Eine sanfte „Bestie“ƒ
Vom 19.07.2001
fube. – Bewohner der Gassnerallee trauten sich nicht mehr vor die Tür, als
sie gestern gegen 19 Uhr die Polizei um Hilfe riefen. denn: Auf der Straße
zog ein unbeaufsichtigter Kampfhund seine Runden. Als die Beamten die Tür
ihres Streifenwagens öffneten, entpuppte sich der American Staffordshire
Terrier allerdings als reines Schmusehündchen, sprang in den Wagen, legte
sich zu Füßen der Beamten und ließ sich kraulen. Auch als die Feuerwehr
anrückte und sich der vermeintlichen „Bestie“ annahm, machte das Tier
keinerlei Anstalten, „gefährlich“ zu werden. Der offensichtlich herrenlose
Hund wurde zunächst ins Tierheim gebracht. Die Polizei geht davon aus,
dass der American Staffordshire Terrier ausgesetzt wurde.
[ ]
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"Ich schoss ein weiteres Mal"
Ermittlungen gegen zwei Polizisten: Sie töteten einen Hund mit 10 Schüssen
Von Kai von Appen
Die Kampfhundhysterie in Hamburg hat nicht nur ein unschuldiges tierisches
Opfer gefordert, sondern womöglich auch strafrechtliche Konsequenzen für
zwei Beamte des Polizeireviers Troplowitzstraße. "Wir haben ein
Ermittlungsverfahren wegen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz
eingeleitet", bestätigte Staatsanwaltschaftssprecher Rüdiger Bagger
gestern der taz hamburg. Die beiden Polizisten hatten den
Bulldog/Boxer-Mischling "Lisa" am 30. Juni mit 10 Schüssen getötet. Die
Dienststelle Interne Ermittlungen (DIE) hat sich inzwischen eingeschaltet.
Was eigentlich als eine harmlose Ruhestörung begann, endete in jener Nacht
mit einer regelrechten Treibjagd. Die Besatzung des Peterwagen 23/2 war
damals um 2.59 Uhr in Fehlhoopstücken 56 in Lokstedt gerufen worden, weil
sich eine Anwohnerin über das Bellen von Lisa beschwert hatte. Auch die
beiden Polizisten nahmen den Hund am Fenster wahr, den sie für einen
"kleinen Terrier" gehalten haben. Besitzer Dennis Bott hatte die Hündin in
der Wohnung des Freundes Klaus-Dieter Bohn nebst Katze "Tiger"
zurückgelassen.
Nach einer Anfrage über das Polizeisystem Polas, in der Bohn als
Drogenkonsument geführt wird, schlossen die Beamten nach eigenen Angaben
einen möglichen Notfall nicht aus und entschieden sich, die Wohnung
aufbrechen zu lassen. Statt aber - wie üblich - einen Hundefänger aus dem
Tierheim Süderstraße oder einen Führer der Polizeihundestaffel zu ordern,
holten sie nur die Feuerwehr, die um 3.59 die Tür öffnete.
Der als lieb und zutraulich geltende Bulldogboxer reagierte wie ein Hund,
der sein Revier verteidigt: Lisa bellte und rannte aufgeregt umher.
Inzwischen ist in der Wahrnehmung des Beamten Braun* aus dem kleinen
Terrier ein Pitbull geworden. "Da ich mich massiv bedroht fühlte (...) gab
ich einen gezielten Schuss auf das Tier ab", schrieb er in seinen
offiziellen Bericht über den Vorfall. Es wurde laut Braun getroffen,
verschwand in den hinteren Räumen, tauchte dann aber wieder auf, so dass
er noch zweimal auf Lisa schoss. Wiederum getroffen flüchtete der
Vierbeiner erneut. Braun folgte dem Hund: "Der Pitbull lag auf einem
Sessel", schildert er nun die Ereignisse, "um einen Angriff zu vermeiden,
schoss ich dann ein viertes Mal." Doch wieder war Lisa nicht tot, sondern
sprang nun aus dem Fenster der Wohnung im zweiten Stock.
