Katzengedichte

Ninchen

KSG-Ostwestfale™
20 Jahre Mitglied
Schwarze Katze

Ein Gespenst ist noch wie eine Stelle,
dran dein Blick mit einem Klange stößt;
aber da, an diesem schwarzen Felle,
wird dein stärkstes Schaudern aufgelöst;

wie ein Tobender, wenn er in vollster
Raserei ins Schwarze stampft,
jählings am benehmenden Gepolster
einer Zelle aufhört und verdampft

Alle Blicke, die sie jemals trafen,
scheint sie also an sich zu verhehlen,
um darüber drohend und verdrossen
zuzuschauern und damit zu schlafen.
Doch auf einmal kehrt sie, wie geweckt,
ihr Gesicht mitten in das deine:
und da triffst du deinen Blick im geelen
Amber ihrer runden Augensteine
unerwartet wieder: eingeschlossen
wie ein ausgestorbenes Insekt.
(R.M. Rilke)

Spatz und Katze

"Wo wirst du denn im Winter bleiben?"
Sprach zum Spätzchen das Kätzchen.
"Hier und dorten, allerorten",
Sprach gleich wieder das Spätzchen.

"Wo wirst du denn zu Mittag essen?"
Sprach zum Spätzchen das Kätzchen.
"Auf den Tennen mit den Hennen",
Sprach gleich wieder das Spätzchen.

"Wo wirst du denn die Nachtruh' halten?"
Sprach zum Spätzchen das Kätzchen.
"Laß dein Fragen, will's nicht sagen",
Sprach gleich wieder das Spätzchen.

"Ei, sag mir's doch, du liebes Spätzchen!"
Sprach zum Spätzchen das Kätzchen.
"Willst mich holen - Gott befohlen!"
Fort flog eillig das Spätzchen.

(A.H. Hoffmann von Fallersleben)

Ohne Titel

Nimm eine Katze; nähr sie noch so reich
Mit Milch und zartem Fleisch, mach seidenweich
Ihr Lager, und dann zeig ihr eine Maus,
Sofort ist Milch und Fleisch, und was im Haus
Es sonst an Leckerbissen gibt, vergessen,
Aus Gier und Sucht, die Maus nun aufzufressen

(G. Chauce)
 
Aus der Kindheit

"Ja, das Kätzchen hat gestohlen,
und das Kätzchen wird ertränkt.
Nachbars Peter sollst du holen,
dass er es im Teich versenkt!"

Nachbars Peter hat's vernommen,
ungerufen kommt er schon:
"Ist die Diebein zu bekommen,
gebe ich ihr gern den Lohn!"

"Mutter, nein, er will sie quälen.
Gestern warf er schon nach ihr,
bleibt nichts andres mehr zu wählen,
so ertränk ich selbst das Tier."

Sieh, das Kätzchen kommt gesprungen,
wie es glänzt im Morgenstrahl!
Lustig hüpft's dem kleinen Jungen
auf den Arm zu seiner Qual.

"Mutter, lass das Kätzchen leben,
jedesmal, wenn's dich bestiehlt,
sollst du mir kein Frühstück geben,
sieh nur, wie es artig spielt!"

"Nein, der Vater hat's geboten,
hundertmal ist ihr verziehn!"
"Hat sie doch vier weiße Pfoten!"
"Einerlei! Ihr Tag erschien!"

"Nachbarin, ich folg ihm leise,
ob er es auch wirklich tut!"
Peter spricht es häm'scherweise
und der Knabe hört's mit Wut.

Unterwegs auf manchem Platze
bietet er sein Liebchen aus;
aber keiner will die Katze,
jeder hat sie längst im Haus.

Ach, da ist er schon am Teiche
und sein Blick, sein scheuer, schweift,
ob ihn Peter noch umschleiche -
ja, er steht von fern und pfeift.

Nun, wir müssen alle sterben,
Großmama ging dir vorauf,
und du wirst den Himmel erben,
kratze nur, sie macht dir auf! (*schluchz*)

Jetzt, um sie recht tief zu betten,
wirft er sie mit aller Macht,
doch zugleich, um sie zu retten,
springt er nach, als er's vollbracht.

Eilte Peter nicht, der lange,
gleich im Augenblick herzu,
fände er, es ist mir bange,
hier im Teich die ew'ge Ruh.

In das Haus zurückgetragen,
hört er auf die Mutter nicht,
schweigt auf alle ihrer Fragen,
schließt die Augen trotzig-dicht.

Von dem Zucker, den sie brachte,
nimmt er zwar zerstreut ein Stück;
doch den Tee, den sie ihm machte,
weist er ungestüm zurück.

Welch ein Ton! Er dreht sich stutzend,
und auf einer Fensterbank,
spinnend und sich emsig putzend,
sitzt sein Kätzchen, blitz und blank.

"Lebt sie Mutter?" "Dem Verderben
warst du näher, Kind, als sie!"
"Und sie soll auch nicht mehr sterben?"
"Trinke nur, so soll sie's nie!"

(F. Hebbel)
 
Hund und Katze

Miezel, eine schlaue Katze,
Molly, einbegabter Hund,
Wohnhaft an demselben Platze,
Hassten sich aus Herzensgrund.

Schon der Ausdruck ihrer Mienen,
Bei gesträubter Haarfrisur,
Zeigt es deutlich: Zwischen ihnen
Ist von Liebe keine Spur.

Doch wenn Miezel in dem Baume,
Wo sie meistens hin entwich,
Friedlich dasitzt, wie im Traume,
Dann ist Molly ausser sich.

Beide lebten in der Scheune,
Die gefüllt mit frischem Heu.
Alle beide hatten Kleine,
Molly zwei und Miezel drei.

Einst zur Jagd ging Miezel wieder
Auf das Feld. Da geht es bumm.
Der Herr Förster schoß sie nieder.
Ihre Lebenszeit ist um.

Oh, wie jämmerlich miauen
Die drei Kinderchen daheim.
Molly eilt, sie zu beschauen,
Und ihr Herz geht aus dem Leim.

Und sie trägt sie kurz entschlossen
Zu der eignen Lagerstatt,
Wo sie nunmehr fünf Genossen
An der Brust zu Gaste hat.

Mensch mit traurigem Gesichte,
Sprich nicht nur von Leid und Streit.
Selbst in Brehms Naturgeschichte
Findet sich Barmherzigkeit.

(W. Busch)
 
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