Salzburger Fenster, 20. Oktober 2004, Ausgabe 35/04
Illegale Hundekämpfe in Salzburg, Amt ermittelt
Pitbulls und Staffordshire Terrier werden mit Katzen zum Kampf trainiert
Der Magistrat Salzburg geht Hinweisen von Tierschützern und Rotlichtkennern nach: In anonymen Wohnanlagen der Stadt sollen Kampfhunde gegen Geld aufeinander gehetzt werden.
Eine der grausamsten Formen von Tierquälerei soll nun auch in Salzburg gepflogen werden. In Rotlichtkreisen und einem bestimmten Submilieu fänden illegale Hundekämpfe statt, man hetze die Tiere gegen Geld und Wetteinsätze in anonymen Wohnanlagen aufeinander, berichten Insider dem SF.
„Die machen das, wenn sie voll zu sind mit Alkohol und Drogen, wenn sie zu sechst, zu siebt zusammensitzen und noch einen besonderen Kick haben wollen. Dann holen sie die Hunde aus den Wohnungen von nebenan und lassen sie aufeinander los“, schildert Veronika Schussmann, eine der begnadetsten Hundekennerinnen weit und breit. Dass es dabei nicht unbedingt laut zugehen muss, liege in der Natur dieser Hunde: „Diese Hunde sind schmerzunempfindlich, da gibt es kein Winseln und Kläffen beim Raufen.“
Die 52-Jährige bezieht ihre Informationen aus langjährigen Kontakten zum Prostitutionsmilieu. Schussmann betreut auf einem Anwesen in Mayrhof in Oberösterreich die verkorktesten und schwierigsten Hunde und kennt wie kaum jemand deren Wesen.
Diese Hunde kämpfen lautlos
Kampfhunde im Submilieu: Man senkt ihre Reizschwelle, heizt ihre Aggressivität an
Im Stadmagistrat Salzburg ermittle bereits das Amt für öffentliche Ordnung, sagt Amtsleiter Michael Haybäck. „Wir haben von Tierschützern und von Personen aus dem Milieu eindeutige Hinweise bekommen. Unser Problem ist, diese Leute zu überführen. Wir brauchen Beweise und Täter, und am besten eine frische Tat“, so der Jurist. Man wolle jedenfalls Zeugen einvernehmen.
„Als Minimum einen Dogo Argentino“
Das SF hat aus Tierschützer- und Rotlichtkreisen übereinstimmende Antworten erhalten: Wiederholt genannt wird eine Wohnanlage an der Sterneckstraße, wo „der Verdacht der Wohnungsprostitution besteht“ (Haybäck), da „60 bis 70 Prozent der Wohnungen von Dirnen und Zuhältern belegt sind“, wie es eine Salzburgerin mit direkten Verbindungen in die Szene ausdrückt. Die Dame, die selbst zwei Großhunde besitzt, schildert: „Dort besitzen viele Herrschaften Kampfhunde, mit denen sie sich die Kasse aufbessern. Das sind zum Teil Leute, die aus den früheren Ostblockländern kommen und große finanzielle Probleme haben.“ Aber auch einheimische Zuhälter würden durchaus mithalten – „es gibt welche, die haben als Minimum einen Dogo Argentino“, weiß die Salzburgerin (Name bekannt).
Bullterrier mit 40 Nähten auf dem Kopf
Heinz Preiss vom Tierschutzzentrum Lochen berichtet von Hundekämpfen „im Umfeld der Fürbergstraße und Sterneckstraße“. Das Zuhältermilieu habe sich gewandelt, sagen die Tierschützer Preiss und Schussmann. „Früher haben diese Herren sich mit der Faust auf den Schädel geschlagen und sind dann auf ein Bier gegangen, heute haben sie scharfe Hunde“ – die immer kleiner werden, seit im S.exgeschäft auch Drogen im Spiel sind „und die Herren dauernd auf Achse sein müssen“ (Schussmann). Angenehmer Nebeneffekt: Pitbull und Co gelten nicht als Waffen. Doch wenn Tierschützer Preiss einen Hund mit Nieten- oder Stachelhalsband sieht, weiß er, „dass etwas faul ist“.