Die Beamten riefen über Funk Verstärkung und machten sich nach einiger
Zeit dann auch selbst wieder auf die Jagd. Die beiden trafen in der
Stresemannallee auf Lisa, wo sie schwer verletzt rastete. Als sie mit
einer Schlinge eingefangen werden sollte, flüchtete sie erneut. Da die
Beamten eine Gefahr für die Bevölkerung unterstellten, schoss Kollege
Gerber* nun aus der Maschinenpistole und trifft den Hund zweimal. "Da er
noch nicht tödlich getroffen war, schoss ich mit meiner Dienstpistole ein
weiteres Mal auf den Hund", gibt Braun später zu Protokoll. Auch nach
diesen Schüssen stand Lisa wieder auf, Gerber schoss wieder zweimal aus
der MP auf den Kopf des Hundes, Born nochmals aus der Pistole: "Dadurch
wurde der Pitbull getötet."
Ob der Einsatz dilettantisch und unverhältnismäßig war, müssen nun die
Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ergeben. Aber wohl allein der Grund,
dass die Betroffenen Strafantrag gegen die Polizisten gestellt haben und
unter AnwohnerInnen Unterschriften und Spenden für einen Prozess und
Gegendarstellungen in der Springer-Presse sammeln, hat mittlerweile
zwischen Revierbeamten, Klaus-Dieter Bohn und seinen Freunden zum
Kleinkrieg geführt.
Nur wenige Tage nach dem Vorfall stürmten Polizisten eine Geburtstagsfete
bei Bohn und nahmen mehrere Gäste in Gewahrsam. "Wir werden ja sehen, wer
den längeren Arm hat", hätten die Beamten gedroht. Für Anwältin Angela
Wierig ein ungehöriger Vorgang: "Da es sich um eine Ordnungswidrigkeit
handelt, ist eine Polizeihaft gar nicht zu rechtfertigen."
*Namen geändert
[ ]
Vom 19.07.2001
fube. – Bewohner der Gassnerallee trauten sich nicht mehr vor die Tür, als
sie gestern gegen 19 Uhr die Polizei um Hilfe riefen. denn: Auf der Straße
zog ein unbeaufsichtigter Kampfhund seine Runden. Als die Beamten die Tür
ihres Streifenwagens öffneten, entpuppte sich der American Staffordshire
Terrier allerdings als reines Schmusehündchen, sprang in den Wagen, legte
sich zu Füßen der Beamten und ließ sich kraulen. Auch als die Feuerwehr
anrückte und sich der vermeintlichen „Bestie“ annahm, machte das Tier
keinerlei Anstalten, „gefährlich“ zu werden. Der offensichtlich herrenlose
Hund wurde zunächst ins Tierheim gebracht. Die Polizei geht davon aus,
dass der American Staffordshire Terrier ausgesetzt wurde.
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"Ich schoss ein weiteres Mal"
Ermittlungen gegen zwei Polizisten: Sie töteten einen Hund mit 10 Schüssen
Von Kai von Appen
Die Kampfhundhysterie in Hamburg hat nicht nur ein unschuldiges tierisches
Opfer gefordert, sondern womöglich auch strafrechtliche Konsequenzen für
zwei Beamte des Polizeireviers Troplowitzstraße. "Wir haben ein
Ermittlungsverfahren wegen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz
eingeleitet", bestätigte Staatsanwaltschaftssprecher Rüdiger Bagger
gestern der taz hamburg. Die beiden Polizisten hatten den
Bulldog/Boxer-Mischling "Lisa" am 30. Juni mit 10 Schüssen getötet. Die
Dienststelle Interne Ermittlungen (DIE) hat sich inzwischen eingeschaltet.
