Newsletter von Maulkorbzwang.de und den Dogangels
Samstag, 24. Maerz 2001
"Tierschutz ist Menschenschutz"
Exklusiv in WELT am SONNTAG spricht Alexandra Oetker, Ehefrau des
Industriellen, ueber ihren Einsatz fuer die Natur und gegen die
Hundeverordnung
WELT am SONNTAG:
Frau Oetker, Sie sind Mitglied der Initiative "Mensch und Hund", die
sich mit der Hundeverordnung auseinander setzt. Sie heben hervor,dass
es sich dabei um ein 'Freiheitsthema' handelt. Warum? Ist das nicht
ein wenig zu hoch gehaengt oder werden die Grundrechte tatsaechlich
beeintraechtigt?
Alexandra Oetker: In der Tat. Ich moechte nur drei Punkte nennen: Da
wird die Unschuldsvermutung, die fuer jeden Schwerstverbrecher bis zum
Beweis seiner Unschuld gilt, kurzerhand durch die Umkehr der
Beweislast fuer Besitzer bestimmter Hunderassen ausgehebelt. Die
Verpflichtung zur Vorlage eines polizeilichen Fuehrungszeugnisses fuer
Hundehalter widerspricht dem Recht auf Datenschutz, und jetzt kommt
die Kroenung: Die Bundesregierung hat kuerzlich im Eilverfahren ein
neues 'Gesetz zur Bekaempfung gefaehrlicher Hunde' abgesegnet, ohne
uebrigens eine im Vorwege von der FDP geforderte Expertenanhoerung
zuzulassen. Dieses Gesetz beinhaltet eine massive Einschraenkung des
Artikels 13 Grundgesetz (Unverletzlichkeit der Wohnung) fuer Besitzer
bestimmter Hunderassen.
WELT am SONNTAG: Was bedeutet das?
Oetker: Das Ganze kommt in der Realitaet einer Aenderung des
Grundgesetzes gleich. Diese Entscheidung - fuer die mit Innenminister
Schily ausgerechnet ein 68er die Hauptverantwortung traegt - ist umso
unglaublicher, als das Bundesverfassungsgericht zeitgleich in einem
anderen Zusammenhang ein Urteil gefaellt hat, das Hausdurchsuchungen
deutlich erschwert. Solch gravierende Schritte unserer Regierung, die
unsere Rechtsstaatlichkeit untergraben und unser Grundgesetz
klammheimlich aushoehlen, sollten jeden muendigen Buerger in hoechste
Alarmbereitschaft versetzen.
WELT am SONTAG: Gab es nicht eine Reihe schlimmer Vorfaelle durch
Kampfhunde?
Oetker: Natuerlich gibt es immer wieder schlimme Vorfaelle mit Hunden.
Interessanterweise zeigen die einschlaegigen Beissstatistiken
allerdings, dass die derzeit in Verruf geratenen Rassen hier eher eine
unbedeutende Rolle spielen. Nur richtet sich das Augenmerk gerade der
Medien nach dem Tod des kleinen Volkan in Hamburg allzu gern auf diese
Hunde. Volkan koennte noch am Leben sein, wenn die Behoerden nur die
Auflagen kontrolliert haetten, die der zig mal vorbestrafte
Hundehalter fuer seinen Hund hatte. Hier gehoert mein es Erachtens
nicht nur der Hundehalter auf die Anklagebank, sondern auch
diejenigen, die eine solche ********rei im Verzug zu verantworten
haben.
WELT am SONTAG: Welche Moeglichkeiten sehen Sie, Menschen vor
gefaehrlichen Hunden zu beschuetzen?
Oetker: Unsinnige Hundeverordnungen mit wissenschaftlich nicht zu
rechtfertigenden Rasselisten sind sicher nicht die Antwort. Die
Verantwortlichen sollten sich endlich mit der Verabschiedung eines
sogenannten Heimtierzuchtgestezes befassen, das seit ueber zehn Jahren
von den Tierschutzverbaenden gefordert wird. Das Gesetz sollte
strengste Zucht- und auch Haltungsvorgaben beinhalten und so den
Missbrauch von Tieren drastisch einschraenken. Dieser Schutz der Tiere
wuerde auch den Menschen schuetzen
.
WELT am SONNTAG: Wie treffen die Auswirkungen des Bundesgesetzes zur
Bekaempfung gefaehrlicher Hunde die Hundebesitzer in NRW?