Immer wieder landen Hunde mit schweren Bisswunden bei den Tierrettern. „Ein Bull Terrier hatte 40 Nähte auf dem Schädel, der hat ausgeschaut – unvorstellbar“, schildert Veronika Schussmann. Heinz Preiss wurde ein halb toter Staffordshire Terrier anvertraut, mit der Bitte ihn doch wieder aufzupäppeln. „Diese Leute geben kein Geld für einen Tierarzt aus – entweder das Tier erholt sich oder es hatte ohnehin keinen Wert.“ Frau Schussmann erzählt von einer Pitbull-Hündin, die nicht kämpfen wollte: „Die haben sie an einen Baum gebunden als Übungsobjekt für die anderen Hunde.“
Übergehorsam und arbeitswillig
Von ihrem Wesen her sind Pitbulls, Bullterrier und „Am-Staffs“, wie die bulligen kraftvollen Hunde im Jargon heißen, „übergehorsam gegenüber dem Menschen“ (Schussmann). In anderen Ländern werden sie als äußerst arbeitswillige und furchtlose Rettungs- und Fährtenhunde eingesetzt. Lediglich ein gewisser „Ruaß“, wie die Pinzgauerin Schussmann das Submilieu nennt, missbrauche eben genau diese Eigenschaften. „Diesen Leuten gefällt es, wenn andere sich vor ihnen fürchten.“ Anstatt den Hund nervenstark zu machen, wird seine Reizschwelle gesenkt, die Aggressivität angeheizt. Die Hunde werden auf Holzstangen am eigenen Gewicht aufgehängt, auch zerbissene Autoreifen auf Kinderspielplätzen können ein Hinweis für Beißkrafttraining sein, so Tierschützer Preiss.
Hündin als Katzenkiller
Eine weitere Methode ist, sie auf kleine Hunde und Katzen zu hetzen, erläutert Hubert Hirscher von Animals-Help-Europe in Golling. Hirscher beschreibt eine Staffordshire Terrier-Hündin, die offenkundig zur Katzenkillerin abgerichtet wurde und auf dem Gnadenhof am Gaisberg strandete: „Diese Hündin schlich sich völlig harmlos an einer Katze vorbei, tat als ob nichts wäre und schnappte im nächsten Moment blitzschnell zu. Und alles, ohne das geringste Anzeichen von Aggressivität gezeigt zu haben.“ Eine Methode, die übrigens auch unter Jägern altbekannt ist, obwohl man das offiziell heftig bestreitet.
Zwei Fälle, die in diese Richtung deuten könnten, ereigneten sich unlängst in Salzburg. Am Mayburger Kai tötete der Pitbull eines 42-jährigen Salzburgers den Schoßhund einer 34-jährigen Frau. Die Hundebesitzerin, die aus Panik in die eiskalte Salzach sprang, wirft dem Mann vor, tatenlos zugesehen zu haben. Ihm droht eine Anzeige wegen Gefährdung der körperlichen Sicherheit.
Bullterrier biss Schoßhund halb tot
Im Sommer erwischte es das Hündchen eines Ehepaars aus Lehen. Siegfried M. hatte den Mischling im Lehener Park spazieren geführt, als sich ein Bullterrier von der Leine eines vielleicht siebenjährigen Mädchens losriss und den Spitz beinahe zerfleischte – ein etwa 40-jähriger Mann in deren Nähe kam erst heran, als Siegfried M. dem Pitbull wagemutig mit dem Regenschirm auf den Kopf schlug. Seit dem Vorfall fürchtet sich das Ehepaar „beim Hinausgehen“. Das Amt für öffentliche Ordnung konnte lediglich einen 25-jährigen Hundehalter ausfindig machen, der jeden Zusammenhang mit dem Vorfall bestritt.
Bei der Salzburger Polizei ist von verbotenen Hundekämpfen nichts bekannt. Was Hundeführer Gernot Maier freilich nicht wundert. „Die letzten, die diese Herrschaften rufen, sind wir.“
Ein Champion ist 10.000 Dollar wert
Weltweit boomen Hundekämpfe wieder. Die Kampfhunde-Besitzer organisieren sich über das Internet, in den USA züchten geschätzte 40.000 Menschen Pit Bulls für Kampfzwecke. Hunde werden billig aus Osteuropa und den Balkanländern geliefert, wo es kaum Tierschutz gibt. Im Internet schildern Teilnehmer den „geilen Kick“, den sie erleben, wenn die Hunde sich bis auf die Knochen zerfleischen, Tierschützer prangern die extreme Grausamkeit an: . An Österreichs Grenzen zu Ungarn und Tschechien würden Hallen über das Wochenende angemietet, weiß Hundeexpertin Schussmann: „Hinter den gepiercten, tätowierten harten Burschen, die man beim Kampf sieht, stehen Geschäftsleute.“ Es geht um riesige Summen für Hunde, Wetten, Anabolika, Hundelaufbänder. Preisgelder in den USA: 100 bis 50.000 Dollar. Ein Champion kostet 10.000 Dollar.
