Die russische Wirtschaft wirkt auf den ersten Blick stabil. Auf den zweiten aber deutet vieles darauf hin, dass Putin die Statistiken fälscht und die Sanktionen wirken.
Die Unruhe im Westen ist groß. Eigentlich sollten die Wirtschaftssanktionen gegen dazu führen, dass Kremlchef seinen Angriffskrieg gegen die beenden muss. Das klappte nicht, im Gegenteil: Die russische erwies sich als unerwartet widerstandsfähig, der Krieg dauert an.
Leute wie die Linken-Politikerin sagen deshalb: "Die Sanktionen schaden nicht Russland, sondern nur uns." Und der Kreml tut alles, um dieses Narrativ zu stützen. Allein: Mit der Realität hat das nicht viel zu tun.
Denn vieles deutet darauf hin, dass Putin die russischen Wirtschaftsdaten gezielt schönt, um die ökonomischen Folgen seiner Invasion zu vertuschen. Dabei half ihm im vergangenen Jahr, dass die Energiepreise stark stiegen und sein Land mehr Geld mit dem Verkauf von Öl und Erdgas einnahm. Dieses Jahr aber sehen die Prognosen für die russische Wirtschaft düsterer aus. Tatsächlich gleicht sie wohl eher einem taumelnden Boxer. Nur wann geht der wirklich k. o.?
Kreml schönt Wirtschaftsdaten
Rückblick aufs Jahr 2022: Auf dem Papier war das erste Kriegsjahr für die russische Wirtschaft alles andere als die Katastrophe, die international Wirtschaftsexperten prognostiziert hatten.
Nach den ersten Kriegsmonaten war der Internationale Währungsfonds (IWF) zunächst davon ausgegangen, dass die russische Wirtschaft um 8,5 Prozent schrumpfen würde. Tatsächlich waren es minus 2,2 Prozent. Für Kritiker der Strafmaßnahmen war das schon damals der Beweis: Die Sanktionen gegen Russland würden nicht wirken.
Doch das ist unlogisch. Denn Russland hat kein Interesse daran, schlechte Wirtschaftszahlen zu präsentieren. Putin möchte zeigen, dass er sich von westlichen Sanktionen nicht beeindrucken lässt – und damit den Westen und dessen Verbündete demoralisieren.
Im Kreml weiß man: Die Sanktionen gleichen einem Gift, das langsam wirkt; einer Wunde, die im Laufe der Zeit immer größer und immer schmerzhafter wird. Und Experten sind sich einig: Die Strafmaßnahmen wirken – und treffen Russland stärker als den Westen.
Für Putin sind die Wirtschaftsdaten darum auch eine Kriegswaffe. Es wäre naiv, davon auszugehen, dass er sie nicht fälschen würde. Auch deshalb führte der Kreml 2022 eine Statistikzensur ein. Es werden kaum Wirtschaftsdaten, keine Daten über internationale Reserven, keine Handels- und Produktionszahlen veröffentlicht. Die Folge: Es gibt keine Transparenz.
Prognosen ohne Grundlage
"Vertrauen Sie nicht Russlands Zahlen", schrieb Agathe Demarais, Direktorin für globale Prognosen bei der "Economist Intelligence Unit", in einem Artikel für das US-Magazin "Foreign Policy". "Das liegt daran, dass Russland Statistiken zu einem zentralen Bestandteil seines Informationskrieges gemacht hat."