Wolfgang
KSG-Haarspalter™
Der Rhein als Maulkorbgrenze
Die Länder haben weiterhin unterschiedliche Kampfhunde-Verordnungen
In den Tierheimen des Rhein-Main-Gebiets warten zahlreiche "Kampfhunde" auf ein neues Zuhause - manchmal vergeblich.
Das Bild zeigt den Pitbull "Comtesse" im Tierheim in Frankfurt-Fechenheim.
Archivfoto: dpa
Vom 24.01.2004
RHEIN-MAIN
Vor dem Gesetz sind alle Menschen gleich - nicht aber alle Hunde. Während Kampfhunde in Rheinland-Pfalz einen Maulkorb tragen müssen, bleibt dies ihren Artgenossen in Hessen überwiegend erspart. Auch dreieinhalb Jahre nach der Kampfhunde-Debatte lässt eine bundeseinheitliche Regelung weiter auf sich warten.
Von Markus Lachmann
Im Sommer 2000 hallte ein Aufschrei durch Deutschland: Zwei Kampfhunde hatten den sechsjährigen Volkan auf einem Schulgelände im Hamburg getötet. Die Politik reagierte rasch: Der Bund erließ ein Kampfhunde-Gesetz, die Länder versuchten, mit Verordnungen das Problem in den Griff zu bekommen.
Rheinland-Pfalz verbietet seit dem Jahr 2000 Zucht und Handel mit Hunden wie Pit Bull oder Staffordshire Terrier. Kampfhunde dürfen nur noch mit Auflagen gehalten werden, die Herrchen müssen beweisen, dass sie sich mit den Tieren auskennen. Das "Gesetz light" hat laut Innenministerium bereits Wirkung gezeigt: Gingen 1999 noch 17 Prozent aller "Schadensdelikte" von so genannten "gefährlichen Hunden" aus, so sank diese Zahl auf 9,1 Prozent im Jahr 2002.
Die hessische Verordnung unterscheidet sich von der rheinland-pfälzischen. Die Liste der Rassen, die "gefährlich" sind, ist wesentlich länger. Die Vierbeiner haben sich alle zwei Jahre einem Wesenstest zu unterziehen. So werden sie von Sachverständigen beim Gassi-Gehen Stress-Situationen ausgesetzt. Hunde, die den Test bestehen, müssen in der Regel keinen Maulkorb tragen - im Gegensatz zu den Kampfhunden auf der linken Rheinseite. Seit Bestehen der hessischem Hundeverordnung wurden zwischen Kassel und Bensheim 8030 Hunde auf ihr Wesen geprüft; davon fielen 326 Tiere durch (Stand Juni 2003).
Auch die Städte haben Instrumentarien entwickelt, um die Kampfhunde-Szene aufzuscheuchen. Frankfurt etwa verlangt von den Hundehaltern im Jahr 900 Euro Steuern. Wer einen Hund im vergangenen Jahr anmeldete, musste 125 Euro Verwaltungsgebühr hinblättern; hinzu kamen 100 Euro für den so genannten "Wesenstest" und etwa 60 Euro für die Sachkunde-Prüfung. In diesem Jahr dürfte es für die Kampfhunde-Herrchen eher noch teurer werden. Und das zeigt Wirkung in der Mainmetropole. "Die Leute sind vorsichtiger geworden", weiß Jochen Leichter vom Frankfurter Ordnungsamt, "es kommt kaum noch zu Vorfällen". Waren 1998/99 noch 580 Kampfhunde in Frankfurt gemeldet, so sank diese Zahl auf 290 in diesem Jahr.
Allerdings leisten einige Hundebesitzer seit Jahren massiven Widerstand. Etliche Gerichtsurteile liegen vor, andere stehen noch aus. Die hessische Hundeverordnung musste bereits mehrfach überarbeitet werden. Bis heute kritisieren Tierschützer, dass verschiedene Rassen grundsätzlich als "gefährlich" gebrandmarkt werden. Da die Gerichte sich noch immer mit der Kampfhunde-Problematik beschäftigten, wollen einige Bundesländer erst einmal abwarten, bevor sie ein neues Gesetz schmieden. "Das wird noch eine Weile dauern", erklärt Eric Schaefer, Sprecher des rheinland-pfälzischen Innenministeriums. Eine bundesweite Harmonisierung steht weiter aus, zumal die Rechtsprechung in den Ländern höchst unterschiedlich ist.