Oetker: Dieses Gesetz betrifft bundesweit vier Rassen sowie alle
Rassen, die jeweils auf Laenderebene fuer gefaehrlich erklaert wurden,
das sind in NRW allein 42 Rassen! Auf Besitzer dieser Hunde kann
demnaechst eine Hausdurchsuchung ohne richterlichen Beschluss
zukommen. Schon im Vorwege treibt dieses Phaenomen beaengstigende
Blueten. Ein Beispiel aus Hessen: Eine aeltere Dame, Besitzerin eines
wesensgetesteten und somit von den einschlaegigen Auflagen befreiten
Anlagehundes, wird angezeigt, weil ihr Hund angeblich einen Dackel
gebissen hat. Trotz der Weigerung der Frau, eine Hausdurchsuchung
zuzulassen, wird die Wohnung von der Polizei 'gestuermt'. Als die
Besitzerin das Konfiszieren ihres Hundes verhindern will, wird sie mit
Handschellen gefesselt, aus der Wohnung getragen und vorlaeufig
festgenommen. Der Hund wurde eingezogen, eine Reihe von Zeugen des
Vorfalls bedroht. Anzeige laeuft.
Glauben Sie nicht, dies sei ein Einzelfall. Staatlich gefoerdertes
Denunziantentum und das unglaubliche Verhalten einiger Polizisten
inklusive massiven Schusswaffenmissbrauchs sind heute an der
Tagesordnung. Das laesst boese Erinnerungen wach werden.
WELT am SONNTAG: Welche Mittel gibt es gegen die Hundeverordnung?
Sehen Sie eine Chance, die Bestimmungen wieder zu aendern?
Oetker: Im Gegensatz zu anderen Bundeslaendern, die auch schon aktiv
geworden sind, haben wir hier in NRW leider nicht die Moeglichkeit,
ueber eine Normenkontrollklage die Landeshundeverordnung anzugreifen.
Wir arbeiten inzwischen eng mit der FDP zusammen und setzen unsere
Hoffnung auf zwei Dinge:
Zum einen besteht die Moeglichkeit, auf Bundesebene eine
Normenkontrollklage gegen das neue 'Gesetz zur Bekaempfung
gefaehrlicher Hunde' zu fuehren. Dies wird gerade von der FDP-
Bundestagsfraktion geprueft. Ich bin fest davon ueberzeugt, dass eine
solche Klage erfolgreich waere. Das haette natuerlich enorm positive
Auswirkungen auf die Landeshundeverordnungen.
Ausserdem, und das ist wirklich spannend, hat die EU-Kommission die
Bundesregierung aufgefordert, wissenschaftliches Beweismaterial fuer
die Rechtfertigung der Rasselisten vorzulegen, nicht umsonst steht
eine Antwort immer noch aus.
WELT am SONNTAG: Woher kommt Ihr Engagement fuer den Tier- und
Umweltschutz?
Oetker: Ich hatte bereits als Kind eine sehr ausgepraegte Liebe zum
Tier und zur Natur. Durch zwei meiner Hobbys, naemlich Reisen und die
Tierfotografie, kam ich vor vielen Jahren zum ersten Mal auf die
Galapagos-Inseln. Ich war von der Einzigartigkeit dieser Inseln damals
so ueberwaeltigt, dass ich mir sagte: Irgendeinen Beitrag musst du
leisten zum Erhalt solcher Paradiese. Ich trat damals in den WWF
Deutschland ein, bin dort vor sieben Jahren ins Kuratorium gekommen
und wurde dann vor fuenf Jahren in den Stiftungsrat gewaehlt.
WELT am SONNTAG: Als Tierfreundin muss Sie unser derzeitiger Umgang
mit Rindern, Schweinen und Schafen treffen.
Oetker: Wissen Sie, ich beschaeftige mich schon seit knapp fuenf
Jahren sozusagen 'nebenher' mit den Themenbereichen EU-Subventionen
fuer Schlachtvieh, Massentierhaltung und Schlachtviehtransporte und
stehe hier auch in direktem Kontakt mit verschiedenen Organisationen.
