F.D.P.-Landtagsfraktion Dr.Heiner Garg: Die Rasseliste muss verschwinden!

merlin

20 Jahre Mitglied
Kiel, Mittwoch, 18. Oktober 2000

Sperrfrist: Redebeginn

Es gilt das gesprochene Wort!

Heiner Garg: „Die Rasseliste muss verschwinden!“

In seinem Redebeitrag zu TOP 13 (Halten und Beaufsichtigen von Hunden)
sagte der tierschutzpolitische Sprecher der F.D.P.-Landtagsfraktion, Dr.
Heiner Garg:

„Ich nehme den Minister beim Wort: Minister Buß ist Minister für Menschen
– nicht für Hunde.

Das kann und darf doch aber nicht der Grund dafür sein, dass das
eigentliche Problem im Zusammenhang mit der Problematik gefährlicher Hunde
von Minister Buß vollkommen außer Acht gelassen wird: Nämlich den Menschen
selbst.

In einer Frage gibt es überhaupt keine zwei Meinungen: Menschen müssen vor
gefährlichen Hunden geschützt werden – vor allem aber müssen Menschen vor
gefährlichen Menschen geschützt werden.
Nämlich vor jenen Kriminellen, die Hunde gezielt als Waffen gegen andere
Menschen einsetzen.

Herr Minister Buß, es geht hier weder um unseren persönlichen Geschmack
noch um die Frage, ob die ein oder andere Rasse gehalten oder erhalten
werden muss.

Aber auch wenn Sie es nicht gerne hören und es immer wieder bestreiten:
Kein einziger Hund wird als mordende Bestie geboren oder erzieht sich
selbst zum blutrünstigen Monster.

Erst wenn Sie diese Tatsache endlich berücksichtigen, werden Sie Ihrem
Anspruch gerecht, die Bevölkerung wirkungsvoll schützen zu wollen.

Wenn Sie jedoch weiterhin ignorieren, dass jedes Hundeverhalten vom
Menschen entscheidend beeinflusst wird, machen Sie sich und der
Bevölkerung nur etwas vor.

In diesem Sommer ist ein kleiner Junge auf bestialische Weise umgebracht
worden.


Ich kann die Wut, das Entsetzen und die Angst vieler Menschen nicht nur
gut verstehen – ich selbst habe nämlich ganz genauso auf die Nachrichten
aus Hamburg reagiert.

Wofür ich allerdings überhaupt kein Verständnis habe, ist die
Scheinheiligkeit, mit der die zuständige Senatorin reagiert hat.

Es war der zuständigen Behörde bekannt, dass beide Hunde auf eben diesem
Schulhof, auf dem der kleine Junge getötet wurde, dressiert und
abgerichtet wurden mit dem einzigen Ziel: Menschen anzugreifen, sie zu
verletzen oder sie sogar zu töten.

Ebenso war bekannt, dass den Tieren Kokain gespritzt wurde, um ihre
Aggressivität weiter zu steigern.

Es war bekannt, dass gegen den verhängten Leinen- und Maulkorbzwang
permanent verstoßen wurde.

Und schließlich war der zuständigen Ordnungsbehörde auch das
Vorstrafenregister des Tierhalters bekannt.

Sie alle wissen, dass es bereits mit der damals geltenden Rechtslage
möglich gewesen wäre, diesem Kriminellen das Tier wegzunehmen.

Ich frage Sie daher Herr Minister: Wer ist Ihrer Auffassung nach dafür
verantwortlich, dass ein kleiner Junge sterben musste? Der Hund?

Die Behörde, die monatelang tatenlos blieb und gegen die heute ein
Ermittlungsverfahren läuft? Oder der Verbrecher, der aus welchem Grund
auch immer aus einem Hund eine lebende Waffe gemacht hat?

Ihre Antwort lautet: Der Hund! Ihre Antwort muss so lauten – denn danach
und nur danach haben Sie gehandelt! Gerade darin liegt aber das
eigentliche Problem.

Sie sagen, möglicherweise tun sie dem einen oder anderen Hund Unrecht. Ich
sage Ihnen, darauf kommt es überhaupt nicht an! Sie stellen aber die
überwiegende Mehrzahl verantwortungsvoller Hundehalter zumindest all jener
Hunderassen an den Pranger, die in der schleswig-holsteinischen
Gefahr-Hunde-Verordnung unwiderlegbar als gefährliche Hunde – als
Kampfhunde – qualifiziert werden.

Wortgewaltig signalisieren Sie der Bevölkerung ein Mehr an Schutz. Dieser
Schutz präsentiert sich dann vor allem in Form einer sogenannten
Rasseliste.

Und auch hier gilt: Es kommt überhaupt nicht darauf an, ob Sie die mehr
oder weniger willkürliche Zusammenstellung bestimmter Hunderassen und
deren Deklaration zu gefährlichen Hunden für sachgerecht halten – und ich
das Gegenteil behaupte.

Entscheidend ist neben der Frage, wer ursächlich dafür verantwortlich ist,
dass aus Hunden Waffen werden können, die gegen Menschen eingesetzt
werden, nur, ob gesteigerte Aggressivität tatsächlich ein
rassespezifisches Merkmal darstellt.

