- Wolfgang
Hannover
Wirbel um Kampfhunde
„Nicht gefährlicher als ein Schäferhund”: Vera Franke und ihr Stefford-Bullterrier Fendi. (Foto: Orlowski)
Nach dem neuen niedersächsischen Hundegesetz wird ein friedfertiger Pittbull nicht anders behandelt als ein Schoßhund: So genannte gefährliche Rassen kennt die Novelle nicht mehr, die am 1. Oktober in Kraft treten soll.
Polizei und Staatsanwaltschaft sind derzeit in einer absurden Situation: Sie müssen das erst seit diesem März gültige „alte” Gesetz anwenden, das eigentlich schon Makulatur ist. Danach wird ein Wesenstest für Kampfhunde gefordert, Halter müssen ihre Eignung nachweisen und eine teure Haftpflichtversicherung abschließen. Insgesamt kostet die Genehmigung für einen Kampfhund an die 600 Euro – am 1. Oktober wird sie überflüssig.
„Das Wesen der Hunde ist nicht nur von der Rasse bestimmt, sondern auch von Erziehung und Ausbildung”, erläutert eine Sprecherin des Verbraucherschutzministeriums. Deshalb forderten CDU und FDP das neue Gesetz, das als Entwurf in den Landtag eingebracht sei. Gegenwärtig gelten Kampfhunde allein wegen ihrer Rasse als „gefährlich”. Das soll sich ändern: Nur noch für bestimmte auffällige Hunde wird eine Genehmigung benötigt – für so genannte Beißer. „Gefährlich” können danach auch Pudel oder Pekinesen sein, wenn sie eine „gesteigerte Aggressivität” aufweisen. Stadt oder Region müssen Hinweise auf angriffslustige Hunde überprüfen.
Wer ohne Genehmigung einen „gefährlichen Hund” hält, macht sich bundesweit strafbar und muss mit bis zu zwei Jahren Gefängnis rechnen. Was „gefährlich” ist, bestimmen die Gesetze der Länder, und da steht in Niedersachsen die Änderung bevor. Gegen fast 200 Besitzer von Kampfhunden, die derzeit als gefährlich gelten, werde wegen fehlender Genehmigung ermittelt, erläutert die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Jutta Rosendahl. „Wir müssen in allen Fällen Akten anlegen und die Polizei hinschicken”, sagt Rosendahl. „Wenn dann ein Kampfhund im Türrahmen steht, könnten ihn die Beamten gleich mitnehmen.” Stattdessen helfen sie den Haltern, einen Antrag auszufüllen.
Denn Paragraf 4 des alten und neuen Gesetzes rettet alle Betroffene über die Zeit: Wenn eine Erlaubnis beantragt ist, „so gilt das Halten des Hundes bis zur Entscheidung über den Antrag als erlaubt”. Und über besondere Eile bei der Entscheidung schweigt sich das Gesetz aus. „Damit erreichen wir eine Art Duldungsstatus”, betont Rosendahl. Wenn die Behörden tatenlos auf den 1. Oktober warten würden, machten sie sich der Beihilfe schuldig, einen gefährlichen Hund ohne Genehmigung zu halten.
Nach Auskunft der Region kostet ein Wesenstest bis zu 500 Euro. Jeder, der den Kampfhund ausführt, muss 25 Euro für den Eignungstest und 15 Euro für das Führungszeugnis zahlen. Hinzu kommt die Haftpflicht. Viele Halter fänden keine Versicherung oder könnten die Prämien nicht zahlen, erläutert die Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Daran scheitere die Genehmigung sehr häufig.
joe
Veröffentlicht 22.07.2003 21:01 Uhr
Zuletzt aktualisiert 22.07.2003 21:06 Uhr
Wirbel um Kampfhunde
„Nicht gefährlicher als ein Schäferhund”: Vera Franke und ihr Stefford-Bullterrier Fendi. (Foto: Orlowski)
Nach dem neuen niedersächsischen Hundegesetz wird ein friedfertiger Pittbull nicht anders behandelt als ein Schoßhund: So genannte gefährliche Rassen kennt die Novelle nicht mehr, die am 1. Oktober in Kraft treten soll.
Polizei und Staatsanwaltschaft sind derzeit in einer absurden Situation: Sie müssen das erst seit diesem März gültige „alte” Gesetz anwenden, das eigentlich schon Makulatur ist. Danach wird ein Wesenstest für Kampfhunde gefordert, Halter müssen ihre Eignung nachweisen und eine teure Haftpflichtversicherung abschließen. Insgesamt kostet die Genehmigung für einen Kampfhund an die 600 Euro – am 1. Oktober wird sie überflüssig.
„Das Wesen der Hunde ist nicht nur von der Rasse bestimmt, sondern auch von Erziehung und Ausbildung”, erläutert eine Sprecherin des Verbraucherschutzministeriums. Deshalb forderten CDU und FDP das neue Gesetz, das als Entwurf in den Landtag eingebracht sei. Gegenwärtig gelten Kampfhunde allein wegen ihrer Rasse als „gefährlich”. Das soll sich ändern: Nur noch für bestimmte auffällige Hunde wird eine Genehmigung benötigt – für so genannte Beißer. „Gefährlich” können danach auch Pudel oder Pekinesen sein, wenn sie eine „gesteigerte Aggressivität” aufweisen. Stadt oder Region müssen Hinweise auf angriffslustige Hunde überprüfen.
Wer ohne Genehmigung einen „gefährlichen Hund” hält, macht sich bundesweit strafbar und muss mit bis zu zwei Jahren Gefängnis rechnen. Was „gefährlich” ist, bestimmen die Gesetze der Länder, und da steht in Niedersachsen die Änderung bevor. Gegen fast 200 Besitzer von Kampfhunden, die derzeit als gefährlich gelten, werde wegen fehlender Genehmigung ermittelt, erläutert die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Jutta Rosendahl. „Wir müssen in allen Fällen Akten anlegen und die Polizei hinschicken”, sagt Rosendahl. „Wenn dann ein Kampfhund im Türrahmen steht, könnten ihn die Beamten gleich mitnehmen.” Stattdessen helfen sie den Haltern, einen Antrag auszufüllen.
Denn Paragraf 4 des alten und neuen Gesetzes rettet alle Betroffene über die Zeit: Wenn eine Erlaubnis beantragt ist, „so gilt das Halten des Hundes bis zur Entscheidung über den Antrag als erlaubt”. Und über besondere Eile bei der Entscheidung schweigt sich das Gesetz aus. „Damit erreichen wir eine Art Duldungsstatus”, betont Rosendahl. Wenn die Behörden tatenlos auf den 1. Oktober warten würden, machten sie sich der Beihilfe schuldig, einen gefährlichen Hund ohne Genehmigung zu halten.
Nach Auskunft der Region kostet ein Wesenstest bis zu 500 Euro. Jeder, der den Kampfhund ausführt, muss 25 Euro für den Eignungstest und 15 Euro für das Führungszeugnis zahlen. Hinzu kommt die Haftpflicht. Viele Halter fänden keine Versicherung oder könnten die Prämien nicht zahlen, erläutert die Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Daran scheitere die Genehmigung sehr häufig.
joe
Veröffentlicht 22.07.2003 21:01 Uhr
Zuletzt aktualisiert 22.07.2003 21:06 Uhr