Elli
Hei Leute. Dieser Bericht stand gestern in der Rhein-Mainz-Zeitung. Es ist noch lange nicht vorbei!!! Gruß, Elli
"Schonzeit für Kampfhunde nur vorübergehend"
Trotz gerichtlicher Bedenken: Gesetzentwurf des Innenministeriums stuft drei Rassen als unwiderleglich gefährlich ein
hs. WIESBADEN/FRANKFURT. Halter von Kampfhunden müssen Anfang nächsten Jahres in Hessen wieder mit strengeren Vorschriften rechnen. Das Innenministerium hält trotz gerichtlicher Bedenken an dem Gesetzentwurf fest, dem zufolge alle Pitbulls, American Staffordshire Terrier und Staffordshire Bullterrier kastriert werden müssen und den Tieren selbst dann ein Maulkorb anzulegen ist, wenn ein Sachverständiger sie als gutmütig befinden sollte.
Der Sprecher des Innenministeriums, Michael Bußer, verwies darauf, daß sich an der Systematik des Gesetzesentwurfs, wie er Mitte August vom Kabinett verabschiedet worden sei und vermutlich noch in diesem Jahr in den Landtag eingebracht werde, nichts geändert habe. Danach soll auch durch einen sogenannten Wesenstest nicht zu widerlegen sein, daß diese Tiere aufgrund ihrer Züchtung als hochaggressiv zu gelten hätten. Die ursprünglich in Hessen nach einem tödlichen Angriff zweier Kampfhunde auf einen Schüler in Hamburg Ende Juni erlassene Verordnung hatte 16 Rassen in diese Kategorie eingeordnet, nach Protesten von Tierhaltern und -schützern sowie rechtlichen Bedenken den Kreis der "gefährlichen Hunde" jedoch deutlich enger gezogen.
Eine solche pauschale Betrachtung hatte der Verwaltungsgerichtshof in Kassel indes nicht akzeptieren wollen und die eingeschränkte Verordnung teilweise aufgehoben. Seither besteht auch für diese kraftstrotzenden Vierbeiner die Chance, vor einem Sachverständigen ihre Friedfertigkeit zu beweisen. In ihrem Urteil vom September hatten die Richter sinngemäß gerügt, die Abstempelung nur dieser drei Rassen als Kampfmaschinen verletze das Gleichbehandlungsgebot.
Im Innenministerium weiß man, daß ein solcher Rückschluß von der Rasse auf die gesteigerte Gefährlichkeit auch eine mögliche Bruchstelle im Gesetz ist, deren Verfassungsmäßigkeit wiederum der Verwaltungsgerichtshof in Kassel wird klären müssen. Wie groß der juristische Kampfeswille der Halter ist, machte schon das einstweilige Verfahren gegen die Verordnung deutlich. Außerdem offenbarte die Liste der Kläger einen etwas überraschenden Querschnitt durch die Bevölkerung: Unter anderen hatten ein Richter, eine Lehrerin, ein Zahnarzt, Kaufleute, ein Ingenieur, ein Kraftfahrzeugmeister und ein Maurer das Gericht wegen des Schicksals ihrer Hunde angerufen.
Die Kasseler Richter haben noch nicht zu erkennen gegeben, ob sie in einem Gesetz die Regeln akzeptieren werden, die sie in der Verordnung aufgehoben hatten. Sie verwiesen lediglich darauf, daß das Urteil des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs, das eine solche Typisierung der Rassen für statthaft erklärt hatte, von anderen Obergerichten stark kritisiert worden sei.
Bis Mitte November haben die kommunalen Spitzenverbände wie die Interessenvertreter der Hundehalter und der Tierärzte Gelegenheit, sich zu dem Entwurf zu äußern. Dabei werden auch die Erfahrungen einfließen, die in den vergangenen Wochen Mitarbeiter der Ordnungsämter auf den Straßen oder anderswo mit den Tieren und ihren Haltern gemacht haben.
In Frankfurt, der Stadt mit der größten Kampfhunddichte, herrscht relative Ruhe: Dem Leiter des städtischen Sicherheitsdienstes, Reinhold Döll, zufolge werden Leinen- und Maulkorbzwang überwiegend beachtet. Und Klaus Diekmann, zuständiger Abteilungsleiter im Ordnungs- amt, sieht keinen Anlaß, schon jetzt Unterkünfte für jene Hunde zu organisieren, die durch das Raster der anstehenden gesetzli- Regelung fallen. Bis das Erlaubnisverfahren, das weitgehend unverändert bleiben soll, durchlaufen ist, werden Monate vergehen. Die 35 Sachverständigen im Land, meist nebenberuflich tätig, haben auf absehbare Zeit keine Termine mehr frei. Hinzu kommt, daß es dem Halter unbenommen bleibt, noch ein zweites Gutachten einzuholen, wenn er mit der Beurteilung seines Tieres nicht einverstanden ist.