Es ruettelt an den Grundfesten meiner ethisch-moralischen
Wertevorstellungen, wie man in den letzten 50 Jahren unsere
baeuerliche Landwirtschaft in eine industrielle Agrarwirtschaft
umgewandelt hat, bei der die Achtung vor dem Tier als Kreatur der
Schoepfung auf der Strecke geblieben ist. Eine aberwitzige
Subventionspolitik, die ja uebrigens die Hauptursache fuer die
grauenvollen Schlachtviehtransporte ist, hat die Auswuechse unserer
Landwirtschaft geradezu gefoerdert. Was wir nun erleben, ist
entsetzlich. Ob Hormonskandale, die Schweinepest, BSE oder Maul- und
Klauenseuche, immer sind die Tiere die Leidtragenden. Die unsinnigen,
von Populismus und Aktionismus gepraegten Toetungsaktionen unzaehliger
Nutztiere tragen in keiner Weise zur Loesung der eigentlichen
Problematik bei.
WELT am SONNTAG: Was kann der Verbraucher tun?
Oetker: Der Verbraucher muss sich klar machen, dass Qualitaet und
Sicherheit ihren Preis haben, man kann nicht hoechste Qualitaet zu
niedrigsten Preisen erwarten. Dringend erforderlich sind hier
verlaessliche Guetesiegel fuer landwirtschaftliche Produkte, die
nicht, wie bisher, ueberwiegend irrefuehrend und vage sind, sondern
die nach eindeutigen und jedermann verstaendlichen Kriterien vergeben
werden. Ist der Verbraucher zu seinem eigenen Schutz bereit, sein
Kaufverhalten z. B. von diesen Guetesiegeln abhaengig zu machen,
werden die Anbieter sich aus eigenem Interesse dieser neuen
Nachfragesituation anpassen. Insofern kommt dem Verbraucher letztlich
eine Schluesselrolle zu bei der Beseitigung der allseits beklagten
Missstaende.
WELT am SONNTAG: Sie sind Mitbegruenderin des Liberalen Netzwerkes.
Warum?
Oetker: In einer Zeit, in der die Politik sich gerade aus der
Regierungsverantwortung heraus wenig an Problemloesungen orientiert,
sondern vorrangig an den jeweiligen Lobbyisten und den Medien, halte
ich es fuer wichtiger denn je, sich fuer eigene Werte und
Ueberzeugungen stark zu machen.
Mit dem Liberalen Netzwerk ist es gelungen, eine Struktur im Sinne der
offenen Buergergesellschaft zu schaffen, die es Menschen ermoeglicht,
sich fuer liberale Werte zu engagieren, ohne in die Parteipolitik zu
gehen.
Das Gespraech fuehrte Willi Keinhorst.
Grüße an alle
Tyson
Samstag, 24. Maerz 2001
"Tierschutz ist Menschenschutz"
Exklusiv in WELT am SONNTAG spricht Alexandra Oetker, Ehefrau des
Industriellen, ueber ihren Einsatz fuer die Natur und gegen die
Hundeverordnung
WELT am SONNTAG:
Frau Oetker, Sie sind Mitglied der Initiative "Mensch und Hund", die
sich mit der Hundeverordnung auseinander setzt. Sie heben hervor,dass
es sich dabei um ein 'Freiheitsthema' handelt. Warum? Ist das nicht
ein wenig zu hoch gehaengt oder werden die Grundrechte tatsaechlich
beeintraechtigt?
Alexandra Oetker: In der Tat. Ich moechte nur drei Punkte nennen: Da
wird die Unschuldsvermutung, die fuer jeden Schwerstverbrecher bis zum
Beweis seiner Unschuld gilt, kurzerhand durch die Umkehr der
Beweislast fuer Besitzer bestimmter Hunderassen ausgehebelt. Die
Verpflichtung zur Vorlage eines polizeilichen Fuehrungszeugnisses fuer
Hundehalter widerspricht dem Recht auf Datenschutz, und jetzt kommt
die Kroenung: Die Bundesregierung hat kuerzlich im Eilverfahren ein
neues 'Gesetz zur Bekaempfung gefaehrlicher Hunde' abgesegnet, ohne
uebrigens eine im Vorwege von der FDP geforderte Expertenanhoerung
zuzulassen. Dieses Gesetz beinhaltet eine massive Einschraenkung des
Artikels 13 Grundgesetz (Unverletzlichkeit der Wohnung) fuer Besitzer
bestimmter Hunderassen.
WELT am SONNTAG: Was bedeutet das?
Oetker: Das Ganze kommt in der Realitaet einer Aenderung des
Grundgesetzes gleich. Diese Entscheidung - fuer die mit Innenminister
Schily ausgerechnet ein 68er die Hauptverantwortung traegt - ist umso
unglaublicher, als das Bundesverfassungsgericht zeitgleich in einem
anderen Zusammenhang ein Urteil gefaellt hat, das Hausdurchsuchungen
deutlich erschwert. Solch gravierende Schritte unserer Regierung, die
unsere Rechtsstaatlichkeit untergraben und unser Grundgesetz
klammheimlich aushoehlen, sollten jeden muendigen Buerger in hoechste
Alarmbereitschaft versetzen.
