Ich drehte mich um und lächelte und wünschte einen schönen Tag als sie mich anmaulte, dass sie unsere Sozialhilfe zahlen müsse und wir dann bei Jack Wolfskin einkaufen und unser Sozialhilfegeld verscherbeln.
Echt der Hammer!
Aber du hast Recht - Idioten gibt es überall.
Ich galt in der Schule als ziemlicher Überflieger - und auch wenn ich heute denke, dass ich zeitlebens da eher überschätzt wurde, konnte ich es zumindest in meiner Jugend doch nicht verleugnen, dass ich etwas anders gestrickt war als die meisten anderen Gleichaltrigen um mich herum.
Und es gab eine Zeit, da bin ich dafür massiv gemobbt und teils beschimpft und drangsaliert und verkloppt worden. Einfach fürs anders sein.
Das war so massiv, dass ich, als ich auf einer Probefreizeit in einem (ziemlich guten) Chor, in dem ich gesungen habe, hörte, wie ein Sänger einem anderen von gewissen Problemen berichtete, der festen Überzeugung war, sie würden über genau dieses sprechen, und ich könnte da mitreden. Denn es waren sehr viele sehr musikalische und da teils eben tatsächlich hoch oder außergewöhnlich begabte Leute in dem Chor, und auch als Liebhaber klassischer Musik hattest du es teils in der Provinz nicht eben leicht.
Wie mir irgendwie erst deutlich später aufging, ging es allerdings doch letztendlich um ganz anderes. Einer von beiden war offen schwul (und das so offensiv, dass sogar ich es gemerkt habe...
) - und der andere halt noch nicht offen. Und der fragte sich nun, wie zu seinen Problemen als Klassik-Freak dann wohl mit dem Rest, den er in seiner Umgebung erwartete, auch noch leben sollte.
Die haben bestimmt gedacht, ich hab einen an der Klatsche - waren aber zu höflich, um das zu erwähnen.
Für mich ist das bis heute ein "Boden-verschluck-mich!"-Moment - weil die mit Sicherheit gedacht haben, ich steck meine Nase in Sachen, von denen ich keine Ahnung habe. Und ich es ja auch einfach nicht gerafft habe, was das Hauptproblem war.
(Was aber dann genau genommen auch daran lag, dass
sie sich dann wohl nicht vorstellen konnten, dass es Gegenden in unserem Lande gab, wo man nur fürs offensichtliche Schlausein verdroschen oder angespuckt wurde. Etwa unseren Schulbus. Den ich täglich eine Stunde benutzen musste. - Aber wursch)
Ich konnte mich dann allerdings mit dem Problem tatsächlich gut identifzieren - denn egal ob du schwul oder lesbisch bist, oder zu schlau daherquatschst oder einen Buckel hast... du wirst für Dinge angefeindet, die du einfach so an dir und dir nicht ausgesucht hast. Und die du selbst auch schwer oder gar nicht ändern kannst.
Dass ich selbst mir ja damals durchaus auch eine Partnerschaft mit einer Frau hätte vorstellen können, war dabei gar nicht mal so ausschlaggebend. Die hat sich irgendwie nicht ergeben. Immer wenn ich gewollt hätte, war das umgekehrt leider so gar nicht der Fall. Dass mich nun jemand weibliches ganz toll gefunden hätte, ist nie passiert, oder ich hab's nicht mitgekriegt.
Aber damit hätte ich mich auseinandergesetzt, wenn es akut geworden wäre. Ich hatte aber damals schon den Eindruck, dass Schwule es deutlich schwerer haben als Lesben, irgendwie akzeptiert zu werden. Mir machte der Rest von meinem Kopf und meiner Persönlichkeit irgendwie viel mehr Probleme als nun ausgerechnet das.
Aber wenn ich das mal weiterdenke, denke ich grade, dass meine Gedanken und meine Lösung gar nicht so sehr von der von
@Mauswanderer verschieden war. Ich bin auch semi-abgetaucht. in dem ich
aktiv versucht habe, nicht mehr "schlau" zu wirken.
Und meine Mitmenschen nicht mehr gar so sehr zu nerven.
Beides, um nicht mehr dauernd Ärger zu haben. Im ersten Fall den unfairen, im zweiten Fall, würde ich heute sagen, durchaus auch nachvollziehbaren.
Ob mir das gelungen ist, hängt wohl von der Tagesform ab.
Es ist aber insofern anders, dass ich nicht aktiv verleugne, wer und was ich bin. Ich binde das nicht jedem auf die Nase, aber ich stelle mich auch nicht doof. Ich verpacke die Dinge, die ich sagen will, nur deutlich anders. Nachvollziehbarer, wenn man so will. "Normaler". Ich rede anders. Ich argumentiere anders. Ich benutze je nachdem, mit wem ich rede, andere Ausdrücke. Jeweils "normale" halt und keine, bei denen jeder halbwegs normal ausgebildete Mensch ein Wörterbuch braucht. Aber die Gedanken dahinter sind immer noch dieselben. Und sie kommen auf diese Art und Weise ja sogar besser an den Mann und an die Frau, als wenn ich noch geschraubt schwafeln würde.
In der Regel isse halt so: Wenn die Leute erst gemerkt haben, dass ich nett bin, dann lassen sie mich nachher in der Regel auch schlau sein!
Umgekehrt hat vorher nicht so gut geklappt.
Insofern versteh ich durchaus das Bedürfnis, bestimmte Kämpfe nicht auszufechten. Aber ich glaube, etwas, das man ja nunmal ist, dauernd krampfhaft zu verstecken, ist auf Dauer eher zermürbend.
Das heißt ja nicht, dass man es jedem unter die Nase reiben muss, der des Weges kommt. Aber halt auch nicht lügen, wenn einer fragt...