Eine eingeschworene Feindschaft

Xana

15 Jahre Mitglied
Felix Zimmermann

Der Zaun zum Beispiel. Dahinter ist der Spielplatz in der Hasenheide. Hüfthoch ist er, wenn ein Erwachsener davor steht. Er trennt zwei Welten, könnte man sagen: Die Welt der Kinder, mit Sandkiste, Rutschen, Schaukeln und Bänken für die Eltern, von der Welt der Spaziergänger, die auf dem Weg vor dem Spielplatz spazieren gehen. Reicht der Zaun, für den Fall, dass die beiden Welten einmal miteinander in Berührung kommen? Zum Beispiel, weil der bullige Kampfhund eines Spaziergängers mit einem Satz darüber springt und zur Gefahr wird für die spielenden Kinder?
Mechthild Bäumer ist sich sicher: "Der Zaun? Da springt so ein Hund doch locker rüber", sagt sie. Er reicht also nicht, und deshalb ist Mechthild Bäumer besorgt, immer dann, wenn jemand mit einem Kampfhund am Spielplatz vorbeiläuft, auf dem Mechthild Bäumers Tochter Clara Emilia, drei Jahre, gerade im Sand spielt. Nicht nur dann, sie ist eigentlich immer besorgt, wenn sie in der Hasenheide unterwegs ist. Oft begegnen ihr dort Kampfhunde, die allermeisten sind entweder nicht angeleint oder tragen den Maulkorb locker baumelnd am Hals - nicht festgezurrt ums Maul. Im schlimmsten Fall sind sie beides: nicht angeleint und nicht bemaulkorbt. Auch wenn die Halter ihr berühmtes "der tut nichts, der ist ganz lieb" sagen, Mechthild Bäumer ist misstrauisch: "Man weiß nie, wie die Hunde reagieren. Das sind ja keine normalen Hunde", sagt sie. Sie will sich nicht einschränken lassen, aber es fängt schon an: Wenn ein Kampfhund in der Nähe ist, lässt sie Clara Emilia nicht mit einem Ball spielen, "das ist mir zu riskant".

Seit zwei Jahren, nachdem in Hamburg ein kleiner Junge von einem Kampfhund totgebissen wurde, gilt in Berlin die Kampfhundeverordnung. Kampfhunde müssen angeleint sein, sie müssen einen Maulkorb tragen, aber wenn man durch Berliner Parks oder die Viertel läuft, die stets einer hohen Kampfhundquote verdächtigt werden, gewinnt man schnell den Eindruck, dass die strenge Verordnung eher lax von den Hundebesitzern beachtet wird.

Manchmal spricht Mechthild Bäumer die Hundefreunde an, aber das ändert nichts, die Besitzer werden höchstens pampig. "Es ist eine eingeschworene Feindschaft zwischen Eltern und Hundebesitzern", sagt Bäumer.

Auf dem Hundeauslaufgebiet in der Hasenheide spielt Franjo, 24, mit Napoleon, 10. Napoleon ist eine Kreuzung aus Pitbull und American Staffordshire, "er fällt voll in die Hundeverordnung", sagt Franjo. Der Hund muss an der Leine geführt werden, muss einen Maulkorb tragen und die grüne Plakette. Franjo sagt, dass die Hunde doch eigentlich ganz verschmust seien. "Es gibt keine Kampfhunde, der Halter macht’s", sagt er. Deswegen ist er dafür, dass die Hundeverordnung abgeschafft wird, "eine Prüfung für die Besitzer wäre eine gute Idee", sagt er. Er spielt Ball mit Napoleon, einem kräftigen, schwarzen Hund mit weißem Kopf und weißen Vorderpfoten. Napo, so nennt ihn Franjo manchmal, wetzt hinter dem Ball her und schleppt ihn immer wieder an. "Er spielt gerne Ball", sagt Franjo, und auch, wenn das Spiel tatsächlich ganz niedlich wirkt: Man möchte sich jetzt nicht vorstellen, wenn Clara Emilia mit so einem Ball spielt und Napoleon ...