WELT am SONTAG: Gab es nicht eine Reihe schlimmer Vorfaelle durch
Kampfhunde?
Oetker: Natuerlich gibt es immer wieder schlimme Vorfaelle mit Hunden.
Interessanterweise zeigen die einschlaegigen Beissstatistiken
allerdings, dass die derzeit in Verruf geratenen Rassen hier eher eine
unbedeutende Rolle spielen. Nur richtet sich das Augenmerk gerade der
Medien nach dem Tod des kleinen Volkan in Hamburg allzu gern auf diese
Hunde. Volkan koennte noch am Leben sein, wenn die Behoerden nur die
Auflagen kontrolliert haetten, die der zig mal vorbestrafte
Hundehalter fuer seinen Hund hatte. Hier gehoert mein es Erachtens
nicht nur der Hundehalter auf die Anklagebank, sondern auch
diejenigen, die eine solche ********rei im Verzug zu verantworten
haben.
WELT am SONTAG: Welche Moeglichkeiten sehen Sie, Menschen vor
gefaehrlichen Hunden zu beschuetzen?
Oetker: Unsinnige Hundeverordnungen mit wissenschaftlich nicht zu
rechtfertigenden Rasselisten sind sicher nicht die Antwort. Die
Verantwortlichen sollten sich endlich mit der Verabschiedung eines
sogenannten Heimtierzuchtgestezes befassen, das seit ueber zehn Jahren
von den Tierschutzverbaenden gefordert wird. Das Gesetz sollte
strengste Zucht- und auch Haltungsvorgaben beinhalten und so den
Missbrauch von Tieren drastisch einschraenken. Dieser Schutz der Tiere
wuerde auch den Menschen schuetzen
.
WELT am SONNTAG: Wie treffen die Auswirkungen des Bundesgesetzes zur
Bekaempfung gefaehrlicher Hunde die Hundebesitzer in NRW?
Oetker: Dieses Gesetz betrifft bundesweit vier Rassen sowie alle
Rassen, die jeweils auf Laenderebene fuer gefaehrlich erklaert wurden,
das sind in NRW allein 42 Rassen! Auf Besitzer dieser Hunde kann
demnaechst eine Hausdurchsuchung ohne richterlichen Beschluss
zukommen. Schon im Vorwege treibt dieses Phaenomen beaengstigende
Blueten. Ein Beispiel aus Hessen: Eine aeltere Dame, Besitzerin eines
wesensgetesteten und somit von den einschlaegigen Auflagen befreiten
Anlagehundes, wird angezeigt, weil ihr Hund angeblich einen Dackel
gebissen hat. Trotz der Weigerung der Frau, eine Hausdurchsuchung
zuzulassen, wird die Wohnung von der Polizei 'gestuermt'. Als die
Besitzerin das Konfiszieren ihres Hundes verhindern will, wird sie mit
Handschellen gefesselt, aus der Wohnung getragen und vorlaeufig
festgenommen. Der Hund wurde eingezogen, eine Reihe von Zeugen des
Vorfalls bedroht. Anzeige laeuft.
Glauben Sie nicht, dies sei ein Einzelfall. Staatlich gefoerdertes
Denunziantentum und das unglaubliche Verhalten einiger Polizisten
inklusive massiven Schusswaffenmissbrauchs sind heute an der
Tagesordnung. Das laesst boese Erinnerungen wach werden.
WELT am SONNTAG: Welche Mittel gibt es gegen die Hundeverordnung?
Sehen Sie eine Chance, die Bestimmungen wieder zu aendern?
Oetker: Im Gegensatz zu anderen Bundeslaendern, die auch schon aktiv
geworden sind, haben wir hier in NRW leider nicht die Moeglichkeit,
ueber eine Normenkontrollklage die Landeshundeverordnung anzugreifen.
Wir arbeiten inzwischen eng mit der FDP zusammen und setzen unsere
Hoffnung auf zwei Dinge:
Zum einen besteht die Moeglichkeit, auf Bundesebene eine
Normenkontrollklage gegen das neue 'Gesetz zur Bekaempfung
gefaehrlicher Hunde' zu fuehren. Dies wird gerade von der FDP-
Bundestagsfraktion geprueft. Ich bin fest davon ueberzeugt, dass eine
solche Klage erfolgreich waere. Das haette natuerlich enorm positive
Auswirkungen auf die Landeshundeverordnungen.
