Was ein Kampfhund ist, das bestimmt eine Verordnung des hessischen Innenministers. Wie ein Kampfhund ist, darüber urteilt in Darmstadt Horst Hieronymus. Er kennt sich aus, unter anderem aus seiner Zeit als Leiter der Polizeihundestaffel. Und als Leistungsrichter im Deutschen Hundesportverband. Der war es auch, der ihn dem Minister als Gutachter vorgeschlagen hat. 1998, als Kampfhundehaltern erstmals Sachkundenachweise abverlangt wurden.
Im August vergangenen Jahres verschärfte Innenminister Volker Bouffier die Verordnung; da griff man abermals auf Hieronymus zurück. Seitdem haben etwa neunzig Kampfhunde bei ihm „Wesenstests“ absolviert.
Nur fünf, berichtete Hieronymus am Montag, sind dabei durchgefallen. Das Ordnungsamt erhielt ein Gutachten über „die Schwäche des Hundes“ (seine Aggressivität); bei der Behörde liegt dann auch die Entscheidung, was mit dem Hund geschieht – Sicherstellung, Unterbringung im Tierheim, ein zweiter Test oder schließlich die Tötung.
Für den Test verabredet sich Hieronymus mit Hundehalter und Hund am Schloss. „Dann gehen wir erst mal über den belebten Marktplatz; da habe ich schon alles, was ich brauche.“ Dort bereits wird der vierbeinige Kandidat zeigen, wie er sich im Gedränge verhält, zwischen Rollerskates und Müttern mit Kinderwagen. Zur Stressprüfung gehört es, den Hund an einem Fahrradständer anzubinden und allein zu lassen – reagiert er schreckhaft, wird er wütend?
Nach einem halben Jahr Erfahrung mit dem „Wesenstest“ hat sich eines bereits herausgestellt: Die, die da ihren Hund bei Hieronymus anmelden, „das sind überwiegend Frauen, Muttchen, die gutmütig einen Hund aus dem Tierheim geholt haben, und nun sind sie völlig irritiert, weil sie erfahren, sie besitzen einen Kampfhund. Nun, da sie sich an ihn gewöhnt haben, tun sie alles, wenn sie ihn behalten dürfen.“ Es handele sich um Leute, für die der Hund der letzte Ansprechpartner sei.
„Die, die man eigentlich überprüfen wollte“, sagt Hieronymus, also die Halter aus dem Kampfhundemilieu, „die erreicht man im Augenblick gar nicht.“
Hunde, die den Hieronymus-Test bestehen, brauchen keinen Maulkorb zu tragen. Vom Leinenzwang dagegen sind sie nicht befreit – der gilt generell für Kampfhunde, jederzeit und an jedem Ort. Was aber hält Hieronymus überhaupt von der Leine?
„Hunde sind Lauftiere“, sagt der Experte, „sie müssen auch mal rennen, ihre Muskeln bewegen können.“ Für die Sozialisation von Hunden sei es auch wichtig, dass sie den Umgang mit anderen Hunden lernen. Hieronymus verweist da auf die Hundesportvereine; „dort lernen sich schon die Welpen kennen.“
Eigentlich sollten die Städte und Gemeinden „Hundefreiräume“ einrichten, findet Hieronymus, „auf einem Sportgelände zum Beispiel“. In Darmstadt gebe es das leider nicht, „da ist ja nur die Lichtwiese, wo stets Hunderte rumlaufen, das wird offensichtlich geduldet“. Allerdings laufen dort auch Menschen rum.
Und was die Begegnung von Mensch und Tier betrifft, da vertritt Hieronymus einen klaren Standpunkt: „Die Sicherheit des Menschen geht vor.“ Egal ob ein Jogger, ein Fahrradfahrer oder eine Familie mit Kindern entgegenkomme: „Dann muss der Hund sofort angeleint oder wenigstens am Halsband gefasst werden.“
Es kommt, sagt Hieronymus, eben in erster Linie auf das Verantwortungsgefühl des Hundehalters an. So hält er auch diesen Fall für unmöglich, der sich vor einiger Zeit in der Orangerie zugetragen hat: Dort ließ jemand seinen Kampfhund apportieren – und warf das Stöckchen immer wieder gezielt in eine Gruppe von kleinen Kindern. „So was darf überhaupt nicht passieren“, sagt Hieronymus, „die Kinder haben Angst, und wenn der Hund das spürt, dann kann es schon mal sein, dass er zubeißt.“ Leider habe das Ordnungsamt zu wenig Personal für Kontrollen.
Hieronymus sieht es als seine Aufgabe an, den Hundehaltern das Ausmaß ihrer Verantwortung deutlich zu machen. Dafür nimmt er sich viel Zeit. Und hat, jedenfalls bei seinen Klienten, Verständnis gefunden. Dass einige probieren, Sachverständige beim „Wesenstest“ zu bestechen – Kirstin Höfer, die Leiterin des Tierheims, hatte kürzlich solche Versuche erwähnt –, davon ist Hieronymus nichts bekannt.
