Meiner Erfahrung nach (und ich habe Hunderte Schulklassen erlebt) haben unabhängig von dem, was die Kinder von Zuhause aus mitbringen, die Lehrer*innen einen nicht zu unterschätzenden Anteil an der Klassendynamik und dem Benehmen der Kinder.
Dem kann ich weder aus Schüler- noch aus Elternsicht widersprechen.
Und ich sehe durchaus Punkte, die aus meiner Sicht die Klassenlehrerin vom Großen hätte damals anders machen können (oder die ich anders gemacht bzw. erwartet hätte, nach dem Beispiel meiner eigenen Klassenlehrer oder mir bekannter Lehrer), in Sachen Klassengemeinschaft.
Andererseits ist die aber an sich bekannt dafür, dass auch schwierige Schüler bei ihr gut in der Spur laufen, und kümmert sich auch um die, die ihr selbst nicht so liegen... also., an der Schule gilt sie als Lehrerin, die auch schwierige Klassen gut "in den Griff kriegt", ans Lernen bringt und zur Mitarbeit motivieren kann.
Was ja erstmal schonmal gut ist. Was aus meiner Sicht schade war, war, dass ihr das
gereicht hat. Also, dass sie ernsthaft dachte, wenn die Klasse gut mitarbeitet und nicht eskaliert, ist alles super - und überhaupt keinen Blick dafür hatte, was zwischenmenschlich da sonst im Argen lag. Also, im Detail. Wer da wen wie subtil ausgrenzte und so weiter. War ihr entweder egal oder sie hat das gar nicht wahrgenommen. (Aufgrund einiger Gespräche, die ich mit ihr hatten, denke ich, letzteres. Was sie bemerkt hat, ist sie auch angegangen.)
Aber ich sag's mal so: In der Grundschule werden die Eltern ja noch relativ stark eingebunden, bei Schul- und Sportfesten und so weiter, und ich bei freier Arbeitseinteilung war dann relativ oft da (jetzt etwas weniger, weil sehr viele Kinder kleinere Geschwister haben und die Mütter also noch zuhause sind). Ich habe also die Kinder
und die Eltern in
beiden Klassen live erlebt.
Und in dem Fall sind es klar die Kinder (und also mutmaßlich die zugehörigen Eltern), die den Unterschied machen. Es ist sicher auch ein Verdienst der Lehrerin, aber die hat selbst zu mir gesagt, das könne und wolle sie sich nicht allein selbst zugute halten. Die Klasse würde es einem extrem einfach machen.
Da sind ganz viele nette, soziale, hilfsbereite und mitfühlende Kinder drin, die auch aufeinander aufpassen oder gucken, dass alle was abkriegen. Nicht nur, natürlich. Aber die Klasse als solche ist extrem kooperativ.
Es gibt ein Kind dort, dass von der Schule zwangsweise eine Klasse nach oben gestuft wurde, gegen den Willen der Eltern, obwohl es eines der Jüngsten in seinem Jahrgang war.
Der ist ein kleiner Schlauberger, aber ansonsten fehlt es ihm ganz gewaltig. Der ist wirklich in jeder Hinsicht noch klein, und leider kein so ganz angenehmer Charakter.
Seine Mutter meint, der litte so unter den Kindern in der Klasse. Die seien oftmals gemein zu ihm. Ich habe Kind und Klasse erlebt. Für die Art und Weise, wie er sich oftmals benimmt, sind die anderen
sehr nett zu ihm und er ist recht gut in die Klasse eingebunden, wird auch zu Geburtstagen eingeladen, hat Spielbesuch und umgekehrt.
Als der Junge auf der Klassenfahrt Heimweh hatte und 2 Stunden am Stück geweint und behauptet hat, die Jungs aus seinem Zimmer hätten ihn ganz schlimm verhauen (dazu siehe unten*) - haben die Jungs aus dem anderen Zimmer ihn von sich aus mit zu sich genommen und er hat bei einem von denen mit im Bett geschlafen, "damit er nicht so traurig ist". Oder, um mal meinen Sohn zu zitieren: "Wir hatten ja L im Zimmer und der hat auch die ganze Zeit geweint, weil er so Heimweh hatte, da hat einer mehr ja auch nicht mehr gestört."
Der Große wurde maximal ausgelacht und auch darum ausgegrenzt, weil er recht oft weinen musste - ohne dass er noch Geschichten dazu erfunden hätte. Und alle das "nervig" fanden.
Nee, da liegen allein von der Grundeinstellung der Kinder her Welten dazwischen.
* Das Kind hat Angst vor ganz vielem. Und weil es aber nicht "der Kleine" oder "der Angsthase" sein will, erfindet es Geschichten. Leider auch oft welche, in denen die Mitschüler fies zu ihm waren. - Wenn es sich etwas nicht traut, sagt es: "Ich kann nicht, ich bin verletzt, XY hat mich geschlagen/getreten/mit dem Stuhl gehauen." - Auch wenn nachweislich nichts davon passiert ist. Auch wenn nachweislich der Mitschüler gar nicht
da ist (Dann war es auf einmal "gestern" Auch wenn gestern Sonntag war.

).
Für die Mitschüler ist das irgendwo zwischen nervig und lästig. Und ich meine, er bräuchte da Hilfe, denn er macht das ja nicht aus Bösartigkeit, sondern weil er offenbar Probleme hat - und Probleme, mit diesen Problemen umzugehen. Er weint ja dann tatsächlich, und hat Angst, weil er sich wie mein Großer immer vorstellt, was alles passieren kann. Seine Mutter meint aber, was er erzählt, stimmt.
Dabei ist eigentlich ganz offensichtlich, dass es das
nicht immer tut. Und auch, warum das so ist.
Ich denke, ich sollte ihr einfach mal von neueste Veränderung in ihrem Leben berichten. Seit der letzten Fliegerbombenentschärfung ist sein Vater bzw. ihr Mann Sprengmeister und Bombenentschärfer und reist in der ganzen Welt herum, um die
gefährlichsten Bomben zu entschärfen, und alle bewundern ihn dafür.
Meines Wissens arbeitet er recht konventionell bei einer Bank.
