Hilflose Maßnahmen mit schlimmen Folgen: Das Problem am oberen Ende der Leine
Reply-to: [email protected]
To: [email protected]
CC: [email protected] (Tierschutz-Info)
Heute Pitbull, morgen Retriever
Es wird gerade in Ballungsgebieten schwierig sein, nach Hetze
und Hysterie wieder zu einem friedlichen Miteinander zu kommen,
Angst und Feindbilder abzubauen und das Vertrauen, das viele
Menschen derzeit aus unterschiedlichen Gründen in die politisch
Verantwortlichen verloren haben, wieder herzustellen, denn die
bösen Erinnerungen werden bleiben. Es bleibt auch die Angst,
dass, wenn die Themen wechseln und sich politische Spannungen
verstärken, andere Gruppen Zielscheibe kollektiver Aggression
werden.
Deshalb ist jetzt Versachlichung nötig, Augenmaß, Ruhe und
Sachverstand. Wichtig ist, dass Menschen und Tiere vor
aggressiven Hunden besser geschützt werden, denn jeder Hund
ist potenziell gefährlich und kann zur Waffe abgerichtet werden.
Statt Massentötungen müssen die neuen Gesetze bundeseinheitlich
in Zusammenarbeit mit Fachleuten überarbeitet und Gesetz-
gebungsfristen verlängert werden, um weitere Schäden durch
unsinnige Hektik zu vermeiden. Die deutschen Tierärzte und
Tierschutzorganisationen fordern:
Statt Einstufung von Tieren in "Kampfhundlisten" individuelle
Beurteilung nach rasseneutralen Kriterien,
Überprüfung und Beratung von Hundehaltern, Forderung von
Fach- und Sachkundekundenachweisen (Hundeführschein),
Qualifizierte Wesensüberprüfungen bei Tieren, die der Zucht
dienen,
Erlass eines Heimtierzuchtgesetzes zur Schließung von Gesetzes-
lücken, um Zucht, Haltung und Import von Hunden zu regulieren.
Genauso wichtig aber sind
Aufklärung in Schulen und Kindergärten über Grundlagen
gelungener Kommunikation von Mensch und Hund und
eigensicherndes Verhalten,
Verstärkte Maßnahmen zur Integration arbeitsloser in- und
ausländischer Jugendlicher in Ballungsgebieten, um der Gefahr
zu begegnen, dass Hunde als Ersatz für fehlendes Selbst-
bewusstsein missbraucht werden.
Im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg hat sich die Bürgerschaft, die
zu 50 Prozent aus ausländischen Mitbürgern besteht; nach Volkans
Tod entschlossen, auf Rache und Diskriminierung der Täter zu
verzichten und die Integrationsmaßnahmen für auffällig gewordene
Jugendliche und junge Erwachsene gemeinsam zu verstärken.
Mit freundlicher Genehmigung
© 2000 Gewerkschaft der Polizei
Hilflose Maßnahmen mit schlimmen Folgen:
Das Problem am oberen Ende der Leine
Der Tod des kleinen Volkan und die oft grausam entstellten Opfer
aggressiver Hunde sind allerdings nur die letzten tragischen Ereignisse
in einer langen, traurigen Statistik.
Unbestritten ist, dass ein Teil der jetzt auch als "Kampfhunde"
diskriminierten Rassen wie Rottweiler oder Dobermänner seit
Jahrzehnten in vielen Sicherheitsbereichen wertvolle Arbeit als
Schutz-, Wach- und Spürhunde tun. Damit bescheinigte der
Gesetzgeber diesen Rassen doch, wenn sie tierschutzgerecht und
verantwortungsbewusst gehalten werden, seit langem die
Unbedenklichkeit. Seit Jahrzehnten aber fordern Tierärzte,
Fachleute aus Tierschutzorganisationen und seriösen Zucht-
verbänden schärfere Einfuhr- und Zuchtkontrollbestimmungen
für Hunde aller Rassen, beklagen Polizeibeamte die Gefährdung
durch aggressive Hunde zum Beispiel bei Personenkontrollen
oder Haus- und Wohnungsdurchsuchungen. Lange schon ist
bekannt, dass "Kampfhunde" zunehmend häufiger als Prestige-
objekte und Waffen im subkulturellen Milieu der deutschen
Großstädte auch von jungen, arbeitslosen in- und ausländischen
Männern eingesetzt werden. Auch Zuchtverbände ließen es
tatenlos geschehen, dass in Inseraten ihrer Verbandszeitungen
gewissenlose Hundevermehrer ungeniert mit der "Kehlschärfe
ihrer Produkte" warben. Seit langem ist bekannt, dass Polizei-
beamte mit der Überwachung der Einhaltung der Gefahrtier-
verordnung personell, von der Ausbildung und technischen
Ausrüstung her überfordert waren.
