Hundeleben I
Zur Erinnerung an die Pitbull-Mix-Hündin Rosa (und an Pascha - stellvertretend für viele andere), die bis zu ihrem Tod in einem Tierheim vergeblich auf eine Lebensperspektive in einer liebevollen Familie gewartet hat, weil man ihr aufgrund von Desinteresse und Vorurteilen keine Chance zum Leben gab.
Schicksale in Menschenhand
Ein Hundeschwanz, der Dich von weitem schon begrüßt,
zwei Hundeaugen, die Dich erwartungsvoll anschauen,
ein Hundeherz groß genug für jeden freundlichen Menschen
ehrliche Hundeliebe - unvoreingenommen -, die nicht nach Geld oder Schönheit fragt.
Tierfreunde! Tierfreunde?
Menschen, die nur für ihren Freund leben
und solche, die von ihrem "Freund" leben,
Menschen, die Tiere vor dem Menschen schützen
und solche, die Tierschutz als Aushängeschild benützen
Menschen, die das Leid der Tiere quält:
Das Jaulen, welches von ihrer Einsamkeit erzählt.
Menschen, die das Elend nicht mehr sehen
mit welchem sie tagtäglich haben umzugehen.
Die Wunde auf der Seele sehen sie nicht
ebenso wie die rosa Wunde im Gesicht.
Maulkorb statt Salbe auf die verletzte Stelle
nach dem Ausgang blutverkrustet wieder in die Zelle.
Du läufst nur noch im Kreis, sitzt zitternd an der Wand
Aus schlechter Haltung bist Du hierher gekommen - viel Schlimmes hast Du schon erlebt.
Du versteckst Dich in der Hütte, kommst knurrend an das Tor
Du hast Angst vor dem Tierarzt, hast Angst vor dem Maulkorb.
Du wehrst dich mit allen Mitteln gegen die Todesangst, die Dich befällt.
Du störst den Arbeitsalltag!
Dein armseliges Hundeleben wird von "Verhaltensberatern" und anderen Fachleuten begutachtet. Du wirst als nicht vermittelbar eingestuft....
....und weil man als verantwortungsbewußter Tierschützer Dir nicht ein (kostenträchtiges) Leben im Tierheimzwinger zumuten will, wirst Du gnädigerweise per Spritze vom Leben zum Tod befördert.
Dabei hättest Du nur eines gebraucht:
Statt Unvermittelbarkeitsprognosen und Wirtschaftlichkeitsberechnungen:
Ein wenig Verstehen! Ein kleines bißchen Zuneigung!
Nur etwas Menschlichkeit!
Hundeleben II
Während der verzweifelten (und letztendlich vergeblichen) Suche um Hilfe für Rosa hatte ich das große Glück, eine andere Seite im großen Buch mit dem Titel "Hundeleben" aufschlagen zu dürfen. Wir fanden den Verein "Ein Herz für Hunde e.V." und wir fanden wirkliche Tierfreunde mit einem Herz für Hunde. Diese Erlebnisse haben mich sehr beeindruckt, geben Sie mir doch Mut und ein wenig Zuversicht in einer Zeit der Aussichts- und der Hoffnungslosigkeit im Kampf gegen die Diskriminierung speziell von gelisteten Hunden.
Schicksale in Menschenhand
Angekommen werden wir stürmisch begrüßt von einer Horde von sieben Hunden.
7 Hundeschwänze, die Dich von weitem schon begrüßen,
14 Hundeaugen, die Dich erwartungsvoll anschauen,
7 x ein Hundeherz groß genug für jeden freundlichen Menschen
7 x ehrliche Hundeliebe - unvoreingenommen -, die nicht nach Geld oder Schönheit fragt.
Alles Hunde so wie Rosa ...... vom Menschen an Seele und Körper mißhandelt!
7 Hundeseelen, die all dies irgendwann nicht mehr verkraftet haben .....
7 Hunde die daher irgendwann nicht mehr "reibungslos funktionierten"!
7 Hunde, deren absehbares Schicksal die Todespritze war.
Von alle dem ist auf dem Hof von Familie Feddersen kaum noch was zu bemerken. Wir sind umringt von fröhlichen und freundlichen Hunden der verschiedensten Rassen aber fast alle mit dickem Kopf, kurzem Fell und gedrungenem Körperbau. Man nimmt zwischen uns auf der Eckbank in der Wohnküche Platz. Nachdem man uns erst einmal ausgiebig beäugt und beschnuppert hat werden wir mit aller Hundeliebe überhäuft. Man lehnt sich an uns, legt sich vor uns auf den Rücken um die begehrten Streicheleinheiten zu erbetteln.. Wir werden um die Wette beschlabbert, so dass wir uns wohl bis Weihnachten werden nicht mehr waschen müssen. Trotz des ganzen Trubels läuft alles doch irgendwie geordnet ab. Familie Feddersen muss nicht eingreifen um einzelne zur Ordnung zu rufen. Auch untereinander gibt es kein "böses Wort" kein Geknurre oder Gerüffel!
Und mitten drin, sozusagen als "Oberkampfi" von "das Ganze": Thaddäus, das Hausschwein.
Würdevoll schreitet er fast wie ein König durch seine Untertanen. Mit seinem Grunzkonzert je nach Anlass von leise und gemütlich bis lautstark und unwillig weiß er sich bei den Hunden Respekt zu verschaffen. Frau Feddersen versichert glaubhaft hierzu, dass ihre bellenden Schützlinge ihn anstandslos akzeptieren und noch nie einer von ihnen Anstalten gemacht hat, Thaddäus "zu Kotelettes zu verarbeiten."
Im Hof des Bauernhauses werden wir bekannt gemacht mit den anderen Hunden. Leider können sie nicht mit ihren Artgenossen zusammen im Haus gehalten werden, da sie untereinander nicht verträglich sind. In jedem der Zwinger finden wir aber Sofas, Sessel oder auch Betten und viele Decken. Bis auf den Neuzugang, der erst zwei Tage bei den Feddersens ist, wird nach und nach jeder der Hunde aus seiner Behausung gelassen. Es ist auf beiden Seiten eine große Freude miteinander Kontakt aufzunehmen. Alle Hunde sind trotz ihrer schlimmen Erlebnisse in der Vergangenheit, lebendig, freundlich und umgänglich.
Sie sind der lebende Beweis dafür, was man alles
entgegen Unvermittelbarkeitsprognosen und Wirtschaftlichkeitsberechnungen
nur mit ein wenig Verstehen, einem kleinen bißchen Zuneigung,
nur mit etwas Menschlichkeit aber vor allem mit
ein(em) Herz für Hunde
erreichen kann!
Wie glücklich wären wir gewesen, hätte man Rosa die Möglichkeit
auf ´s Leben unter der Obhut dieser Menschen gegeben.
Doch Rosa ist tot!
Möge ein anderer an ihrer Stelle nun die Chance bekommen, die er verdient hat.
Sigrid Bojert 24.06.2002