Und Herr Minister, Sie kennen die Antwort ebenso gut wie ich: Eine
angeborene rassespezifische erhöhte Aggressivität ist nicht nur äußerst
selten sondern sie beschränkt sich immer auf bestimmte Zuchtlinien niemals
aber auf ganze Rassen.
Gesteigerte Aggressivität stellt somit gerade kein rassespezifisches
Merkmal dar – und damit fehlt jedweder Rasseliste – unabhängig davon ob
11, 20 oder 50 Hunde aufgelistet werden – die Legitimation.

Natürlich ist es Ihnen dennoch unbenommen, wie bisher alle sachlichen
Argumente und Einwände mit der ‚schlagkräftigen‘ Entgegnung vom Tisch
wischen, das alles interessiere Sie überhaupt nicht.

Ich sage Ihnen nur: Durch das beharrliche Ignorieren von Fakten schützen
Sie niemanden.

Und Vollzugsdefizite geltenden Rechts bekämpfen Sie nicht durch den Erlass
vermeintlich schärferer Verordnungen oder Gesetze, deren Vollzug Sie
wiederum nicht gewährleisten können.

Ich will ausdrücklich anerkennen, dass die Grünen in dieser Frage eine
deutlich differenzierte Haltung eingenommen haben.

Liebe Frau Kollegin Fröhlich, wir sind uns doch völlig einig darin, dass
es darum gehen muss, Menschen das Handwerk zu legen, die Hunde zur
Aggressionszucht und -dressur missbrauchen. Das erreichen wir nur, wenn
Zucht und Dressur zu gesteigerter Aggressivität künftig als Straftat
verfolgt und geahndet wird.

Die bestehenden Gesetzeslücken im Hinblick auf Zucht, Haltung, Import und
Handel mit Hunden schließen wir nicht durch die Diskriminierung
willkürlich ausgewählter Rassen oder gar durch deren Ausrottung sondern
nur durch den Erlass des längst überfälligen Heimtierzuchtgesetzes.

Ich glaube auch hier sind wir einer Meinung Das gleiche gilt wohl auch
für die von uns geforderte obligatorische Haftpflichtversicherung für
Hundehalter. Hierzu nur eine Anmerkung, Herr Hentschel: Auch kleine oder
sogar Kleinsthunde können enormen finanziellen Schaden verursachen, wenn
sie über die Strasse laufen und Ursache sind für einen Verkehrsunfall – im
schlimmsten Fall mit Personenschaden. Ich finde daran sollten wir auch
denken.

Aber solche Fragen lassen sich mit Sicherheit im Ausschuss einvernehmlich
lösen.

Ebenso wie die Frage nach Plakette oder Chip zur Tierkennzeichnung.

Wobei man wissen muss, dass jede Plakette natürlich beliebig manipulierbar
ist.

Einzig die obligatorische elektronische Kennzeichnung mittels Transponder
nach ISO-Standard, die ausschließlich durch den Veterinär erfolgen darf,
garantiert die nicht manipulierbare eindeutige Identifikation des Tieres –
und im Zusammenhang mit der behördlichen Anmeldung des Tieres die
eindeutige – nicht manipulierbare – Zuordnung zum Halter.

Liebe Frau Kollegin Fröhlich, überhaupt nicht verstehen kann ich
allerdings, dass Sie heute offensichtlich mit dafür sorgen wollen, dass
die rechtlich zumindest zweifelhafte Verordnung auch nur einen Tag länger
in Kraft bleiben soll.

Mich würde übrigens in diesem Zusammenhang die Haltung der Frau
Justizministerin im Hinblick auf die Einhaltung des Grundsatzes der
Verhältnismäßigkeit der Mittel interessieren.
Es ist doch bezeichnend, dass sich weder die Justizministerin noch der für
Tierschutz zuständige grüne Umweltminister jemals zu dieser Verordnung
geäußert haben.

Frau Fröhlich, ich appelliere an Sie und Ihre Fraktionskollegen noch
einmal eindringlich und ich bitte Sie: Überdenken Sie nochmals Ihre
Haltung im Hinblick auf Punkt 1 unseres Antrages.

Das ist nun wirklich keine Sache, die noch im Ausschuss so lange hin- und
her diskutiert werden muss bis Teile der Verordnung gerichtlich außer
Kraft gesetzt werden.

Wenn Sie tatsächlich der Meinung sind, dass diese Verordnung nichts taugt,
dass sie keineswegs den Menschen konkret mehr Schutz bietet -

dann sorgen Sie konsequenterweise mit dafür, dass sie außer Kraft gesetzt
wird.
Nach den Erfahrungen in diesem Sommer - ich will es einmal vorsichtig als
Klima bezeichnen, das sich zwischen Hundehaltern und Nichthundehaltern
entwickelt hat – ohne dass das grundlegende Problem krimineller Halter
auch nur ansatzweise angegangen wurde – vor diesem Hintergrund fehlt mir
jedenfalls auch für ein noch so engagiertes ‚sowohl als auch‘ jedes
Verständnis.“


Christian Albrecht
- Pressesprecher -
V.i.S.d.P.
F.D.P.-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag
Landeshaus
24100 Kiel
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Würde es mehr wie ihn geben hätten wir schon lange keine Rasselisten mehr.
Hoffentlich kann er ein paar Leute überzeugen.
 
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