Sowohl in der Ukraine als auch in Russland gibt es durch den Krieg Tote und Verletzte. Besonders auf einer Seite sind die Verluste enorm.
Hohe Verluste und kaum Entwicklungen:
Seit 2022 befinden sich Russland und die Ukraine im Krieg. Seitdem kamen auf beiden Seiten unzählige Menschen ums Leben – die Zahl der Verletzten ist noch höher.
Was ist bisher über die Verluste bekannt?
Ein Überblick:
Es ist eine erschütternde Opfer-Bilanz nach über drei Jahren Ukraine-Krieg:
Russland und die Ukraine haben seit Beginn der russischen Invasion schon fast 1,4 Millionen Soldaten verloren. Die Verluste sind, gemessen am Kriegsverlauf, auch historisch ungewöhnlich hoch. Das ist das Ergebnis einer Studie, die Verteidigungsexperten des US-Center for Strategic and International Studies (CSIS) erarbeitet haben und die unserer Redaktion vorliegt. Moskau und Kiew halten belastbare Opferzahlen geheim, die Washingtoner Kriegsforscher stützen sich daher unter anderem auf interne Schätzungen der britischen und der US-Regierung.
Auch US-Präsident Donald Trump, der immer wieder die vielen Opfer im Ukraine-Krieg beklagt und damit seine umstrittenen Vermittlungsbemühungen begründet, ist von der neuen Expertise offenbar beeindruckt: Während der Pressekonferenz mit Kanzler Friedrich Merz im Weißen Haus beklagte er „Millionen“ Opfer im Krieg – die Zahl sei viel höher als man bisher gelesen habe, sagte Trump, anscheinend unter Bezug auf die gerade vorgelegte Expertise.
Laut der Studie nähert sich Russland jetzt bei den militärischen Opfern der Marke von einer Million, im Sommer werde dieser „erschreckende und grausame Meilenstein“ erreicht sein:
250.000 russische Soldaten sind demnach bislang gefallen, 700.000 wurden verwundet. Die
Ukraine verzeichne rund 400.000 Opfer unter den Soldaten, darunter seien zwischen 60.000 und 100.000 Tote.
Russlands Kriegsziele bleiben trotz hoher Verluste unerreicht.
Die Experten ziehen vor dem Hintergrund dieser Zahlen eine vernichtende Bilanz der russischen Kriegsführung:
Der Blutzoll sei außergewöhnlich hoch, dennoch habe Russland seien Hauptziele weitgehend verfehlt und könne auf dem Schlachtfeld nicht nennenswert vorrücken. „Russlands Militäreinsatz in der Ukraine dürfte zu den langsamsten Angriffskampagnen der modernen Kriegsführung gehören“, erklärt Studien-Coautor Seth G. Jones. „Russland hat eine Millionen Opfer zu beklagen, nur wenig Territorium erobert und
enorme Mengen an Ausrüstung verloren.“
Die Zahl der Todesopfer sei fünfmal so hoch wie in allen russischen und sowjetischen Kriegen zusammen seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges.
„Viele der in der Ukraine getöteten und verwundeten Soldaten stammen jedoch aus dem hohen Norden, dem Fernen Osten und aus Gefängnissen Russlands – und sind nicht die Kinder der Eliten Moskaus und St. Petersburgs“, erläutert die Studie. „
Putin hält diese Art von Soldaten wahrscheinlich für entbehrlicher und weniger geeignet, seine innenpolitische Wählerbasis zu untergraben.“
Seit Anfang 2024 habe die russische Armee Schwierigkeiten, die verschanzten Verteidigungsanlagen der ukrainischen Armeen zu durchbrechen, die Eroberungen seien „dürftig“. So seien die Truppen an der Donezk-Front nur durchschnittlich 135 Meter pro Tag vorangekommen. In Gebieten wie Charkiw rückten sie durchschnittlich sogar nur 50 Meter pro Tag vor: Langsamer als während der Somme-Offensive im Ersten Weltkrieg, bei der Briten und Franzosen im Durchschnitt 80 Meter pro Tag vorankamen.
Russlands langsame Fortschritte im Ukraine-Konflikt
Auch historische Offensiven wie in Galizien 1914, Gorzia 1916, Leningrad 1943 oder Kursk-Obojan 1943 seien schneller verlaufen. Insgesamt eroberte Russland seit Anfang 2024 nur 5000 Quadratkilometer, deutlich weniger als ein Prozent des ukrainischen Territoriums. Zudem habe Russland erhebliche Mengen an Ausrüstung verloren – mindestens doppelt so viel wie die Ukraine. Für die „schwache Leistung“ Russlands machen die Experten die Taktik der Militärführung verantwortlich, die auf routinemäßige Vorstöße kleiner, oft schlecht ausgebildeter Trupps in „menschliche Angriffswellen“ setze, unterstützt von Panzern oder leichten Fahrzeugen. Das führe zu vielen Todesopfern und Verwundeten. Die Untersuchung befasst sich nicht mit den zivilen Opfern des Kriegs, die allerdings viel geringer sind:
Nach Angaben des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte sind bis Ende April mindestens 13.100 ukrainische Zivilisten durch die russischen Angriffe ums Leben gekommen.
Für die Studienautoren ergibt sich aus den Befunden eine klare Konsequenz für die US-Regierung: Sollte Moskau Friedensgespräche weiter verschleppen, könnten mehr US-Waffen, Geheimdienstinformation und Ausbildung „Russlands Kosten auf dem Schlachtfeld in die Höhe treiben.“ Die USA, so die Autoren, „haben in der Ukraine viele Trümpfe in der Hand. Sie müssen nur anfangen, sie auszuspielen.“ Trump lässt bislang aber keine Absicht erkennen, die US-Hilfen für die Ukraine auszubauen. Er verfolgt eine andere Strategie: An der Seite von Merz sagte Trump im Weißen Haus, er würde gern „für sofortigen Waffenstillstand“ sorgen. „Ich möchte“, sagte Trump, „dass das Töten aufhört.“