Der Glaube an das Gute im vierbeinigen Begleiter ist freilich teuer, zumal in Frankfurt: Zu den jährlich 1800 Mark Steuer, kommen 250 Mark Verwaltungsgebühren für die behördliche Erlaubnis, den Hund zu behalten, worin die 200 Mark für den "Wesenstest" noch nicht enthalten sind. Diekmann schätzt, daß allenfalls zehn Prozent der rund 600 in der Stadt registrierten Tiere einzuziehen sind, entweder weil die Hunde bei dem "Wesenstest" als aggressiv eingestuft werden oder ihre Halter nicht nachweisen können, daß sie zuverlässig und kundig im Umgang mit den Tieren sind. Die Kapazitäten im schon vor einiger Zeit im Zuge der Kampfhund-Debatte erweiterten Tierheim oder in den Zwingern der Polizeifachschule in Mühlheim, reichen seiner Meinung nach aus. Seit 1997, als Frankfurt auf kommunaler Ebene das Halten von Kampfhunden geregelt hat, wurden nach Diekmanns Schätzung etwa 40 ihren Besitzern weggenommen. Die immer wieder geäußerte Vermutung, in Frankfurt, etwa im Drogenhändler-Rotlichtmilieu, würden noch in großer Zahl scharfgemachte Hunde gehalten, ohne daß dies behördlich bekannt sei, sieht Diekmann nicht belegt. Für eine große Dunkelziffer seien die Kontrollen in den vergangenen Jahren zu intensiv und die Bürger zu aufmerksam gewesen.
Im Sommer, als sich die Meldungen über die schrecklichen Attacken häuften, gingen beim Frankfurter Ordnungsamt zahlreiche Hinweise auf angeblich ungemeldete, gefährliche Kreaturen in der Nachbarschaft ein. In einigen Fällen bestätigte sich der Verdacht, in anderen nicht. Wie bei dem Begleiter eines Küsters, bei dem einige Anwohner deutliche Merkmale eines Pitbulls erkannt hatten. In Wirklichkeit hatte der Gottesdiener einen Boxer ausgeführt "reinrassig".
Elli
"Schonzeit für Kampfhunde nur vorübergehend"
Trotz gerichtlicher Bedenken: Gesetzentwurf des Innenministeriums stuft drei Rassen als unwiderleglich gefährlich ein
hs. WIESBADEN/FRANKFURT. Halter von Kampfhunden müssen Anfang nächsten Jahres in Hessen wieder mit strengeren Vorschriften rechnen. Das Innenministerium hält trotz gerichtlicher Bedenken an dem Gesetzentwurf fest, dem zufolge alle Pitbulls, American Staffordshire Terrier und Staffordshire Bullterrier kastriert werden müssen und den Tieren selbst dann ein Maulkorb anzulegen ist, wenn ein Sachverständiger sie als gutmütig befinden sollte.
Der Sprecher des Innenministeriums, Michael Bußer, verwies darauf, daß sich an der Systematik des Gesetzesentwurfs, wie er Mitte August vom Kabinett verabschiedet worden sei und vermutlich noch in diesem Jahr in den Landtag eingebracht werde, nichts geändert habe. Danach soll auch durch einen sogenannten Wesenstest nicht zu widerlegen sein, daß diese Tiere aufgrund ihrer Züchtung als hochaggressiv zu gelten hätten. Die ursprünglich in Hessen nach einem tödlichen Angriff zweier Kampfhunde auf einen Schüler in Hamburg Ende Juni erlassene Verordnung hatte 16 Rassen in diese Kategorie eingeordnet, nach Protesten von Tierhaltern und -schützern sowie rechtlichen Bedenken den Kreis der "gefährlichen Hunde" jedoch deutlich enger gezogen.
Eine solche pauschale Betrachtung hatte der Verwaltungsgerichtshof in Kassel indes nicht akzeptieren wollen und die eingeschränkte Verordnung teilweise aufgehoben. Seither besteht auch für diese kraftstrotzenden Vierbeiner die Chance, vor einem Sachverständigen ihre Friedfertigkeit zu beweisen. In ihrem Urteil vom September hatten die Richter sinngemäß gerügt, die Abstempelung nur dieser drei Rassen als Kampfmaschinen verletze das Gleichbehandlungsgebot.