Viele Kommunen führten zur Reduzierung der als "Kampfhunde"
aufgeführten Rassen nach dem Bericht des Deutschen Städtetages
und entsprechenden Verwaltungsgerichtsurteilen die "Kampfhund-
steuer" ein. Diese willkommene Erhöhung kommunaler Steuer-
einnahmen führte bundesweit vielfach zum gegenteiligen Effekt:
Da gerade in Großstädten viele Hunde der betreffenden Rassen
nicht angemeldet waren oder ihre Besitzer von der Sozialhilfe
lebten, führte die Maßnahme vorrangig zur Diskriminierung
seriöser Hundehalter und ihrer Tiere und zur Verbreitung von
Angst in der Bevölkerung.
Weniger Betuchte konnten ihre Hunde nicht mehr halten, brachten
sie ins Tierheim, andere gaben ihre unbescholtenen Hunde unter
dem Druck von Hauswirten und Wohnungsnachbarn ab.
Halter aus dem Milieu aber sahen in der Sondersteuer einen
willkommenen Prestigezuwachs, aus dem sie weitere Rechte für
antisoziale Verhaltensweisen ableiteten.
Unklar ist jetzt auch für Verwaltungsleiter der Gefahrenabwehr-
behörden und Polizeibeamte, ob und wie sich die neuen "Kampf-
hundverordnungen" sinnvoll durchsetzen lassen können, denn es
gibt Hinweise darauf, dass sie ihre Ziele nur sehr unbefriedigend
erreichen:
a) Wer ist behördlicherseits überhaupt in der Lage, Mischlinge
einwandfrei zu identifizieren, falls der Halter keinen bzw. einen
falschen Abstammungsnachweis erbringt?
b) Viele Halter aggressiver Tiere der Gefahrgruppe 1 haben ihre
Hunde gar nicht angemeldet und können nicht erfasst werden, falls
sie nicht durch Dritte denunziert werden, was im Milieu kaum zu
erwarten ist.
In Berlin spotten Halter aggressiver Hunde, sie würden abwarten, bis
"das Gewitter vorbei" sei. Manche erhöhen jetzt an den informellen
"Kampfhundbörsen" der Großstädte ihren Bestand, ehe der Nachschub
rar und teurer wird, oder weichen längst auf andere Hunderassen aus,
denn mit brutalen Methoden wie Schlägen, Isolation und Verstümmelung
vom Welpenalter an kann jeder Hund über den unbedingten Gehorsam
zur tödlichen Waffe werden.
Manche weichen in die neuen Bundesländer aus, um auf einsamen
Resthöfen ungestört Nachschub weiterzüchten und trainieren zu können.
Halter beschlagnahmter Hunde engagieren Mittelsmänner mit Unbedenk-
lichkeitszeugnissen, um ihre Hunde aus den Tierheimen wieder-
zubeschaffen, die dann als vermisst gemeldet werden.
Kriminelle Halter werden sich Unbedenklichkeitsbescheinigungen,
Papiere und Leuchtplaketten wie in Berlin durch Diebstahl oder Kauf
verschaffen.
Sie interpretieren die Maulkorbpflicht als Statussymbol und trainieren
ihre Kampfmaschinen weiterhin tagsüber in öffentlichen Parks, vermehrt
unter Einsatz gestohlener Hunde und Katzen aus Privatbesitz, die als
Trainingsopfer eingesetzt und zerfleischt von Passanten gefunden
werden.