Sonja Wenger
Illegale Hundekämpfe in Salzburg, Amt ermittelt
Pitbulls und Staffordshire Terrier werden mit Katzen zum Kampf trainiert
Der Magistrat Salzburg geht Hinweisen von Tierschützern und Rotlichtkennern nach: In anonymen Wohnanlagen der Stadt sollen Kampfhunde gegen Geld aufeinander gehetzt werden.
Eine der grausamsten Formen von Tierquälerei soll nun auch in Salzburg gepflogen werden. In Rotlichtkreisen und einem bestimmten Submilieu fänden illegale Hundekämpfe statt, man hetze die Tiere gegen Geld und Wetteinsätze in anonymen Wohnanlagen aufeinander, berichten Insider dem SF.
„Die machen das, wenn sie voll zu sind mit Alkohol und Drogen, wenn sie zu sechst, zu siebt zusammensitzen und noch einen besonderen Kick haben wollen. Dann holen sie die Hunde aus den Wohnungen von nebenan und lassen sie aufeinander los“, schildert Veronika Schussmann, eine der begnadetsten Hundekennerinnen weit und breit. Dass es dabei nicht unbedingt laut zugehen muss, liege in der Natur dieser Hunde: „Diese Hunde sind schmerzunempfindlich, da gibt es kein Winseln und Kläffen beim Raufen.“
Die 52-Jährige bezieht ihre Informationen aus langjährigen Kontakten zum Prostitutionsmilieu. Schussmann betreut auf einem Anwesen in Mayrhof in Oberösterreich die verkorktesten und schwierigsten Hunde und kennt wie kaum jemand deren Wesen.
Diese Hunde kämpfen lautlos
Kampfhunde im Submilieu: Man senkt ihre Reizschwelle, heizt ihre Aggressivität an
Im Stadmagistrat Salzburg ermittle bereits das Amt für öffentliche Ordnung, sagt Amtsleiter Michael Haybäck. „Wir haben von Tierschützern und von Personen aus dem Milieu eindeutige Hinweise bekommen. Unser Problem ist, diese Leute zu überführen. Wir brauchen Beweise und Täter, und am besten eine frische Tat“, so der Jurist. Man wolle jedenfalls Zeugen einvernehmen.
„Als Minimum einen Dogo Argentino“
Das SF hat aus Tierschützer- und Rotlichtkreisen übereinstimmende Antworten erhalten: Wiederholt genannt wird eine Wohnanlage an der Sterneckstraße, wo „der Verdacht der Wohnungsprostitution besteht“ (Haybäck), da „60 bis 70 Prozent der Wohnungen von Dirnen und Zuhältern belegt sind“, wie es eine Salzburgerin mit direkten Verbindungen in die Szene ausdrückt. Die Dame, die selbst zwei Großhunde besitzt, schildert: „Dort besitzen viele Herrschaften Kampfhunde, mit denen sie sich die Kasse aufbessern. Das sind zum Teil Leute, die aus den früheren Ostblockländern kommen und große finanzielle Probleme haben.“ Aber auch einheimische Zuhälter würden durchaus mithalten – „es gibt welche, die haben als Minimum einen Dogo Argentino“, weiß die Salzburgerin (Name bekannt).
Bullterrier mit 40 Nähten auf dem Kopf
Heinz Preiss vom Tierschutzzentrum Lochen berichtet von Hundekämpfen „im Umfeld der Fürbergstraße und Sterneckstraße“. Das Zuhältermilieu habe sich gewandelt, sagen die Tierschützer Preiss und Schussmann. „Früher haben diese Herren sich mit der Faust auf den Schädel geschlagen und sind dann auf ein Bier gegangen, heute haben sie scharfe Hunde“ – die immer kleiner werden, seit im S.exgeschäft auch Drogen im Spiel sind „und die Herren dauernd auf Achse sein müssen“ (Schussmann). Angenehmer Nebeneffekt: Pitbull und Co gelten nicht als Waffen. Doch wenn Tierschützer Preiss einen Hund mit Nieten- oder Stachelhalsband sieht, weiß er, „dass etwas faul ist“.
