5. Januar 2002
Zum Tierschutz-Aktivismus
Einsatz für bedrohte und misshandelte Tiere findet Grenzen im Gesetz
DR. NORBERT SCHAUER
"Juristen für Tierrechte"
Der Tierrechtsaktivismus reicht von legalen Dauerdemonstrationen bis zu Brandanschlägen.
Umgekehrt wurden Tierschützer von Schweinebauern angeschossen oder von Zirkus-Betreibern
schwer verprügelt. Wenn von tierschützerischem Aktivismus die Rede ist, stehen Probleme der
Massentierhaltung, die Haltung von Wildtieren in Zirkussen, Tiertransport und schonende
Schlachtung, Legitimität des Handels mit Pelztieren, weidgerechtes Verhalten bei Jagd und
Fischfang, Schmuggel exotischer Tiere, Tierversuchsmedizin und -pharmazie im Vordergrund.
Militante Tierschützer machen immer wieder Schlagzeilen. Auch Sozialwissenschafter gehen
davon aus, dass sich der Konflikt zwischen Tierschützern und Tiernützern künftig ausweiten wird.
Wie sieht es rechtlich aus?
o Eigenmächtiges Betreten von Tierhaltungsbetrieben: Dem Grundeigentümer erwächst gegen
den Tierrechtsaktivisten ein Anspruch auf Feststellung der Stö-rung, Wiederherstellung des
früheren Besitzstandes und Unterlassung weiterer Störungen (Besitzstö-rungsklage). Der Anspruch
ist mit einer 30-tägigen materiellrechtlichen Ausschlussfrist begrenzt.
Jedem bloßen Betreten fremden Grundes haftet, wenn es nicht nur ganz unbedeutend ist, also
der Aufforderung zum Verlassen sofort Folge gegeben wird, eine Besitzstö-rung an. Für Schäden,
die beim Betreten des Grundstücks verursacht werden, aber auch für Folgeschäden
(Umsatzeinbußen auf Grund eines Fernsehberichts) wird nach allgemeinen Grundsätzen aus dem
Delikt gehaftet.
Tierbefreiung
ist Besitzstörung
Probleme sind hinsichtlich der Folgeschäden in Bezug auf die Schadenszurechnung (Adäquanz,
Rechtswidrigkeitszusammenhang) zu sehen. Strafrechtlich liegt im bloßen Betreten kein
Hausfriedensbruch vor, da dieser nach § 109 StGB das gewaltsame Erzwingen des Eintritts in eine
Wohnstätte voraussetzt.
o Tierbefreiung: Befreiungsaktionen sind Besitzstörungen; petitorisch kann auf Herausgabe
beziehungsweise Unterlassung geklagt werden. Strafrechtlich liegt dauernde Sachentziehung vor.
o Kürschnerboykott: Das Beschmieren von Auslagen stellt eine Sachbeschädigung dar, macht
daher strafbar und verpflichtet zum Schadenersatz. Wiederherstellung bzw. Unterlassung kann mit
Besitzstö-rungsklage oder petitorisch begehrt werden. Fordert der Aktivist zudem dazu auf, bei
Kürschnern nicht zu kaufen, liegt Boykott vor. Das Gesetz regelt ihn nicht. Ist damit eine
Beleidigung bzw. Rufschädigung im Sinne des § 1330 verbunden, gebührt nach dieser
Bestimmung Schadenersatz, bei Sittenwidrigkeit nach § 1295 Abs. 2 ABGB.
o Einzeltierrettung: Sieht jemand, wie ein anderer im Garten seines Hauses daran geht, seinen
Hund grausam zu töten, ist es ihm derzeit nicht erlaubt, diese Person mit Gewalt an seinem
strafbaren Treiben zu hindern. Auch das immer wieder von der Boulevardpresse emphatisch
gefeierte Aufbrechen eines Autos, um dem darin schmachtenden Hund Luft zu verschaffen, ist
rechtswidrig. Hier kommt allenfalls der Rechtfertigungsgrund des Notstandes in Form der Nothilfe
zu Gunsten und im Interesse des Tiereigentümers in Betracht.
