Für die Beste - Rückblick

Fauve

Vor zwei Jahren...es war so heiss wie jetzt, über 35°C. Vor zwei Jahren schleppte ich meinen Koffer zu unserer Wohnung und war so genervt, denn aus Nachbars Garten drang - wie jeden Tag - das Gebell der lieben Cockerhündin, die tagein, tagaus im Garten war und nichts lieber tat, als zu bellen.

Ich war furchtbar genervt, die lange Fahrt im Auto und die sehr wortkargen Gespräche mit meinem Lebensgefährten zusammen mit Hitze und Gebell liessen meine Nerven gefährlich dünn werden.

Ich läutete. Hörte ein Rumoren hinter der Tür. Und dann ging die Tür auf. Ein eselsohriges, rattenschwänziges, windhundartiges Wesen sprang mir entgegen und klatschte mir die Pfoten auf die Brust.

Ich war baff. Was...oder wer...oder doch was war denn das? Ein Hund? Was tat der hier? Pflegehund? Und was war das denn überhaupt für ein Hund? Ich war so verblüfft, dass ich immer nur "Coucou, toi" sagte. Das Wesen kaute und knabberte an meinen Händen*aua* und sprang wie wild herum. Streicheln konnte man sie nicht, sie wich sofort aus. Von weitem wedelte sie unkoordiniert mit dem Schwanz. Es sah ungeübt aus, so als wäre es das erste Mal.

Mein LG rief sie, hielt sie am Halsband fest und sagte: " Das ist unser Hund. Ihr Name ist Dunia". Ich starrte sie beide an. " Wir haben einen Hund? "

Zur Vorgeschichte
Ich bin vom ersten Tag an mit Hunden aufgewachsen.
Seit meinem Auszug aus dem Haus meiner Eltern waren drei lange, hundelose Jahre vergangen. Ich an der Uni, mein LG Vollzeit-Arbeit, kleine Wohnung. Dann: Umzug in eine grössere Wohnung mit Garten, Abschluss, vier Monate Semesterferien, ab dem neuen Schuljahr Teilzeit-Job. Und der Wunsch nach einem eigenen Hund, dessen Eigenschaften und Rasse ich selbst bestimmen konnte, wurde grösser.

Lange Gespräche mit meinem LG über selbige. Er: Labrador, Goldie, Laika
( "Schon mal so einen Hund im Sommer gerochen und gesehen? Bei uns ist mindestens 6 Monate knalleheiss!!! Ausserdem jagen die und bei uns hoppeln die Hasen über den Weg!!!" ) oder Kangal ( " Wir haben keine 200qm² und auch keine Schafherde." ). Ich: DSH ( Kindheitstraum ), Rottweiler ( unsere Nachbarn hatten auch einen ), Cavalier oder French Bully. Er: Die Kleinen gehen gar nicht. Die sind hitzeanfällig und oft krank ( leider ). Ausserdem geh' ich nicht mit so' ner rosa geschirrten Fusshupe Gassi ( dazu sei gesagt: LG ist Berufssoldat ). Ich: Aber ich will keinen doof gezüchteten Retriever! Er: Mach' doch erst mal Urlaub und entspann' dich!

Also fuhr ich ganz entspannt in den Urlaub. LG hatte klammheimlich schon die Entscheidung bezüglich der Rasse gefällt: gesund, lernwillig, sportlich, gerne auch schwierig, Schutztrieb, jung und pflegeleicht - ein Mali! Und da mein LG beruflich mit Malis arbeitet, wusste er auch, was er sich da anlacht.

Und fand nach wochenlanger Suche schliesslich die Annonce einschliesslich Bild, die ihn zu dem Hund verhalf. Auf dem Bild war zu sehen: wilder, funkelnder Blick aus schwarzer Maske, edel geformter Kopf...gekrönt von podi-artigen Riesenlöffeln. :lol: Er sagte mir später: " Die Ohren, da war ich echt unsicher: die sah so blöd aus, dass ich schon Angst hatte, sie gefällt dir nicht".

Also da sass ich nun auf dem Sofa und durch unsere Wohnung tigerte dieses Tier. LG erzählte mir von ihr: von der für einen Mali zu harten DH-Ausbildung, von den wechselnden Besitzern, von ihrer Scheu, von ihrem Schutztrieb. Aber auch davon, dass sie "nicht viel kennt". Zeigte mir ihre Narben, Wunden und ihren allgemein schlechten Zustand.
Und fragte: " Willst du sie behalten? ". Und ich sah dieses Tier an und ich konnte nicht "Nein" sagen. Ich fühlte mich schon nach einigen Minuten unwiderstehlich von ihr angezogen. Das windhundartige Tier sah mich an und ich glaubte, in diesen Bernsteinaugen und hinter dem geprügelten Äusseren etwas Unentdecktes, Geheimes, aber Wunderbares zu sehen.