Klaus Honold
Im August vergangenen Jahres verschärfte Innenminister Volker Bouffier die Verordnung; da griff man abermals auf Hieronymus zurück. Seitdem haben etwa neunzig Kampfhunde bei ihm „Wesenstests“ absolviert.
Nur fünf, berichtete Hieronymus am Montag, sind dabei durchgefallen. Das Ordnungsamt erhielt ein Gutachten über „die Schwäche des Hundes“ (seine Aggressivität); bei der Behörde liegt dann auch die Entscheidung, was mit dem Hund geschieht – Sicherstellung, Unterbringung im Tierheim, ein zweiter Test oder schließlich die Tötung.
Für den Test verabredet sich Hieronymus mit Hundehalter und Hund am Schloss. „Dann gehen wir erst mal über den belebten Marktplatz; da habe ich schon alles, was ich brauche.“ Dort bereits wird der vierbeinige Kandidat zeigen, wie er sich im Gedränge verhält, zwischen Rollerskates und Müttern mit Kinderwagen. Zur Stressprüfung gehört es, den Hund an einem Fahrradständer anzubinden und allein zu lassen – reagiert er schreckhaft, wird er wütend?
Nach einem halben Jahr Erfahrung mit dem „Wesenstest“ hat sich eines bereits herausgestellt: Die, die da ihren Hund bei Hieronymus anmelden, „das sind überwiegend Frauen, Muttchen, die gutmütig einen Hund aus dem Tierheim geholt haben, und nun sind sie völlig irritiert, weil sie erfahren, sie besitzen einen Kampfhund. Nun, da sie sich an ihn gewöhnt haben, tun sie alles, wenn sie ihn behalten dürfen.“ Es handele sich um Leute, für die der Hund der letzte Ansprechpartner sei.
„Die, die man eigentlich überprüfen wollte“, sagt Hieronymus, also die Halter aus dem Kampfhundemilieu, „die erreicht man im Augenblick gar nicht.“
Hunde, die den Hieronymus-Test bestehen, brauchen keinen Maulkorb zu tragen. Vom Leinenzwang dagegen sind sie nicht befreit – der gilt generell für Kampfhunde, jederzeit und an jedem Ort. Was aber hält Hieronymus überhaupt von der Leine?
„Hunde sind Lauftiere“, sagt der Experte, „sie müssen auch mal rennen, ihre Muskeln bewegen können.“ Für die Sozialisation von Hunden sei es auch wichtig, dass sie den Umgang mit anderen Hunden lernen. Hieronymus verweist da auf die Hundesportvereine; „dort lernen sich schon die Welpen kennen.“
Eigentlich sollten die Städte und Gemeinden „Hundefreiräume“ einrichten, findet Hieronymus, „auf einem Sportgelände zum Beispiel“. In Darmstadt gebe es das leider nicht, „da ist ja nur die Lichtwiese, wo stets Hunderte rumlaufen, das wird offensichtlich geduldet“. Allerdings laufen dort auch Menschen rum.
Und was die Begegnung von Mensch und Tier betrifft, da vertritt Hieronymus einen klaren Standpunkt: „Die Sicherheit des Menschen geht vor.“ Egal ob ein Jogger, ein Fahrradfahrer oder eine Familie mit Kindern entgegenkomme: „Dann muss der Hund sofort angeleint oder wenigstens am Halsband gefasst werden.“
Es kommt, sagt Hieronymus, eben in erster Linie auf das Verantwortungsgefühl des Hundehalters an. So hält er auch diesen Fall für unmöglich, der sich vor einiger Zeit in der Orangerie zugetragen hat: Dort ließ jemand seinen Kampfhund apportieren – und warf das Stöckchen immer wieder gezielt in eine Gruppe von kleinen Kindern. „So was darf überhaupt nicht passieren“, sagt Hieronymus, „die Kinder haben Angst, und wenn der Hund das spürt, dann kann es schon mal sein, dass er zubeißt.“ Leider habe das Ordnungsamt zu wenig Personal für Kontrollen.
Hieronymus sieht es als seine Aufgabe an, den Hundehaltern das Ausmaß ihrer Verantwortung deutlich zu machen. Dafür nimmt er sich viel Zeit. Und hat, jedenfalls bei seinen Klienten, Verständnis gefunden. Dass einige probieren, Sachverständige beim „Wesenstest“ zu bestechen – Kirstin Höfer, die Leiterin des Tierheims, hatte kürzlich solche Versuche erwähnt –, davon ist Hieronymus nichts bekannt.
Klaus Honold