Immer wieder landen Hunde mit schweren Bisswunden bei den Tierrettern. „Ein Bull Terrier hatte 40 Nähte auf dem Schädel, der hat ausgeschaut – unvorstellbar“, schildert Veronika Schussmann. Heinz Preiss wurde ein halb toter Staffordshire Terrier anvertraut, mit der Bitte ihn doch wieder aufzupäppeln. „Diese Leute geben kein Geld für einen Tierarzt aus – entweder das Tier erholt sich oder es hatte ohnehin keinen Wert.“ Frau Schussmann erzählt von einer Pitbull-Hündin, die nicht kämpfen wollte: „Die haben sie an einen Baum gebunden als Übungsobjekt für die anderen Hunde.“
Übergehorsam und arbeitswillig
Von ihrem Wesen her sind Pitbulls, Bullterrier und „Am-Staffs“, wie die bulligen kraftvollen Hunde im Jargon heißen, „übergehorsam gegenüber dem Menschen“ (Schussmann). In anderen Ländern werden sie als äußerst arbeitswillige und furchtlose Rettungs- und Fährtenhunde eingesetzt. Lediglich ein gewisser „Ruaß“, wie die Pinzgauerin Schussmann das Submilieu nennt, missbrauche eben genau diese Eigenschaften. „Diesen Leuten gefällt es, wenn andere sich vor ihnen fürchten.“ Anstatt den Hund nervenstark zu machen, wird seine Reizschwelle gesenkt, die Aggressivität angeheizt. Die Hunde werden auf Holzstangen am eigenen Gewicht aufgehängt, auch zerbissene Autoreifen auf Kinderspielplätzen können ein Hinweis für Beißkrafttraining sein, so Tierschützer Preiss.
Hündin als Katzenkiller
Eine weitere Methode ist, sie auf kleine Hunde und Katzen zu hetzen, erläutert Hubert Hirscher von Animals-Help-Europe in Golling. Hirscher beschreibt eine Staffordshire Terrier-Hündin, die offenkundig zur Katzenkillerin abgerichtet wurde und auf dem Gnadenhof am Gaisberg strandete: „Diese Hündin schlich sich völlig harmlos an einer Katze vorbei, tat als ob nichts wäre und schnappte im nächsten Moment blitzschnell zu. Und alles, ohne das geringste Anzeichen von Aggressivität gezeigt zu haben.“ Eine Methode, die übrigens auch unter Jägern altbekannt ist, obwohl man das offiziell heftig bestreitet.
Zwei Fälle, die in diese Richtung deuten könnten, ereigneten sich unlängst in Salzburg. Am Mayburger Kai tötete der Pitbull eines 42-jährigen Salzburgers den Schoßhund einer 34-jährigen Frau. Die Hundebesitzerin, die aus Panik in die eiskalte Salzach sprang, wirft dem Mann vor, tatenlos zugesehen zu haben. Ihm droht eine Anzeige wegen Gefährdung der körperlichen Sicherheit.
Bullterrier biss Schoßhund halb tot
Im Sommer erwischte es das Hündchen eines Ehepaars aus Lehen. Siegfried M. hatte den Mischling im Lehener Park spazieren geführt, als sich ein Bullterrier von der Leine eines vielleicht siebenjährigen Mädchens losriss und den Spitz beinahe zerfleischte – ein etwa 40-jähriger Mann in deren Nähe kam erst heran, als Siegfried M. dem Pitbull wagemutig mit dem Regenschirm auf den Kopf schlug. Seit dem Vorfall fürchtet sich das Ehepaar „beim Hinausgehen“. Das Amt für öffentliche Ordnung konnte lediglich einen 25-jährigen Hundehalter ausfindig machen, der jeden Zusammenhang mit dem Vorfall bestritt.
Bei der Salzburger Polizei ist von verbotenen Hundekämpfen nichts bekannt. Was Hundeführer Gernot Maier freilich nicht wundert. „Die letzten, die diese Herrschaften rufen, sind wir.“
Ein Champion ist 10.000 Dollar wert
Weltweit boomen Hundekämpfe wieder. Die Kampfhunde-Besitzer organisieren sich über das Internet, in den USA züchten geschätzte 40.000 Menschen Pit Bulls für Kampfzwecke. Hunde werden billig aus Osteuropa und den Balkanländern geliefert, wo es kaum Tierschutz gibt. Im Internet schildern Teilnehmer den „geilen Kick“, den sie erleben, wenn die Hunde sich bis auf die Knochen zerfleischen, Tierschützer prangern die extreme Grausamkeit an: . An Österreichs Grenzen zu Ungarn und Tschechien würden Hallen über das Wochenende angemietet, weiß Hundeexpertin Schussmann: „Hinter den gepiercten, tätowierten harten Burschen, die man beim Kampf sieht, stehen Geschäftsleute.“ Es geht um riesige Summen für Hunde, Wetten, Anabolika, Hundelaufbänder. Preisgelder in den USA: 100 bis 50.000 Dollar. Ein Champion kostet 10.000 Dollar.
Sonja Wenger