Was eigentlich als eine harmlose Ruhestörung begann, endete in jener Nacht
mit einer regelrechten Treibjagd. Die Besatzung des Peterwagen 23/2 war
damals um 2.59 Uhr in Fehlhoopstücken 56 in Lokstedt gerufen worden, weil
sich eine Anwohnerin über das Bellen von Lisa beschwert hatte. Auch die
beiden Polizisten nahmen den Hund am Fenster wahr, den sie für einen
"kleinen Terrier" gehalten haben. Besitzer Dennis Bott hatte die Hündin in
der Wohnung des Freundes Klaus-Dieter Bohn nebst Katze "Tiger"
zurückgelassen.
Nach einer Anfrage über das Polizeisystem Polas, in der Bohn als
Drogenkonsument geführt wird, schlossen die Beamten nach eigenen Angaben
einen möglichen Notfall nicht aus und entschieden sich, die Wohnung
aufbrechen zu lassen. Statt aber - wie üblich - einen Hundefänger aus dem
Tierheim Süderstraße oder einen Führer der Polizeihundestaffel zu ordern,
holten sie nur die Feuerwehr, die um 3.59 die Tür öffnete.
Der als lieb und zutraulich geltende Bulldogboxer reagierte wie ein Hund,
der sein Revier verteidigt: Lisa bellte und rannte aufgeregt umher.
Inzwischen ist in der Wahrnehmung des Beamten Braun* aus dem kleinen
Terrier ein Pitbull geworden. "Da ich mich massiv bedroht fühlte (...) gab
ich einen gezielten Schuss auf das Tier ab", schrieb er in seinen
offiziellen Bericht über den Vorfall. Es wurde laut Braun getroffen,
verschwand in den hinteren Räumen, tauchte dann aber wieder auf, so dass
er noch zweimal auf Lisa schoss. Wiederum getroffen flüchtete der
Vierbeiner erneut. Braun folgte dem Hund: "Der Pitbull lag auf einem
Sessel", schildert er nun die Ereignisse, "um einen Angriff zu vermeiden,
schoss ich dann ein viertes Mal." Doch wieder war Lisa nicht tot, sondern
sprang nun aus dem Fenster der Wohnung im zweiten Stock.
Die Beamten riefen über Funk Verstärkung und machten sich nach einiger
Zeit dann auch selbst wieder auf die Jagd. Die beiden trafen in der
Stresemannallee auf Lisa, wo sie schwer verletzt rastete. Als sie mit
einer Schlinge eingefangen werden sollte, flüchtete sie erneut. Da die
Beamten eine Gefahr für die Bevölkerung unterstellten, schoss Kollege
Gerber* nun aus der Maschinenpistole und trifft den Hund zweimal. "Da er
noch nicht tödlich getroffen war, schoss ich mit meiner Dienstpistole ein
weiteres Mal auf den Hund", gibt Braun später zu Protokoll. Auch nach
diesen Schüssen stand Lisa wieder auf, Gerber schoss wieder zweimal aus
der MP auf den Kopf des Hundes, Born nochmals aus der Pistole: "Dadurch
wurde der Pitbull getötet."
Ob der Einsatz dilettantisch und unverhältnismäßig war, müssen nun die
Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ergeben. Aber wohl allein der Grund,
dass die Betroffenen Strafantrag gegen die Polizisten gestellt haben und
unter AnwohnerInnen Unterschriften und Spenden für einen Prozess und
Gegendarstellungen in der Springer-Presse sammeln, hat mittlerweile
zwischen Revierbeamten, Klaus-Dieter Bohn und seinen Freunden zum
Kleinkrieg geführt.
Nur wenige Tage nach dem Vorfall stürmten Polizisten eine Geburtstagsfete
bei Bohn und nahmen mehrere Gäste in Gewahrsam. "Wir werden ja sehen, wer
den längeren Arm hat", hätten die Beamten gedroht. Für Anwältin Angela
Wierig ein ungehöriger Vorgang: "Da es sich um eine Ordnungswidrigkeit
handelt, ist eine Polizeihaft gar nicht zu rechtfertigen."
*Namen geändert
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