Zum Tierschutz-Aktivismus
Einsatz für bedrohte und misshandelte Tiere findet Grenzen im Gesetz
DR. NORBERT SCHAUER
"Juristen für Tierrechte"
Der Tierrechtsaktivismus reicht von legalen Dauerdemonstrationen bis zu Brandanschlägen.
Umgekehrt wurden Tierschützer von Schweinebauern angeschossen oder von Zirkus-Betreibern
schwer verprügelt. Wenn von tierschützerischem Aktivismus die Rede ist, stehen Probleme der
Massentierhaltung, die Haltung von Wildtieren in Zirkussen, Tiertransport und schonende
Schlachtung, Legitimität des Handels mit Pelztieren, weidgerechtes Verhalten bei Jagd und
Fischfang, Schmuggel exotischer Tiere, Tierversuchsmedizin und -pharmazie im Vordergrund.
Militante Tierschützer machen immer wieder Schlagzeilen. Auch Sozialwissenschafter gehen
davon aus, dass sich der Konflikt zwischen Tierschützern und Tiernützern künftig ausweiten wird.
Wie sieht es rechtlich aus?
o Eigenmächtiges Betreten von Tierhaltungsbetrieben: Dem Grundeigentümer erwächst gegen
den Tierrechtsaktivisten ein Anspruch auf Feststellung der Stö-rung, Wiederherstellung des
früheren Besitzstandes und Unterlassung weiterer Störungen (Besitzstö-rungsklage). Der Anspruch
ist mit einer 30-tägigen materiellrechtlichen Ausschlussfrist begrenzt.
Jedem bloßen Betreten fremden Grundes haftet, wenn es nicht nur ganz unbedeutend ist, also
der Aufforderung zum Verlassen sofort Folge gegeben wird, eine Besitzstö-rung an. Für Schäden,
die beim Betreten des Grundstücks verursacht werden, aber auch für Folgeschäden
(Umsatzeinbußen auf Grund eines Fernsehberichts) wird nach allgemeinen Grundsätzen aus dem
Delikt gehaftet.
Tierbefreiung
ist Besitzstörung
Probleme sind hinsichtlich der Folgeschäden in Bezug auf die Schadenszurechnung (Adäquanz,
Rechtswidrigkeitszusammenhang) zu sehen. Strafrechtlich liegt im bloßen Betreten kein
Hausfriedensbruch vor, da dieser nach § 109 StGB das gewaltsame Erzwingen des Eintritts in eine
Wohnstätte voraussetzt.
o Tierbefreiung: Befreiungsaktionen sind Besitzstörungen; petitorisch kann auf Herausgabe
beziehungsweise Unterlassung geklagt werden. Strafrechtlich liegt dauernde Sachentziehung vor.
o Kürschnerboykott: Das Beschmieren von Auslagen stellt eine Sachbeschädigung dar, macht
daher strafbar und verpflichtet zum Schadenersatz. Wiederherstellung bzw. Unterlassung kann mit
Besitzstö-rungsklage oder petitorisch begehrt werden. Fordert der Aktivist zudem dazu auf, bei
Kürschnern nicht zu kaufen, liegt Boykott vor. Das Gesetz regelt ihn nicht. Ist damit eine
Beleidigung bzw. Rufschädigung im Sinne des § 1330 verbunden, gebührt nach dieser
Bestimmung Schadenersatz, bei Sittenwidrigkeit nach § 1295 Abs. 2 ABGB.
o Einzeltierrettung: Sieht jemand, wie ein anderer im Garten seines Hauses daran geht, seinen
Hund grausam zu töten, ist es ihm derzeit nicht erlaubt, diese Person mit Gewalt an seinem
strafbaren Treiben zu hindern. Auch das immer wieder von der Boulevardpresse emphatisch
gefeierte Aufbrechen eines Autos, um dem darin schmachtenden Hund Luft zu verschaffen, ist
rechtswidrig. Hier kommt allenfalls der Rechtfertigungsgrund des Notstandes in Form der Nothilfe
zu Gunsten und im Interesse des Tiereigentümers in Betracht.