Übrigens hab ich ein paar Seiten vor den Abschweifungen geschrieben, dass es besser geht, vielleicht freut sich ja doch jemand mit uns ...
Ja, sehr.
Zu den Debatten, mit den heutigen Hunden wird zu viel umgeschissen und wenn man mit Hunden umgehen könne, wird jeder nachfolgende Hund sich gleich gut benehmen.
Naja, nee, ich glaube, so war das gar nicht gemeint. Sowas ginge doch gar nicht.
Ok, dann versucht es doch mal, ich schick Euch Karli mit allergrößtem Vergnügen!!! Das in unserer Situation zu hören, empfinde ich einfach nur als Gemeinheit sondergleichen. Und ich wünschte, dass er so wäre wie mein alter Rüde, der war ein Traum.
Hab ich mal geschrieben, dass ich froh bin, dass ich vor Garri keinen eigenen Hund hatte? - Und habe ich mal erwähnt, dass ich nach Garri nie wieder einen Hund will?
Ich schrieb hier, um Eure Erfahrungen zu hören und vielleicht auch, um ein klein wenig ermutigt zu werden. Statt dessen wird man nur als unfähig und selber schuld abgestempelt. Karli war schon so, da hab ich von seiner Existenz noch nicht mal was geahnt. Just to put things straight.
Zieh dir nicht jeden Schuh an, der vor dir auf den Weg plumpst. Das Problem - gerade für Hundetrainer im Alltagsbereich - ist einfach, dass sie eben sehr oft genau das sehen, was hier auch erwähnt wird: Leute, die denselben Fehler immer wieder machen, aber nieee daran schuld sind, und immer wieder anderen Hunden den schwarzen Peter zuschieben.
Und gerade auf Abstand ist es echt schwierig, was Konkretes zu sagen.
Bei uns war die Standard-Leier immer: Ein Dobermann muss arbeiten, der ist kein Sofahund. Vielleicht solltest du auf den Hundeplatz gehen/Schutzdienst machen. Er hat zu wenig Auslauf. Er tanzt dir auf der Nase herum. Ignoriert dich. Du bist zu weich, zu inkonsequent, zu schwach, zu hibbelig, zu cholerisch, zu gestresst, zu unsportlich...
sonst wäre der Hund nicht so.
Und was war? Der Hund war immer gleich - oder eben auch nicht, aber sein Zustand und sein Verhalten oszillierten, und zwar völlig unabhängig von meinen wie auch immer gerade gearteten Erziehungsmaßnahmen. Es war völlig egal, was
ich wie lange getan oder nicht getan habe (allerdings mit einer Ausnahme:
Abweichungen von der täglichen Routine. Die wirken sich auch bei uns fatal aus, wenn auch anders als bei euch.)
Als meine bisher letzte Trainerin auf meine Frage, was ich denn falsch machte und anders machen sollte, nach der 5. oder 6. Stunde sagte: "Nichts.
Du machst nichts falsch. Jedenfalls nix Schlimmes. Jeder andere Hund würde mittlerweile laufen wie ne Eins. Schlag mich, aber mit dem Hund stimmt was nicht, sowas hab ich in 16 Jahren noch nicht erlebt wie den" - war es wie ne Erlösung.
Aber genau darum reagiere ich allergisch auf so Sprüche wie: "Wenn du es richtig machen würdest, würde es doch kein Problem mehr geben."
Wobei... Es ist ja im Prinzip korrekt: Wenn ich es immer
richtig machen würde, hätte ich das Problem gelöst. Soweit es sich lösen
lässt. Wir haben zB das Problem, dass nicht immer das gleiche richtig ist, und das kann von einem Tag zum anderen wechseln.
Beispiel heute: Gestern und vorgestern konnte ich beim Super-GAU fremder Hund total gut auf Abstand das Deeskalationsprogramm mit Click+Lecker und Lob fahren. Garri hat supergut mitgearbeitet und sich sogar selbst korrigiert.
Denk aber nicht, dass das heißt, dass das jetzt immer geht. Heute Mittag war dann Kontrastprogramm angesagt, Hund war wie unter Strom, und stand schon die ganze Zeit auf den Zehenspitzen, auf der Suche nach einem Anlass, um nach vorn gehen zu können.
Die Begegnung mit einem angeleinten, völlig unauffälligen Zwergspitz auf 15 m endete mit einem hysterischen Ausbruch inklusive (grade noch gebremste) Attacke auf mich, wildem um sich Schnappen, dem Versuch, mir die Leine aus der Hand zu reißen und den anderen Hund auf jeden Fall noch zu erwischen - dabei hatte Herr Garri komplett übersehen, dass Hund und Besitzer schon längst in einen anderen Weg eingebogen waren - er hat also versucht, sich auf die Stelle zu stürzen (also, draufloszupreschen), wo er den Zwergspitz bloß vermutete, völlig gaga. (Vielleicht hat er auch mal wieder halluziniert, ein bisschen so wirkte es.)
Da war nix mehr mit deeskalieren, ich bin sehr laut und deutlich geworden, und es hat für den Moment gereicht, damit er sich zusammengenommen hat.
Beim weiteren Spaziergang musste ich allerdings einerseits zwar konsequent sein und mehr Unterordnung machen als normalerweise, weil er mich weiterhin konsequent ignoriert und herausgefordert hat - durfte aber in kritischen Situationen den Druck nicht immer weiter verstärken, weil er sich sonst hochgeschaukelt hätte. Ich musste den Kessel langsam wieder runterfahren. Also, Kommandos durchsetzen, auch energisch, aber
nicht wütend. Nicht immer noch mehr verlangen.
Unauffällig bisschen Frustabbau betreiben, weil ein offensichtliches Friedensangebot nur Anlass zu destruktiven Aktionen gegeben hätte (Hund war so richtig auf Krawall gebürstet).
Hat recht gut geklappt, weil es warm war - wie's morgen so läuft, weiß ich heute noch nicht. Kann sein, dass alles gut ist, kann sein, dass es morgen noch ne Ecke schlimmer wird und mal wieder alles fixiert wird und gute Bekannte am Zaun verbellt werden wie bekloppt. Kann sein, dass er übermorgen Phantomkaninchen jagt oder hysterische Anfälle beim Überqueren einer Straße bekommt. Oder alles ist gut, und er macht mir die Freude und benimmt sich wie ein normaler Hund.
Ich weiß es nicht, ich weiß nur eins: Von mir hängt das nur am Rande ab. Ich kann mittlerweile den Kessel vom Herd nehmen, aber ich bin es nicht, die ihn aufsetzt.
Und das macht es eben sehr schwer, das "richtige" zu tun.
Ich suche die "Schuld" nicht mehr bei mir. Ich habe meine Fehler, ich habe meine Grenzen... aber daran liegt es nicht, dass Garri hier meist der Spacko heißt, weil er halt rumspackt.
Und seitdem leb ich viel besser. Und Garri glaub ich auch.