Vorhin beim Tierarzt.
Ziemlicher Andrang, Wartezimmer voll, hauptsächlich Leute mit Katzenboxen und mittendrin Leni und ich.
Eine ältere Dame fährt mit ihrem dicken, nagelneuen Mercedes-Kombi DIREKT vor die Praxistür (was eigentlich nur dringenden Notfällen vorbehalten ist, weil dort schlichtweg kein Platz ist), steigt gemütlich aus und betritt allein die Praxis, um sich ausführlich und in aller Seelenruhe anzumelden. Es stellt sich heraus, daß wir alle wohl eher überpünktlich, die Dame allerdings viel zu spät dran ist, was nun dazu führt, daß die Omi dennoch vor uns allen aufgerufen wird, um den Terminplan wieder ins Lot zu bringen.
"Mir MUSS dann aber gleich jemand von Ihnen helfen, mit dem 'Fido'." weist die Mercedes-Omi die Rezeptionistin an.
Ach Gottchen, denke ich, da ist bestimmt ein ururalter, gebrechlicher Hundi in dem Auto, der vielleicht nicht mehr laufen kann und herein getragen werden muß. Der Arme.
Na, dann ist das natürlich auch okay, daß man die Praxistür so zuparkt. Logo.
Die Tierärztin kommt aus dem Behandlungsraum und ruft den Namen von Frau Mercedes auf. Mehrfach. Niemand rührt sich, alle Wartenden schauen fragend ihre Sitznachbarn an, nix passiert. Die Ärztin ruft lauter - als sich schließlich vor der offenen Tür die besagte Dame meldet und sogleich die Ärztin auffordert, ihr doch mal mit dem Fido zu helfen.
Etwas irritiert und wohl aufgrund der ohnehin bereits bestehenden Zeitverzögerung auch offensichtlich etwas genervt, geht die Ärztin mit zum Mercedes - und betritt wenig später unter vollem Körpereinsatz mit einem gewaltigen, jungen, voran zerrenden Doggenrüden das Wartezimmer. Gut und gerne 80 Kilo geballte Power.
Alle Wartenden drücken sich und ihre Tiere beeindruckt an die Wände, während die Dogge mit einem einzigen Galloppsprung bereits das Wartezimmer durchquert und dabei die letzte freie Sitzbank vor der Abzweigung zum Behandlungszimmer mitgerissen hat.
Die Behandlung dauert nur ein paar Minuten, dann kommt der riesige Hund mit der zierlichen, sehr angestrengt wirkenden Tierärztin im Schlepptau wieder aus dem Sprechzimmer und poltert zur Tür hinaus, wo er schließlich von der Tierärztin wieder verladen wird.
Die Besitzerin stöckelt stolz hinterher und wir hören die Tierärztin noch fragen: "Um Gottes Willen, den zwingen Sie doch niemals!" Omi entgegnet aber nur lachend: "Wenn er woanders hin will als ich, dann ist da nix mehr zu machen."
Na, Mahlzeit.
Wieder mal ein eindrucksvolles Beispiel dafür, daß offenbar auch die 300 oder 400 völlig verschiedenen Hunderassen, die wir haben - ohne noch die unendlich vielen Mischlinge mitzuzählen - für viele Menschen noch immer nicht ausreichen, um letztendlich die Rasse zu wählen, die zu ihnen passt und deren Bedürfnissen sie dann auch tatsächlich gerecht werden können.
Oder fehlt da einfach nur Hirn? Vernunft? Realitätssinn?