhsamen Stunden entgegen – das Personal wird selbstredend vor 22.30 Uhr zur Abendrunde aufbrechen…
Morgen wird noch mal ein Murks-Tag für die Süße, fürchte ich, Junior hat Weisung bis halb zehn da zu sein zum Baby- äh Hundesitten, ich muss einer älteren Dame noch die Steuererklärung machen und da die im 3. OG ohne Aufzug wohnt, einen Haufen Vögel hat und in der Küche gerne mal was rum liegt auf dem Boden, bleibt Sina hübsch daheim….
Ihr wisst ja – bald haben wir die erste Woche durch und dann gibt es nicht mehr sooo viel zu erzählen, denn manches wiederholt sich ja ……
Augen unverändert
– wo ich doch so ungeduldig bin und die Süße so gerne ohne diesen dämlichen Trichter socken lassen würde
ich bin so froh, wenn nächste Woche meine TA wieder da ist und sich um den „topgesunden Hund“ kümmern kann – ich komm mir grad echt ein bisserl verloren mit diesem Augenproblem vor…