Ausserdem, und das ist wirklich spannend, hat die EU-Kommission die
Bundesregierung aufgefordert, wissenschaftliches Beweismaterial fuer
die Rechtfertigung der Rasselisten vorzulegen, nicht umsonst steht
eine Antwort immer noch aus.
WELT am SONNTAG: Woher kommt Ihr Engagement fuer den Tier- und
Umweltschutz?
Oetker: Ich hatte bereits als Kind eine sehr ausgepraegte Liebe zum
Tier und zur Natur. Durch zwei meiner Hobbys, naemlich Reisen und die
Tierfotografie, kam ich vor vielen Jahren zum ersten Mal auf die
Galapagos-Inseln. Ich war von der Einzigartigkeit dieser Inseln damals
so ueberwaeltigt, dass ich mir sagte: Irgendeinen Beitrag musst du
leisten zum Erhalt solcher Paradiese. Ich trat damals in den WWF
Deutschland ein, bin dort vor sieben Jahren ins Kuratorium gekommen
und wurde dann vor fuenf Jahren in den Stiftungsrat gewaehlt.
WELT am SONNTAG: Als Tierfreundin muss Sie unser derzeitiger Umgang
mit Rindern, Schweinen und Schafen treffen.
Oetker: Wissen Sie, ich beschaeftige mich schon seit knapp fuenf
Jahren sozusagen 'nebenher' mit den Themenbereichen EU-Subventionen
fuer Schlachtvieh, Massentierhaltung und Schlachtviehtransporte und
stehe hier auch in direktem Kontakt mit verschiedenen Organisationen.
Es ruettelt an den Grundfesten meiner ethisch-moralischen
Wertevorstellungen, wie man in den letzten 50 Jahren unsere
baeuerliche Landwirtschaft in eine industrielle Agrarwirtschaft
umgewandelt hat, bei der die Achtung vor dem Tier als Kreatur der
Schoepfung auf der Strecke geblieben ist. Eine aberwitzige
Subventionspolitik, die ja uebrigens die Hauptursache fuer die
grauenvollen Schlachtviehtransporte ist, hat die Auswuechse unserer
Landwirtschaft geradezu gefoerdert. Was wir nun erleben, ist
entsetzlich. Ob Hormonskandale, die Schweinepest, BSE oder Maul- und
Klauenseuche, immer sind die Tiere die Leidtragenden. Die unsinnigen,
von Populismus und Aktionismus gepraegten Toetungsaktionen unzaehliger
Nutztiere tragen in keiner Weise zur Loesung der eigentlichen
Problematik bei.
WELT am SONNTAG: Was kann der Verbraucher tun?
Oetker: Der Verbraucher muss sich klar machen, dass Qualitaet und
Sicherheit ihren Preis haben, man kann nicht hoechste Qualitaet zu
niedrigsten Preisen erwarten. Dringend erforderlich sind hier
verlaessliche Guetesiegel fuer landwirtschaftliche Produkte, die
nicht, wie bisher, ueberwiegend irrefuehrend und vage sind, sondern
die nach eindeutigen und jedermann verstaendlichen Kriterien vergeben
werden. Ist der Verbraucher zu seinem eigenen Schutz bereit, sein
Kaufverhalten z. B. von diesen Guetesiegeln abhaengig zu machen,
werden die Anbieter sich aus eigenem Interesse dieser neuen
Nachfragesituation anpassen. Insofern kommt dem Verbraucher letztlich
eine Schluesselrolle zu bei der Beseitigung der allseits beklagten
Missstaende.
WELT am SONNTAG: Sie sind Mitbegruenderin des Liberalen Netzwerkes.
Warum?
Oetker: In einer Zeit, in der die Politik sich gerade aus der
Regierungsverantwortung heraus wenig an Problemloesungen orientiert,
sondern vorrangig an den jeweiligen Lobbyisten und den Medien, halte
ich es fuer wichtiger denn je, sich fuer eigene Werte und
Ueberzeugungen stark zu machen.
Mit dem Liberalen Netzwerk ist es gelungen, eine Struktur im Sinne der
offenen Buergergesellschaft zu schaffen, die es Menschen ermoeglicht,
sich fuer liberale Werte zu engagieren, ohne in die Parteipolitik zu
gehen.
Das Gespraech fuehrte Willi Keinhorst.
Grüße an alle
Tyson