Einer wie Franjo weiß manchmal gar nicht, wo er hin soll mit seinem Hund. "Ich bin echt paranoid, es ist ein Stress mit so einem Tier", überall muss er auf der Hut sein, wenn er Napoleon mal ein bisschen Auslauf gönnen will. "Der muss sich doch bewegen", sagt er. Einmal hatte Napo seinen Maulkorb verloren, da kassierte Franjo gleich eine Anzeige, die Polizei begleitete ihn sogar zum Maulkorbkauf beim Tierhändler.

Bleibt nur eins: "Man hat sich angewöhnt, nachts mit dem Hund rauszugehen", sagt Franjo. Da kann er ohne Leine herumlaufen. Sieht ja keiner.

Quelle:


Schnauze hinter Gitter
Felix Zimmermann

Just in dem Moment, als wir in der Hasenheide eine Spaziergängerin nach ihren Erfahrungen mit Kampfhunden befragten, wetzte ein Dobermann an uns vorbei, Herrchen weit voraus. Kampfhunde, ui-ui, sagte die Frau, vor denen habe sie Angst, zumal kaum jemand die Maulkorbpflicht beachte. Keine Rede von dem Gefahrenpotenzial des Dobermanns, der längst verschwunden war.
Kampfhunde hatten in den letzten Jahren eine verdammt schlechte Presse: Übergriffe auf Menschen, ein totgebissener Junge in Hamburg, dann auch noch dieser verdächtige Name, und sympathisch sehen die meisten Rassen auch nicht aus. Dabei hatte die Hundeverordnung Wirkung: Die Zahl von Fällen, in denen Menschen von Kampfhunden verletzt wurden, hat sich um bis zu 75 Prozent verringert. Die Gefahr, die von Hunden ausgeht, die nicht als Kampfhunde gelten, ist aber nicht kleiner geworden: Schäferhunde sind weiterhin gefährlich auf hohem Niveau und Dobermänner verletzten in Berlin im vergangenen Jahr mehr Menschen als im Jahr 2000. Heute startet vor dem Bundesverwaltungsgericht ein Prozess, von dem Kampfhunde-Halter hoffen, dass er ihre Tiere in Zukunft von Maulkorb und Leine befreit. Sie berufen sich auf Tests, wonach die Hunde einen "exzellenten bis guten Charakter" hätten. Gefährlich seien Rottweiler und Dobermänner.

Würde man denen jetzt den Maulkorb verpassen und Kampfhunde freisprechen, würden die Nicht-Kampfhunde-Freunde ihre Tests rausholen. Hundebesitzer, die sich die Maulkörbe gegenseitig zuspielen? Vielleicht sollte man testen, ob sie einen Hund überhaupt artgerecht halten können - und er ihnen nicht zur Bestie wird.

Quelle:


xana
 
  • 25. April 2024
  • #Anzeige
Hi Xana ... hast du hier schon mal geguckt?
  • Gefällt
Reaktionen: Gefällt 10 Personen
#VerdientProvisionen | Als Amazon-Partner verdiene ich an qualifizierten Verkäufen.
Wenn dir die Beiträge zum Thema „Eine eingeschworene Feindschaft“ in der Kategorie „Presse / Medien“ gefallen haben, du noch Fragen hast oder Ergänzungen machen möchtest, mach doch einfach bei uns mit und melde dich kostenlos und unverbindlich an: Registrierte Mitglieder genießen u. a. die folgenden Vorteile:
  • kostenlose Mitgliedschaft in einer seit 1999 bestehenden Community
  • schnelle Hilfe bei Problemen und direkter Austausch mit tausenden Mitgliedern
  • neue Fragen stellen oder Diskussionen starten
  • Alben erstellen, Bilder und Videos hochladen und teilen
  • Anzeige von Profilen, Benutzerbildern, Signaturen und Dateianhängen (z.B. Bilder, PDFs, usw.)
  • Nutzung der foreneigenen „Schnackbox“ (Chat)
  • deutlich weniger Werbung
  • und vieles mehr ...
Zurück
Oben Unten