Rolf Borkenhagen
Vorsitzender
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CC: [email protected] (Tierschutz-Info)
Heute Pitbull, morgen Retriever
Es wird gerade in Ballungsgebieten schwierig sein, nach Hetze
und Hysterie wieder zu einem friedlichen Miteinander zu kommen,
Angst und Feindbilder abzubauen und das Vertrauen, das viele
Menschen derzeit aus unterschiedlichen Gründen in die politisch
Verantwortlichen verloren haben, wieder herzustellen, denn die
bösen Erinnerungen werden bleiben. Es bleibt auch die Angst,
dass, wenn die Themen wechseln und sich politische Spannungen
verstärken, andere Gruppen Zielscheibe kollektiver Aggression
werden.
Deshalb ist jetzt Versachlichung nötig, Augenmaß, Ruhe und
Sachverstand. Wichtig ist, dass Menschen und Tiere vor
aggressiven Hunden besser geschützt werden, denn jeder Hund
ist potenziell gefährlich und kann zur Waffe abgerichtet werden.
Statt Massentötungen müssen die neuen Gesetze bundeseinheitlich
in Zusammenarbeit mit Fachleuten überarbeitet und Gesetz-
gebungsfristen verlängert werden, um weitere Schäden durch
unsinnige Hektik zu vermeiden. Die deutschen Tierärzte und
Tierschutzorganisationen fordern:
Statt Einstufung von Tieren in "Kampfhundlisten" individuelle
Beurteilung nach rasseneutralen Kriterien,
Überprüfung und Beratung von Hundehaltern, Forderung von
Fach- und Sachkundekundenachweisen (Hundeführschein),
Qualifizierte Wesensüberprüfungen bei Tieren, die der Zucht
dienen,
Erlass eines Heimtierzuchtgesetzes zur Schließung von Gesetzes-
lücken, um Zucht, Haltung und Import von Hunden zu regulieren.
Genauso wichtig aber sind
Aufklärung in Schulen und Kindergärten über Grundlagen
gelungener Kommunikation von Mensch und Hund und
eigensicherndes Verhalten,
Verstärkte Maßnahmen zur Integration arbeitsloser in- und
ausländischer Jugendlicher in Ballungsgebieten, um der Gefahr
zu begegnen, dass Hunde als Ersatz für fehlendes Selbst-
bewusstsein missbraucht werden.
Im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg hat sich die Bürgerschaft, die
zu 50 Prozent aus ausländischen Mitbürgern besteht; nach Volkans
Tod entschlossen, auf Rache und Diskriminierung der Täter zu
verzichten und die Integrationsmaßnahmen für auffällig gewordene
Jugendliche und junge Erwachsene gemeinsam zu verstärken.
Mit freundlicher Genehmigung
© 2000 Gewerkschaft der Polizei
Hilflose Maßnahmen mit schlimmen Folgen:
Das Problem am oberen Ende der Leine
Der Tod des kleinen Volkan und die oft grausam entstellten Opfer
aggressiver Hunde sind allerdings nur die letzten tragischen Ereignisse
in einer langen, traurigen Statistik.
Unbestritten ist, dass ein Teil der jetzt auch als "Kampfhunde"
diskriminierten Rassen wie Rottweiler oder Dobermänner seit
Jahrzehnten in vielen Sicherheitsbereichen wertvolle Arbeit als
Schutz-, Wach- und Spürhunde tun. Damit bescheinigte der
Gesetzgeber diesen Rassen doch, wenn sie tierschutzgerecht und
verantwortungsbewusst gehalten werden, seit langem die
Unbedenklichkeit. Seit Jahrzehnten aber fordern Tierärzte,
Fachleute aus Tierschutzorganisationen und seriösen Zucht-
verbänden schärfere Einfuhr- und Zuchtkontrollbestimmungen
für Hunde aller Rassen, beklagen Polizeibeamte die Gefährdung
durch aggressive Hunde zum Beispiel bei Personenkontrollen
oder Haus- und Wohnungsdurchsuchungen. Lange schon ist
bekannt, dass "Kampfhunde" zunehmend häufiger als Prestige-
objekte und Waffen im subkulturellen Milieu der deutschen
Großstädte auch von jungen, arbeitslosen in- und ausländischen
Männern eingesetzt werden. Auch Zuchtverbände ließen es
tatenlos geschehen, dass in Inseraten ihrer Verbandszeitungen
gewissenlose Hundevermehrer ungeniert mit der "Kehlschärfe
ihrer Produkte" warben. Seit langem ist bekannt, dass Polizei-
beamte mit der Überwachung der Einhaltung der Gefahrtier-
verordnung personell, von der Ausbildung und technischen
Ausrüstung her überfordert waren.