Überforderung, Angst oder Krach mit dem Vermieter: In den Tierheimen landen weiterhin viele Kampfhunde. "Es ist fast unmöglich, die Tiere wieder zu vermitteln", berichtet Stefan Regenberg, Leiter des Frankfurter Tierheims. 35 laut Verordnung "gefährliche" Hunde haben bei ihm ein neues Zuhause gefunden; vor allem Pitbulls und Staffordshires. Diese Hunde lägen jedoch in der "Beißstatistik" ganz hinten, kritisiert Regenberg die Regelung. Er hält es für sinnvoll, es vom Einzelfall abhängig zu machen, welche Tiere als gefährlich anzusehen sind und welche nicht. "Wir haben hier zum Beispiel einen Yorkshire-Verschnitt, der ist gefährlicher als jeder Kampfhund."
"Sie können es nicht an der Rasse festmachen", sagt auch Cornelia Goor, Mitarbeiterin des Mainzer Tierheims. Die Mainzer beherbergen zurzeit 24 laut Gesetz "gefährliche" Hunde. Viele seien sehr lieb, würden aber trotzdem als "böse" abgestempelt und müssten deshalb einen Maulkorb tragen.
Im Wiesbadener Tierheim "wohnen" derzeit etwa 15 Kampfhunde. Nicole Mindrup, erste Vorsitzende des Tierschutzvereins, hält die Rasse-Regelung für "Quatsch". "Grundsätzlich kann jeder Hund beißen." Mindrup fordert deshalb, dass die Halter aller Hunde ab einer bestimmten Größe der Tiere ihre Sachkunde nachweisen müssen. Regenberg pflichtet ihr bei. "Die Sachkunde würde auch vielen Dackelbesitzern nützen."
Die Länder haben weiterhin unterschiedliche Kampfhunde-Verordnungen
In den Tierheimen des Rhein-Main-Gebiets warten zahlreiche "Kampfhunde" auf ein neues Zuhause - manchmal vergeblich.
Das Bild zeigt den Pitbull "Comtesse" im Tierheim in Frankfurt-Fechenheim.
Archivfoto: dpa
Vom 24.01.2004
RHEIN-MAIN
Vor dem Gesetz sind alle Menschen gleich - nicht aber alle Hunde. Während Kampfhunde in Rheinland-Pfalz einen Maulkorb tragen müssen, bleibt dies ihren Artgenossen in Hessen überwiegend erspart. Auch dreieinhalb Jahre nach der Kampfhunde-Debatte lässt eine bundeseinheitliche Regelung weiter auf sich warten.
Von Markus Lachmann
Im Sommer 2000 hallte ein Aufschrei durch Deutschland: Zwei Kampfhunde hatten den sechsjährigen Volkan auf einem Schulgelände im Hamburg getötet. Die Politik reagierte rasch: Der Bund erließ ein Kampfhunde-Gesetz, die Länder versuchten, mit Verordnungen das Problem in den Griff zu bekommen.
Rheinland-Pfalz verbietet seit dem Jahr 2000 Zucht und Handel mit Hunden wie Pit Bull oder Staffordshire Terrier. Kampfhunde dürfen nur noch mit Auflagen gehalten werden, die Herrchen müssen beweisen, dass sie sich mit den Tieren auskennen. Das "Gesetz light" hat laut Innenministerium bereits Wirkung gezeigt: Gingen 1999 noch 17 Prozent aller "Schadensdelikte" von so genannten "gefährlichen Hunden" aus, so sank diese Zahl auf 9,1 Prozent im Jahr 2002.
