Und ich finde auch, wer Kritik und kritische Diskussion nicht aushält und darin gleich Angriffe sieht, dessen Vertrauen und Glaube (im Wortsinn) kann nicht sehr tief gehen.
Aber eine solche Aussage hat doch einen Zweck oder etwa nicht?
Ich finde diese Diskussionen zwar sehr anstrengend und die Frage was „richtig oder falsch“ ist im Glauben auch total unnötig, aber das Zitierte empfinde ich Gegenteilig.
Dazu gabs am Wochenende ein sehr schönes Wort zum Sonntag in der ARD.
Glauben und Religion aktiv leben, heißt hinterfragen, offen bleiben, Selbstkritik, etc für mich und ist kein starres Konstrukt von Regeln die keiner versteht und hinterfragt.
„Fides querum intellectum : Glaube sucht das Verstehen. Glaube ist demnach nicht ein diffuses Gefühl, so ein Drücken in der Magengegend, sondern eine Lebenshaltung zu der das Nachdenken zwingend dazugehört.“
Gereon Alter
Es geht dabei natürlich nicht um wissenschaftliche Beweise für XY, aber Befolgen von Regeln/ Geboten und Verboten ohne zu Hinterfragen und zu Verstehen, hat nichts mit Glauben zu tun.
Hinterfragen und zu verstehen versuchen ist wichtig, aber am Ende des Tages ist eine Mitzwa eine Mitzwa. Was soll ich da tun?
Für mich ist Glaube auch hinnehmen und annehmen können. Awodat Haschem, Hingabe zu G-tt.
Bei Chabad funktioniert es nämlich in beide Richtungen. Aus Denkprozessen und Glaube können sich Handlungen ergeben, aber aus Handlungen kann sich auch Glaube und Nähe zu G-tt ergeben. Ich habe das selbst erfahren. Ich bin darüber an Glauben gekommen.
Wenn du die Traditionen befolgst, die Mitzwot einhälst und betest, verspürst du zuerst einen Widerwillen. Das alles ist umständlich und anstrengend. Aber mit der Zeit empfand ich etwas, das ich Glauben nennen würde.
Als ich angefangen habe mich mit der Kabbala zu beschäftigen wurde dort genau beschrieben was ich fühle.
Christen, ist mein Eindruck, versuchen häufig für sich alleine gläubig zu sein. Wenn das für Christen funktioniert ist das sehr schön.
Bei Chabad ist es so, dass du das "Kulturgut" nutzen kannst und sollst, um zu glauben. Man glaubt bei Chabad daran, dass Worten 'Kraft' innewohnen kann. Magie. Wie auch immer du es nennen willst. Gebete die über Jahrtausende von unzähligen Menschen wieder und wieder gesprochen wurden haben sehr viel Magie. Sie auszusprechen übt Einfluss auf dich aus.
Ich spreche kein Hebräisch, aber ich habe so viel gelernt, dass ich die meisten Gebete aufsagen kann und verstehe.
Als ich geheiratet habe war das für mich eine leere Hülle, das gebe ich offen zu. Ich bin diszipliniert, darum war es okay. Und ich wollte keine andere als diese Frau. Ich war 19 Jahre jung und da stand plötzlich diese bildschöne Frau vor mir, mit grünen Augen und langen schwarzen Haaren. Für sie wäre ich sogar zum Katholizismus konvertiert.
Aber ich habe erfahren, dass ich falsch lag. Das beziehe ich nicht auf andere Menschen, hiervon muss sich niemand angesprochen fühlen, vor allem kein Nichtjude. Aber mit dem Leben der Traditionen und dem Lernen der Gebete, mit dem Einhalten der Gebote fühlte ich immer tieferen Glauben.
Und alles was ich gefühlt habe, so unsinnig ich es fand, konnte Chabad mir haargenau erklären.