"Nein" sagen hiesse: Hund wird entweder eingeschläfert oder weggesperrt. Als Sporthund: zu aggro, zu unsicher im Umgang mit Menschen, verweigert die Arbeit auf dem Platz. Familenhund: no chance. Diensthund: die Hf haben nicht immer Zeit und Lust, die Fehler in der Ausbildung auszubügeln. Und sie ist " zu klein, zu schlank und zu hübsch".
Was kann sie denn dafür? Ich musste weinen und habe gesagt, sie bleibt " Elle restera".

Wie oft hatte ich Tränen in den Augen? Sie konnte nicht schwimmen, kannte kein tiefes Wasser, war unsicher, vertraute mir noch nicht richtig.
Sie stellte Radfahrer, Jogger, Spaziergänger. "Flüchtige", so wusste sie, musste sie stellen und verbellen. Immer. Überall. Spaziergänge nur noch doppelt gesichert nach den ersten Begegungen. "Unbekanntes" stresste sie wahnsinnig. Ausser Zwinger und HuPla war fast alles unbekannt. Männer waren ihr verhasst, war sie doch nur von Männern misshandelt worden. Besuche nur mit MK. Mehr als einmal verletzende Kommentare.

Streicheln, umarmen, kuscheln? Die paar Wochen vor der Abgabe hat sie das gehabt, danach nicht mehr. Angst, Todesangst und damit einhergehend auch Beissen, wenn man es versuchte. Sie kann nichts dafür!!!
Endlich genug zu fressen! Nicht wissen, ob sie angreifen soll ( Reflex bei Bedrohung ), - ich bin eine Frau und spreche freundlich, bin nicht hektisch und sie nie geschlagen habe - das passt nicht ins Muster. Verwirrung.

Duldung erster Streicheleinheiten.
Das erste Mal Schwimmen. Die ersten Hundfreundschaften nach einem halben Jahr sozialer Isolation. Überglücklich sein. Einen warmen, weichen Schlafplatz bekommen.
Nach wie vor Todesangst bei Zwingern, Transportboxen und engen Räumen haben. Sich beruhigen lassen. Tierarzt lieben lernen( Leckerchen, Katzengeruch ). Die ersten Besuche ohne MK. Wälder, Wiesen, Bergwanderungen kennen lernen. Leine, HB, Geschirr positiv verknüpfen. Ankommen und pföteln. Wendig und stark werden. Immer mehr Streicheleinheiten fordern.
Ankommen. Ihren Platz finden. Jeden Tag ein bisschen mehr vergessen und Neues lernen. Immer dabei. Die kühnsten Erwartungen übertreffen. Geliebt werden.

Nur zwei Jahre?? Schon zwei Jahre??
"Petit chien", kleiner Hund, so nennen wir dich liebevoll. Wir sind so froh, dich bei uns zu haben. Jeden Tag. Als unser grosser Chef erlöst wurde, warst du da. Unaufdringlich, sanft, tröstend. Danke dafür.

Tu es chez toi, petit chien. Je t'aime.
Ta maman
 
  • 24. April 2024
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Hi Fauve ... hast du hier schon mal geguckt?
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Total toll geschrieben, muss hier gerade ein bißchen was wegblinzeln vor Rührung :love:. Also, wenn du ein Buch über deine Süße schreiben würdest, ich würde es sofort lesen wollen :).
 
Das hast Du so rührend geschrieben - und hübsch ist die Maus!:love::love::love:
 
Eine tolle, wahre Geschichte.:)
 
freu mich über so viel glück und die schönen bilder- besonders das dritte;)- da sind sie ja doch die fusshupen;)- die cavaliere und wenn zu besuch. was eurer petit chien sichtbar gut tut:love::lol:
 
Ja, die Cavalier-Damen waren eine Woche bei uns zu Besuch und das Mali-Tier völlig entzückt. Sehr schnell hat sie herausgefunden, dass sie die Cavaliers mit ihren Spielaufforderungen zu sehr einschüchtert und sich dementsprechend darauf verlegt, sie freundlich anzuschnuppernund sie zu putzen. :love:
Und - falls die kleinen Wieseldamen mal wieder Anwandlungen von "Ich geh' jetzt mal alleine los" hatten, genügte ein Befehl und das Mali-Tier rannte der Flüchtigen hinterher und trieb sie sanft wieder zurück. :love:
Das war praktisch, denn man glaubt gar nicht, wie schnell diese kleinen Damen davonwuselten ( Richtung Strasse, eh klar: denn da fahren Autos, Autos sind toll, da sitzen nämlich überall Menschen drinnen und Menschen sind suuuper )! :rolleyes:

Die Woche war wunderbar, von Eifersucht keine Spur, keine Rangeleien um die beste Stelle auf Frauchens Schoss.
Einzig beim Futter musste man Vorsicht walten lassen: die sonst so zahmen, zarten Cavalier-Damen verwandelten sich in ausgehungerte Wölfe! Ich habe noch sie so futterg*ile Hunde gesehen. Ich glaube, die können auch durch die Augen und Ohren Futter aufnehmen, so schnell wie die ihren Napf geleert haben! :D
Und dann rot*frech zum Napf des Mali-Tiers stürzen, sich auf die Hinterbeine stellen und reinschielen, ob da nicht noch was zu holen sei. Und was macht das Mali-Tier? Lässt die beiden die restlichen Krümel ausschlecken. So nach dem Motto : " Keine Sorge Frauchen, die dürfen das. Die sind halt bisschen hohl im Kopf, die wissen nicht, was sie tun!" :lol:

Ich war sooo stolz auf meine Maus! Und so glücklich, dass sie es so genossen hat. Die Cavalier-Damen übrigens auch! Beim Abschied haben sie eine grosse Tüte getrockneten Pansen bekommen. Man lerne: je vornehmer der Hund, desto lieber mag er stinkige Leckereien! :love:
 
Was für eine wunderbare Liebeserklärung an einen wunderbaren Hund :love:

bei mir hat das Wegblinzeln nicht geholfen
 
Wenn ich sehe, wie du dich nachts im kühlen Gras wälzt, zufrieden schnaufend, deine Augen im Licht der Taschenlampe leuchtend, deine kecken Ohren, die über die Halme ragen, dich verraten und mich lächeln machen...dann bin ich dankbar.

Wenn ich dich sehe, wie du prustend und schnaubend durch's Wasser jagst - du, die du Angst vor dem Wasser hattest - mit allen vier Pfoten hineinspringst, mit offenem Maul durchpflügst und dir so die Zähne spülst, wie du nach Stöckchen oder Spielzeug tauchst, dich beim Nachobenkommen heftig schüttelst und dabei dieses lustige Geräusch mit den Ohren machst, wie du durch's tiefe Wasser gleitest, als hättest du nie etwas anderes gekannt...dann bin ich stolz auf dich.

Wenn ich dich sehe, wie du mit deinen Kumpels spielst, mit ihnen um die Büsche fegst, über die Wiese wetzt, an einem Stück Leder zerrst oder ihr miteinander im Nahkampf rangelt und dabei die absonderlichsten Geräusche macht, wie du dich jedes Mal freust, wenn du einen anderen Hund siehst...dann bin ich erleichtert.

Wenn ich sehe, wie du dich mir auf leisen Pfoten näherst, mich schüchtern anwedelst und mir die Pfote auf's Bein legst und dir die Brust kraulen lässt, wie du mir dein rosa Bäuchlein präsentierst, das noch gekrault, gestreichelt und getätschelt werden muss, wie du es geniesst, wenn ich dir mit der Nase durch's Fell an deinem Kopf und Nacken fahre und deinen Geruch einatme, dieses Gemisch aus Sonne, Abrikosenmarmelade ( hinter den Ohren, aber nur da !), Staub und *hmmm* ...dann bin ich glücklich.

Man wird süchtig nach dir, petit chien! :love:
 
Heute feierst du deinen dritten Geburtstag, liebes Mali-Tier. :torte:
An deinem ersten Geburtstag warst du gerade mal vier Monate bei uns und noch furchtbar wild: erst handeln und dann - vielleicht - denken. ;) Zu der Zeit lag mein Verbrauch an Baldriantropfen ziemlich hoch. :D

An deinem zweiten Geburtstag warst du schon ziemlich cool - den Maulkorb brauchtest du schon länger nicht mehr und fremde Menschen fandest du auch schon recht brauchbar. :)

Dein dritter Geburtstag lässt mich einer Tatsache ins Auge sehen: du bist jetzt wirklich erwachsen! :love: Ich bin gewachsen an dir, du hast mich vieles gelehrt, etliches überdenken und so manches in anderem Licht erscheinen lassen.

Wie du bist? Ein Zwei-Gang-Hund: entweder residierst du gemütlich auf deinem Kissen ( zuhause ), oder du düst volle Pulle los ( draussen ). Du bist immer für ein neues Abenteuer bereit, reist mit uns überall mit hin, fährst leidenschaftlich gern Auto.

Du hast heimlich Harry Potter gelesen - Alastor Moody's Spruch " Immer wachsam! " - ist dein Leitmotiv. Bei French Bullys, Rottis, Beaucis und Border Collies drehst du vor Freude durch - so sehen Freunde aus! Langsam kriegst du ein Milchbärtchen am Kinn, eine feine, weiss-graue Linie, zum Knuddeln süss. :love:

Manchmal nenne ich dich " Lunatique ", und das trifft es genau: ein bisschen mondsüchtig, ein bisschen verrückt. Bon anniversaire, ma grande!
 
Und was sagt das Mali-Tier dazu?
 

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