Die hessische Verordnung unterscheidet sich von der rheinland-pfälzischen. Die Liste der Rassen, die "gefährlich" sind, ist wesentlich länger. Die Vierbeiner haben sich alle zwei Jahre einem Wesenstest zu unterziehen. So werden sie von Sachverständigen beim Gassi-Gehen Stress-Situationen ausgesetzt. Hunde, die den Test bestehen, müssen in der Regel keinen Maulkorb tragen - im Gegensatz zu den Kampfhunden auf der linken Rheinseite. Seit Bestehen der hessischem Hundeverordnung wurden zwischen Kassel und Bensheim 8030 Hunde auf ihr Wesen geprüft; davon fielen 326 Tiere durch (Stand Juni 2003).
Auch die Städte haben Instrumentarien entwickelt, um die Kampfhunde-Szene aufzuscheuchen. Frankfurt etwa verlangt von den Hundehaltern im Jahr 900 Euro Steuern. Wer einen Hund im vergangenen Jahr anmeldete, musste 125 Euro Verwaltungsgebühr hinblättern; hinzu kamen 100 Euro für den so genannten "Wesenstest" und etwa 60 Euro für die Sachkunde-Prüfung. In diesem Jahr dürfte es für die Kampfhunde-Herrchen eher noch teurer werden. Und das zeigt Wirkung in der Mainmetropole. "Die Leute sind vorsichtiger geworden", weiß Jochen Leichter vom Frankfurter Ordnungsamt, "es kommt kaum noch zu Vorfällen". Waren 1998/99 noch 580 Kampfhunde in Frankfurt gemeldet, so sank diese Zahl auf 290 in diesem Jahr.
Allerdings leisten einige Hundebesitzer seit Jahren massiven Widerstand. Etliche Gerichtsurteile liegen vor, andere stehen noch aus. Die hessische Hundeverordnung musste bereits mehrfach überarbeitet werden. Bis heute kritisieren Tierschützer, dass verschiedene Rassen grundsätzlich als "gefährlich" gebrandmarkt werden. Da die Gerichte sich noch immer mit der Kampfhunde-Problematik beschäftigten, wollen einige Bundesländer erst einmal abwarten, bevor sie ein neues Gesetz schmieden. "Das wird noch eine Weile dauern", erklärt Eric Schaefer, Sprecher des rheinland-pfälzischen Innenministeriums. Eine bundesweite Harmonisierung steht weiter aus, zumal die Rechtsprechung in den Ländern höchst unterschiedlich ist.
Überforderung, Angst oder Krach mit dem Vermieter: In den Tierheimen landen weiterhin viele Kampfhunde. "Es ist fast unmöglich, die Tiere wieder zu vermitteln", berichtet Stefan Regenberg, Leiter des Frankfurter Tierheims. 35 laut Verordnung "gefährliche" Hunde haben bei ihm ein neues Zuhause gefunden; vor allem Pitbulls und Staffordshires. Diese Hunde lägen jedoch in der "Beißstatistik" ganz hinten, kritisiert Regenberg die Regelung. Er hält es für sinnvoll, es vom Einzelfall abhängig zu machen, welche Tiere als gefährlich anzusehen sind und welche nicht. "Wir haben hier zum Beispiel einen Yorkshire-Verschnitt, der ist gefährlicher als jeder Kampfhund."
"Sie können es nicht an der Rasse festmachen", sagt auch Cornelia Goor, Mitarbeiterin des Mainzer Tierheims. Die Mainzer beherbergen zurzeit 24 laut Gesetz "gefährliche" Hunde. Viele seien sehr lieb, würden aber trotzdem als "böse" abgestempelt und müssten deshalb einen Maulkorb tragen.
Im Wiesbadener Tierheim "wohnen" derzeit etwa 15 Kampfhunde. Nicole Mindrup, erste Vorsitzende des Tierschutzvereins, hält die Rasse-Regelung für "Quatsch". "Grundsätzlich kann jeder Hund beißen." Mindrup fordert deshalb, dass die Halter aller Hunde ab einer bestimmten Größe der Tiere ihre Sachkunde nachweisen müssen. Regenberg pflichtet ihr bei. "Die Sachkunde würde auch vielen Dackelbesitzern nützen."