Im Innenministerium weiß man, daß ein solcher Rückschluß von der Rasse auf die gesteigerte Gefährlichkeit auch eine mögliche Bruchstelle im Gesetz ist, deren Verfassungsmäßigkeit wiederum der Verwaltungsgerichtshof in Kassel wird klären müssen. Wie groß der juristische Kampfeswille der Halter ist, machte schon das einstweilige Verfahren gegen die Verordnung deutlich. Außerdem offenbarte die Liste der Kläger einen etwas überraschenden Querschnitt durch die Bevölkerung: Unter anderen hatten ein Richter, eine Lehrerin, ein Zahnarzt, Kaufleute, ein Ingenieur, ein Kraftfahrzeugmeister und ein Maurer das Gericht wegen des Schicksals ihrer Hunde angerufen.
Die Kasseler Richter haben noch nicht zu erkennen gegeben, ob sie in einem Gesetz die Regeln akzeptieren werden, die sie in der Verordnung aufgehoben hatten. Sie verwiesen lediglich darauf, daß das Urteil des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs, das eine solche Typisierung der Rassen für statthaft erklärt hatte, von anderen Obergerichten stark kritisiert worden sei.
Bis Mitte November haben die kommunalen Spitzenverbände wie die Interessenvertreter der Hundehalter und der Tierärzte Gelegenheit, sich zu dem Entwurf zu äußern. Dabei werden auch die Erfahrungen einfließen, die in den vergangenen Wochen Mitarbeiter der Ordnungsämter auf den Straßen oder anderswo mit den Tieren und ihren Haltern gemacht haben.
In Frankfurt, der Stadt mit der größten Kampfhunddichte, herrscht relative Ruhe: Dem Leiter des städtischen Sicherheitsdienstes, Reinhold Döll, zufolge werden Leinen- und Maulkorbzwang überwiegend beachtet. Und Klaus Diekmann, zuständiger Abteilungsleiter im Ordnungs- amt, sieht keinen Anlaß, schon jetzt Unterkünfte für jene Hunde zu organisieren, die durch das Raster der anstehenden gesetzli- Regelung fallen. Bis das Erlaubnisverfahren, das weitgehend unverändert bleiben soll, durchlaufen ist, werden Monate vergehen. Die 35 Sachverständigen im Land, meist nebenberuflich tätig, haben auf absehbare Zeit keine Termine mehr frei. Hinzu kommt, daß es dem Halter unbenommen bleibt, noch ein zweites Gutachten einzuholen, wenn er mit der Beurteilung seines Tieres nicht einverstanden ist.
Der Glaube an das Gute im vierbeinigen Begleiter ist freilich teuer, zumal in Frankfurt: Zu den jährlich 1800 Mark Steuer, kommen 250 Mark Verwaltungsgebühren für die behördliche Erlaubnis, den Hund zu behalten, worin die 200 Mark für den "Wesenstest" noch nicht enthalten sind. Diekmann schätzt, daß allenfalls zehn Prozent der rund 600 in der Stadt registrierten Tiere einzuziehen sind, entweder weil die Hunde bei dem "Wesenstest" als aggressiv eingestuft werden oder ihre Halter nicht nachweisen können, daß sie zuverlässig und kundig im Umgang mit den Tieren sind. Die Kapazitäten im schon vor einiger Zeit im Zuge der Kampfhund-Debatte erweiterten Tierheim oder in den Zwingern der Polizeifachschule in Mühlheim, reichen seiner Meinung nach aus. Seit 1997, als Frankfurt auf kommunaler Ebene das Halten von Kampfhunden geregelt hat, wurden nach Diekmanns Schätzung etwa 40 ihren Besitzern weggenommen. Die immer wieder geäußerte Vermutung, in Frankfurt, etwa im Drogenhändler-Rotlichtmilieu, würden noch in großer Zahl scharfgemachte Hunde gehalten, ohne daß dies behördlich bekannt sei, sieht Diekmann nicht belegt. Für eine große Dunkelziffer seien die Kontrollen in den vergangenen Jahren zu intensiv und die Bürger zu aufmerksam gewesen.
Im Sommer, als sich die Meldungen über die schrecklichen Attacken häuften, gingen beim Frankfurter Ordnungsamt zahlreiche Hinweise auf angeblich ungemeldete, gefährliche Kreaturen in der Nachbarschaft ein. In einigen Fällen bestätigte sich der Verdacht, in anderen nicht. Wie bei dem Begleiter eines Küsters, bei dem einige Anwohner deutliche Merkmale eines Pitbulls erkannt hatten. In Wirklichkeit hatte der Gottesdiener einen Boxer ausgeführt "reinrassig".