Gestern ist unserem "alten weißen Mann" hier im Viertel mal wieder der (Pflege-)Hund abgehauen.
Alt und weiß sind hier in der Nachbarschaft zwar mindestens 7 von 10 männlichen Wesen,
dieser hier war aber, wenn ich mich richtig erinnere, Oberarzt in der Chirurgie oder irgendwas Vergleichbares - kurz, er erzählt gern, aber lässt sich ungern etwas sagen.
Die Tochter (auch schon einiges älter als ich - ihr könnt also die Altersklasse der Eltern ausrechnen), Typ pensionierte Studienrätin, hat einen Hund aus dem Tierschutz, der dort manchmal zur Betreuung ist und macht aus der Erziehung eine Wissenschaft. Wenn sie mit ihrer Mutter spazieren geht, hält sie der große Vorträge und erklärt ihr genau, wie alles geht und was sie (also, die Mutter) alles falsch macht.
Wenn der Vater mit dem Hund geht, macht er einfach die Leine los - und staunt immer wieder auf's Neue, wenn der Hund voller Begeisterung erstmal ne große und sehr ausgedehnte Runde durch das nächste Feld dreht und jeden Stein beim Schnüffeln zweimal umdreht. Manchmal flucht er dann auch.
Ich hab den Hund schonmal eingefangen (da war er seiner Frau aus dem Garten entkommen und die völlig panisch - nachdem ich einmal gehört habe, wie die Tochter sie permanent zurechtweist, wusste ich auch, wieso). Da der kein Halsband hatte und recht friedlich wirkte, habe ich ihn kurzhand auf den Arm genommen und zurückgetragen. Der war vermutlich viel zu überrascht, um irgendwas zu machen, fand das aber glaube ich etwas würdelos.
Na, egal: Gestern also... Enkelhund im Rübenfeld, der besagte ältere Herr stand fluchend davor, an der kurzen Seite des Feldes, was den Hund aber absolut Null kümmerte, der hatte die Ohren gepflegt auf Durchzug gestellt und machte keinerlei Anstalten, zurückzukommen, eher im Gegenteil.
Ich hab ihm dann an der langen Seite des Feldes den Weg abgeschnitten und bin etwas
vor ihm ebenfalls ins Rübenfeld rein (also so, dass er sich zwischen dem Halterund mir befand), habe ihn mit Donnerstimme gerufen (auf 20 m Abstand), ihm gesagt, er soll nachhause gehen, und mich langsam quer auf ihn zubewegt.
Der hat einmal vielleicht eine Sekunde geguckt und hat dann wieder so getan, als hätte er mich nicht gesehen und ich wäre gar nicht da - ist aber unauffällig zielstrebig schnüffelnd dann doch lieber wieder in Richtung Besitzer gewandert, mutmaßlich bevor ich komme und ihn wieder auf den Arm nehme.

Leider versuchte er immer mal wieder, abzuchecken, ob ich noch da wäre oder ob er nicht doch wieder umkehren könnte, sodass ich mich in einer Treckerspur parallel wieder auf den Besitzer bzw. Hundesitter zubewegen musste (bei dem sich unterdessen noch andere Hundebesitzer samt Hund eingefunden hatten und ratlos auf dem schlammigen Acker starrten), und den Hund so langsam auf ganz weiten Abstand vor mir hergetrieben habe. Allerdings um ca. 15 m versetzt. Das reichte aber schon, um zurückzukehren und sich sicherheitshalber anleinen zu lassen.
Der kfh war mir bis ans Feld gefolgt und hatte dann mit großen Augen verfolgt, was ich da wohl machte. Aber ebenfalls auf's Feld? - Nee, dann lieber doch nicht. Darf er eigentlich ja nicht, und außerdem kriegt man schlammige Füße.

Er saß dann da, und ich dachte, ich muss ihn hinterher halt dort wieder einsammeln.
Nur musste ich viel weiter hinter dem anderen Hund her als geplant (bestimmt 100 Meter das Feld runter), und weil zwischen dem Feld und der Wiese neben dem Weg Büsche waren, konnte der kfH mich nicht mehr sehen.
Ich war bis auf 20 m ans Ende des Ackers herangekommen und der andere Hund hatte seinen (Leinen-)Halter wiedergefunden, als der kfH in gestrecktem Galopp auf dem Weg herankam. Er hatte also gesehen, in welche Richtung ich verschwunden war, und war den Weg einfach wieder zurückgelaufen, um mich am Ende des Feldes vielleicht wiederzutreffen. Ohne Abkürzung über die Wiese daneben, übrigens.
Er rannte direkt auf die anderen Leute zu (deren Hund ich nicht kannte), also habe ich ihn gerufen. Er guckte, erkannte, dass ich in einer Spur lief, und bog in vollem Lauf sauber zu mir ab, als hätten wir das geübt, und folgte mir dann im Fuß, als würde er das immer so machen, offensichtlich
sehr stolz auf sich.
Ich will
mich nicht loben, weil's ja nicht mein Verdienst war, aber es
wirkte extrem professionell. Wie bei den BCs, die auf irgendwelchen Wettbewerben im Fernsehen Schafe hüten.
Bis wir da waren, waren Halter und Hund schon von dannen marschiert, diesmal dann doch mit Leine dran. Mir den anderen beiden Leuten mit einem sehr netten Samojeden, den der kfH ganz toll fand, habe ich mich dann noch kurz nett unterhalten.
Mal sehen, ob dann beim Pflegehund zukünftig doch die Leine dran bleibt...
(Ich meine, der gute Mann hat einen Punkt: Der Hund pöbelt
an der Leine bei fehlender Sympathie, was die eigentliche Besitzerin wie beschrieben mit viel Theorie und Management energisch bearbeitet - ohne Leine läuft er einfach einen Bogen. Das ist natürlich erheblich entspannter. Aber was nützt das, wenn der Bogen so groß ist, dass er praktisch nicht wiederkommt?)