Viele Kommunen führten zur Reduzierung der als "Kampfhunde"
aufgeführten Rassen nach dem Bericht des Deutschen Städtetages
und entsprechenden Verwaltungsgerichtsurteilen die "Kampfhund-
steuer" ein. Diese willkommene Erhöhung kommunaler Steuer-
einnahmen führte bundesweit vielfach zum gegenteiligen Effekt:
Da gerade in Großstädten viele Hunde der betreffenden Rassen
nicht angemeldet waren oder ihre Besitzer von der Sozialhilfe
lebten, führte die Maßnahme vorrangig zur Diskriminierung
seriöser Hundehalter und ihrer Tiere und zur Verbreitung von
Angst in der Bevölkerung.
Weniger Betuchte konnten ihre Hunde nicht mehr halten, brachten
sie ins Tierheim, andere gaben ihre unbescholtenen Hunde unter
dem Druck von Hauswirten und Wohnungsnachbarn ab.
Halter aus dem Milieu aber sahen in der Sondersteuer einen
willkommenen Prestigezuwachs, aus dem sie weitere Rechte für
antisoziale Verhaltensweisen ableiteten.
Unklar ist jetzt auch für Verwaltungsleiter der Gefahrenabwehr-
behörden und Polizeibeamte, ob und wie sich die neuen "Kampf-
hundverordnungen" sinnvoll durchsetzen lassen können, denn es
gibt Hinweise darauf, dass sie ihre Ziele nur sehr unbefriedigend
erreichen:
a) Wer ist behördlicherseits überhaupt in der Lage, Mischlinge
einwandfrei zu identifizieren, falls der Halter keinen bzw. einen
falschen Abstammungsnachweis erbringt?
b) Viele Halter aggressiver Tiere der Gefahrgruppe 1 haben ihre
Hunde gar nicht angemeldet und können nicht erfasst werden, falls
sie nicht durch Dritte denunziert werden, was im Milieu kaum zu
erwarten ist.
In Berlin spotten Halter aggressiver Hunde, sie würden abwarten, bis
"das Gewitter vorbei" sei. Manche erhöhen jetzt an den informellen
"Kampfhundbörsen" der Großstädte ihren Bestand, ehe der Nachschub
rar und teurer wird, oder weichen längst auf andere Hunderassen aus,
denn mit brutalen Methoden wie Schlägen, Isolation und Verstümmelung
vom Welpenalter an kann jeder Hund über den unbedingten Gehorsam
zur tödlichen Waffe werden.
Manche weichen in die neuen Bundesländer aus, um auf einsamen
Resthöfen ungestört Nachschub weiterzüchten und trainieren zu können.
Halter beschlagnahmter Hunde engagieren Mittelsmänner mit Unbedenk-
lichkeitszeugnissen, um ihre Hunde aus den Tierheimen wieder-
zubeschaffen, die dann als vermisst gemeldet werden.
Kriminelle Halter werden sich Unbedenklichkeitsbescheinigungen,
Papiere und Leuchtplaketten wie in Berlin durch Diebstahl oder Kauf
verschaffen.
Sie interpretieren die Maulkorbpflicht als Statussymbol und trainieren
ihre Kampfmaschinen weiterhin tagsüber in öffentlichen Parks, vermehrt
unter Einsatz gestohlener Hunde und Katzen aus Privatbesitz, die als
Trainingsopfer eingesetzt und zerfleischt von Passanten gefunden
werden.
Rolf Borkenhagen
Vorsitzender